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So fördern Sie die Eigenmotivation und Eigenverantwortung der Mitarbeiter

Dr. Albrecht Müllerschön

In der modernen Arbeitswelt stehen die Mitarbeiter der Unternehmen häufig vor neuen Herausforderungen und Aufgaben. Also benötigen die Unternehmen Mitarbeiter, die diese angehen – und zwar eigeninitiativ und eigenverantwortlich. Denn in der von rascher Veränderung und sinkender Planbarkeit geprägten Welt, sind die Veränderungen in den Unternehmen und in deren Umfeld so vielfältig, dass der Veränderungsbedarf von oben nach unten nur noch bedingt erfasst und befriedigt werden kann. Außerdem würde ein solches Vorgehen das Bestreben der Unternehmen torpedieren, möglichst agil, also schnell und flexibel, zum Beispiel auf Marktveränderungen zu reagieren.

Deshalb achten die Unternehmen schon beim Einstellen neuer Mitarbeiter verstärkt darauf, wie diese als Person gestrickt sind. Sind sie zum Beispiel Personen, die gerne selbst die Initiative ergreifen oder arbeiten sie lieber Aufgaben gemäß den Vorgaben systematisch ab? Ein Werturteil ist hiermit nicht verknüpft, denn letztlich benötigen (fast) alle Unternehmen beide Mitarbeitertypen.

Eigenmotivation und Eigenverantwortung: Wollen – können – dürfen

Doch sind die Mitarbeiter mit dem gewünschten Persönlichkeitsprofil an Bord, ist es noch keineswegs garantiert, dass diese im Betriebsalltag tatsächlich das gewünschte Verhalten zeigen, denn neben dem „Wollen“ also der Eigenmotivation, ist hierfür stets auch das „Können“ und „Dürfen“, die Eigenverantwortung wichtig.

Also müssen Führungskräfte, wenn ihre Mitarbeiter weitgehend eigenständig und eigenverantwortlich arbeiten sollen, in ihrer Organisation die nötigen Rahmenbedingungen schaffen und stärken. Hierzu zählt es, Mitarbeitern bei ihren Aufgaben die erforderlichen Entscheidungs- und Handlungsspielräume einzuräumen. Doch dies allein genügt nicht. Mindestens ebenso wichtig ist es, dass in der Organisation eine von Vertrauen geprägte Kultur besteht, in der das Machen von Fehlern erlaubt ist – zumindest solange man aus diesen Fehlern lernt und die Verantwortung übernimmt.

Denn sammeln Mitarbeiter die Erfahrung, dass Sie sofort am Pranger stehen, wenn sie bei einem Lösungsversuch Fehler machen oder gar scheitern, dann erlahmt auch ihre Motivation, Eigeninitiative zu zeigen. Das heißt, sie versuchen bei der nächsten schwierigen Aufgabe erst gar nicht, diese selbst zu lösen und umgehen die Verantwortung. Sie entscheiden sich vielmehr gleich zu ihrem Vorgesetzten zu gehen und fragen ihn: „Chef, was soll ich tun? Bitte sage es mir.“ Dies führt letztlich zu einer Mehrbelastung und oft Überlastung der Führungskräfte. Also liegt es in ihrem Eigeninteresse, in ihrem Bereich eine vertrauensvolle Atmosphäre und Kultur zu schaffen, die ihre Mitarbeiter zu einem eigenständigen und -verantwortlichen Handeln motiviert.

Existiert diese, ist jedoch immer noch nicht garantiert, dass die Mitarbeiter das gewünschte Denken und Verhalten zeigen – speziell bei neuen Herausforderungen; denn herfür benötigen sie auch das erforderliche Können – also die Kompetenz, die Herausforderung beziehungsweise das Problem zunächst wahrzunehmen, dann zu analysieren und zu verstehen und schließlich zu lösen.

Den Mitarbeitern die nötige Unterstützung geben

Diese Kompetenz fehlt ihnen bei neuen, komplexen Aufgaben oft noch teilweise. Also benötigen Mitarbeiter Unterstützung beispielsweise durch Team-Kollegen oder ihre Führungskräfte, um zu vermeiden, dass sie überfordert sind; denn dies, erzeugt bei ihnen Stress und führt oft zu folgenschweren Fehlern.

