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Unzulässig hohe Temperaturen in Trinkwassersystemen vermeiden

Timo Kirchhoff
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Die Bereitstellung von hygienisch einwandfreiem Trinkwasser bis zur letzten Entnahmestelle gehört zur hohen Schule der Sanitärtechnik. Diese Anforderung besteht sowohl für Kalt- als auch Warmwasser. Daher gilt es als Selbstverständlichkeit, entsprechende Regelwerke und Normen bei Planung und Ausführung anzuwenden. Im Praxisbetrieb ist aber trotz vermeintlicher Berücksichtigung aller relevanten Regelwerke die Funktionalität nicht immer gegeben.

Das gilt insbesondere für komplexe Zirkulationssysteme in Großanlagen, wie beispielsweise in Hotels, Krankenhäusern und Altenheimen. Neben der Temperaturhaltung in Warmwassersystemen selbst sorgt die thermische Beeinflussung anderer Bereiche der Trinkwasser-Installation durch Zirkulationssysteme für Verunsicherung in der SHK-Branche und beim Verbraucher. Aus Angst vor der Fremderwärmung des Kaltwassersystems und der Entnahmearmaturen werden erneut T-Stück-Installationen mit Stagnationsbereichen in Nasszellen diskutiert.

Soll hier tatsächlich wieder ein Schritt zurück gemacht werden? Dabei zeigen doch die Gesetze der Wärmelehre den richtigen Weg auf. Werden sie in der Planung und anschließenden Ausführung berücksichtigt, gibt es keinerlei Bedenken bezüglich der Hygiene in Trinkwasser-Installationen.

Wärmeübertragung durch hohe Umgebungslufttemperaturen

Zu den Grundlagen der Wärmelehre zählt der zweite Hauptsatz der Thermodynamik. Nach R. Clausius (1822-1888) besagt dieser, dass Wärmeübertragung ohne Zugabe mechanischer Energie immer in Richtung eines Temperaturgefälles stattfindet. Also von einem System höherer Temperatur auf ein System niedriger Temperatur.

Demzufolge sind Umgebungslufttemperaturen über 25 °C besonders bedenklich in Bezug auf die Hygiene in Kaltwasserleitungen. Denn in diesem Fall besteht ein Temperaturgefälle zwischen der Umgebungsluft und der maximal zulässigen Temperatur des Kaltwassers, mit der Folge, dass das Kaltwasser erwärmt wird.

Ernst zu nehmen sind daher Bereiche wie Installationsschächte, Technikzentralen oder Zwischendecken, in denen Kaltwasserleitungen gemeinsam mit wärmeführenden Rohrleitungen und anderen Wärmequellen verlegt sind. Die dort herrschenden Umgebungslufttemperaturen sorgen häufig für Trinkwassertemperaturen oberhalb der erlaubten 25-°C-Marke.

Die Umgebungslufttemperatur wird in erster Linie durch die Wärmeabgabe der Warmwasser-, Zirkulations- und Heizungsleitungen beeinflusst. In Summe wird sie aber durch alle einwirkenden konvektiven Wärmeströme bestimmt. Auch Wärmelasten, die sich beispielsweise durch Wärmeabgabe von Personen, Beleuchtung oder Maschinen ergeben, sind zu berücksichtigen. Bei Maschinen und Geräten (z. B. Lampen, Trafos) wird die gesamte umgesetzte Energie als Wärme frei.

Stagnationsvermeidung und Temperaturhaltung

Die normative Vorgabe für den Austausch des gesamten Wasserkörpers der Trinkwasser-Installation liegt nach VDI/DVGW 6023 bei einem Zeitraum von drei Tagen. Dass jede Zapfstelle über die gesamte Betriebsdauer entsprechend dieser Vorgabe genutzt wird, ist vor allem in Großobjekten sicherlich der Ausnahmefall. Häufig lässt sich Stagnation daher nur durch Spülmaßnahmen vermeiden.

Zur Vermeidung erhöhter Betriebskosten werden automatisierte Spülsysteme empfohlen. Im Vergleich zu manuellen Spülmaßnahmen arbeiten sie effektiv, kontrollierbar und sicher. Zudem erzeugen sie keine zusätzlichen Personalkosten. Teuer werden Spülmaßnahmen, wenn sie zusätzlich zur Stagnationsvermeidung auch noch der Temperaturhaltung dienen. Denn selbst bei niedrigen Hauseintrittstemperaturen erreicht das Trinkwasser bei Stagnation bereits in weniger als sechs Stunden den hygienisch kritischen Bereich von > 25 °C (Bild 1).

Bild 1: Berechneter Temperaturverlauf einer stagnierenden, 100 % gedämmten Trinkwasserleitung aus Kupfer (22 x 1,0) bei unterschiedlichen Umgebungslufttemperaturen.

