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Gesunde Luft darf nicht trocken sein: Warum sich eine Luftbefeuchtung auch wirtschaftlich lohnt

Claus Händel
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In Deutschland arbeiten etwa 17 Millionen Menschen in Büros. Das Raumklima, das sie dort umgibt, ist von erheblicher Bedeutung für ihre Gesundheit und Leistungsfähigkeit. Wichtige Einflussfaktoren sind sowohl die Raumtemperatur als auch die Luftfeuchte. Krankheitstage – insbesondere durch Atemwegserkrankungen –, die sich im Zusammenhang mit einer zu geringen Raumluftfeuchte oder einer schlechten Raumluftqualität ergeben, verdeutlichen die Bedeutung einer guten Innenraumqualität. Daneben verringern Irritationen der Nasen- und Rachenschleimhäute oder trockene Augen und juckende Haut die Konzentrations- und Leistungsfähigkeit [1].

Da Menschen kein Sinnesorgan haben, mit dem sie die relative Luftfeuchte direkt wahrnehmen können, sind sie auf sekundäre Wahrnehmungen angewiesen, zum Beispiel trockene Schleimhäute, Schwitzen oder Schwüleempfinden. Manche dieser Auswirkungen treten zeitversetzt auf, sodass sie nicht immer den Zusammenhang zur Luftfeuchtigkeit erkennen lassen. Im Folgenden werden zunächst einige Grundlagen der Raumluftfeuchte erläutert. Dabei geht es nicht um bauphysikalische Aspekte, sondern um den direkten Einfluss auf den Menschen.

Grundsätzliches zur Luftfeuchtigkeit

Die absolute Luftfeuchtigkeit hängt unter anderem von der Temperatur ab. Sie wird in Gramm pro Kilogramm trockener Luft angegeben. Weil kalte Luft weniger Feuchtigkeit aufnimmt als warme, ist im Winter die absolute Luftfeuchtigkeit niedriger als im Sommer. Die relative Luftfeuchte ist das prozentuale Verhältnis aus Luftvolumen und dem darin enthaltenen Wasserdampf. Gelangt kalte Außenluft in einen Raum und erwärmt sich, sinkt die relative Luftfeuchtigkeit – häufig weit unter 40%. Bei Raumtemperaturen zwischen 21 und 22 Grad Celsius und einer Raumluftfeuchte von 40 bis 50% fühlen sich Menschen in Nordeuropa im Winter am wohlsten.

Abb. 1 Das Scofield-Sterling-Diagramm zeigt, dass eine Raumluftfeuchte zwischen 40 und 60 Prozent in einem für die Gesundheit günstigen Bereich liegt.

Einfluss der Raumluftfeuchte auf Menschen

Die Luftfeuchtigkeit in einem Innenraum spielt nicht nur in Bezug auf unser Wohlbefinden eine entscheidende Rolle. Trockene Schleimhäute sind eine der Ursachen für eine geschwächte Infektionsbarriere der Menschen. Wird in einem Raum eine relative Luftfeuchtigkeit von 40% eingehalten, lässt sich bei einer Vielzahl von Infektionen das Übertragungsrisiko erheblich verringern [1].

Zudem wirkt sich die relative Luftfeuchte indirekt auf die Lebensdauer luftgetragener Viren aus, die in Aerosolen transportiert werden. In trockener Luft schrumpfen Aerosole schneller, werden somit leichter und schweben länger in der Luft. Das Scofield-Sterling-Diagramm zeigt, dass die Belastung der Raumluft mit unerwünschten Mikroorganismen bei einer relativen Luftfeuchtigkeit zwischen 40 und 60% am geringsten ist (Abb. 1).

Vor allem an kalten Wintertagen kann diese Raumluftfeuchte bei normalem Lüftungsverhalten nicht ohne aktive Befeuchtung sichergestellt werden. Je niedriger die Außentemperatur und je höher die Temperatur im Raum ist, umso trockener wird die Luft in Räumen ohne Befeuchtung. In Bereichen, in denen sich viele Personen aufhalten, zum Beispiel in Büros, Gaststätten oder Versammlungsräumen, ist durch die dichte Raumbelegung ein hoher Außenluftvolumenstrom notwendig, damit die CO2-Konzentration nicht zu sehr ansteigt. Durch die höhere Außenluftrate ist bei einer niedrigen Außenluftfeuchte die „Trocknungswirkung“ ausgeprägter, deshalb sollte hier grundsätzlich eine Befeuchtung vorgesehen werden.

