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So funktioniert das Lüften ohne Lärm mit einem aktiven Schalldämpfer

Thomas Busse, Peter Brandstätt, Karlheinz Bay
1a + 1b Versuchsaufbauten mit ASD (gelb) an einer Lüftungsöffnung, a: direkt an der Fensterlüftung, b: am Labyrinth

Unter aktiven Schalldämpfern sind Masse-Feder-Systeme zu verstehen, welche aus einem Mikrofon, einem oder mehreren Lautsprechern, einer Elektronikeinheit mit Verstärker sowie einem Gehäuse mit Rückvolumen bestehen.

Vereinfacht beschrieben, fungiert die Membran der Lautsprecher als Masse und das zugehörige Rückvolumen mit optionaler Pulveraktivkohle als modifizierte Feder. Trifft die Schallwelle auf die Membran, nimmt das Schwingsystem Energie aus der Schallwelle auf und verursacht eine Dämpfung des Schalls. Wie für Masse-Feder-Systeme üblich, findet die größte Anregung der Membran im Bereich der Resonanzfrequenz statt.

Die Schwingungen lassen sich noch intensivieren, indem ein Mikrofon das Signal nahe am Lautsprecher erfasst und, über die Elektronikeinheit verstärkt, an die Schwingspule des Lautsprechers zurückführt. Bei diesem Vorgang spricht man von einer akustischen Rückkopplung oder auch Feedback des Systems. Um die Stabilität des Feedback-Systems zu gewährleisten, werden gegenüber aktiven Schalldämpfern in der Regel poröse Absorber befestigt.

Aktive Schalldämpfer für weniger Lärm

Die am Fraunhofer IBP entwickelten aktiven Schalldämpfer (ASD) verwenden einen Lautsprecher und ein Mikrofon in der Nähe der Lautsprechermembran. Bei rein akustischer Anregung lassen sich damit stabile Systeme im Sinne einer Feedback-Schleife herstellen, sodass insgesamt sehr kompakte Schalldämpfer möglich sind. Zur Erzeugung eines tieffrequent wirksamen Systems ist jedoch ein hoher Schallfluss notwendig, der entsprechend große Lautsprecherboxen benötigt. Dafür fehlt jedoch häufig der Platz.

Eine neue Entwicklung basiert einerseits auf einer Manipulation des Boxvolumens mit einer speziellen Füllung aus adsorbierendem Pulver, andererseits werden statt einer großen Box mehrere kleine, platzsparende Aktivmodule verwendet, die auf tiefere Frequenzen abgestimmt werden können. Diese zeilenartige Anordnung ist als neue Anwendung an einem Fensterspalt zur kontrollierten Lüftung so zu integrieren, dass die von außen eindringenden Geräusche im Raum reduziert werden.

Als konkreter Einsatzfall wird die Wirksamkeit von aktiven Schalldämpfern am Lüftungsspalt eines teilgeöffneten Schiebefensters auf die Schalldruckpegelminderung untersucht. Dazu dienen zwei Aufbauten der Fensterlüftung der aktiven Schalldämpfer unter Laborbedingungen.

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Die Bilder 1a und 1b zeigen die Anbringung der ASD direkt an der Fensteröffnung und seitlich an einem Labyrinth. In einem ersten Schritt wurde der Prototyp eines neuen aktiven Schalldämpfers entworfen, welcher es erlaubt, auf möglichst einfache Art verschiedene Konfigurationen zu untersuchen (Bild 2). Um Referenzwerte für die Wirkung der einzelnen aktiven Schalldämpferkonfigurationen zu bestimmen, fanden erste messtechnische Untersuchungen an einem modifizierten Kanal statt, an dem die Dämpfung unter verschiedenen Bedingungen ermittelt wurde.

Da der modifizierte Kanal eine Öffnung von 20 cm hat, kann genau ein ASD-Modul eingesetzt werden. Das Fenster weist aber eine Öffnung von 100 cm Länge auf, deshalb wird die als optimal ermittelte Konfiguration in Form eines Schalldämpfer-Arrays, bestehend aus fünf ASD, am Fenster angebracht. Dieser Aufbau wurde an einem Windkanal getestet. Anschließend wurde das Fenster mit Labyrinth und am Windkanal eingestellten ASD im Fensterprüfstand eingebaut, das Schalldämm-Maß bestimmt und mit dem Schalldämm-Maß einer unbedämpften oder mit passiven Schallabsorbern bedämpften Fensterlüftung verglichen.

Bild 2: Neuer Prototyp eines aktiven Schalldämpfer-Arrays

Wie viel Dämpfung ist drin?

Bei der Verwendung der ASD direkt an der Fensteröffnung zeigte sich eine Dämpfung von 6 dB bei 250 Hz. Unter Verwendung des Labyrinths konnte die Dämpfung durch die aktiven Schalldämpfer auf bis zu 15 dB gesteigert werden. Breitbandig auf den Frequenzbereich von 160 bis 400 Hz betrachtet, betrug die Dämpfung ca. 9 dB. Aufgrund dieser Messergebnisse eignet sich das Labyrinth an der Fensterlüftung als Grundlage für weitere Untersuchungen.

Das bewertete Schalldämm-Maß Rw liegt bei der Verwendung der aktiven Schalldämpfer am Labyrinth 4 dB über dem Schalldämm-Maß des Fensters bei herkömmlicher Lüftung ohne aktive Schalldämpfer. Im Bereich tiefer Frequenzen ist im Verlauf der Schalldämmung eine deutliche Steigerung festzustellen. Ein passiver Schalldämpfer mit gleichen Abmaßen ist dagegen nur im hochfrequenten Bereich wirksam.

Bewertung

Der Einsatz aktiver Schalldämpfer an einer Fensterlüftung zeigt vielversprechende Dämpfungsergebnisse. Zudem zeigen mehrere als Array angeordnete Schalldämpfer lediglich eine geringe Beeinflussung der ASD untereinander. Darauf aufbauend können aktiv bedämpfte Lüftungsöffnungen an Fenstern und Überströmelemente entwickelt werden, die größere Öffnungsbreiten unter Beibehaltung der Schalldämpfung bzw. -dämmung ermöglichen.

Das schlanke Design der ASD erleichtert die Integration in bestehende Fenstersysteme. Damit rückt ein Fenster mit natürlicher Lüftung und geringer Beeinträchtigung durch Außenlärm in greifbare Nähe.

Weitere Informationen zu den Forschungen des Fraunhofer IBP finden Sie hier.