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Warum Selbstreflexion eine Bedingung zur Weiterentwicklung ist

Anne M. Schüller

Haben Sie schon einmal vom Kekstest gehört? Die Sozialpsychologin Deborah Gruenfeld von der Stanford University (USA) ließ Studenten in Dreiergruppen über umstrittene Themen diskutieren. Per Los wurde jeweils einer der drei dazu bestimmt, die Meinung der beiden anderen zu bewerten. Er hatte also ein kleines Stückchen Macht bekommen. Als wenig später eine Schüssel mit Keksen gebracht wurde, griffen die ermächtigten Studenten als Erste zu, kauten mit offenem Mund und fanden nichts dabei, den Tisch zu bekrümeln. Ohne sich dessen bewusst zu sein, bekundeten sie so ihren Machtvorsprung.

Wie es zu solchem Verhalten kommt? Macht erzeugt ein gefährliches Hormongemenge, das die Betroffenen – auch ohne dass sie es wollen – dazu bringt, rücksichtsloser zu werden, sich nicht länger darum zu kümmern, was die anderen denken, und mit zweierlei Maß zu messen. Was den Mitarbeitenden niemals erlaubt würde, etwa zu spät zum Meeting zu kommen, nimmt sich der Boss ganz selbstverständlich heraus. Je höher Beschäftigte in der Hierarchie steigen, desto eher neigen sie auch zur Selbstüberschätzung, zum Zweckoptimismus und, besonders gefährlich, zur Illusion der Unbesiegbarkeit. „Dem ist sein Erfolg zu Kopf gestiegen“, sagt der Volksmund so trefflich. Wie man sich davor und vor vielen weiteren Unarten schützt? Durch Selbstreflexion.

Das eigene Tun hinterfragen

Selbstreflexion ist ein Denken höherer Ordnung, das bewusste Einnehmen einer Meta­ebene, um sich mit sich selbst auseinanderzusetzen. Das eigene Tun wird gleichsam aus großer Flughöhe betrachtet, um zu wertvollen Erkenntnissen über sich selbst zu gelangen und sein Verhalten kontinuierlich zu optimieren. Die regelmäßige Selbstreflexion – allein, im Team und im ganzen Unternehmen – ist eine der wirkungsvollsten Maßnahmen, um rasch immer besser zu werden.

Der achtsame Blick von oben auf das eigene Tun wird auch Adlerperspektive genannt. Gehen Sie immer dann, wenn Sie mit anderen mündlich oder schriftlich kommunizieren, kurz „eine Etage höher“ und fragen Sie sich: Ist es wirklich zielführend, was ich da gerade tue? Denken Sie dabei wie ein guter Schachspieler zwei bis drei Züge voraus. Verlassen Sie die ichbezogene Sichtweise. Begeben Sie sich in die Situation des anderen und fragen Sie sich:

  • Was wird das, was ich gerade sage/tue, bewirken?
  • Wie wird/kann ein anderer das, was ich sage/tue, verstehen?
  • Was wird er/sie daraufhin wahrscheinlich denken oder tun?
  • Ist dies erstrebenswert und das von mir Gewünschte?
  • Was muss/kann ich ändern, damit das Gewünschte entsteht?
  • Lebe ich selbst vor, was ich bei anderen erreichen will?
  • Was kann ich dazu bei mir selbst jetzt gleich verbessern?
  • Wie kann ich sicherstellen, dass diese Verhaltensänderung anhält?

Sie haben sich bei einer unglücklichen Wortwahl erwischt? Das kann man sofort korrigieren, etwa so: „Uiii, ich glaube, da habe ich mich grad vergaloppiert. Ich formuliere um …“ Oder so: „Oh, sorry, das war unangemessen. Ich geh noch mal auf Start …“ Oder so: „Das habe ich ungünstig ausgedrückt, bitte entschuldigen Sie.“

So manches kommunikative Desaster lässt sich vermeiden, wenn man die Adlerperspektive systematisch in die tägliche Arbeit integriert. Zudem braucht unser Denkapparat eine Vielzahl von Wiederholungen, um etwas dauerhaft zu speichern. Durch Übung rutscht erwünschtes Verhalten vom Bewussten ins Unterbewusstsein und wird wie bei einem Autopiloten von selbst abgespult. Damit Abläufe also gewandter, schneller und effizienter werden, trainiert man am besten bewusst und gezielt. Rituale, Routinen und repetitives Üben sorgen dafür, dass man sich fortwährend selbst optimiert.

