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Schriftverkehr im Baurecht: Wer nicht schreibt, zahlt drauf

Dr. Hans-Michael Dimanski

Die SHK-Praxis zeigt, dass der wirtschaftliche Erfolg eines Bauvorhabens im Streitfall entscheidend von der Qualität des Schriftverkehrs abhängt. Das beginnt bereits mit Auftragsbestätigungen oder Angeboten, aus denen unter Umständen der Vertragsinhalt ermittelt werden kann, geht über die Reaktion auf Leistungsstörungen bis hin zu Zahlungsverlangen oder Durchsetzung von Nachträgen. Die folgenden Unterscheidungen im Schriftverkehr sollten Sie beachten.

Wer schreibt, der bleibt

Auch die Abwehr unberechtigter Ansprüche verlangt in erster Linie einen ordnungsgemäßen Schriftverkehr. Da beispielsweise die übergroße Mehrheit von Gewährleistungsanzeigen regelmäßig zunächst nichts mit der gesetzlichen Einstandsverpflichtung des Unternehmers für Gewährleistungsmängel zu tun hat, kann ein sachgerechtes Schreiben nicht nur zur Rechtsklarheit beitragen, sondern auch Geld sparen helfen. Darüber hinaus ist die Schriftlichkeit häufig eine Anspruchsvoraussetzung.

Mit anderen Worten: Wenn ich nicht schreibe, verliere ich Rechte. Erteilt der Auftraggeber falsche Anweisungen, will er beigestellte Materialien verbauen lassen oder auf den hydraulischen Abgleich verzichten, muss schriftlich reagiert werden. Wer als Auftragnehmer etwa pflichtwidrig weder Bedenken noch Behinderung anzeigt, kann sich nicht nur seine Rechtsansprüche in den Wind schreiben, sondern setzt sich zusätzlich möglicherweise wegen Verletzung von Hinweispflichten auch noch Schadensersatzansprüchen des Bestellers aus. Schriftformerfordernisse sind oft schon in den Bauverträgen verankert. Wenn es eine Vertragsklausel gibt, wonach Änderungen oder Ergänzungen der Schriftform bedürfen, läuft z. B. die vorschnelle Umsetzung von Zusatzwünschen ohne schriftliche Vereinbarung geradewegs in den Forderungsausfall.

Der Schriftverkehr im Baurecht ist häufig eine Anspruchsvoraussetzung. Mit anderen Worten: Wenn ich nicht schreibe, verliere ich Rechte.

Warum wird so wenig – oder besser: nicht oft genug – geschrieben? Das Anfertigen von Schriftsätzen bereitet den zumeist technisch ausgerichteten Mitarbeitern in SHK-Betrieben immer wieder Schwierigkeiten. Es ist einerseits die Situation selbst, immerhin handelt es sich hier zumeist um Konfliktfälle, in denen man nichts falsch machen will. Daneben muss man abwägen, ob das Verhältnis zum Auftraggeber auch belastbar ist. Fingerspitzengefühl ist angesagt, wenn es um die Einschätzung des Konfliktgegenstandes im Verhältnis zur Auftragsbedeutung und der perspektivischen Zusammenarbeit mit dem Vertragspartner geht. Andererseits sind die Rechtskenntnisse oft lückenhaft und das führt dann in der Folge dazu, dass Dokumente fehlen oder fehlerhaft formuliert werden.

Zugang wichtiger Schreiben sicherstellen

Neben der Möglichkeit des Zugriffs auf das richtige Schreiben, hat die Sicherung des Zugangs des Schriftverkehrs in der Baurechtspraxis eine hohe Bedeutung. Der Zugang wichtiger Schreiben ist das Nadelöhr für die Beurteilung von Rechtsverhältnissen und entscheidet über Sieg oder Niederlage in Rechtsstreitigkeiten mit. Damit Dokumente Rechtswirkungen erzeugen, müssen sie zugehen. Versäumnisse im Zugangsnachweis rächen sich mit Forderungsverlusten. Es reicht also nicht aus, das richtige Schreiben zum richtigen Zeitpunkt zu finden oder zu formulieren und abzuschicken, es muss auch noch zugehen und zwar beim richtigen Adressaten.

Viele Handwerksbetriebe glauben, dass ein Faxprotokoll, eine E-Mail-Lesebestätigung oder die Eintragungen in ein Postausgangsbuch als Nachweis für die Zustellung ausreichen. Das ist falsch. Nicht auf das Absenden kommt es an, sondern darauf, dass ein Dokument in den Verfügungsbereich eines Adressaten gelangt.

