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Illegale Kältemittelimporte: Gemeinsames Handeln ist nötig

Sarah Hughes

Illegal aus China importierte fluorierte Kältemittel machen mittlerweile etwa 20 Prozent des gesamten EU-Kältemittelmarktes aus und sind nach Schätzungen für die jährliche Freisetzung von einer bis zu 20 Millionen Tonnen CO2 äquivalenten Menge verantwortlich – das entspricht den Emissionen von vier Millionen PKW.

Die unkontrollierte und ungeregelte Nachfrage nach illegal importierten Kältemitteln schädigt nicht nur die Umwelt, sie finanziert auch die organisierte Kriminalität. Dies bedeutet Einkommensverluste für legal arbeitende Betriebe und erschwert diesen die Investitionen in Forschung und Entwicklung, um sichere und effiziente Kältemittel mit niedrigerem GWP für die Kälte- und Klimabranche bereitzustellen.

Um dem andauernden und komplexen Thema Klimawandel zu begegnen, hat das Europäische Parlament bereits 2014 die Verordnung (EU) 517/2014 (F-Gase-Verordnung) verabschiedet. Dadurch wird die Gesamtmenge der wesentlichen F-Gase, die in der EU in den Markt gebracht werden dürfen, seit 2015 begrenzt (CAP) und bis 2030 schrittweise um vier Fünftel reduziert („Phase-Down“). Die Verordnung verbietet außerdem die Verwendung von bestimmten F-Gasen in Neuanlagen, wenn umweltverträglichere Alternativen zur Verfügung stehen. Emissionen von F-Gasen sollen auch durch die Verpflichtungen zur Prüfung, Wartung und sachgerechten Entsorgung minimiert werden.

Diese Bestimmungen wurden als wichtiger Schritt im Kampf gegen den Klimawandel angesehen, jedoch führte die Mengenbegrenzung für HFKW zu wachsenden illegalen Importen von HFKW (hauptsächlich HFKW-134a, welches unter Anderem in Fahrzeugklimaanlagen eingesetzt wird). Die EU plant die Einführung weiterer Klimagesetze für die nahe Zukunft. Dies könnte jedoch vergeblich sein, wenn einige Mitgliedsländer nicht gewillt sind, Verordnungen umzusetzen und entsprechende Signale an die Industrien zu senden.

Wo sind die Hotspots?

Nach Einschätzung der britischen Environmental Investigation Agency (EIA), gelangen die illegal importierten HFKW aus China im Nordosten über Russland und die Ukraine in die EU, im Süden über die Türkei und Albanien. Als wesentliche Einfuhrländer in die EU und Hotspots für illegalen Handel werden Bulgarien, Kroatien, Griechenland, Italien, Lettland, Polen und Malta vermutet.

Zweifellos wächst das Augenmerk auf illegale HFKW-Importe in die EU, es gab kürzlich Vorkommnisse in Griechenland, Polen und Italien. Im Sommer 2019 wurde berichtet, dass griechische Behörden mehr als 23 Tonnen illegale HFKW-Kältemittel in einem Lager westlich von Athen beschlagnahmt haben. Bei der Razzia wurden 1.939 illegale Einwegflaschen entdeckt, berichtet wurde unter anderem von R407C and R404A. Dies wird als größter Fang seit April 2019 angesehen. Damals beschlagnahmten polnische Behörden 25 Tonnen HFKW. In ihrem Bericht “Doors Wide Open”, sagt die EIA dazu: “Polen wurde wiederholt als erstes Einfuhrland für illegale HFKW-Importe aus China über die Ukraine angesehen.”

Die polnische Klimaschutzorganisation PROZON äußerte ihre Besorgnis über HFKW, die sowohl über die Grenze mit der Ukraine nach Polen gelangen sowie aus der Türkei über Rumänien, Bulgarien, Ungarn und die Slovakei. Im September 2019 berichteten Umweltschutzbeamte in Zielona Góra über die Beschlagnahme von mehr als 1.000 Druckflaschen mit HFKW-Kältemitteln aus China, die ohne Quote gehandelt wurden. Die polnischen Behörden haben die Kältemittel nicht genannt. Man vermutet, dass alles oder ein Teil R404A sei.

Italienische Branchenkreise vermuten mittlerweile, dass ein ein Großteil der italienischen Schwarzmarkt-HFKW aus Albanien, Malta, Polen und Griechenland stammt. Eine EIA-Quelle berichtet, dass auch aus Kroatien Tanks mit illegalen HFKW nach Italien gelangen.

Konsequente Durchsetzung der Regelungen ist erforderlich

Die gesetzlichen Regelungen sind eindeutig und illegale Importe sind strafbar. Eine viel stärkere Zusammenarbeit ist notwendig, um dieses Problem nachhaltig zu lösen.

