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Wie berechnet man eigentlich einen Zirkulationsvolumenstrom?

Elmar Held
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Wasser immer im Kreis zu fördern, kann etwas mit Wasserspielen zu tun haben, kann aber auch mit Hygiene und Komfort zusammenhängen

Die Warmwasser-Zirkulation stellt für Kunden sicher, dass sie an ihren Zapfstellen sehr schnell heißes Wasser entnehmen können und nicht erst die erkaltete Menge aus dem Rohr laufen lassen muss. Die Zirkulation in Trinkwassernetzen wird aber auch betrieben, um den Legionellen derart einzuheizen, dass diese aufgeben und den Hitzetod sterben.

Und aus diesem Grund wird Trinkwasser nicht nur einmal im zentralen Trinkwassererwärmer erwärmt, sondern soll eine hohe Temperatur auch in den Rohrleitungen bis zu den Verbrauchern erhalten. Genauer sind es 60 °C, die vom heißen Boiler losgeschickt werden.

Lesen Sie dazu auch: Trinkwarmwasser: Wie funktioniert eine effiziente Zirkulation?

Ziel ist es, dieses hohe Temperaturniveau zumindest annähernd zu halten, denn dann haben Legionellen keine Chance. Halten könnte man dieses Niveau beispielsweise mit einer Begleitheizung. Würde man mit einer solchen Begleitheizung aus Heizdrähten ganz einfach die Abkühlverluste eines 60-grädigen Rohres gewissermaßen aufheben, so bliebe das Rohr auf hoher Temperatur.

Umgangssprachlich: Wenn ein Meter dieses 60 Grad heißen Rohres eine Verlustleistung von 20 Watt an die Umgebung abgibt und genau diese 20 Watt durch einen um dieses Rohr gewickelten Heizdraht auf das Rohr übertragen werden, so bliebe die Temperatur konstant. So die Theorie und, wenn man wollte, auch die Praxis. Will man aber nicht.

Wie den Verlust ausgleichen?

Elektrischen Strom über einen Heizdraht in Wärme umzusetzen ist derzeit immer noch eine energetische und wirtschaftliche Sünde. Stattdessen kann man natürlich das ohnehin schon vorhandene Heißwasser einfach zirkulieren lassen. Wenn es sich beispielsweise im Rohr in einem kalten Keller abgekühlt hat, wird es einfach ersetzt durch heißes Wasser. Im Endeffekt achtet man einfach darauf, dass das Wasser ein bestimmtes Niveau nicht unterschreitet.

Wenn es daher in einer regelkonformen Trinkwasserinstallation mit 60 °C den Trinkwassererwärmer verlässt und mit mindestens 55 °C zurück in den Boiler strömt, dann hat man aus hygienischer Sicht die Anlage im festen Hitze-Griff.

Welche Probleme sind zu lösen?

Zuerst einmal müsste man wissen, wieviel dieses 60-grädigen Wassers man losschicken müsste, um die Abkühlung in den geplanten Grenzen von 5 Kelvin zu halten.

Ein Gedankenexperiment hilft:

In einem kalten Keller verlaufen vier mit heißem Wasser gefüllte Leitungen auf einer Strecke von 10 Metern. In der einen, Leitung Nr. 1, steht das heiße Wasser, das mit 60 °C eingefüllt wurde. In Leitung 2 wird es sehr langsam weitergeschoben, mit einer Geschwindigkeit von 0,1 Meter pro Sekunde (m/s). Leitung 3 wird etwas flotter durchströmt mit 0,8 m/s. In Leitung 4 wird das Wasser mit annähernd Schallgeschwindigkeit durch die Leitung geprügelt.

Nach fünf Minuten haben Sie die Aufgabe, eine Prognose abzugeben, welches der vier Rohre Sie persönlich wohl noch mit der bloßen Hand am Ende der 10-Meter-Versuchsstrecke umfassen könnten, ohne sich die Finger zu verbrennen. Klar, die Leitung 1 wäre erheblich abgekühlt und man könnte getrost anfassen. Es würden vielleicht noch 30 °C erwartet. Die Leitung 2 mit dem kriechenden Heißwasser wäre am Ende der 10-Meter-Strecke bereits merklich abgekühlt, aber noch warm, vielleicht 35 °C. Leitung 3 hätte am Ende dieser Keller-Kühlstrecke vielleicht noch 55 °C, was zum Anfassen zu heiß ist. Die Leitung 4 hätte auch nach 10 durchflossenen Meter Rohr noch annähernd die Ausgangstemperatur, also annähernd 60 °C.

Das Gedankenexperiment als Skizze, wobei 60 °C einer Rotfärbung entspricht und Blau nur noch 30 °C darstellt

Auswertung des Gedankenexperiments

Bewertet man nun diese vier Rohre bezüglich der Trinkwasserhygiene und des Legionellenwachstums, so wären die Leitungen 1 und 2 bedenklich. Legionellen würden sich vermehren und die Hygiene beeinträchtigen. Die Leitungen 3 und 4 wären angemessen temperiert und würde einer Ausbreitung entgegenwirken.

