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So funktioniert die Badpräsentation mit VR-Brillen

Marian Behaneck
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Die Planung steht. Doch wie vermittle ich als Planer das neue Bad dem Kunden? Vor diesem Problem stehen Installateure und Badplaner jedes Mal aufs Neue. Laien können mit Grundrissen und Ansichten wenig anfangen. Bunte 3D-Computerbilder sind besser, aber nicht mehr Stand der Technik. Heute wollen Kunden ihr Bad vorab virtuell „erleben“, so wie sie es eben bereits von Baumarktketten, Möbelkonzernen oder Küchenherstellern gewohnt sind.

Interaktive Badpräsentationen in virtuellen Realitäten (engl. Virtual Reality, VR) bieten viele Möglichkeiten: Kunden können in einer Simulation per VR-Brille ihr geplantes Bad vorab betreten, die Einrichtung von allen Seiten betrachten, Details heranzoomen und so eine bessere Vorstellung vom Projekt bekommen. Der Kunde kann besser in die Planung eingebunden und für den Entwurf begeistert werden, was Entscheidungsprozesse beschleunigt.

Welche Möglichkeiten bietet VR?

Virtuelle Realitäten schaffen eine computergenerierte, in erster Linie visuell wahrnehmbare künstliche Umgebung, mit der die Benutzer interagieren können. Dieses Gefühl, mitten im Geschehen zu stehen, ermöglichen sogenannte immersive Visualisierungsverfahren, mit denen man in eine virtuelle Umwelt eintauchen und sie als scheinbare Realität wahrnehmen kann. Dabei wird entsprechend der vom Betrachter eingenommenen Blickrichtung oder Bewegung das Gesehene vom System in Echtzeit kontinuierlich in der passenden Perspektive angezeigt – er steht förmlich mitten im Raum, wenn er eine entsprechende Datenbrille trägt.

Kann der Nutzer zudem mit der künstlichen Umgebung über einen Controller oder Datenhandschuh interagieren und beispielsweise eine Duschkabine öffnen, erhält er vollends den Eindruck, Teil einer virtuellen Welt zu sein. Individuelle Produkt- und Materialwünsche, Farben und Oberflächen, Wand- und Bodenfliesen können unter Tages- oder Kunstlichtbedingungen realitätsnah in jeder beliebigen Kombination visualisiert werden. Neben der Möglichkeit, Kunden „mitzunehmen“ und für einen Badentwurf zu begeistern, lassen sich auch Missverständnisse und Fehler vermeiden, denn viele Kunden können sich Bäder anhand von Planzeichnungen nur unzureichend räumlich vorstellen. Missverständnisse und Enttäuschungen sind dann programmiert. Spätere Änderungen verursachen Ärger und kosten viel Geld.

Virtuelle Objektbegehungen kosten unter dem Strich weniger als entsprechende Korrekturmaßnahmen. Steht man unmittelbar vor dem Objekt oder mitten im Raum, fallen ungünstige Abmessungen, eine funktional ungeschickte Gestaltung oder ergonomisch ungünstige Abläufe eher auf als auf dem Plan. Sogar Funktionsabfolgen, etwa eine behindertengerechte Nutzung von Bädern, können unmittelbar am VR-Modell ausprobiert und optimiert werden. Die Wahrnehmung virtueller Bäder ist dabei so unmittelbar, dass beispielsweise zu enge Platzverhältnisse körperlich „spürbar“ werden.

Neben Fragen zur Geometrie, Funktion oder Ergonomie können auch bau- oder montagetechnische Aspekte im Vorfeld geklärt werden: Kommt man mit der großen Badewanne problemlos um die Ecke? Reicht der Platz, um die Kleinhebeanlage montieren und später auch warten zu können? Diese und weitere Fragen lassen sich schon im Vorfeld zuverlässig klären.

Low-cost-Brillen machen VR populär

Bis vor wenigen Jahren war das Eintauchen in virtuelle Welten kompliziert und teuer. Mit dem Smartphone und mobilen, preiswerten VR-Brillen sind auch virtuelle Realitäten erschwinglich geworden. Sie verfügen über kein eigenes Display. Stattdessen nutzen sie dafür ein Android- oder iOS-Smartphone, das in die VR-Brille eingeschoben oder eingelegt wird. Zwei in der VR-Brille integrierte Linsen vergrößern das Bild und verbreitern das Sehfeld. Eine VR-App sorgt für die stereoskopische Anzeige von zuvor berechneten 360-Grad-Panoramen. Im Smartphone integrierte Lagesensoren synchronisieren die Bild­anzeige mit den Kopfbewegungen des Anwenders.