So sieht die Rechtsprechung das Thema Zugang

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat vor Jahren dazu formuliert, dass ein Brief dann „zugegangen“ ist, wenn ihn der Empfänger unter gewöhnlichen Umständen zur Kenntnis nehmen kann (BGH IBR 1998, 152). Wird ein Brief in einen Hausbriefkasten eingeworfen geht er dann zu, wenn üblicherweise mit der nächsten Leerung des Briefkastens gerechnet werden kann. Ein abends eingeworfener Brief geht demnach nicht sofort zu, sondern erst am Morgen des nächsten Tages. Beweisbelastet für den Einwurf des Schreibens ist der Absender. Praktischerweise kann der Einwurf durch einen Boten vollzogen werden, der den Einwurf formlos protokolliert und ggf. später als Zeuge zur Verfügung steht.

Die Zustellung in einen Sammelbriefkasten, der nicht regelmäßig geleert wurde, sah das Gericht mit der Einlegung des Schriftstückes in den Briefkasten als gegeben an. Auf die tatsächliche Kenntnisnahme des Adressaten kommt es nicht mehr an, so das Gericht. Wird ein Briefkasten von mehreren Personen, die in derselben Wohnung wohnen, genutzt, kommt es für den Bekanntgabezeitpunkt nicht darauf an, wie die Briefkastenleerung erfolgt und wie und wann die Post unter den Mitgliedern der Wohnung verteilt wird.

Selbst ein sogenannter Sammelbriefkasten, der für mehrere Wohnungen oder Geschäftsräume eingerichtet ist, ist für eine Ersatzzustellung nach § 180 ZPO geeignet, so das Gericht (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. 6. 2009 – 6 K 9096/05). Fehlt ein Briefkasten, kann sogar die Platzierung des Schreibens im Hauseingangsbereich ausreichend sein (LG Krefeld, Urteil vom 6. 2. 2009 – 1 S 117/08). Wenn die Zustellung an eine GmbH Schwierigkeiten bereiten sollte, kann auch über den jeweiligen Geschäftsführer, notfalls über seine Privatadresse, zugestellt werden (BGH IBR 2003, 527).

Übergabe durch Boten gegen Empfängerbescheinigung

Der sicherste Zugangsnachweis besteht in der Übergabe des Schreibens durch einen Boten gegen eine vom Empfänger zu unterschreibende Empfangsbescheinigung. Allerdings ist es in der Praxis oft nicht möglich, einen Boten mit der Übermittlung von Schreiben zu beauftragen. Wenn der Empfänger nicht angetroffen wird, wäre auch die Bescheinigung des Boten zugkräftig. Aus der Notiz des Boten sollte hervorgehen, wo, wie und wann er das betreffende Schreiben in den Briefkasten eingeworfen hat. Es kann übrigens auch von Belang sein, dass der Bote von dem Schreiben Kenntnis hat, das er einkuvertiert übergibt. Nicht selten wird bestritten, dass sich das konkrete Schreiben auch in dem Umschlag befand.

Der sicherste Zugangsnachweis ist die Übergabe des Schreibens durch einen Boten gegen eine vom Empfänger zu unterschreibende Empfangsbescheinigung.

Das Einschreiben mit Rückschein

Das Einschreiben mit Rückschein ist im Geschäftsverkehr gebräuchlich. Der Rückschein wird vom Adressaten unterzeichnet und gilt regelmäßig zunächst erst einmal als Zugangsnachweis. Eine Zustellung kann grundsätzlich auch an Empfangsboten erfolgen. Das sind Personen, die grundsätzlich berechtigt sind, Post entgegenzunehmen. Im privaten Bereich gehören dazu die direkten Familienangehörigen des Adressaten, die mit ihm in einem Haushalt oder einer Wohnung leben (Ehepartner, volljährige Kinder, Eltern, Schwiegereltern, Geschwister). Nimmt ein sog. Empfangsbote das Schreiben in Empfang, geht das Schreiben auch nicht sofort zu. Der Zugang erfolgt erst, wenn unter gewöhnlichen Umständen mit der Weitergabe des Schreibens an den Adressaten zu rechnen ist.

