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Karriere im Handwerk: Von der OP-Schwester zur Meisterin

Cornelia Mayr

Sie fragte beim Vater an, ob sie bei ihm zwei Wochen als Bauhelferin arbeiten dürfe. Einige Zeit später, ob sie denn auch die Ausbildung zur Anlagenmechanikerin SHK absolvieren könne. Der Vater gab sein Ja. Und obwohl Lena erst drei Monate später in den Ausbildungsjahrgang eingestiegen war, konnte sie die Lehre erfolgreich abschließen. Da war sie plötzlich, die potenzielle Nachfolgerin für Michael Hinz.

Das „-in“ als Anhängsel am Wort Nachfolger ist von enormer Bedeutung. Noch zu selten gelingt der weiblichen Hälfte der Menschheit der Einstieg in die SHK-Berufswelt. Dabei liegt gerade da eine große Chance, dem Fachkräfteengpass dauerhaft entgegenzuwirken. Auch der Weg von Lena Hinz war kein gerader, aber letztlich ein sehr erfolgreicher.

Noch zu selten gelingt der weiblichen Hälfte der Menschheit der Einstieg in die SHK-Berufswelt. Dabei liegt gerade da eine große Chance, dem Fachkräfteengpass dauerhaft entgegenzuwirken.

Von der OP-Schwester zur Meisterin

Lena Hinz hatte ursprünglich einen ganz anderen Beruf gelernt. Sie arbeitete viele Jahre als OP-Schwester in einem Unfallkrankenhaus, später bei der Bundeswehr. „Ich war acht Jahre Soldatin“, sagt sie. Als sie wieder in den zivilen Arbeitsbereich einsteigen wollte, fand sie keinen passenden Acht-Stunden-Job mehr. Es war also nicht abwegig, beim SHK-Betrieb ihres Vaters in Glückstadt (Schleswig-Holstein) anzuheuern.

Die Skepsis rund um die neue Kollegin war aber erst mal groß. „Mein Vater hätte nie gedacht, dass ich einmal Meisterin werde“, sagt die Handwerksfrau. Auch unter der Kollegenschaft gab es Zweifler. Doch bereits in den ersten Wochen der Ausbildung hat jeder verstanden, dass sie vom Stand weg für diesen Beruf brannte. Bereits nach den ersten Projekten waren alle Zweifel ausgeräumt. Wegen des guten Notendurchschnitts zeichnete sich zudem ab, dass Lena Hinz auch die Meisterin machen kann und will und die Prüfung bestehen kann – letztlich entwickelte es sich genauso. Ohne Bonus: „Ich wurde auf der Baustelle immer ganz normal behandelt und nicht als Tochter vom Chef bevorzugt“, sagt sie. Manche hätten gar nicht gewusst, wer sie ist.

Bereits in den ersten Wochen der Ausbildung hatte jeder verstanden, dass sie vom Stand weg für diesen Beruf brannte.

„Ich bin sehr ehrgeizig, manches Mal zu ehrgeizig“, sagt die Handwerkerin über sich selbst. Und sie sei unempfindlich, wenn es darum gehe, schwere körperliche Arbeit zu leisten. Wer Lena Hinz kennt, weiß um ihre Freundlichkeit und den dezenten Umgang mit Kunden. Auch die anderen Schritte in ihrem Berufsleben wirken nach: Von der Bundeswehr ist sie den rauen Ton gewohnt, der auch auf der Baustelle weht; die Arbeit im OP-Saal war ebenfalls eine gewisse Art von Handwerk. Zudem gilt es, auch körperlich fit zu bleiben für die alltäglichen Herausforderungen. Das nötige Krafttraining holt sie sich als Reiterin. Das eigene Pferd wird von ihr selbst versorgt. Für weitere Muskelkraft sorgt außerdem ein Taek­wondo-­Training. Damit ist sie fitter als manch männliches Pendant.

Immer mehr Verantwortung

Längst ist Lena Hinz im Installationsbetrieb ihres Vaters angekommen. Sämtliche Geschäftsagenden laufen bereits über die Meisterin zusammen. „Mein Vater überträgt mir immer mehr Verantwortung“, so die zukünftige Geschäftsführerin. Im Laufe der Zeit würde sie dann bis zur endgültigen Übernahme 2023 das Gros der Bauvorhaben übernehmen. Bereits jetzt genießt der Vater einen freien Tag in der Woche und beginnt seinen Arbeitstag erst um 10 Uhr. Schlussendlich wird das Arbeitsverhältnis wechseln, sodass mein Vater in unserem Unternehmen als angestellter Meister und ich als Meisterin selbstständig die Geschäftsführung übernehme“, beschreibt Lena Hinz die künftige Aufteilung.

