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Ausbildungsabbruch: Warnsignale rechtzeitig erkennen

Rolf Leicher
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Für Studienabbrüche geben sich Ausbilder und Azubis gern gegenseitig die Schuld. Azubis reklamieren Überstunden und vor allem mangelnde Vermittlung von Ausbildungsinhalten. Sowohl Über- als auch Unterforderungen führen zum Abbruch. Die Betriebe beklagen dagegen geringe Motivation, falsche Vorstellungen des Azubis und seine geringe Eignung für den Beruf. Es fehle an der Identifikation mit dem Betrieb und an Durchhaltevermögen. Je früher der Lehrstellenabbruch erfolgt, z. B. wegen falscher Berufswahl, desto besser für beide. Berufseinsteiger möchten sich nicht für die „zweite Wahl“ entscheiden.

Das Soziologische Forschungsinstitut in Göttingen (SoFi) sieht in den ausbildungsfremden Tätigkeiten die Ursache der vielen Abbrüche. Vielen scheint nicht bewusst zu sein, dass ein Ausbildungsvertrag ein Arbeitsvertrag mit allen üblichen arbeitsvertraglichen Regelungen ist. Die sorgfältige Azubi-Betreuung geht im Alltagsgeschäft manchmal unter. Ein positiver Effekt: Zufriedene Azubis erzählen ihre positive Erfahrung gerne weiter, werden damit zu einem Azubi-Flüsterer (Whistleblower).

Ursachen für den Abbruch

Die meisten Abbrüche gehen auf die Kündigung durch den Auszubildenden zurück. Für den Arbeitgeber entsteht Handlungsbedarf, bevor die Kündigung kommt. Nach dem Motto: „nicht gleich hinschmeißen“ versucht der Betrieb, den Azubi durch bessere und individuellere Betreuung an Bord zu halten. Eine Vertragsauflösung ist für beide Seiten unangenehm: Der Azubi ist enttäuscht, wenn er kündigt, für den Betrieb entsteht eine Personallücke, und es kostet Zeit und Geld, sie zu füllen. Und das Team muss sich dann wieder an einen neuen Kollegen gewöhnen, ein Anpassungsprozess, der nicht jedem leichtfällt.

Viele Vertragsauflösungen sind keine endgültigen Ausbildungsabbrüche, sondern gehen mit dem Wechsel des Ausbildungsbetriebes einher. Schließlich gibt es bei Studenten auch Studienabbrüche.

Mehr Sorgfalt bei der Auswahl treffen

Trotz Personalmangel darf nicht jeder, der sich um einen Ausbildungsplatz bewirbt, eingestellt werden. Je sorgfältiger die Auswahl, desto weniger Abbrüche gibt es. Im Einstellungsgespräch stellt man Fragen, um viel vom Bewerber zu erfahren: „Warum willst du diesen Beruf ergreifen? Wo siehst du deine Stärken? Was erwartest du von deinem Ausbilder? Was kannst du bei der Arbeit gar nicht vertragen?“ Es ist durchaus üblich, dass man eine weitere Person als Zuhörer am Bewerbergespräch beteiligt. Das kann der Ehepartner oder ein Mitarbeiter sein.

Ein Ausbilderhandbuch (z. B. herausgegeben von der DIHT-Gesellschaft für berufliche Weiterbildung im Handwerk , 29,90 Euro plus Versandkosten, www.dihk-bildung.shop) gibt weitere Ratschläge. Handwerker bieten als Alternative zur Ausbildung erst einmal eine Praktikantenstelle an, eine gute Möglichkeit für den Bewerber, sich selbst zu testen.

Wenn der Chef wenig Zeit für ihn hat, ist der Azubi oft enttäuscht – auch wenn er nicht gleich darüber spricht.

Prävention von ­Ausbildungsabbrüchen

Man unterscheidet drei Arten der Prävention. Die primäre Prävention zielt darauf ab, die Neigung zu einem Abbruch der Ausbildung erst gar nicht entstehen zu lassen. Mit der sekundären Prävention will man den drohenden Abbruch rechtzeitig erkennen und verhindern. Bei der tertiären Prävention geht es darum, die von einem Ausbildungsabbruch betroffenen Personen (Azubi, Ausbilder, Betrieb und Schule) zu unterstützen, gemeinsam die Ursachen zu analysieren, damit in Zukunft Abbrüche vermieden werden.

Zur Vorbeugung zählt auch die Gleichbehandlung aller im Betrieb. Spätestens nach der Probezeit sollte der Azubi auch das Job-Ticket, das für seine Kollegen gilt, erhalten. Es kommt auch darauf an, Warnsignale zu erkennen. Der Azubi reagiert auf autoritäre Weisungen zur Durchführung unbeliebter Arbeiten mit Unlust. Durch seine Reaktion ist erkennbar, inwieweit seine Motivation schon nachgelassen hat. Zunehmende Unzuverlässigkeit bei den Arbeitsausführungen und Terminarbeiten zeigt seinen Frust. Auch häufiges Zuspätkommen mit fadenscheinigen Erklärungen und Rechtfertigungen ist ein Signal.

