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Trends in der Gewerbekühlung

Dipl.-Ing. Achim Frommann

Nachhaltig und effizient, zwei geflügelte Wörter unserer Zeit. Was bedeutet das für die Gewerbekühlung? Zum einen darf das Erdklima durch Kälteanlagen möglichst nicht gestört werden. Zum anderen soll der Betrieb kostengünstig sein. Für Marktbetreiber gelten drei weitere Kriterien:

  • vertretbare Investitionen,
  • Sicherheit vor Verderb von Frischwaren
  • und der Schutz von Menschenleben.

Kostensprünge durch neue F-Gase-Verordnung

Die neue F-Gase-Verordnung wirft ihre Schatten voraus. Sie ist dem Lebensmittelhandel (LEH) heute bekannt. Wie dunkel es aber werden kann, wissen viele Marktbetreiber noch nicht. Denn sie betrifft vor allem die vielen Bestandskälteanlagen. Die meisten davon sind befüllt mit den Kältemitteln R404A oder R507A. Teilweise findet sich sogar noch R22, das bereits seit 2000 in Neuanlagen und mittlerweile komplett verboten ist. Ein Servicefall legt diese Systeme sofort lahm. Auch die beiden anderen Stoffe werden wegen ihres hohen Treibhauspotenzials verboten, allerdings erst 2020.

Für „Frischware“ dieser F-Gase resultiert aus der neuen Verordnung aber bereits heute eine Mengenverknappung. Von einem Kipppunkt ist in Branchenkreisen bei den Preisen die Rede. Nur deren Weitergabe geschieht derzeit noch zögerlich, wie von Herstellerseite berichtet wird und dies aus Wettbewerbsgründen. Serviceverträge mit festgeschriebenen Kältemittelpreisen können Erhöhungen ebenfalls noch im Wege stehen. Ab 2018 wird sich die Frischwarenmenge von R404A und R507A ein zweites Mal verringern, und zwar spürbar. So drohen Betreibern spätestens dann erhebliche Kostensprünge. Der Handel sollte also bereits heute Vorkehrungen treffen. Wenn aber kein Marktumbau ansteht, ist ein Kältemittelaustausch die einfachste Lösung. Dafür bietet der Markt Ersatz, bei dem es sich um Reinstoffe oder Gemische mit einem deutlich niedrigeren Treibhauspotenzial handelt. So gefährdet eine Kälteanlage das Erdklima weniger. Verglichen mit dem Stand der Technik ist sie aber noch lange nicht nachhaltig.

Echte Nachhaltigkeit nur mit Niedrig-GWP-Kältemitteln

Nachhaltigkeit ergibt sich erst beim Einsatz von Niedrig-GWP-Kältemitteln (GWP = Global Warming Potential). Das geht mit größerem Aufwand auch im Bestand, betrifft aber vor allem Neuanlagen. Ein Betreiber muss dann eine grundsätzliche Entscheidung treffen: Will er künstlich hergestellte Kältemittel einsetzen oder natürliche Stoffe verwenden, wie zum Beispiel CO2 oder Propan.

Synthetische Kältemittel werden den neuen Verordnungen gerecht

Wie vor Jahren beim FCKW- und HFCKW-Ausstieg hat die chemische Industrie synthetische Kältemittel entwickelt, die dem Zweck der neuen Verordnungen gerecht werden. Dreistellige Millionenbeträge investiert man gerade in deren Produktionskapazitäten. Diese sogenannten Hydrofluorolefine (HFO) wie z. B. R1234yf haben tatsächlich ein vernachlässigbares Treibhauspotenzial und damit praktisch kein CO2-Äquivalent. Gleichzeitig sind sie im Umgang ihren Vorgängern sehr ähnlich, was es dem Anlagenbau und der Komponenten entwickelnden Industrie einfach macht. Über ihre Entflammbarkeit oder Toxizität streiten sich derzeit noch Gegner und Befürworter, hauptsächlich beim Einsatz in Pkw-Klimaanlagen. Für stationäre Anwendungen sind sie nach Meinung von Experten eine gangbare Lösung ohne großes Gefährdungspotenzial.

SPAR im österreichischen Aigen: 2015 komplett saniert und für Kühlregale sowie Bedienungstheken auf umweltfreundliches Propan umgestellt.

Natürliche Kältemittel künftig auch für kleine Anlagen 

Eine Alternative dazu bieten natürliche Kältemittel. Zwei Trends zeichnen sich in Deutschland ab. CO2 wird heute bei mittleren und großen Märkten für die Tiefkühlung eingesetzt. Mit einer Kaskade oder einem Boostersystem kann bei gleichem Kältemittel zusätzlich die Normalkühlung erfolgen. Neben den großen Geräteherstellern entdecken allmählich immer mehr Kälteanlagenbauer dieses in Vergessenheit geratene Hochdruckkältemittel. Die Konsequenz daraus werden Lösungen für kleine Märkte, für Metzgereien, für die Gastronomie und ähnliche Verwendungen sein. Dort kommt CO2 derzeit praktisch nicht zum Einsatz – noch nicht.