Abb. 2 Bruttowertschöpfung in Abhängigkeit vom Wirtschaftszweig.

Investitions- und Betriebskosten von Luftbefeuchtung

Für Betreiber sind insbesondere die Investitions- und Betriebskosten sowie eine hygienische Betriebsweise von Bedeutung. Außerdem ist die Befeuchtungsstrecke für die Wahl des Befeuchters relevant. Bei einem Raumlufttechnischen Gerät (RLT-Gerät) mit einem kleinen Volumenstrom genügt eine kurze Befeuchtungsstrecke. Aufgrund der geringen Investitionskosten bieten sich Dampfbefeuchter oder Ultraschallbefeuchter an.

Je größer der Luftvolumenstrom, umso stärker fällt bei der Dampferzeugung der Strombedarf gegenüber den Investitionskosten ins Gewicht. Hier werden häufig Hybrid- beziehungsweise Hochdruckbefeuchter oder Ultraschall­befeuchter eingesetzt. Sie zeichnen sich durch eine hygienische Betriebsweise, geringe Wartungskosten und eine gute Regelbarkeit aus. Ihr Strombedarf ist deutlich geringer als bei Dampfbefeuchtern.

Sie erhitzen das Wasser nicht auf 100 Grad Celsius, um es zu verdampfen, sondern vernebeln es. Der Energiebedarf für die Verdunstung des vernebelten Wassers ist identisch mit dem Energiebedarf, den ein Dampfbefeuchter benötigen würde (Verdampfungsenthalpie). Die Verdampfungswärme, die durch das Vernebeln notwendig ist, kann gegebenenfalls anteilig von der Wärmerückgewinnung und einem vorhandenen effizienten Heizsystem bereitgestellt werden. Es gilt aber, für das jeweilige Projekt die kosten- und CO2-effizienteste Lösung zu finden.

Wirtschaftliche Betrachtung

Wie bereits erläutert, hängen Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Menschen, die in einem Büro arbeiten, sowohl von der Raumluftqualität und der thermischen Behaglichkeit als auch von der Luftfeuchte im Büro ab. Liegen alle Parameter im jeweils geforderten Bereich, fühlen sich die Arbeitnehmer wohl und es ist mit weniger Krankheitstagen zu rechnen.

Volkswirtschaftliche Kosten, die aufgrund von Arbeitsunfähigkeit entstehen, veröffentlicht die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) jährlich in Statistiken [2]. Ihren Angaben zufolge war im Jahr 2017 jeder Arbeitnehmer durchschnittlich 16,7 Tage arbeitsunfähig. Daraus ergaben sich 669 Millionen Arbeitsunfähigkeitstage. Die gesamten Ausfallkosten beliefen sich damit auf 76 Milliarden Euro, die Ausfallkosten an Produktivität auf 136 Milliarden Euro.

Weiter ist der Statistik zu entnehmen, dass Atemwegserkrankungen einen Anteil von 13,9% an allen Erkrankungen ausmachen, das entspricht 2,3 Krankheitstagen. Da nicht alle Atemwegserkrankungen auf eine zu geringe Luftfeuchte zurückzuführen sind, werden für die folgenden Rechnungen 1,5 Krankheitstage angesetzt. Bei dieser Annahme ist noch nicht berücksichtigt, dass die Statistik weder nicht gemeldete Krankheitstage erfasst noch das Nachlassen der Arbeitsproduktivität am Arbeitsplatz.

In den volkswirtschaftlichen Kosten durch Arbeitsunfähigkeit werden sechs verschiedene Wirtschaftszweige detailliert betrachtet. Für zwei davon kommen Raumluftbefeuchtungen infrage: für „Finanz-, Versicherungs- und Unternehmensdienstleister, Grundstücks- und Wohnungswesen“ sowie für „Öffentliche und sonstige Dienstleister, Erziehung, Gesundheit“. Die in Abb. 2 zusammengestellten Werte für die Bruttowertschöpfung sind der oben erwähnten Statistik entnommen.

Abb. 3 Energie- und Wasserpreise.

