Beim Ersatz von Etagenheizungen auf die Lüftung achten
Durch den Einsatz von raumluftabhängigen Feuerstätten (z. B. Gas-Etagenheizungen) in vergleichsweise undichten Gebäuden konnten bisher im Bestand Feuchteschäden und Schimmelpilzbefall häufig vermieden werden. Erfolgt im Zuge einer Sanierung ein Heizungsaustausch, entfällt in aller Regel die Nachströmung der Verbrennungsluft. Werden zusätzlich die Fenster ausgetauscht, wird das Gebäude außerdem deutlich dichter.
Warum sowohl mit als erst recht auch ohne Fensteraustausch häufig eine zusätzliche lüftungstechnische Maßnahme zum Ausgleich dieses sanierungsbedingten Lüftungsdefizits erforderlich ist, erläutern Prof. Dr.-Ing. Thomas Hartmann und Dr.-Ing. Anne Hartmann vom ITG Dresden in diesem Beitrag.
Durch eine ventilatorgestützte Lüftung, insbesondere mit Wärmerückgewinnung, lassen sich die Lüftungswärmeverluste reduzieren und gleichzeitig die Gesundheit der Bewohnerinnen und Bewohner und der Feuchteschutz des Gebäudes sicherstellen. Ein wichtiger, aber häufig wenig beachteter Aspekt ist dabei das Zusammenspiel von Heizsystem und Gebäudelüftung. Für den Gebäudebestand typisch sind heute mit Erdgas oder Heizöl beheizte Wohnungen (ca. 75 % des Gebäudebestandes), die sehr häufig nicht über Lüftungstechnik verfügen und folglich nur über Fugen bzw. Undichtigkeiten und/oder mit geöffneten Fenstern gelüftet werden.
Etagenheizungen sorgen für mehr Luftaustausch
Werden die Heizungsanlagen raumluftabhängig betrieben (z. B. typisch für Gas-Etagenheizungen im Mietwohnungsbau), wird die Verbrennungsluft durch den Raumluftverbund der Wohnung zur Verfügung gestellt. Dazu strömt die erforderliche Außenluft durch Undichtigkeiten an der Gebäudehülle nach und sorgt so zusammen mit der meist undichten Gebäudeausführung für die Vermeidung von Feuchteschäden, insbesondere von Schimmelpilzbefall.
Dies kann durch die folgende einfache Abschätzung gezeigt werden:
Erforderlicher Luftwechsel im Wohngebäudebestand
Lüftung zum Feuchteschutz bzw. zur Schimmelpilzvermeidung (in Abhängigkeit von Wohnungsgröße und Personenanzahl):
0,1- bis 0,3-mal pro Stunde
Nennlüftung für Gesundheit und Luftqualität (in Abhängigkeit von Wohnungsgröße und Personenanzahl):
0,3- bis 0,7-mal pro Stunde
Realisierter Luftwechsel im unsanierten Wohngebäudebestand
Verbrennungsluft raumluftabhängig (Heizlast 100 W/m², Luftbedarf 1,6 m³/h je kW):
0,06-mal pro Stunde
Infiltration (Luftdichtheit n50 = 2 bis 3 h-1 und in Abhängigkeit von Gebäudelage und -geometrie):
0,08- bis 0,27-mal pro Stunde
Gesamtluftwechsel: 0,14- bis 0,33-mal pro Stunde
Offensichtlich können in dieser Konstellation (raumluftabhängige Feuerstätte und vergleichsweise undichtes Gebäude) auch ohne bzw. mit nur wenig manuellem Fensterlüften Feuchteschäden und Schimmelpilzbefall sehr häufig vermieden werden.