Der Verband der Kältemittelhersteller EFCTC (European Fluorocarbons Technical Committee) hat gewaltige Unterschiede zwischen den Mitgliedsländern hinsichtlich der Bestrafung bei Verstößen festgestellt. Ein vom EFCTC und der Firma CMS erstellter Bericht stellt dar, dass einige Mitgliedsländer detaillierte Regelungen im Straf- und Zivilrecht in Kraft gesetzt haben, während andere Länder noch keinerlei Kontrollmechanismen und Strafen für Verstöße gegen die F-Gase-Verordnung eingeführt haben.

In der Branche sind viele enttäuscht wegen des Versagens dieser Mitgliedsländer bei der Durchsetzung der Verordnung und der daraus resultierenden ungleichen und verwirrenden Zustände in Europa. In dieser komplexen Situation übernimmt nun Kroatien zum ersten Mal die EU-Ratspräsidentschaft, ein Land, in dem illegaler Handel und mangelnde Durchsetzung von Verordnungen und Gesetzen scheinbar weit verbreitet sind. Dies is eine kritische Zeit für dieses Land, welches die Einigkeit unter den Mitgliedsländern herstellen und Führung bei einigen EU-weiten Themen, von denen illegaler Handel eines ist, übernehmen soll.

Im Bericht “Doors Wide Open” wird festgestellt, dass die mangelnde Durchsetzung der F-Gase-Verordnung einen Anreiz für illegalen Handel schafft. “Selbst nach der Aufdeckung von Verstößen sind Bußgelder und Strafen zu gering, um abschreckend zu wirken, besonders im Vergleich zu den auf dem Schwarzmarkt erzielbaren Profiten”. Der Bericht des EFCTC über zwölf Mitgliedsländer zeigt, dass trotz der Aufsehen erregenden Beschlagnahmen bisher nur sehr wenige Verfahren gegen illegale HFKW-Händler vor die Gerichte gebracht wurden.

Ein weiteres Problem ist, dass Strafen von Land zu Land stark voneinander abweichen. Der Bericht “Doors Wide Open” erwähnt hier ein Spanne von 160 Euro bis zu vier Millionen Euro (beides in Belgien). In Finnland können für “vorsätzliches kriminelles Handeln, welches zur Umweltzerstörung führt” Haftstrafen zwischen zwei und sechs Jahren verhängt werden. In Bulgarien haben die Zollbehörden 2017 laut EIA 36 Bußgelder (mit unbekannten Beträgen) wegen Handels mit Einweggebinden, Inverkehrbringens von HFKW ohne Quote, Imports von mit HFKW vorgefüllten Geräten ohne Quote, und nicht vorschriftsmäßigen Dokumentationen verhängt. Die EIA berichtet weiter, dass tschechische Behörden seit 2015 95 Bußgelder im Gesamtwert von 2 264 000 CZK (ca. 88 600 Euro) verhängt haben.

Ist fehlende finanzielle Ausstattung das Problem?

Einige Behörden geben an, dass unzureichende Maßnahmen aus unzureichender finanzieller Ausstattung resultieren. Berichten zufolge weist die britische Regierung Aufrufe der Industrie, die Umweltbehörde mit mehr Geld auszustatten, ab. Der Vorstand des EFCTC, Dr. Nick Campbell, sagt dazu, dass die Organisation Mitgliedsländer individuell anspricht, um sowohl einen gemeinsamen Ansatz zur Durchsetzung der Verordnung als auch eine Folgestudie zu den im ersten Bericht nicht erfassten Ländern zu diskutieren. Die EU strebt nach eigener Aussage Diskussionen mit nicht-EU-Ländern, auch China, an mit dem Ziel einer effektiveren Zusammenarbeit.

Nur wenn alle Mitgliedsländer die Kontrollen an den Grenzen und die Überwachung der Importquoten verstärken sowie angemessene und einheitliche Strafen verhängen, kann der illegale HFKW-Handel eingedämmt werden. Die Branche muss grenzübergreifend zusammenarbeiten, wenn der Kampf gegen illegale Kältemittelimporte gewonnen werden soll. Illegale Importe sind schädlich für die Umwelt und auch für die Versorgung mit Kältemitteln, darüber hinaus benachteiligen sie die gesetzestreuen Marktteilnehmer. Nur durch enge Zusammenarbeit untereinander und mit den Behörden können wir sie stoppen.

Dieser Beitrag von Autorin Sarah Hughes ist zuerst erschienen in Die KÄLTE + KLIMATECHNIK 02/2020. Sarah Hughes ist European Commercial ­Director bei Koura.

Lesen Sie zu diesem Thema auch unser Interview mit Felix Flohr, Kältemittel-Experte bei Daikin Chemical Europe:

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