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Baukonjunktur zeigt erste Krankheitszeichen

Dörte Neitzel
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Weiß der Präsident des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie (HDB), Peter Hübner, nicht was er will? Ende September versicherte er der Deutschen Presseagentur, die Baubranche sei bislang gut durch die Corona-Krise gekommen. „Wir werden in diesem Jahr keine großen Einschläge haben“, erklärte Hübner. Zugleich warnte er jedoch, die Entwicklung der Auftragseingänge sei ein „alarmierendes Signal für die Baubranche“.

Mit seiner widersprüchlichen Aussage trifft der HDB-Chef den Nagel jedoch auf den Kopf. In der Tat setzen Bauunternehmen in Deutschland trotz der Corona-Pandemie von Januar bis Juli 51,3 Milliarden Euro und damit 4,9 Prozent mehr um als in den ersten sieben Monaten des Vorjahres. Das meldet das Statistische Bundesamt. Elektroinstallateure machten im ersten Halbjahr sogar 7,8 Prozent mehr Umsatz als von Januar bis Juni 2019. Bei den Gas-, Wasser-, Heizungs- und Lüftungstechnikern betrug das Plus 6,1 Prozent.

Am Bau musste nur jeder dritte Betrieb Kurzarbeit einführen

Anders als Betriebe in anderen Branchen konnten Bauunternehmen daher 1,5 Prozent mehr Mitarbeiter einstellen. Nur jeder dritte Betrieb musste Kurzarbeit einführen. In anderen Branchen sind Arbeitnehmer davon in jedem zweiten Unternehmen betroffen. Auch kamen am Bau bislang 94 Prozent der Betriebe ohne staatliche Liquiditätshilfen durch die Krise. Deutschlandweit musste jede vierte Firma staatliche Unterstützung in Anspruch nehmen. Das hat das ifo Institut für Wirtschaftsforschung in seinem aktuellen Branchenbericht zur Bauindustrie ermittelt.

Deren bisherige Stärke ist beeindruckend. Richtig ist aber auch, dass bereits im 2. Quartal erste Wolken am Konjunkturhorizont der wachstumsverwöhnten Branche aufzogen. So legten ihre Umsätze von Januar bis März noch um 12,4 Prozent zu. Schon in den darauffolgenden drei Monaten schwächte sich das Wachstum jedoch auf nur noch 5,2 Prozent ab.

Preisbereinigt werden die Umsätze 2020 sinken

Dabei bilden diese Zahlen nur das nominale Umsatzplus ab. Die Rechnung berücksichtigt nicht, dass die Preise für Bauleistungen seit 2019 gestiegen sind. „Unter Annahme einer Preissteigerung von rund drei Prozent ergibt sich ein deutliches Minus“, kommentiert das ifo-Institut die Umsatzentwicklung in der Baubranche in den ersten vier Monaten diesen Jahres. Diese Abkühlung wird sich bis zum Jahresende fortsetzen, erwarten sowohl der HDB wie der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB). In einer auf Anfrage der Bundesbank erstellten Konjunkturprognose rechnen sie im besten Fall damit, dass die Baubranche 2020 genau so viel umsetzt wie 2019.

Unter Berücksichtigung der gestiegenen Baupreise bedeute dies allerdings „einen Rückgang von circa drei Prozent“, heißt es in dem Papier. Wenn es schlechter läuft, könnten es auch fünf Prozent weniger Umsatz werden als im Vorjahr.

Alarmierende Auftragsentwicklung im Wirtschaftsbau

Die Entwicklung der Auftragseingänge in der Baubranche in den vergangenen Monaten lässt in der Tat befürchten, dass die bisherige konjunkturelle Immunität gegenüber der Corona-Krise bald ersten Krankheitszeichen weichen wird. Noch sind die Betriebe im Hochbau für knapp 3,5 Monate ausgebucht. Im Tiefbau haben sie Aufträge für 2,8 Monate. Da zwischen Auftragsvergabe und Abschluss eines Bauprojekts jedoch nicht selten zwölf Monate vergehen, handelt es sich dabei meist um Orders, die die Betriebe noch vor Beginn der Corona-Krise bekommen haben. Seitdem gehen immer weniger Aufträge bei ihnen ein. Preisbereinigt konnten sich deutsche Bauunternehmen in den ersten sieben Monaten des laufenden Jahres 3,7 Prozent weniger Aufträge in ihre Bücher schreiben als im gleichen Zeitraum 2019.