Zu diesem Ergebnis kam auch die 2006 veröffentlichte Felduntersuchung „Vermeiden Gasetagenheizungen Schimmelpilze?“ von Klaus-Dieter Clausnitzer vom Bremer Energie-Institut. Sie konnte eine signifikante Reduzierung des Schimmelpilzrisikos in Wohnungen mit raumluftabhängigen Heizsystemen nachweisen. Unabhängig davon ist auch in dieser Konstellation für die Sicherstellung der Gesundheit und einer guten Raumluftqualität (Nennlüftung) die Mitwirkung der Bewohner durch zusätzliches und regelmäßiges Fensterlüften zwingend erforderlich.
Sanierungsbedingtes Lüftungsdefizit muss ausgeglichen werden

Erfolgt im Zuge einer Sanierung des Wohngebäudebestandes ein Ersatz der in der Wohnung aufgestellten Etagenheizung durch eine gebäudezentrale Wärmeversorgung (z. B. bei Einsatz von Wärmepumpenheizungen), ist keine Verbrennungsluft in der Wohnung mehr erforderlich. Dadurch entfällt in aller Regel deren Nachströmung in den Aufstellungsraum der bisherigen Etagenheizung durch den Raumluftverbund. Zudem werden häufig neue Fenster eingesetzt und die Wohnung wird dichter.
Somit ist der nutzerunabhängige erforderliche Mindestluftwechsel zum Feuchteschutz und zur Hygiene in der Wohneinheit nicht mehr sichergestellt und zusätzliche lüftungstechnische Maßnahmen sind zu empfehlen, um das sanierungsbedingte Lüftungsdefizit auszugleichen. In Verbindung mit einem etwa durch steigende Heizkosten motivierten sparsamen Lüftungsverhalten ist mit einer erhöhten Raumluftfeuchte und mit einem deutlichen Anstieg des Schimmelpilzrisikos zu rechnen.
Realisierter Luftwechsel nach Heizungs- und Fensteraustausch
Ohne raumluftabhängige Feuerstätte: 0-mal pro Stunde
Infiltration (Luftdichtheit n50 = 1 bis 1,5 h-1 und in Abhängigkeit von Gebäudelage und -geometrie): 0,04- bis 0,13-mal pro Stunde
Gesamtluftwechsel: 0,04- bis 0,13-mal pro Stunde
Nach der einschlägigen Auslegungsnorm für Wohnungslüftung DIN 1946-6 sind dann lüftungstechnische Maßnahmen zwingend erforderlich, um eine nutzerunabhängige Lüftung zum Feuchteschutz zu gewährleisten. Demzufolge ist eine manuelle Fensterlüftung weitestgehend unnötig.

Entscheidet man sich für Lüftungssysteme mit Wärmerückgewinnung, lässt sich der ohnehin normativ vorgeschriebene Feuchteschutz mit weiteren Vorteilen, wie Energieeffizienz, Luftqualität und Schallschutz verbinden. Die Wohnungslüftung mit Wärmerückgewinnung ermöglicht die gleichzeitige Umsetzung verschiedener Ziele:
- Bauschadensfreiheit, Gesundheit, Hygiene, thermische Behaglichkeit und Schallschutz sind in Verbindung mit Energieeinsparung erreichbar.
- Im Zusammenspiel von Heizsystem und Gebäudelüftung fungiert das Lüftungssystem insbesondere in dichten Gebäuden als Ausgleich des sanierungsbedingten Lüftungsdefizits.
- Die Einhaltung der normativen Vorgaben, z. B. durch Auslegung für Nennlüftung nach der einschlägigen Norm DIN 1946-6, verringert Nutzerabhängigkeit maßgeblich und macht manuelle Fensterlüftung weitestgehend überflüssig.
Bei dem oben stehenden Beitrag handelt es sich um einen Auszug aus der zweiten Kurzstudie „Wohnungslüftung Wärmerückgewinnung als nachhaltige Schlüsseltechnologie der Wärmewende - Klimaschutz und Nachhaltigkeit“ des ITG – Institut für Technische Gebäudeausrüstung Dresden, Forschung und Anwendung im Auftrag des VfW – Bundesverband für Wohnungslüftung.