Die normativ geforderten 72 Stunden für einen Wasseraustausch werden somit außer Kraft gesetzt, da zur Temperaturhaltung ein wesentlich häufigerer Wasseraustausch erforderlich ist.

In DIN 1988-200 ist gefordert, dass sich durch die Sicherstellung des bestimmungsgemäßen Betriebes das Kaltwasser in Technikzentralen sowie Installationsschächten und -kanälen möglichst nicht auf eine Temperatur von über 25°C erwärmt. In Großanlagen reicht der natürliche Bedarf an Trinkwasser aufgrund der hohen Wärmelasten oft nicht aus, dieses Ziel zu erreichen. Aus Nachhaltigkeitsgründen ist daher die Vermeidung unnötiger Wärmeübergänge bevorzugt zu betrachten.

Da die 100-%-Dämmung der Rohrleitungen nach EnEV zwar zwingend erforderlich ist, jedoch eine Erwärmung nur verzögert und nicht vollständig verhindert, ist als einzige nachhaltig wirksame Möglichkeit allein die getrennte Verlegung wärmeführender Rohrleitungen und Kaltwasserleitungen zu nennen (Bild 2).

Bild 2: Thermische Trennung von sowohl wärmeführenden Leitungen und Kaltwasserleitung als auch an Wandarmaturen.

Kaltwasserleitungen müssen durch Bereiche mit einer Umgebungslufttemperatur unter 25°C geführt werden. Für Installationsschächte und Zwischendecken wird dies in der Fachwelt schon seit Jahren gefordert. Architekten, die sich mit dieser gesundheitsrelevanten Anforderung bisher nicht auseinandergesetzt haben, werden sich anpassen müssen. Eine der ersten Maßnahmen des Fachplaners zur eigenen rechtlichen Absicherung muss daher die Erläuterung der Problematik und die Forderung getrennter Schächte für warme und kalte Leitungen gegenüber dem Bauherrn und Architekten sein. Nur auf diese Weise lassen sich kostenintensive Spülmaßnahmen zur Temperaturhaltung deutlich reduzieren.

Wärmeübertragung an Wandarmaturen

In den letzten Jahren ist die Erwärmung von Entnahmearmaturen (speziell Wandarmaturen) durch Zirkulationssysteme in die Diskussion gekommen. Das hat dazu geführt, dass einige Fachplaner und Installateure wieder die T-Stück-Installation in Nasszellen favorisiert haben. Hierbei wird jedoch Pest mit Cholera bekämpft. Erwärmung von Entnahmearmaturen und Kaltwasserleitungen wird gegen Stichleitungen und Stagnationsbereiche getauscht.

Lag denn die Fachwelt in den vergangenen 15 Jahren wirklich falsch, als in zunehmendem Maße in Risikoinstallationen wie Krankenhäusern und Altenheimen die Zirkulation bis zu den Entnahmestellen angestrebt wurde? Sicher nicht, denn mit dieser Installationsart sollte das Wachstum von Bakterien durch hohe Temperaturen und Durchströmung verhindert werden. Jedoch müssen dabei die Gesetze der Wärmeübertragung Beachtung finden.

ThermoTrenner-Montageblock von Kemper zur Vermeidung von Wärmeübergängen an Wandarmaturen.

Dies gilt im Besonderen für die noch häufig vorkommenden Doppelwandscheiben auf der Warmwasserseite, welche die Durchströmung und somit die Temperaturhaltung bis an die Wandscheibe erlauben. Denn Wandarmaturen sind direkt an Wandscheiben angeschlossen, wodurch eine unmittelbare Verbindung und ein Temperaturgefälle zwischen der Warmwasserleitung und der Entnahmearmatur besteht. 

Das hat zur Folge, dass der entstehende Wärmestrom auf die Entnahmearmatur erfolgen kann und je nach Armaturenart für Temperaturbereiche bis zu 40°C innerhalb der Armatur sorgt. Sogar eine Erwärmung des Kaltwasseranschlusses kann festgestellt werden. Aufgrund der Beschaffenheit der Armatureninnenoberflächen als auch des häufig komplexen Aufbaus der Armaturen mit vielen unzureichend durchströmten Bereichen bieten diese einen idealen Nährboden für Mikroorganismen.

Die dadurch entstehenden hygienischen Probleme sorgen häufig für erhebliche Sanierungskosten in der frühen Nutzungsphase eines Gebäudes. Die thermische Entkopplung der Entnahmearmaturen vom Zirkulationssystem löst dieses Problem. Bedingung ist dafür der warmwasserseitige Anschluss der Entnahmearmatur von oben unter Berücksichtigung einer definierten Stichleitung als Auskühlstrecke.