Problematisch wird es, wenn weder der Adressat, noch Empfangsboten vom Briefträger bei der Zustellung des Einschreibens angetroffen werden. Die Benachrichtigung des Postboten, dass in der zuständigen Poststelle ein Einschreiben hinterlegt wurde gilt gewöhnlich noch nicht als Zugangsbeweis. Nach Ansicht des BGH liegt mit der bloßen Benachrichtigung von der Hinterlegung des Einschreibebriefes im Postamt kein Zugang vor, weil die Erklärung noch nicht in den Machtbereich des Adressaten geraten ist. Damit kann auch kein Zugang in dem Zeitpunkt angenommen werden, in welchem dem Adressaten die Abholung des Einschreibebriefs zumutbar ist. Anders wurde dies bei einem Postfach gesehen (BGH NJW 2003, 3270).

Vereitelt der Adressat arglistig den Zugang, kann er daraus keine Rechte herleiten. Dann muss er sich nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) so behandeln lassen, als sei ihm das Schreiben im Zeitpunkt der Ablehnung zugegangen, wenn er im Rahmen vertraglicher Beziehungen mit rechtserheblichen Mitteilungen rechnen muss.

Anders wird die Sache wieder beurteilt, wenn ein Empfangsbote die Annahme des Schreibens verweigert. Das kann einem Adressaten nicht zugerechnet werden, wenn er hierauf keinen Einfluss hat. Das Einschreiben mit Rückschein ist also nur dann Zugangsbeweis, wenn der vom Adressaten unterschriebene Rückschein zurückkommt. Wird dagegen später behauptet, dass das Kuvert des Einschreibens leer war, kehrt sich die Beweislast um, sodass der Adressat den Nichtzugang zu beweisen hätte. Wird ein Einschreiben nach Hinterlegungsbenachrichtigung nicht beim Postamt abgeholt, ist zu empfehlen, einen erneuten Zustellungsversuch zu unternehmen.

Das Einwurfeinschreiben

Beim Einwurfeinschreiben übernimmt der Briefträger Zeugenfunktion. Er protokolliert den Einwurf des Schreibens in den Briefkasten des Adressaten. Vorausgesetzt der Briefträger arbeitet ordnungsgemäß und protokolliert nicht im Vorhinein, sondern erst nach erfolgtem Einwurf, ist damit der Zugang des Schreibens erfolgt. Zugänglich wird der Beweis, wenn sich der Absender des Schreibens einen Beleg der Post ausstellen lässt.

Die normale Briefpost

Es wird empfohlen, bei wichtigen Schreiben, die auf dem normalen Postweg zugestellt werden sollen, den Postweg mit einem Vorabfax zu kombinieren. Dazu gehört, dass im Adressfeld die korrekte Faxnummer des Adressaten erscheint und möglichst ein Dritter mit der Absendung des Vorabfaxes betraut wird. Danach trägt zur weiteren Zugangssicherheit bei, wenn der oder die Dritte der Faxsendung hinterher telefoniert, sich den Empfang fernmündlich bestätigen lässt und all dies kurz protokolliert.

Das Fax

Die Beweiskraft von Faxprotokollen ist gering. Der BGH sieht in einem Faxsendeprotokoll noch keinen Zugangsnachweis. Es fehle an gesicherten Erkenntnissen, wie oft Telefaxübermittlungen trotz eines einwandfreien Sendeberichts scheiterten. Ursache hierfür könnten neben einer Manipulation am Sendegerät ein Defekt am Empfangsgerät, z. B. Papierstau oder eine Leitungsstörung sein. Deshalb sei der o.k.-Vermerk allenfalls ein Indiz für den Zugang. Dieses Indiz sei für sich allein jedoch nicht aussagekräftig. Auch die Abbildung der Telefaxvorlage auf dem Sendebericht beweist keinen Zugang.

Der BGH hat die Frage offengelassen, ob im Falle des Bestreitens eines Faxzugangs die Gegenseite das Empfangsjournal für den betreffenden Zeitraum vorlegen müsse, aus dem hervorgeht, dass das Fax nicht eingegangen ist (so Landgericht Darmstadt IBR 1994, 102).

Allerdings „wackelt“ die Rechtsprechung vor dem Hintergrund der sich entwickelnden Technik. Das OLG Jena fordert aufgrund der „generell hohen Zuverlässigkeit des Telefaxdienstes“ erhöhte Anforderungen an das prozessuale Bestreiten des Zugangs durch den Empfänger (OLG Jena, Urteil vom 9. 9. 2002; Az.: 6 Verg 4/02). Da die gerichtlichen Entscheidungen zum Zugangsbeweis eines Faxes sehr unterschiedlich ausfallen, wird empfohlen, nach dem Absenden eines Faxes hinterher zu telefonieren und das Ergebnis zusätzlich zum Faxprotokoll zu notieren.