Die Metaebene ist für Führungskräfte elementar

Vor allem Führungskräfte müssen ständig und ganz gezielt darauf achten, wie sie wirken. Denn was sie vorleben, machen andere nach. So prägen sie auch die Kultur des Miteinanders im Unternehmen. Viele Führungsprobleme könnten vermieden werden, würde der eigene Anteil an dem, was passiert, mehr in den Fokus gerückt. Etwa so:

  • Sind meine Mitarbeitenden initiativlos, weil ich so bestimmend bin?
  • Sind sie deshalb so ruhig, weil ich ihre Meinung nicht gelten lasse?
  • Kommen keine Ideen von ihnen, weil ich immer alles besser weiß?

Wer Wandel will, muss zunächst reflektieren, wie er selbst zum Wandel steht, damit alle im Team sich eingeladen fühlen, Neues zu wagen. Hier helfen folgende Fragen:

  • Kann ich mit Andersartigkeit umgehen? Und wie zeige ich das?
  • Welchen Spielraum gebe ich, damit Freigeister sich manifestieren?
  • Kann ich Vorstöße akzeptieren, die mir persönlich nicht gefallen?
  • Bedeutet es Lebensqualität, von mir geführt zu werden?

Selbsttäuschung und Augenwischerei sind dabei eine große Gefahr. Jeder Mensch hat Persönlichkeitsanteile, die sich der eigenen Wahrnehmung entziehen, von Dritten aber gut erkannt werden können. Das Phänomen der aus welchen Gründen auch immer für einen selbst verborgenen Eigenheiten nennt man „blinde Flecken“. Diese können durch einfühlsame Gespräche oder zum Beispiel auch über eine Selbstbild-Fremdbild-Analyse sichtbar gemacht werden. Hierbei beurteilt man sich zunächst selbst. Dann werden Dritte aus dem unmittelbaren Umfeld gebeten, ein ehrliches Feedback zu geben.

Vor allem Führungskräfte müssen ständig und ganz gezielt darauf achten, wie sie wirken.

Das gesamte Unternehmen braucht Selbstreflexion

Letztlich muss sich das gesamte Unternehmen in permanenter Selbstreflexion üben.

Dabei geht es um Fragen wie diese:

  • Wenn wir die Zukunft erreichen wollen, macht es dann Sinn, so aufgestellt zu ­bleiben wie bisher, und – ganz ehrlich – wieso ändern wir nichts?
  • Wenn innovative Ideen zukunftsentscheidend sind und Übermorgengestalter dringender gebraucht werden als jemals zuvor, welches Umfeld bieten wir ihnen?
  • Was wird bei uns als Erfolg gesehen – Verfahrenstreue und Punktlandungen auf die ­Pläne des Vorjahrs – oder mutiges Vorwärtsdenken und -handeln?
  • Wie werden Entscheidungen bislang bei uns getroffen – und was können wir tun, um diese fortan schneller und besser zu machen?
  • Wie gehen wir intern – tatsächlich – mit Fehlern um und wie kann es gelingen, unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mehr Experimentierraum zu geben?
  • Wie ist es um die Feedback-Kultur bei uns tatsächlich bestellt – und wie kann sie ­helfen, die Selbstwahrnehmung aller zu schärfen.

Die Autorin Anne M. Schüller ist Bestsellerautorin und Businesscoach. Die Diplom-Betriebswirtin ist Expertin für Touchpoint-Management und eine kundenfokussierte Unternehmensführung. 

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