Zu den bekanntesten Vertretern mobiler VR-Brillen, die in der einfachsten Form als Karton-Bausatz bereits ab 8 Euro erhältlich sind, gehören das Google Cardboard oder die Samsung Gear VR. „Echte“ VR-Brillen, wie etwa die Oculus Quest 2, die HP Reverb G2 oder die HTC Vive Pro, kosten mit 350 bis 1500 Euro erheblich mehr. Sie haben ein eigenes Display, mehrere Sensoren, die Standortänderungen des Benutzers erfassen, und müssen per Datenkabel an einen Hochleistungsrechner angeschlossen werden. Dieser berechnet räumliche Bilder in sehr hoher, fotorealistischer Qualität in Echtzeit. Je nach Modell unterscheiden sich VR-Brillen in der Displayauflösung, dem Sichtfeld, der Bild- und Tonqualität, der Tracking-Funktion, dem mitgelieferten oder optionalen Zubehör und dem Preis.

Ohne 3D-Geometriedaten keine VR-Präsentation

Grundlage jeder VR-Präsentation ist ein 3D-­CAD-Modell, dessen Oberflächen mit Farben und Materialtexturen belegt, transparente oder spiegelnde Oberflächen definiert wurden etc. Auch der umgebende Raum muss digital gebaut und mit virtuellen Lichtquellen möglichst effektvoll ausgeleuchtet werden. Erstellt werden 3D-Modelle oder Räume, inklusive Material- und Lichtdefinition, entweder mit speziellen digitalen Badplanern, mit TGA-CAD-Programmen oder mit Modellier-Programmen wie SketchUp.

Für eine VR-Präsentation werden die Daten in den webfähigen Formaten VRML, WebVR und X3D exportiert. Unterschieden werden zwei Arten von VR-Präsentationen: 360-Grad-Panoramen und in Echtzeit berechnete VR-Präsentationen. 360-Grad-Pano­ramen werden im Voraus berechnet und ermöglichen einer mobilen VR-Brille per Kopfdrehung die räumliche Betrachtung von Objekten in einem Raum. Auch mehrere Räume oder komplette Wohnungen lassen sich virtuell erkunden, wenn man mehrere Panoramen zusammenschaltet.

Werden die 3D-Panoramen auf einen Cloud-Server hochgeladen, kann der Kunde diese über einen Link zu Hause öffnen und auf einem Tablet oder Smartphone anschauen. Schaltet er auf dem Smartphone in den VR-Modus, kann er sich das Bad beispielsweise mit einer Cardboard-Brille im virtuellen Raum anschauen. „Echte“ VR-Präsentationen werden dagegen in Echtzeit von leistungsfähigen PCs berechnet und über ein Datenkabel auf VR-Brillen angezeigt. Die Echtzeit-Berechnung ermöglicht eine freie Bewegung im Raum, das Zoomen von Details sowie Interaktionen wie das Ändern von Farben, Oberflächen, Materialien oder das Konfigurieren von Badobjekten. Das setzt allerdings eine entsprechende Software und leistungsfähige Hardware voraus.

Der Zeitaufwand für eine VR-Präsentation hängt von der Objektgröße und -komplexität, von eventuell gewünschten Interaktionen, der Qualität der 3D-Daten und dem Aufbereitungsaufwand ab. VR-Dienstleister berechnen VR-Präsentationen einfacher Badprojekte mit etwa 1000 bis 5000 Euro und mehr.

Mithilfe von AR-Systemen können Planer auf der Baustelle die eingeblendete Haustechnik mit ausführenden Firmen besprechen.

Was können AR und MR?

Noch ist die VR-Badpräsentation mit viel zusätzlichem Planungsaufwand verbunden, da man die komplette Szenerie erst dreidimensional „bauen“ muss. Das wird sich mit dem zunehmenden Trend zur 3D-Konstruktion und Verbreitung der BIM-Planungsmethode mittel- und langfristig ändern. Dann reduziert sich der Aufwand für VR-Präsentationen, weil 3D-Gebäude- und Raumdaten inklusive Materialdefinition vom Planer übernommen werden können.

In der Küchen- und Möbelbranche haben sich VR-Techniken schon seit Jahren als Marketinginstrument etabliert. Immer häufiger wird auch die Augmented Reality (AR) eingesetzt. Bei dieser Technik kommen spezielle, transparente AR-Brillen zum Einsatz. Damit lassen sich in das Realbild zusätzliche digitale Informationen holografisch einblenden.