So wurde die Wirtschaftlichkeit berechnet

Mit dem Simulationsprogramm für Klimaanlagen AC-OPT [3] wurden Energiebedarfsberechnungen für einen Elektrodenbefeuchter und einen Hybridbefeuchter durchgeführt. Simuliert wurde beispielhaft eine RLT-Anlage mit einem Zu- und Abluftvolumenstrom von jeweils 10.800 Kubikmeter pro Stunde für das Testreferenzjahr Potsdam. Die Zulufttemperatur war auf 18 Grad Celsius festgelegt, die Raumtemperatur betrug mindestens 22 und im Sommer maximal 26 Grad Celsius. Die inneren Feuchtelasten wurden vernachlässigt. Wird ein Luftvolumenstrom von 30 Kubikmeter Außenluft pro Stunde unterstellt, ist die Anlage für eine Belegung mit 360 Personen dimensioniert. Bei einer durchschnittlichen Belegungsdichte von zwölf Quadratmetern pro Person ist der Außenluftvolumenstrom für etwa 4.300 Quadratmeter Nutzfläche ausreichend.

Die RLT-Anlage stellt die Versorgung der Außenluftzufuhr sicher. Eine raumseitige Kühlung führt im Sommer die zusätzlichen thermischen Raumlasten ab, den Heizbedarf im Winter deckt eine statische Heizung. Bei einer Betriebszeit von Montag bis Freitag von 8:00 Uhr bis 16:00 Uhr ergeben sich 3.132 Betriebsstunden im Jahr. Die Annahmen für die entsprechenden Energie- und Wasserpreise sind Abb. 3 zu entnehmen.

Die RLT-Anlage ist mit einer Wärmerückgewinnung mit 75 Prozent Temperaturänderungsgrad ohne Feuchterückgewinnung und mit Befeuchter, Kühler, Nach- und Vorerhitzer ausgerüstet. Sie erfüllt die Anforderungen der aktuellen Ecodesign-Verordnung EU 1253/2014 [4]. Die Befeuchter sind so geregelt, dass mindestens 40 Prozent relative Luftfeuchte in der Aufenthaltszone eingehalten werden. Der Entfeuchtungsbetrieb über die RLT-Kühler erfolgt nicht feuchtegeregelt, sodass sich die Raumluftfeuchte ungeregelt aus der Zulufttemperaturregelung ergibt.

Abb. 4 Relative und absolute Feuchte im Aufenthaltsbereich (Jeder Punkt entspricht einer Stunde.

Abb. 4 stellt für jede Berechnungsstunde die relative und die absolute Feuchte im Aufenthaltsbereich dar. Minimum im Winter ist 40% oder 6,6 Gramm pro Kilogramm trockener Luft. Im Sommer ergeben sich je nach notwendigem Kühlerbetrieb maximal zehn bis zwölf Gramm pro Kilogramm trockener Luft. Die Komfortgrenzen werden im Winter erfüllt und im Sommer knapp überschritten. Durch einen zusätzlichen geregelten Entfeuchtungsbetrieb ließen sie sich auch im Sommer einhalten. Da bei den Untersuchungen der Befeuchtungsbetrieb im Vordergrund stand, wurde darauf verzichtet. Bei einem geregelten Entfeuchtungsbetrieb sind zusätzliche anlagentechnische Randbedingungen zu beachten, zum Beispiel die Nacherhitzung. Zudem gibt es stärkere Wechselwirkungen mit den Raumlasten. Beispielhaft stellt Abb. 5 die Befeuchtungsleistungen und die jeweils notwendige stündliche Wassermenge über der Außentemperatur dar.

Abb. 5 Befeuchtungsleistung und Verdunstungswassermenge bei Dampf­befeuchtung.

In Abb. 6 sind die Kosten für den Einsatz eines Elektrodenbefeuchters und eines Hybridbefeuchters aufgetragen. Bei den Investitionskosten wird davon ausgegangen, dass bereits eine RLT-Anlage installiert ist und lediglich die Befeuchterkomponente nachgerüstet wird. Für den Fall, dass eine RLT-Anlage neu installiert wird, berücksichtigt die Berechnung nur die Mehrkosten für die Befeuchtung.

Die letzte Zeile der Tabelle enthält die Kosten, die sich insgesamt für die Auslegung der beiden Befeuchter ergeben. Sie beziehen sich auf einen Quadratmeter Nutzfläche des Arbeitsplatzes. Im Falle des Elektrodenbefeuchters liegt der Wert bei 5,70 Euro je Quadratmeter und Jahr, beim Hybridbefeuchter beträgt er 5,3 Quadratmeter und Jahr.

