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Wie Pumpspeicherkraftwerke auch im Flachland überschüssige Energie speichern

Dörte Neitzel

Zwei Wasserbecken – Ober- und Unterbecken – auf unterschiedlicher Höhe, die mit einer Rohrleitung verbunden sind, plus Pumpen und Turbinen – fertig ist ein Pumpspeicherkraftwerk. Doch bislang brauchte man für dieses Prinzip Berge. Diese liegen nur leider meist abseits der Regionen, wo Strom in großen Mengen gebraucht wird. Außerdem riefen geplante Projekte regelmäßig Naturschützer auf den Plan. Warum also nicht die Pumpspeicher ins Flachland verlegen? Denn erstens gibt es davon in Deutschland mehr und zweitens könnten sie so in der Nähe der Abnehmer aufgestellt werden.

Felszylinder aus dem Boden fräsen

Das hat sich auch das Stuttgarter Unternehmen Heindl Energy gedacht. Ihr Prinzip: Statt die Schwerkraft des Wassers zu nutzen, wie bei herkömmlichen Pumpspeicherkraftwerken – etwa am Walchen- und Kochelsee in Oberbayern -, wird eine große Felsmasse bewegt. Lageenergiespeicher nennt sich das, oder auch Kolbenhubspeicher. Heindl nennt es Gravitiy Storage.

Aus dem Boden wird ein Felszylinder mit einem Durchmesser von 250 Metern und einer Tiefe von 340 Metern herausgefräst. Dieser dient als „Stöpsel“ für das darunter liegende Wasserreservoir. Um Strom zu speichern, pumpt die Anlage Wasser in das Reservoir und hebt damit den Felsen an. Wird der Strom wieder benötigt, sorgt der Zylinder mit seinem Gewicht dafür, dass das Wasser aus dem Reservoir nach oben gepumpt wird und dabei über eine Turbine die Energie erzeugt.

Eine solche Gravity-Storage-Anlage soll bis zu 8 GWh speichern können. Damit könnte beispielsweise der Strom aus einer PV-Anlage mit einer Spitzenleistung von 1GW über einen Tag vollständig abgespeichert werden.

So funktioniert das Pumpspeicherprinzip von Heindl Energy.

Gigantischer Wasserdruck führt zu Dichtigkeitsproblemen

Die größte Herausforderung dabei: Den gigantischen Wasserdruck von bis zu 70 bar zu managen, denn das Wasser aus dem „Unterbecken“ soll ja nicht am Felskolben vorbei kommen, sondern wird über ein externes Rohrsystem geleitet. Das System muss also komplett dicht sein. Dann allerdings wäre eine solche Anlage auch grundlastfähig, verspricht Heindl und hebt insbesondere die geringe Umschaltzeit von „Speichern“ auf „Stromerzeugung“ hervor: Innerhalb einer Minute soll der Speicher zum Stromspender werden. Soviel dazu in der Theorie.

Der Haken: Der Beweis für die Praxistauglichkeit steht noch aus. Noch befindet sich der Gravity Storage nämlich in der Entwicklung. Für 2018 ist der Bau einer kleinen Pilotanlage geplant, die vor allem den Nachweis liefern soll, dass die Idee auch in der Praxis funktioniert. Denn von einem wirtschaftlichen Betrieb ist das Projekt weit entfernt. Der Grund: Es gibt deutliche Größeneffekte: Ab etwa 150 Meter Durchmesser lässt sich eine solche Anlage betreiben und mit jeder Verdoppelung des Radius ver-16-facht sich die Kapazität.

Funktionsweise des Pumpspeicherkraftwerks von Gernot Kloss.

Alternative: Das Wanne-inWanne-Prinzip

Das Prinzip ist jedoch nicht neu. Bereits 2014 hatte der Ingenieur Gernot Kloss, Inhaber des gleichnamigen Ingenieurbüros in Bochum, ein Pumpspeicherwerk vorgestellt, das wie ein großer Gasometer funktionieren soll. Es besteht aus einer 50 Meter tiefen Betonwanne mit einem Durchmesser von 200 Meter. Auf dem darin befindlichen Wasser schwimmt eine zweite Betonwanne. Eine Rundum-Dichtung soll verhindern, dass Wasser durch den Spalt zwischen den beiden Wannen dringt. Soll Strom gespeichert werden, pressen Pumpen Wasser in die untere Wanne.

Wird der Strom benötigt, strömt das Wasser unter hohem Druck und unter dem Gewicht der schwimmenden Betonwanne durch eine Turbine wieder nach oben. Kloss glaubt, dass ein Speicher dieser Dimension bis zu 150 MW Strom speichern könnte – das entspricht dem Verbrauch von rund 360.000 Haushalten über acht Stunden. Wermutstropfen sind die Baukosten von bis zu 50 Millionen Euro. Um etwa ein Kohlekraftwerk mit einer Leistung von 1.000 MW zu ersetzen, bräuchte man zwanzig solcher Wannenspeicher.

Erfolgreiche Probebohrung in 200 Meter Tiefe in Weilheim in Oberbayern.

Gravitiy Power mit Pilotprojekt im bayerischen Weilheim

Aber auch das US-Unternehmen Gravity Power hat ein ähnliches Konzept auf Lager: Ein bis zu 800 Meter tiefer und acht Meter breiter Schacht soll zur Hälfte mit einem Betonzylinder bestückt werden. Den Rest füllt Wasser aus. Der Rest funktioniert wie bei den beiden anderen Modellen: Der Kolben bewegt sich, um Strom zu speichern bzw. zu liefern.

Doch ein Unterschied besteht: Gravity Power hat bereits Anfang 2017 die ersten erfolgreichen Erkundungsbohrungen absolviert - in einer Kiesgrube an der östlichen Stadtgrenze von Weilheim in Oberbayern. Nun soll dort ab Frühjahr 2018 die erste Pumpspeicheranlage der US-Amerikaner entstehen. Der Schacht soll rund 140 Meter tief werden und laut den örtlichen Stadtwerken eine Leistung von etwa einem Megawatt haben. So könnten bei einer Entladezeit von 30 Minuten 0,5 MWh Strom erzeugt werden. Die Kosten für das Projekt schätzt Gravity Power auf 18 Millionen Euro.

Die Stadtwerke Weilheim freut es: Sie wollen dann auch den überschüssigen Strom aus ihrer 400-kWp-starken PV-Anlage auf den Dächern des Stadtwerkeverwaltung einspeisen.

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