Einfacher und preiswerter sind Smartphones oder Tablets, die in das von der integrierten Kamera aufgenommene Umfeld ein virtuelles Objekt in der richtigen Perspektive und im richtigen Maßstab einfügen. Damit kann man beispielsweise dem in einem Rohbau stehenden Bauherren das geplante Badezimmer vorab virtuell einrichten. Zunehmend nutzen Badproduktehersteller diese Technik für die Präsentation und Konfiguration ihrer Produkte einer fiktiven Szenerie oder in der individuellen Umgebung des Kunden. Dabei kann sich der Kunde ein Produkt aus dem Katalog, etwa einen Waschtisch oder eine Armatur, unmittelbar in das Live-Kamerabild der Umgebung im richtigen Maßstab und perspektivisch korrekt einblenden ­lassen.

Einen Schritt weiter geht die Mixed Reality (MR). Diese Technik erkennt zusätzlich die jeweilige Umgebung und ermöglicht eine Interaktion mit den eingeblendeten digitalen Inhalten sowie zwischen mehreren Teilnehmern einer MR-Präsentation. Eingesetzt werden MR-Techniken vor allem bei großen Projekten, um sich etwa an einem virtuellen Modell unter allen Projektbeteiligten abzustimmen. Damit lassen sich beispielsweise virtuelle Baustellenbesprechungen realisieren. Zu den weiteren Einsatzgebieten der VR/AR zählen auch die Wartung, Montage, der Vertrieb und die Produktion sowie die berufliche Aus- und Weiterbildung.

Badarmaturen werden bereits mittels Augmented Reality in einer fiktiven Szenerie oder in der realen Umgebung eingeblendet.

Lohnt sich der Aufwand?

Interessant wird es bei anspruchsvollen Badeinrichtungen in Naturstein, die schnell die 10.000-Euro-Grenze sprengen können. Lassen sich dabei Missverständnisse oder Fehler im Vorfeld ausräumen und dadurch teure Korrekturmaßnahmen vermeiden, amortisiert sich das VR-Equipment schon mit dem ersten Auftrag. Bei Standard-Badprojekten dauert es naturgemäß länger.

Allerdings ist der Workflow von CAD zur VR und zurück noch etwas holprig. So werden etwa während der VR-Präsentation mit dem Kunden besprochene Änderungen nicht automatisch von der CAD- oder Badplaner-Software übernommen. Die 3D-Konstruktion muss erst manuell geändert, Materialien gegebenenfalls neu definiert werden etc., bevor man die Änderungen erneut durch die VR-Brille betrachten kann.

Das ist bei mehrfachen Änderungen umständlich.

Oberflächen, Farben, Materialien oder spezielle Lichtsituationen lassen sich außerdem nicht immer hundertprozentig realitätsgetreu wiedergeben. Schlechte Bildqualitäten können ferner den VR-Effekt mindern, niedrige Bildwiederholfrequenzen das Auge ermüden. Dennoch sollte man die Entwicklung beobachten, denn VR-/AR-Präsentationen werden sukzessive zum Standard. Außerdem steigern sie die Attraktivität handwerklicher Leistungen, das Image von Unternehmen und schaffen einen technologischen Vorsprung gegenüber Mitbewerbern. 

VR-Badpräsentation: Voraussetzungen und Kosten

Wer digital und in 3D plant, hat die größte Hürde bereits genommen, denn die Konstruktion und Einrichtung eines Badezimmers setzt einen entsprechend ausgestatteten PC-Arbeitsplatz sowie Know-how und Zeit voraus (ca. 1 bis 2 Stunden pro Badprojekt). Über (optionale) VR-Schnittstellen verfügen inzwischen die meisten CAD- und Badplanungsprogramme. Die Konstruktion und Berechnung der VR-Szenerie erfordert einen leistungsfähigen Rechner (ab 1500 Euro). CAD- oder Badplanungsprogramme kosten zwischen 500 und 3000 Euro, smartphonebasierende VR-Brillen zwischen 5 und 100 Euro, „echte“ VR-Brillen sind ab 350 Euro erhältlich.

Weitere Infos und Anbieter

www.bloculus.de – Virtual-Reality-Blog

www.formitas.de – AR-Lösungen im Bauwesen

www.iao.fraunhofer.de – Fraunhofer IAO (VR-Forschung)

www.imsys-vr.com – Immersive Planungs­methoden

www.inreal-tech.com – VR im Bau- und Immobilienbereich

www.virtual-reality-magazin.de – VR-Magazin

www.vrbrillen.net – VR-Brillen-Vergleich

www.vrodo.de – Mixed-Reality-Magazin

Dieser Beitrag von Dipl.-Ing. Marian Behaneck ist zuerst erschienen in SBZ 02/2021. Behaneck ist Fachautor zahlreicher ­Publikationen zu Hardware, Software und IT im Baubereich.

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