Diese Werte werden zu den in Abb. 2 ermittelten Werten für die Bruttowertschöpfung je Arbeitnehmer und Fläche ins Verhältnis gesetzt. Für den Bereich Finanzwesen ergeben sich 36,90 Euro pro Tag und Quadratmeter und für den Bereich öffentliche Dienstleistung 17,40 Euro pro Tag und Quadratmeter. Unter der Annahme, dass es aufgrund von Atemwegserkrankungen wegen zu geringer Luftfeuchte zu 1,5 Ausfalltagen pro Jahr kommt, ergibt sich für das Finanzwesen ein Ausfall der Bruttowertschöpfung von 55,35 Euro pro Tag, in der öffentlichen Dienstleistung sind es 26,10 Euro pro Tag.

Abb. 6 Kosten für den Einsatz eines Elektrodenbefeuchters und eines Hybrid-Befeuchters.
Abb. 7 Verhältnis von Bruttowertschöpfung pro Arbeitsstunde und den jährlichen Kosten für die Luftbefeuchtung.

Aus dem Verhältnis zwischen der Bruttowertschöpfung der Mitarbeitenden und den Kosten für die Befeuchtung lässt sich ableiten, dass sich ein Befeuchtungssystem bereits lohnt, wenn damit wenige Stunden an Arbeitsausfall vermieden werden (Abb. 7). Die Betrachtungen zeigen, dass der Ausfall an Bruttowertschöpfung eines halben Arbeitstags bereits höher ist als die jährlichen Kosten für die Anschaffung und den Betrieb eines Befeuchtungssystems. Je nach Branche und Befeuchtungssystem liegt die Zeit bei weniger als 1,5 Stunden.

Literatur

[1] F. Nienaber; K. Rewitz; P. Seiwert; D. Müller: Einfluss der Luftfeuchte auf den ­Menschen und seine Gesundheit, White Paper RWTH-EBC 2021-001, Aachen, 2021, DOI: 10.18154/RWTH-2021-01238

[2] BAuA – Kosten der Arbeitsunfähigkeit – Volkswirtschaftliche Kosten durch Arbeitsunfähigkeit – Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin

[3] RLT-Simulation AC-OPT, www.rlt-simulation.de

[4] Verordnung (EU) Nr. 1253/2014 DER KOMMISSION vom 7. Juli 2014 zur Durchführung der Richtlinie 2009/125/EG des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf die Festlegung von Ökodesign-Anforderungen an Lüftungsgeräte

Befeuchtungssysteme in RLT-Anlagen

Hochdruckbefeuchter zerstäuben das Befeuchterwasser mit einem hohen Druck von bis zu 130 bar. Das zerstäubte Wasser wird mit dem Zuluftstrom der RLT-Anlage vermischt.

Dampfluftbefeuchter erfüllen sehr hohe hygienische Anforderungen. Im Gegensatz zu allen anderen Befeuchterarten wird das Wasser auf mindesten 100 Grad Celsius erhitzt und keimfrei verdampft. Eigendampferzeuger arbeiten elektrisch oder mit Dampf, Fremddampferzeuger werden an einen vorhandenen Dampfkessel angeschlossen.

Beim Ultraschallbefeuchter erzeugen piezokeramische Wandler Ultraschallschwingungen am Boden der Wasserwanne. Durch diese hochfrequenten Schwingungen entstehen Aerosole, die mit der Luftströmung im Befeuchter ausgetragen werden und sich sehr schnell mit der Umgebungsluft vermischen.

Umluftsprühbefeuchter sind Kammern mit Düsen in RLT-Anlagen. Die Düsen versprühen Wasser im Luftstrom, das teilweise an Tropfenabscheidern wieder abgeschieden wird. Insbesondere das Auswaschen organischer Stoffe macht Umluftsprühbefeuchter sehr anfällig für Keimbildung, sodass Maßnahmen zur Wasserbehandlung erforderlich sind.

Waben-Luftbefeuchter werden in eine Kammer der RLT-Anlage eingebaut. Über eine Verteilwanne gelangt das Wasser in die darunter eingebauten Wabenbefeuchter. Dort fließt das Wasser langsam an den Waben herunter. Der Luftstrom wird horizontal durch die Waben geführt und dadurch befeuchtet.

Autoren

Claudia Kandzia ist technische Referentin beim Fachverband Gebäude-Klima, dem Branchenverband der deutschen Klima- und Lüftungswirtschaft.
Claus Händel ist Technischer Geschäftsführer beim Fachverband Gebäude-Klima.
 

Dieser Artikel erschien zuerst im Gebäude Energieberater Ausgabe 08/2023. 

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