E-Mailverkehr

Für den elektronischen Rechtsverkehr ergibt sich die Frage, ob Lesebetätigungen als Zugangsnachweis angesehen werden können. Das ist insofern problematisch, da das Absenden einer Lesebescheinigung nicht unbedingt auch auf den Absender schließen lässt. In diesem Zusammenhang steht die Frage, ob E-Mails das Schriftformerfordernis erfüllen.

Das OLG Frankfurt ist der Meinung, dass eine Mangelrüge per E-Mail nicht die nach § 13 Abs. 5 Nr. 1, Satz 2, geforderte Schriftformerfordernis erfüllt, wenn der Absender nicht eine qualifizierte elektronische Signatur nachweist. Damit wäre eine übliche Mail (ohne Signatur) nicht geeignet, etwaige Verjährungsfristen zu verlängern oder sonstige Fristen in Gang zu setzen (OLG Frankfurt, 30. 4. 12 – 4 U 269/11). Diese Entscheidung bezieht sich aber auf einen baurechtlichen Fall, dem auch noch die VOB/B zugrunde lag.

In gleicher Richtung argumentiert das OLG Jena in einem aktuellen Fall. Hier ging es um die Frage, ob eine E-Mail die Verjährungsfrist für Mängelansprüche verlängert. Das hat das Gericht verneint. Die Verlängerung der Verjährungsfrist von Mängelansprüchen im VOB Vertrag setzt eine Aufforderung zur Mängelbeseitigung durch den Auftraggeber voraus. Das muss schriftlich erfolgen.

Eine Mängelrüge per E-Mail erfüllt das Schriftformerfordernis des § 13 Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 VOB/B nicht, sofern keine qualifizierte elektronische Signatur vorliegt. Mit einer „einfachen“ E-Mail kann deshalb die Verjährungsfrist für Mängel nicht wirksam verlängert werden (OLG Jena, Urteil vom 26. 11. 2015 – 1 U 201/15). In einem Vergaberechtsfall hat die Vergaberechtskammer des Bundes folgendes festgestellt:

Tritt der Erklärungsempfänger im Rechtsverkehr mit seiner E-Mail-Adresse auf, geht ihm Mitteilung zu, wenn sie in seiner Mailbox oder der seines Providers abrufbar gespeichert ist. Die Beweislast für den Zugang einer E-Mail trägt derjenige, der sich hierauf beruft. Eine Eingangs- oder Lesebestätigung kann dabei einen Anscheinsbeweis begründen (VK Bund, Beschluss vom 18. 8. 2015 – VK 2-43/15).

In einem arbeitsrechtlichen Fall hat das Bundesarbeitsgericht eine E-Mail als Erfüllung des Schriftformerfordernisses angesehen. Vereinbaren die Vertragsparteien, dass ein Anspruch schriftlich geltend zu machen ist, genügt zur Wahrung der Form – soweit nicht ein anderer Wille anzunehmen ist – die telekommunikative Übermittlung, so das BAG. Erfasst ist damit neben dem Telefax auch die E-Mail. Der Text muss demnach so zugehen, dass er dauerhaft aufbewahrt werden oder der Empfänger einen Ausdruck anfertigen kann. Es wird auf die Unterschrift, nicht aber auf eine textlich verkörperte Erklärung verzichtet (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16. 12. 2009 – 5 AZR 888/08).

Findige Praktiker haben in dem Schriftverkehr auch eine kleine Provokation verpackt: „… neben der von uns angezeigten Behinderung bedanken wir uns aber für den Zusatzauftrag über 2.000 Euro…“. Reagiert der Empfänger dann auf das Thema Zusatzauftrag, kann er den Fakt der Behinderungsanzeige nicht mehr bestreiten.

Zustellung durch den Gerichtsvollzieher

Die teuerste Variante der Zustellung mit rechtlichem „Tiefgang“ ist die Zustellung eines Dokuments durch den Gerichtsvollzieher. Es ist selbsterklärend, dass diese Form der Zustellung nur in Ausnahmefällen in Betracht kommen dürfte. Gerade auch hinsichtlich des in Bauangelegenheiten regelmäßig bestehenden Zeitdrucks und der Notwendigkeit von zügigen Fristauslösungen erscheint diese Zustellvariante wenig geeignet.

Dieser Artikel von Dr. Hans-Michael Dimanski ist zuerst erschienen in SBZ/04-2016. Rechtsanwalt Dr. jur. Hans-Michael Dimanski ist Partner der RA-Kanzlei Dr. Dimanski, Kalkbrenner & Schermaul in Magdeburg.

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