Im Wirtschaftsbau gingen im Mai und Juni sogar 19 Prozent weniger Orders ein als in den gleichen Monaten ein Jahr zuvor. Diese Entwicklung setzte sich über den Sommer fort. „Wir sehen im Wirtschaftsbau den fünften Monat in Folge deutliche Auftragsrückgänge", klagte ZDB-Hauptgeschäftsführer Felix Pakleppa Ende September. Insgesamt liegen der Baubranche von Kunden aus der Industrie, Logistik und dem Handel, Investoren von Bürokomplexen, Hoteliers und Gastronomen derzeit noch Aufträge in Höhe von einer Milliarde Euro vor. Dieser Auftragsbestand könnte in den kommenden Monaten schnell abnehmen. „Denn es zeigt sich, dass auch die Bauwirtschaft nicht unberührt von den Umsatzeinbußen bei Industrie und Dienstleistungen bleibt“, befürchtet Pakleppa.

Wirtschaftswachstum bricht stärker ein als erwartet

Diese Wirtschaftsbereiche werden sich wie die Mitte Oktober veröffentlichte Gemeinschaftsdiagnose der fünf führenden Wirtschaftsforschungsinstitute darlegt, erheblich langsamer von der Corona-Krise erholen als im vorangegangenen Gutachten im April berechnet. So sinkt das Bruttoinlandsprodukt 2020 nicht wie bislang erwartet nur um 4,4 Prozent, sondern um 5,4 Prozent. Eine mit dem Niveau vor der Krise vergleichbare Leistung erreicht die deutsche Wirtschaft frühestens Ende 2021 - wenn nicht erst im darauffolgenden Jahr - wieder.

Wenigstens sieht die Auftragslage im öffentlichen Bau derzeit noch etwas besser aus als im Wirtschaftsbau. Von Bund, Ländern und vor allem den Kommunen gingen 2020 bislang 3,5 Prozent mehr Aufträge ein. Damit bleibt der Umsatz, den Bauunternehmen dieses Jahr mit öffentlichen Auftraggebern erzielen werden, preisbereinigt jedoch allenfalls auf dem Niveau von 2019, prognostiziert der ZDB.

Dies setzt voraus, dass öffentliche Auftraggeber bislang geplante Bauvorhaben auch umsetzen können. Städte und Gemeinden könnten im Zuge der Krise jedoch 15 bis 20 Prozent weniger Gewerbesteuer einnehmen. Damit fehlen ihren Kämmerern gut zehn Milliarden Euro. Sie könnten daher gezwungen sein, Bau- und Sanierungsprojekte zu streichen.

Sogar der Wohnungsbau schwächelt

Selbst der Auftragseingang aus dem bislang wachstumsstarken Wohnungsbau schwächelt seit Beginn der Corona-Krise. So genehmigten deutsche Bauämter im Juli 2,7 Prozent weniger Wohnungsneubauten als ein Jahr zuvor, meldete das Statistische Bundesamt Ende September. Neuere Zahlen liegen bislang noch nicht vor.

Der Rückgang setzte sich aus 4,4 Prozent weniger Genehmigungen für Einfamilienhäuser und 2,3 Prozent weniger positiven Baubescheiden für Mehrfamilienhäuser zusammen. Diese Entwicklung ist gerade für die vielen im Wohnungsbau tätigen kleineren Bauunternehmen erschreckend. Denn die Zahl der erteilten Baugenehmigungen gibt einen Hinweis darauf, wie die Betriebe in den kommenden 24 Monaten ausgelastet sein werden.

Baubranche stehen schwierige Monate bevor

In der Summe heißt all dies, dass die bislang Corona-resistente Bauwirtschaft die Auswirkungen des Covid-19-Virus noch zu spüren bekommt - wenn auch mit zeitlicher Verzögerung. Dr. Kai-Stefan Schober, Senior Partner und Bauexperte der Unternehmensberatung Roland Berger, rechnet damit dass die Baukonjunktur erst im ersten Halbjahr 2021 ihren Tiefpunkt erreicht und die Umsätze der Branche im kommenden Jahr um bis zu acht Prozent unter dem 2019 erzielten Ergebnis liegen werden.

Erst Ende 2022 werde die Bauwirtschaft wieder so gut dastehen wie vor der Krise. Das sehen auch die fünf an der Gemeinschaftsdiagnose beteiligten Wirtschaftsforschungsinstitute so. HDB-Chef Peter Hübner sorgt sich also zu Recht, wenn er die aktuelle Entwicklung der Auftragseingänge trotz der starken Baukonjunktur im Sommer 2020 für alarmierend hält.

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