Diese Unterstützung zum eigenverantwortlichen Arbeiten setzt ebenfalls eine Kultur des Vertrauens und der wechselseitigen Wertschätzung voraus, denn nur dann trauen sich die Mitarbeiter zu ihren Vorgesetzten zu sagen „Chef, ich stoße an meine Grenzen. Ich brauche Unterstützung“, weil sie wissen: Das wird nicht als Schwäche angesehen; vielmehr erachtet mein Chef das Kennen und Sich-eingestehen der eigenen Grenzen als eine Stärke.

Ziel der Unterstützung durch die Führungskraft sollte es sein, dass bei dem Mitarbeiter zunehmend die Kompetenz entsteht, eigenverantwortlich stets komplexere Aufgaben zu lösen – und zwar aufgrund seiner wachsenden fachlichen Kompetenz und der gesammelten Erfahrung: „Ich kann solche Aufgaben und Probleme lösen, wenn ...“.

Die Mitarbeiter befähigen und ermächtigen

Das setzt ein bestimmtes Handeln und Selbstverständnis der Führungskraft voraus. Sie muss sich als Befähiger und Ermächtiger beziehungsweise Coach ihrer Mitarbeiter verstehen. Doch was bedeutet dies für ihr Verhalten im Führungsalltag? Wie kann die Führungskraft in ihm, den Mut, die Motivation und die Kompetenz ihrer Mitarbeiter fördern, sie aktuell noch stark fordernde, eventuell sogar leicht überfordernde Aufgaben anzugehen, um daraus zu lernen und so ihre sogenannte Selbstwirksamkeit zu erhöhen?

Hier helfen die Untersuchungen des kanadischen Psychologen und Lerntheoretikers Albert Bandura weiter. Ihm zufolge speist sie sich die Selbstwirksamkeit einer Person vor allem aus folgenden vier Quellen:

  1. Eigene Erfahrungen im Meistern schwieriger Situationen: Sie sind für den Ausbau der Selbstwirksamkeit sehr wichtig. Denn wer schon wiederholt die Erfahrung gesammelt hat „Ich kann schwierige Aufgaben lösen“, traut sich dies auch künftig zu. Von besonderer Bedeutung sind dabei sogenannte „mastery experiences“. Sie entstehen, wenn eine Person eine Aufgabe meistert, von der sie zunächst nicht wusste: Wie löse ich sie?
  2. Lernen an Modellen und von Vorbildern: Beobachtet eine Person eine andere beim Lösen einer schwierigen Aufgabe, dann kann dies ebenfalls ihr Selbstvertrauen stärken – getreu der Maxime: „Wenn der oder die das kann, dann kann ich das auch!“ Eine Voraussetzung hierfür ist: Zwischen den beiden Personen muss eine gewisse Ähnlichkeit bestehen. Sie müssen zum Beispiel eine ähnliche Biografie oder Persönlichkeitsstruktur haben.
  3. Soziale und emotionale Unterstützung: Auch durch ermutigenden Zuspruch gewinnen Menschen Vertrauen in ihre Fähigkeiten – jedoch nur, wenn sie der Person, die sie anspornt, die Kompetenz zum Beurteilen ihres Könnens zuschreiben. Ebenfalls positiv auf die Selbstwirksamkeit wirkt sich das Wissen aus: „Wenn es eng wird, habe ich Unterstützer“ – fachliche und emotionale.
  4. Emotionale Zustände und Reaktionen: Menschen schließen von ihren Emotionen und körperlichen Reaktionen auf ihre Fähigkeiten. Verspüren sie zum Beispiel Herzrasen, wenn sie vor einer Aufgabe stehen, dann denken sie meist unmittelbar „Ich kann das nicht“ – oft noch bevor sie die Machbarkeit geprüft haben. Deshalb ist es wichtig, die Ursachen der eigenen Emotionen und physiologischen Reaktionen analysieren zu können. Ist die Reaktion der Aufgabe angemessen oder handelt es sich um eine erste Schreckreaktion?

