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Brandschutz: Dachoberlichter als NRWG

Thomas Hegger

In Industrie- und Lagerhallen bestehen im Brandfall mehrere Schutzziele. An erster Stelle steht der Personenschutz: Mitarbeiter und andere Personen, die sich in der Halle aufhalten, müssen sich selbst retten können.

Hinzu kommen der Sach- und der Gebäudeschutz. In der Halle lagernde Waren oder in­stallierte Maschinen sollen durch den Brand so wenig Schaden wie möglich nehmen. Zudem ist das Ziel, im Brandfall einen Totalverlust des Gebäudes zu vermeiden.

Um diese Ziele zu erreichen, ist die Abfuhr von Rauch und Wärme ein entscheidender Faktor. Denn nicht vom Feuer, sondern vom Rauch geht die tödlichste Gefahr bei einem Brand aus. Die entstehenden Zersetzungsprodukte sind so toxisch, dass bereits wenige Atemzüge zum Tod ­führen können. Wird der Rauch nicht zuverlässig abgeführt, kommt es in kurzer Zeit zu einer kompletten Verrauchung des Halleninneren. Eingeschlossene Personen können sich dann nicht mehr selbst retten und der Löschangriff der Feuerwehr wird erschwert.

Außerdem lagern sich die Zersetzungsprodukte aus dem Rauch auf Waren und Maschinen ab, sodass diese in den meisten Fällen nicht mehr genutzt werden können. Die Brandhitze wirkt auf die tragende Konstruktion der Halle ein. Ist diese nicht mit entsprechenden Systemen zum Rauch- und Wärmeabzug ausgestattet, drohen schwere Beschädigungen bis hin zum Einsturz. Die dadurch verursachten Produktionsausfälle können Industrieunternehmen in der Folge schnell in die Insolvenz treiben.

Entrauchung durch natürliche Thermik

Durch einen wirkungsvollen Rauchschutz lässt sich das beschriebene Szenario in vielen Fällen vermeiden. Die technische Ausführung muss dabei nicht kompliziert sein. Im Gegenteil lässt sich doch die natürliche Thermik für die effektive Rauch- und Wärmeableitung nutzen.

Dazu werden NRWG in Lichtkuppeln oder Lichtbänder integriert. Im Brandfall öffnen sie sich automatisch und werden im geöffneten Zustand arretiert. Durch Nachströmöffnungen, Türen und Tore im unteren Drittel der Gebäudefassade strömt Außenluft nach. Durch die Brandhitze steigen die entstehenden Zersetzungsprodukte nach oben und gelangen durch die Öffnung der NRWG nach außen. Weitere Maßnahmen wie Rauchschürzen im Deckenbereich helfen, die Ausbreitung des Rauchs im Halleninneren auf klar begrenzte Rauchabschnitte zu beschränken.

Die Auswirkungen des Brandes durch den Brandrauch werden im Inneren dadurch so gering wie möglich gehalten. Zudem entweicht über die geöffneten NRWG neben dem Rauch auch der Großteil der entstehenden Brandhitze.  Das entlastet die tragenden Bauteile der Halle, was der Feuerwehr zusätzliche Zeit und Sicherheit für ihren Einsatz gibt, und vermeidet den Totalverlust durch den Einsturz der Hallendecke.

Raucharme Schicht am Boden

Damit Anlagen zur Entrauchung ihre Wirksamkeit voll erreichen, müssen sie im oberen Hallendrittel angeordnet sein. Am effektivsten ist die Integration in die Hallendecke, wie sie NRWG in Lichtkuppeln und Lichtbändern ermöglichen. Strömt im Brandfall ausreichend Luft über Öffnungen im unteren Hallendrittel nach, sammelt sich der Brandrauch unter der Hallendecke und am Boden der Halle entsteht eine raucharme Schicht.

Diese ermöglicht eingeschlossenen Personen die Selbstrettung. Außerdem unterstützt sie die Feuerwehr bei ihrem Löschangriff. Aber auch der Schutz der Produktionsanlagen und Lagergüter kann durch eine entsprechend geplante raucharme Schicht erreicht werden.

Die raucharme Schicht ist in der DIN 18232-2 „Rauch- und Wärmefreihaltung – Teil 2: Rauchabzüge; Bemessung, Anforderung und Einbau“ klar definiert.

Der Abstand zwischen dem Fußboden des Raumes und der Unterseite der Rauchgasschicht muss demnach eine Höhe von mindestens 2,50 m haben – je nach Schutzziel auch höher. Um dieses Ziel zu erreichen, sind die aerodynamisch wirksamen Rauchabzugsflächen (Aa) die wichtigste Bemessungsgröße.