Bewertet man diese vier Rohre aus wirtschaftlicher Sicht, so steigen die Kosten ganz klar von 1 bis 4 rapide an. Für das stehende Wasser in Leitung 1 würde keine Transportenergie anfallen, während Leitung 4 kostspielig wäre. Außerdem würde in Leitung 4, bei annähernd Schallgeschwindigkeit, das Rohr von innen durch Erosion in kurzer Zeit verschlissen.

Bewertet man die Leitungen aus Sicht der Thermodynamik, so ergibt sich ebenso ein gemischtes Bild. In der stehenden Leitung nimmt die Verlustleistung mit der Zeit immer mehr ab, bis das Rohr die Raumtemperatur angenommen hat. Die drei anderen Rohre pendeln sich auf eine feste Verlustleistung ein. Die höchste Wärmeleistung gibt natürlich Leitung 4 ab, ist diese doch die heißeste.

Sie merken an diesem einfachen Experiment, dass man die Zirkulation nicht einfach einem Zufall überlassen kann. Es will genau ausgerechnet werden, welche Strömungsgeschwindigkeit denn gerade eben ausreicht, die Verlustleistung zu decken, die bei einer vorgegebenen Abkühlung entsteht. Strömt es zu langsam, spart man zwar Energie, vernachlässigt aber den Komfort und die Hygiene. Strömt es zu schnell, kostet es zu viel Energie und könnte nebenbei auch noch das Rohrmaterial zerstören.

Formel gefragt

In der DIN 1988-300 steht eine Formel, die es ermöglicht den notwendigen Volumenstrom durch ein Rohr auszurechnen in Abhängigkeit von einer vorausgesagten Verlustleistung. Im Prinzip kann man sich also den eben durchdachten Versuchsaufbau vorstellen und den notwendigen Volumenstrom rechnerisch festlegen.

Betrachten wir also nur 10 Meter eines gut wärmegedämmten Rohres in einem kalten Keller, um diese Formel nur für diesen Fall einmal anzuwenden. Zuerst die Formel, die zur Vereinfachung auf eine einzige Teilstrecke bezogen dargestellt wird:

 

V: notwendiger Volumenstrom in Liter pro Stunde [l/h]
lw: Länge einer Rohrstrecke in Meter [m]
U(R,w): Wärmedurchgangskoeffizient für das betrachtete Rohr in Watt pro Meter pro Kelvin [W/(m K)]
ϑw: Temperatur des Warmwassers in Grad Celsius [°C]
ϑL: Lufttemperatur der Umgebung in Grad Celsius [°C]
ρ: Dichte des Wassers in Kilogramm pro Kubikdezimeter [kg/dm³]
cw: spezifische Wärmekapazität in Wattstunden pro ­Kilogramm pro Kelvin [Wh/(kg K)]
∆ϑw: Temperaturdifferenz des Warmwassers in Kelvin [K]

Stellt man sich also die Aufgabe wie folgt und sammelt die Daten für ein Beispiel, dann kann man errechnen, welchen Volumenstrom man erreichen muss, um eine vorgegebene, maximale Abkühlung zu erreichen.

Gegeben:

Länge = 10 m
Wärmedurchgangskoeffizient = 0,16 W/(m K)
Temperatur des Warmwassers = 57,5 °C
(denn (60 + 55) / 2 = 57,5)
Temperatur der Umgebungsluft = 10 °C
Dichte des Wassers = ca. 1 kg/dm³
Spezifische Wärmekapazität des Wassers = 1,163 Wh / (kg K)
Temperaturdifferenz des Warmwassers = 5 K

Wer die zugehörigen Einheiten vermisst, kann diese hier überprüfen:

 

Umgangssprachlich steht also da: Wenn du diese 10 m lange Leitung durch einen 10 Grad kalten Keller verlegst und eine Abkühlung um 5 Grad akzeptierst, dann musst du heißes Wasser nachschieben. Es reichen 13 Liter pro Stunde mit 60 °C und deine Rohrleitung bleibt im vorgegebenen Temperaturfenster zwischen 55 und 60 °C.

Und in der Praxis?

Natürlich besteht eine Zirkulationsleitung nicht aus einem einzigen Rohr, das dann auch noch durch nur einen konstant kalten Keller geführt wird. In der Praxis sind Warmwasserleitung, also der Hinweg zum Verbraucher, und Zirkulation, also der Rückweg zum Boiler, verschiedenen Umgebungstemperaturen ausgesetzt. Die Dimensionen der Rohrleitungen sind nicht konstant und auch die Dämmung ist nicht immer gleich. Daher ändert sich die Berechnung für jedes Bauvorhaben.

Lesen Sie auch: 6 Fehler bei der Warmwasser Zirkulationsleitung

Aber den Grundsatz kann man anhand des gezeigten Beispiels gut erkennen. Gerechnet wird in der Praxis nicht per Hand, sondern computergestützt. Das macht dann sogar Spaß. Wichtig ist jedoch, dass man weiß, worum es geht. Sie haben an dem einfachen Beispiel erkannt, welche Einflüsse entscheidend sind. Also wissen und anwenden können ist die eine Sache, computergestützt die echten Bauvorhaben abwickeln die andere.