Doch bis dahin ist noch viel zu tun. Bereits um fünf Uhr morgens sieht sie sich bei einer Tasse Kaffee die E-Mails an, die in der Nacht hereingekommen sind. Um 7.30 Uhr sperrt sie die Firma auf. Hinz teilt die Monteure für die Baustellen ein, erstellt Angebote, bestellt Material oder wickelt Bauvorhaben ab. Zudem bremst sie der allgegenwärtige Fachkräfteengpass ein: Ein Installateur wird dringend gesucht. Es darf auch gerne eine Installateurin sein!

Social-Media-Aktivitäten

Das Stellenangebot für den gesuchten Installateur/die Installateurin auf der Instagram-Seite von Lena Hinz erscheint attraktiv. „Ich bin weder Marketing-Expertin noch Influencerin“, meint Hinz, in den sozialen Medien bislang als Lena Ander bekannt. Noch dazu habe sie ihre Social-­Media-Accounts vor einiger Zeit nur „just for fun“ ins Leben gerufen. „Erst durch die eigenen Aktivitäten in den Netzwerken merkte ich, wie wichtig eine solche Art von Marketing tatsächlich ist und welche Möglichkeiten sich dadurch ergeben“, sagt sie. Während ihrer Arbeit ist kaum Zeit fürs „Netzwerken“, Einträge müssen in der Freizeit gepostet werden. Ein finanzielles Budget gar gibt es dafür nicht.

Häufig wird Lena Hinz von Kunden angesprochen, die ihren Kanal oder die Inhalte loben. Das bleibt auch in der Branche nicht unentdeckt: „Interessant ist für mich natürlich, dass einige sehr bekannte Markenhersteller mich abonniert haben und mich zum Teil auch wegen Kooperationen anschreiben“, freut sie sich.

Vorbild für Frauen

Aber was eigentlich zählt, das ist: „Man sieht jeden Tag, was man schafft, was mit eigener körperlicher Arbeit eingebracht wird“, sagt sie über ihre Liebe zum Handwerk. Das würde sie gerne gerade auch jungen Frauen vermitteln. Dazu lanciert Lena Hinz eine Initiative, die Frauen dazu ermuntern will, ein Handwerk zu erlernen. So könnte auch dem Facharbeitermangel entgegengesteuert werden. „Auch Teilzeitarbeit ist bei Installateuren möglich“, glaubt sie. Und führt weiter aus, dazu könnten sie ja den Firmenwagen alleine bekommen, um früher zurückkehren zu können. Gegen 16 Uhr ist für ihre Mitarbeiter ohnehin Betriebsschluss. Weitere Option: „Schwangere könnten Berater- und Servicetermine wahrnehmen“, meint sie.

Das Familienunternehmen MH Michael Hinz GmbH besteht seit 1989. Der Installationsbetrieb deckt das übliche Portfolio der Sanitär-, Heizungs- und Lüftungstechnik ab. Zusätzlich ist auch Solartechnik ein wichtiger Geschäftszweig geworden. Und: „Stark sind auch Wärmepumpen im Kommen“, sagt Lena Hinz. Aktuell sind elf Mitarbeiter angestellt, darunter zwei Auszubildende.

In der AusstellungSchöne Bäder“ schmökert sich der Kunde durch Waschbecken, Duschen und Badmöbel durch. Pläne können individuell erstellt und auf Wunsch in 3D gezeigt werden. „Wir können das Haus des Kunden zusammen mit anderen Gewerken verwirklichen“, beschreibt sie den Vorteil als Komplettbad-Anbieter.

Am Beispiel von Lena Hinz zeigt sich, dass oft kolportierte Klischees vom „schwachen Geschlecht“ längst überholt sind.

Filialen gründen

Nun sind Vater-Tochter-Verhältnisse ja überwiegend harmonisch. Aber ist das auch im Beruf so, noch dazu im gleichen Betrieb? Bei der Digitalisierung z. B. konnte Lena Hinz ihren Vater überzeugen, einzelne Schritte anzugehen. Jeder Monteur ist nun mit einem Tablet ausgestattet. Und wie geht es weiter? Lena Hinz möchte noch die Ausbildung zur Bausachverständigen angehen. Ihr großer Traum ist aber die Erweiterung des Betriebs und Filialgründungen. Ganz sportlich möchte die Kampfsportlerin es gerne mit der Konkurrenz in der großen Nachbarstadt aufnehmen: Denn was ein Großer – Glückstadt-Gründer Christian IV. – nicht geschafft hat, wird vielleicht die deutlich bescheidenere Frau eines kleineren Unternehmens schaffen: ganz optimistisch möchte sie Hamburg bzw. den Hamburger Raum ein Stück weit erobern.

Dieser Artikel von Cornelia Mayr ist erschienen in SBZ 16/2021.

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