Betriebe, die ausbilden, brauchen realistische Ziele. Wenn man wenig Zeit für ihn hat, erzeugt das beim Auszubildenden Enttäuschung, auch wenn er nicht gleich darüber spricht. Oft teilt er sich außerhalb des Betriebes mit, sein Frust wird in der Firma nicht transparent. Sind die Erwartungen des Betriebs sehr ambitioniert und dauerhaft zu hoch, steht der Abbruch zur Diskussion. Allerdings haben nicht nur die Betriebe, sondern auch die Azubis sehr hohe Ansprüche, die der Realität nicht entsprechen.

Es kommt darauf an, Etappenziele in der Ausbildung zu setzen und den Betreffenden daran zu beteiligen. Der Betrieb übernimmt dann die Rolle des Beobachters und erteilt regelmäßig Feedback. Beide Seiten müssen den Lernfortschritt feststellen und kommunizieren. Ganz wichtig ist die Transparenz der jeweiligen Arbeitsaufgabe. Dadurch erschließt sich dem Azubi der Sinn seiner Arbeit. Das ist immer der Fall, wenn der Ausbilder die Zusammenhänge einer Tätigkeit verdeutlicht, vom einzelnen Arbeitsschritt bis zum Ergebnis.

Die Frage lautet, inwiefern der Auszubildende als Teil des Ganzen gesehen und positiv wahrgenommen wird. Das schafft Arbeitsfreude und die Bereitschaft, Verantwortung für die eigene Tätigkeit zu übernehmen. Die richtige Einstellung ist nicht nur Sache des Chefs oder des Vorgesetzten. Auch die Kollegen brauchen eine positive Einstellung zu einem neuen Azubi. Das ist für jeden Einsteiger in einen Betrieb spürbar und wirkt sich auf das Verhalten aus.

Gute Azubis kennen ihren Wert, sie wissen, dass sie gefragt sind. Auf einen Bewerber kommen meist zehn Stellenanbieter. Stellenanbieter stehen untereinander in Konkurrenz. Azubis sind beeindruckt, wenn sie ihren Arbeitgeber reflektieren dürfen. Und der Ausbildungsbetrieb sollte wissen, wie die Ausbildung beurteilt wird: Was wünscht sich der Auszubildende? Ist er mit der Führung zufrieden? Wie schätzt er die Zusammenarbeit ein? Betriebe, die sich der Kritik stellen, beeindrucken. Feedback ist eine wesentliche Hilfe für die eigene Standortbestimmung des Ausbilders, sofern er bereit ist, Kritik anzunehmen.

Die meisten Ausbilder gehen davon aus, dass an der Betreuung der Azubis nichts auszusetzen ist. Wer nur an einer positiven Rückmeldung interessiert ist, verzichtet auf die Beurteilung.

Die Frage lautet, inwiefern Azubis als Teil des Ganzen gesehen und positiv im Team wahrgenommen werden. Das schafft Arbeitsfreude und die Bereitschaft, Verantwortung für die eigene Tätigkeit zu übernehmen.

Professionalität zeigen

Der Azubi erhält schon am ersten Tag einen festen Arbeitsplan. Die Delegation von untergeordneten Aufgaben ist die Ausnahme und erklärungsbedürftig, damit Akzeptanz entsteht. Es darf erst gar nicht so weit kommen, dass sich jemand darüber beklagt, ausbildungsfremde Arbeiten übernehmen zu müssen. Bei qualifizierten Tätigkeiten muss er natürlich kontrolliert werden, offen und nicht hintenherum. Art und Häufigkeit der Kontrolle richten sich nach seinem Entwicklungsstand und seinen Fähigkeiten.

Gute Gesprächskultur im Betrieb, klare Ansprechpartner, mit denen es Anleitungs- und Feed­backgespräche gibt, sind wichtige Aspekte für jeden Berufseinsteiger. Nach der „Defizittheorie“ sieht der Ausbilder nur die Probleme, die Mehrarbeit, die eine Betreuung des Azubis verursacht. Vergleiche zwischen der Leistung von inländischen und ausländischen Mitarbeitern sind unbedingt zu vermeiden. Mitarbeiter mit Sprachschwierigkeiten brauchen für die Einarbeitung etwas länger, sind deswegen aber nicht automatisch weniger motiviert. Wer bei der Einarbeitung etwas länger braucht, ist oft derjenige, auf den man später eigentlich nicht mehr verzichten will.

Dieser Artikel von Rolf Leicher ist zuerst erschienen in SBZ 11/2020. Dipl.-Betriebsw. Rolf Leicher ist freiberuflicher Autor und Seminarleiter

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