Eine Zirkulationsleitung sollte in jedem Falle gerechnet werden. Zufallsergebnisse können eben nur zufällig funktionieren. Zu geringe Volumenströme erhöhen das Risiko für Probleme in Bezug auf Hygiene und Komfort. Unkontrolliert hohe Volumenströme kosten unnötig viel Pumpenstrom und erhöhen die Verlustleistung. Nebenbei kann ein Zirkulationssystem durch hohe Fließgeschwindigkeiten auch zerstört werden. Erosionskorrosion kann bei dauerhaft hohen Geschwindigkeiten auftreten.

Eine Zirkulation, wie man sie sich einfach vorstellen kann

Auslegung der Pumpe

Eine Zirkulations-Umwälzpumpe sorgt bekanntlich für den Vortrieb des Wassers. Zwei Größen sind entscheidend, um diese auszulegen. Es gilt den Volumenstrom festzulegen, was mit der hier besprochenen Formel möglich ist. Es müssen natürlich für eine reale Zirkulation sämtliche Verlustleistungen in den Volumenstrom eingerechnet werden. Korrekt schreibt sich die Formel dann:

Das Zeichen ∑ steht dann für Summe aller Teilstrecken. Der zweite entscheidende Parameter einer Pumpe bezieht sich auf die zu erzeugende Druckdifferenz. Errechnet man also nach der Auswahl aller Warmwasser- und Zirkulationsleitungen den darin entstehenden Druckverlust, erhält man die Vorgaben für die zu wählende Pumpe.

In der Praxis erhält man natürlich keine Pumpe eines Herstellers, die genau den gewählten Volumenstrom und genau die gewählte Druckdifferenz erzeugt. Man wählt eine Pumpe, die diese Anforderungen entweder unterhalb der Kennlinie abdeckt oder aber, bei einer elektronisch geregelten Pumpe, in dem Kennfeld abdeckt.

Als Beispiel dieses Berichts sehen Sie die Kennlinien einer Comfort PM aus dem Hause Grundfos. Diese lässt sich manuell in drei Stufen einstellen. Würde man beispielweise in einem Einfamilienhaus einen Volumenstrom von 100 l/h ( = 0,1 m³/h) benötigen bei einer Druckdifferenz von 20 mbar ( H = 0,2 m), so würde diese Pumpe die Anforderung locker in Stufe I bewältigen. Der echte Betriebspunkt, der sich ergeben würde, läge dann auf der Kennlinie der Pumpe. Wunschwert und Wirklichkeit gehen daher immer etwas auseinander.

Betriebskennlinien einer dreistufigen Zirkulationspumpe aus dem Hause Grundfos

Schlaues für Fortgeschrittene

Die stumpfe Formel, die Sie eben in einer Anwendung kennengelernt haben, wirkt trocken und langweilig. Das gilt jedoch nur auf den ersten Blick. Folgen Sie bitte kurz den nächsten Gedankengängen:

Je größer der Zahlenwert über dem Bruchstrich, desto größer der Zahlenwert der ausgerechneten Dezimalzahl.

Probe:

Je größer der Zahlenwert unter dem Bruchstrich, desto kleiner der Zahlenwert der ausgerechneten Dezimalzahl.

Probe:

Prüft man die eben gezeigte Formel zur Bemessung des Zirkulationsvolumenstroms gemäß diesem Schema, stellt man fest, dass man sämtliche logischen Zusammenhänge auch in der Formel findet.

Auf dem Bruchstrich stehen:

  • Länge des Rohres
  • Dämmeigenschaften des Rohres
  • Temperaturdifferenz des Rohres zur Umgebung

Je länger das durchströmte Rohr durch eine kühlere Umgebung geführt wird, desto höher muss der Volumenstrom sein.

Probe mit 100 Metern:

Je schlechter die Dämmeigenschaft des Rohres ist, desto höher muss der Volumenstrom sein.

Probe mit 0,2 W/(m K) als Wärmedurchgangskoeffizient:

Je größer die Temperaturdifferenz zwischen Rohr und Umgebung ist desto höher muss der Volumenstrom sein.

Probe mit 57,5 als Temperaturdifferenz:

Unter dem Bruchstrich stehen:

  • Dichte von Wasser
  • Spezifische Wärmekapazität von Wasser
  • Die akzeptierte Abkühlung des Wassers auf der gewählten Strecke

Während man am Medium Wasser selbst nichts verändern kann, ist letztlich nur die Temperaturdifferenz, die man als Abkühlung akzeptiert, veränderbar oder besser wählbar. Die Konsequenz ist also, dass man bei geringer gewählter Abkühlung einen höheren Volumenstrom benötigt.

Probe mit nur 2,5 Kelvin Abkühlung, was auch gleichzeitig die Temperaturdifferenz zur Umgebung auf 48,75 erhöht:

Damit verliert auch die Formel an schrecklicher Abstraktheit. Man kann gedanklich übersetzen und vor allem verstehen, was in der Formel zusammengefasst ist.

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