Wie hocheffiziente Wärmepumpen den klimaneutralen Gebäudebestand ermöglichen

Drehen wir einmal die Zeit ein wenig zurück. Vor etwa zehn Jahren gab es kaum Bewegungen bei den Treibhausgasemissionen, die dem Gebäudesektor vom Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) zugeordnet werden. Erfasst werden hier etwas vereinfacht die verbrennungsbezogenen CO2-Emissionen fossiler Brennstoffe, die im Gebäude oder gebäudenah zum Heizen und zur Trinkwassererwärmung eingesetzt*) werden. Nicht dazu gehören die Treibhausgasemissionen aus der Fernwärmebereitstellung, der Stromerzeugung und den Vorketten der Brennstoffbereitstellung. Die Bilanzierung nach dem Quellenprinzip ist internationaler Standard.
Blicken wir auf das Jahr 2015 zurück:
Vor zehn Jahren wurden fertiggestellte Wohngebäuden zu etwa 52 % mit einem Heizkessel für fossile Brennstoffe als hauptsächliches Heizsystem ausgestattet. Folglich hat der Neubau dem Gebäudesektor jedes Jahr neue Treibhausgasemissionen hinzugefügt. Über Gesetze und Verordnungen wurde versucht, den Zuwachs zu verringern. Der Fokus bei den Anforderungen lag dabei auf der Gebäudehülle und im Bereich TGA bei Solarthermie und maschineller Wohnraumlüftung.
Die Ausrichtung aller verpflichtenden energetischen Standards erfolgte mit einer unverrückbaren Maßgabe: Sie mussten noch mit einer Gas-Heizung technisch und wirtschaftlich leistbar sein. Wärmepumpen hatten zwar schon einen Anteil von rund 31 % an den Baufertigstellungen, aber der Netzstrom wurde mit einem hohen Primärenergieaufwand und hohen Treibhausgasemissionen erzeugt. Der CO2-Emissionsfaktor im Strommix lag im Jahr 2015 bei 530 g/kWh, für 2024 werden 363 g/kWh prognostiziert. Diese Entwicklung war zwar auch schon 2015 absehbar, EnEV und GEG referenzier(t)en aber veraltete und nicht vorausschauende Emissionsfaktoren. Auf dem Nachweispapier wurde der Vorteil einer Beheizung mit Wärmepumpen für die ganze Nutzungsdauer nicht sichtbar. Zugleich war das Strom-/Gaspreisverhältnis noch ungünstiger als heute.
Maßnahmen im Gebäudebestand mussten also zunächst die Last aus dem Neubau kompensieren, bevor überhaupt eine Minderung im Sektor eintreten konnte. Neben der Dämmung der Gebäudehülle und der Erneuerung von Fenstern und Außentüren, wurden vor zehn Jahren im TGA-Bereich insbesondere Gas- und Öl-Heizungen 1:1 erneuert, Öl-Heizungen wurden durch Gas-Heizungen ersetzt, solarthermischen Anlagen ergänzt und in geringem Umfang auch Gas- und Öl-Heizungen von Wärmepumpen- und Holz-Heizungen verdrängt. Im Teilsegment Haushalte sind die CO2-Emissionen aufgrund weiterer Effekte eher gestiegen als gesunken.
Heute: Wärmepumpen sind der alles ändernde Hebel
Neubau: Wer in die Baufertigstellungen für das Jahr 2024 und in die zuletzt erteilten Baugenehmigungen schaut, wird feststellen, dass sich die Beheizungsstruktur stark in Richtung Wärmepumpe entwickelt hat. Nur noch 15 % der neuen Gebäude wurden mit einer Gas-Heizung ausgestattet, bei den Baugenehmigungen waren es nur noch 4 %. Den Standard setzen Wärmepumpe mit einem Anteil von 81 % bei den neu genehmigten Wohngebäuden, bei den Fertigstellungen war es fast 70 %. Die zusätzliche Last aus dem Neubau hat sich also drastisch verringert. Ein unerwünschter Entlastungsbeitrag entsteht zurzeit auch aus der verringerten Bautätigkeit.
Bestand: Die energetische Sanierung von Gebäuden liegt seit vielen Jahren auf einem niedrigen Niveau. Das war lange Zeit ein Problem für die Dekarbonisierung des Gebäudebestands, denn Maßnahmen an der Gebäudehülle waren (ohne im Bestand universell einsetzbare Wärmepumpen) der wesentliche Fokus. Die Kosten waren und sind allerdings relativ hoch und eine zeitnahe Refinanzierung aus den Einsparungen ist nur für bestimmte Maßnahmen gegeben. Zugleich blieben durch Rebound-Effekte und nicht an die neue Situation angepasste Heizsysteme die tatsächlichen Einsparungen oft unter den Erwartungen oder Prognosen.
Die vergleichsweise günstige 1:1-Erneuerung von alten Heizkesseln bringt hingegen nur eine überschaubare Energieeinsparung. Wirkungsvoller bezogen auf die CO2-Emissionen war durch die chemischen Brennstoffeigenschaften der Umstieg von Heizöl auf Erdgas, dann sind es schon ohne Effizienzgewinn fast 38 % bezogen auf den Brennwert und 32 % bezogen auf den Heizwert. Ein Brennstoffwechsel ist aber zurzeit aus Nutzersicht nicht sinnvoll. Die Ergänzung von Solarthermie oder maschineller Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung waren und sind weitere Optionen, aufgrund der geringen Nachfrage ist die Gesamtwirkung jedoch überschaubar.
Erst seit dem Jahr 2021 werden mehr als 100.000 Wärmepumpen pro Jahr im Bestand eingebaut. Und genau dies macht seitdem den Unterschied. Ab dem Jahr 2022 ist der Beitrag zur Dekarbonisierung des Gebäudesektors über immer noch weniger Wärmepumpen deutlich größer als der von erneuerten Öl- und Gas-Heizungen. Mit den aktuellen Wärmepumpen ist in fast allen Wohngebäuden ein Umstieg möglich. An den Herausforderungen der objektspezifischen Vielfalt bei Gebäuden mit Etagen-Heizungen wird zurzeit an vielen Stellen intensiv gearbeitet.