Gleiches gilt auch für den zweiten Trend, für den Einsatz von Kohlenwasserstoffen wie Isobutan oder Propan für gewerbliche Kälteanlagen und Flüssigkeits-Kühlsätze. Propan wird bereits seit Jahren in steckerfertigen Geräten verwendet. Nun gibt es in Deutschland erste Märkte und Discounter, die Propan in dezentralen Kältesystemen auch für die Normalkühlung und in Tiefkühlzellen einsetzen. Dabei wurden alle bisherigen Hürden wie Füllmengenbegrenzung (Norm IEC 60335) oder Explosionsschutz-Richtlinien genommen. Schlussendlich ist und bleibt Propan leicht entflammbar, Sicherheit hat also oberstes Gebot. Seine Kältemitteleigenschaften bieten aber Vorteile gegenüber CO2 und versprechen einen guten Kompromiss aus Effizienz und Nachhaltigkeit.

Unsere europäischen Nachbarn sind bei Propan übrigens schon einige Schritte weiter. Der österreichische Kühlmöbelhersteller AHT liefert mit Vento Green Kühlregale und zugehörige Kältesysteme, die HAVO Group AG hat in der Schweiz bereits einige Märkte mit Propan ausgerüstet, der italienische Hersteller Rivacold baut kleine Aggregate für Kühlzellen. Und wenn nach einigen Europäern nun auch der US-amerikanische Komponentenhersteller Emerson für seine Verdichter im Komponentenhandel Propanfreigaben erteilt – trotz Produkthaftungsrisiken – hat das mehr als Signalwirkung.

DGNB und Blauer Engel

Ein weiterer Trend im Werben um das Kundenvertrauen der Marktbetreiber sind Zertifikate. Mit natürlichen Kältemitteln erhalten Aspiranten einer DGNB-Zertifizierung ein wichtiges Puzzleteilchen auf dem Weg zu Gold oder Platin. Denn im Neubau werden Kältemittel unter dem Kriterium „Risiken für die lokale Umwelt“ betrachtet. Der gewollte Anreiz: den Einsatz halogenierter und teilhalogenierter Stoffe zu reduzieren. Dazu zählt die DGNB synthetische Kältemittel. Gleiches gilt für ein Unternehmen, das das Umweltzeichen „Blauer Engel“ für seine Produkte anstrebt. Im Kälteverbund sind dann ebenfalls nur natürliche Kältemittel zugelassen.

Ein anderer Trend, der nicht nur für Zertifizierungen eine wichtige Rolle spielt, ist die Rückgewinnung scheinbar nutzloser Abwärme. Denn Kühlung bedeutet immer automatisch, dass Wärme von A (dem Produkt) entzogen, zu B (dem Verflüssiger) transportiert und dort an C (die Umgebung) abgegeben wird. Immer mehr Beispiele zeigen Möglichkeiten, diese Abwärme nutzbar zu machen. Direkt zum Heizen und für das Warmwasser. Indirekt zum Antrieb einer zusätzlichen Adsorptionskälteanlage oder auf andere Art und Weise.

Latentwärmespeicher, gefüllt mit PCM-Kugeln , die Kälte speichern können.

„Power to Cold“

Vielleicht noch keinen Trend, aber einen Ansatz bietet die Idee für „Power to Cold“. Dabei geht es um zwei Aspekte:

  • Strom zu nutzen, wenn er günstig oder verfügbar und „grün“ ist, sowie
  • die Kälteanlage als Energiespeicher zu verwenden.

Die Welt der Kältetechnik wird damit auf den Kopf gestellt. Denn normalerweise arbeitet die Lebensmittelkühlung, wenn Wärme entzogen wird. Produziert aber gerade die PV-Anlage, oder ist gehandelter Strom günstig, dann wäre es doch sinnvoll, diese elektrische „Power to Cold“ zu nutzen, indem Kühltemperaturen kurzfristig abgesenkt und Kühlgüter somit zu Kältepuffern werden, oder indem ein Latentwärme- oder Eisspeicher aufgeladen wird, um später nutzbare Kälte zu erzeugen.

Erste Ideen eines dafür notwendigen Lastmanagements wurden anlässlich des „EHI-Energiemanagement Kongress“ 2016 diskutiert. Wenn künftig Planer, Laden- und Kälteanlagenbauer sowie Energiemanager und -dienstleister eng zusammenarbeiten, kann „Power to Cold“ bald nicht nur als ein Ansatz oder Trend in der Gewerbekühlung (durch viele Tausend Kälteanlagen), sondern ein nennenswerter Beitrag zur deutschen Energiewende werden.

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