Die Mitarbeiter im Betriebsalltag coachen

Die Kenntnis dieser Quellen ermöglicht es Führungskräften, im Arbeitsalltag Lernumgebungen für ihre Mitarbeiter (und sich selbst) zu kreieren, die deren Selbstwirksamkeit fördern. Unabdingbar hierfür ist es, sich regelmäßig Herausforderungen zu stellen, bei denen man zunächst vermutet: „Diese Aufgabe könnte mich überfordern“. Denn an solchen Aufgaben wachsen wir.

Beim Versuch, solche Aufgaben zu lösen, ist es sinnvoll, diese als Projekt zu sehen. Das heißt, Führungskräfte, die sich als Befähiger ihrer Mitarbeiter verstehen, sollten gemeinsam mit ihnen, wenn diese vor einer komplexen Aufgabe stehen und sie um Unterstützung bitten, zum Beispiel analysieren: Welche Teilaufgaben sind damit verbunden? In einem zweiten Schritt kann dann ermittelt werden, ob den Mitarbeiter die Gesamtaufgabe oder nur Teilaufgaben vor ihr erschauern lassen. Ist dies klar, kann analysiert werden, warum der Mitarbeiter zurückschreckt. Zum Beispiel, weil ihm Ressourcen und Kenntnisse fehlen? Oder weil er hiermit noch keine Erfahrung hat? Oder weil die Lösung von ihm erfordert, Gewohnheiten aufzugeben? Oder weil beim Lösen der Aufgabe Konflikte mit anderen Personen entstehen können?

Ist dies ermittelt, können im Dialog mit dem Mitarbeiter ein vorläufiger Aktionsplan erstellt und aus den Teilaufgaben Teilziele ableitet werden, die es auf dem Weg zum großen Ziel zu erreichen gilt. Zudem kann die nötige Unterstützung organisiert werden. Wichtig ist dabei ein Punkt, den Führungskräfte beim Anleiten und Coachen ihrer Mitarbeiter im Führungsalltag oft vergessen: Da das Bewältigen der Herausforderung auch dem Steigern der Selbstwirksamkeit dient, sollte die Führungskraft mit ihrem Mitarbeiter auch Lernfelder definieren, in denen dieser seine Kompetenz erhöhen möchte. Außerdem sollte sie mit ihm Kriterien vereinbaren, woran das Erreichen der Lernziele gemessen wird.

Sich in eine Lernspirale begeben

Die für das Bewältigen der neuen, komplexen Aufgabe definierten Teil- und Lernziele haben unterschiedliche Funktionen. Das Definieren von Teilaufgaben und -zielen soll dem Mitarbeiter primär helfen, einen realistischen Aktionsplan zu erstellen, so dass er nach dem Projekt mit hoher Wahrscheinlichkeit sagen kann: „Das war zwar schwierig, doch ich habe es geschafft.“ Und wenn er das Projektziel nicht oder nur teilweise erreichte? Dann ermöglicht ihm das Definieren von Teilzielen im Rückblick – alleine oder mit seiner Führungskraft – zu analysieren: Welche Teilaufgaben löste ich mit Bravour und wo traten Schwierigkeiten auf? Das heißt, er kann sein „Scheitern“ relativieren und rationalisieren. Das ist wichtig für sein Selbstvertrauen. Außerdem kann er dann neue Lernfelder und -ziele für sich definieren.

Das Definieren von Lernzielen hat die Funktion, dass der Mitarbeiter, wenn die komplexe Aufgabe gelöst ist – alleine oder mit seiner Führungskraft – ermitteln kann, welche neuen Kompetenzen er erworben hat und welche vergleichbaren Aufgaben er deshalb künftig meistern kann. Außerdem kann er seinen noch bestehenden Entwicklungsbedarf ermitteln.

Unterstützen Führungskräfte ihre Mitarbeiter so beim Bewältigen herausfordernder Aufgaben, begeben diese sich in eine Lernspirale. Das führt zu einem systematischen Ausbau ihrer Kompetenz. Also steigen auch ihre Fähigkeit und ihr Selbstvertrauen, neue Herausforderungen beherzt anzugehen und zu meistern. Das führt mittelfristig auch zu einer Entlastung der Führungskräfte.

Dr. Albrecht Müllerschön ist Inhaber der Müllerschön Managementberatung, Starzeln (Baden-Württemberg). Der Wirtschaftspsychologe ist Autor mehrerer Personal-Fachbücher und war Lehrcoach an der Uni Tübingen.

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