Ein Anschluss von unten führt nicht zu der gewünschten thermischen Entkopplung. Diese Installationsart hat jedoch einen Nachteil. Der Wärmeübergang innerhalb der Stichleitung über das Medium wird zwar wesentlich reduziert, jedoch ein hygienisches Risiko durch Stagnationsbereiche in der Stichleitung zur Armatur geschaffen.

Neue Bauteile zum Anschluss von Wandarmaturen vereinen durch integrierte Wärmedistanzelemente die thermische Entkopplung von Wandarmaturen mit unkritischen Stagnationsbereichen (Bild 3). Sie halten die Temperatur der Armaturen und des darin befindlichen Wasserkörpers auf dem Niveau der Umgebungslufttemperatur der Nasszelle. Da diese Temperatur in der Regel unter 25 °C liegt, stellt sie keine Gefahr für die Trinkwasserhygiene dar.

Fazit

Wärmeübertragung ist einfache Physik und tritt überall da auf, wo ein Temperaturgefälle besteht. Im Bereich der Trinkwasserinstallation ist sie aus trinkwasserhygienischer Sicht meist unerwünscht. Hohe Umgebungslufttemperaturen sorgen für die Erwärmung des Kaltwassers, aber auch die Erwärmung von Entnahmearmaturen durch Zirkulationssysteme stellt häufig ein Problem dar. Um ungewollte Wärmeübertragung zu vermeiden, müssen bei der Planung und Ausführung die Grundlagen der Wärmeübertragung berücksichtigt werden, andernfalls sorgt die nachträgliche Vermeidung kritischer Temperaturbereiche und somit trinkwasserhygienischer Risiken für unnötig hohe Betriebs- und Sanierungskosten.

Dieser Artikel von Timo Kirchhoff ist zuerst erschienen in SBZ 06-2017. Timo Kirchhoff ist stellvertretender Leiter Produktmanagement bei der Gebr. Kemper GmbH.

Achtung: Wärmeübertragung in Installationsschächten

Befinden sich Versorgungsleitungen (z. B. Trinkwasser- und Heizungsrohre) in einem geschlossenen Raum (z. B. Installationsschacht), entsteht aufgrund der Temperaturdifferenzen der Rohrleitungen und der angrenzenden Räume zu dem Installationsschacht Wärmeübertragung. Dem Installationsschacht wird Wärmeenergie über die Rohrleitungen und Wände zu- oder abgeführt. Die Summe der zugeführten Wärmeströme ist gleich groß der Summe der abgeführten Wärmeströme.

Alle zuvor beschriebenen Wärmeübergänge haben eine Gemeinsamkeit: Die Umgebungsluft stellt neben den Wärmedurchgangswiderständen eine treibende Kraft dar. Deshalb stellt sich bei einer bestimmten Temperatur, die zwischen der Medientemperatur der Rohrleitungen und der Umgebungslufttemperatur der angrenzenden Räume liegt, ein Gleichgewicht ein. Eine Erhöhung der Temperatur der Medien als auch der Umgebungsluft der angrenzenden Räume, hätte eine Erhöhung der Schachttemperatur zur Folge. Eine Reduzierung der Wärmedurchgangswiderstände der Wärmequellen (Dämmung der Heizungs- oder Warmwasserleitungen) oder eine Erhöhung der Wärmedurchgangswiderstände der angrenzenden Räume (z. B. durch Brandschutz) hätte ebenfalls eine Erhöhung der Schachttemperatur zur Folge.

Literatur

  • Baehr, Hans Dieter; Stephan, Karl: Wärme- und Stoffübertragung, Springer-Verlag Berlin Heidelberg, 2013
  • VDI/DVGW 6023:2013-04 Hygiene in Trinkwasser-Installationen – Anforderungen an Planung, Ausführung, Betrieb und Instandhaltung
  • DIN 1988-200:2012-05 Technische Regeln für Trinkwasser-Installationen Teil 200: Installation Typ A (geschlossenes System) – Planung, Bauteile, Apparate, Werkstoffe; Technische Regel des DVGW
  • Kirchhoff, Timo: Einfluss unterschiedlicher Dämmweisen auf die Kaltwassertemperatur in stagnierenden Trinkwasserleitungen, Projektarbeit (Mai 2011)
  • DVGW-Arbeitsblatt W 551; April 2004 Trinkwassererwärmungs- und Trinkwasserleitungsanlagen; Technische Maßnahmen zur Verminderung des Legionellenwachstums; Planung, Errichtung, Betrieb und Sanierung von Trinkwasser-Installationen
  • Richtlinie für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention – Robert Koch-Institut (Stand: 12/2012)
  • Schreiner, Andrej: Wenn kaltes Wasser nicht kalt bleibt, in: SBZ 19/16 (Oktober 2016)
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