Sie sind in der Norm in Tabellen angegeben. Die Norm begrenzt die Rauchabschnittsflächen auf 1600 m2, um eine vertikale Ausbreitung des Rauchs in der Halle zu verhindern.

Denn dies könnte zu Schäden an Produktionsanlagen und Lagergütern führen. Um diese Abschnittsflächen zu erzielen, sind starre oder flexible Rauchschürzen die gängigen baulichen Maßnahmen.

Rauch- und Wärmeabzugsanlagen (NRWG) sind wichtiger Bestandteil des Brandschutzes.

Rauchabzug in Sonderbauten

Gesetzlich ist die Entrauchung zum Beispiel für Industriebauten über die Muster-Industriebaurichtlinie (M-IndBauRL) geregelt.  Ab einer Grundfläche von 200m² muss der Planer bei einem Hallen-Neubau eine ausreichende Rauchableitung über geeignete Methoden nachweisen, um die Brandbekämpfung zu unterstützen.

NRWG sind eine der vergleichsweise kostengünstigen und effektiven Maßnahmen, die dem Planer als Instrument zur Verfügung stehen. Die M-IndBauRL schreibt mindestens ein NRWG pro maximal 400m2 Grundfläche mit einer aerodynamisch wirksamen Rauchabzugsfläche von 1,5m² vor.

Die Einzelgeräte bilden dabei für die Fläche von jeweils 1600m2 eine Auslösegruppe. Damit im Brandfall die raucharme Schicht im Bodenbereich entsteht, sind außerdem die notwendigen Zuluftöffnungen im unteren Drittel der Halle einzuplanen. Diese müssen mindestens einen freien Querschnitt von 12m2 aufweisen.

Nutzung zur Raumklimatisierung

Im normalen Betrieb der Industrie- oder Lagerhalle können die NRWG auch die Raumlüftung unterstützen. Dazu werden die Anlagen bei zu hohen Temperaturen in der Halle über eine ergänzende Lüftungsfunktion geöffnet. Auch hierbei ist der natürliche thermische Auftrieb das Funktionsprinzip. Die Wärme wird aus der Halle abgeleitet, ohne dass dafür aufwendige technische Anlagen notwendig sind.

Funktionssicherheit jederzeit ­gewährleisten

Natürliche Rauch- und Wärmeabzugsgeräte sind wichtige Bestandteile einer funktionssicheren Brandschutzkette. Entscheidend ist, dass sie im Notfall zuverlässig funktionieren. Da sich der Ausbruch eines Brandes nicht vorhersagen lässt, muss die Funktionssicherheit der Anlagen jederzeit gewährleistet sein. Daher ist die regelmäßige Wartung und Funktionsprüfung der NRWG wichtig.

Der Fachverband Tageslicht und Rauchschutz (FVLR) empfiehlt Hallenbetreibern, diese Aufgabe über einen Wartungsvertrag an einen qualifizierten Fachbetrieb zu übertragen. Der Betrieb prüft dann regelmäßig die Funktion der Anlagen und ersetzt Verbrauchsmaterialien im Bedarfsfall durch Originalersatzteile.

Fazit

Entrauchung und Wärmeableitung sind im Brandschutzkonzept einer Produktions-, Lager- oder Industriehalle unverzichtbar. NRWG bieten eine vergleichsweise günstige, technisch einfache und zuverlässige Möglichkeit, beides im Brandfall zu gewährleisten.  Allein durch den thermischen Auftrieb leiten sie die heißen Brandgase nach außen ab, sodass der Schaden an in der Halle lagernden Waren und Maschinen möglichst gering ausfällt.

Die tragende Konstruktion wird entlastet und der Einsturz der Halle vermieden. Im unteren Hallenbereich entsteht eine raucharme Schicht, sodass sich die Personen aus der Halle retten können und die Feuerwehr bei ihrem Löscheinsatz unterstützt wird.

Die NRWG lassen sich einfach in Lichtkuppeln und Lichtbänder integrieren und im Normalbetrieb der Halle zur Lüftung einsetzen. Darüber hinaus sparen sie durch die Tageslichtfunktion einen erheblichen Anteil der Energiekosten für die Beleuchtung der Hallen ein. Je nach Nutzung der Gebäude und Auslegung der Lichtkuppeln und Lichtbänder kann die Notwendigkeit für den Einsatz der Kunstlichtbeleuchtung auf eine reine Ergänzungsbeleuchtung reduziert werden.

Dieser Artikel von Thomas Hegger ist zuerst erschienen in KK-Ausgabe 03-2019. Dipl.-Ing. Thomas Hegger ist Geschäftsführer des Fachverbands Tageslicht und Rauchschutz FVLR.

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