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Digitale Energiewende: Wie Blockchains die Energiewirtschaft revolutionieren

Jürgen Wendnagel

Der Begriff „Blockchain“ taucht regelmäßig in den Medien im Zusammenhang mit der Energiewende auf. Zitiert werden oft Experten, die davon überzeugt sind, dass Blockchain ganze Branchen grundlegend verändern wird – auch die Energiewirtschaft. Doch worum geht es bei der Technologie eigentlich? Und steckt auch Substanz dahinter oder ist es lediglich ein theoretisches Konstrukt?

Blockchain-Grundlage: Am Anfang standen Bitcoins

Die deutsche Energiewende führt zu einer stark dezentralisierten Stromversorgung. Statt einiger großer Kraftwerke werden immer mehr kleinere Anlagen zur Stromerzeugung genutzt. Und der Verbraucher ist nun immer öfter auch Stromproduzent – Stichwort „Prosumer“.

Zur neuen dezentralen Energiewelt passt die ebenfalls dezentrale Blockchain-Technologie. Sie ermöglicht es zum Beispiel, den Strom aus dem Mini-Kraftwerk des Nachbarn direkt ins eigene Haus zu leiten, ohne einen Energieversorger zwischenzuschalten.

Ursprünglich wurden Blockchains entwickelt, um mit der virtuellen Währung Bitcoin im Internet sicher bezahlen zu können – und zwar ohne zwischengeschaltete Bank(en). Damit so eine direkte Transaktion zwischen Käufer und Verkäufer sicher über die Bühne geht, wird ein dezentrales „Vertrauensnetzwerk“ benötigt:

  • Die Daten über Sender, Empfänger und Höhe der Zahlung werden nicht nur auf den beiden Rechnern von Käufer und Verkäufer gespeichert, sondern zusätzlich in einer dezentralen Datenbank.
  • Diese besteht aus einem Netzwerk von beliebig vielen Rechnern anderer Nutzer.
  • Die Daten der Transaktion werden verschlüsselt, sodass niemand außer den beiden Beteiligten die Details einsehen kann.
  • Anschließend wird die Transaktion als Datenblock auf allen Rechnern des Netzwerks gespeichert.
  • Jeder neue Datenblock übernimmt dabei Informationen aus dem vorherigen, an den er angehängt wird.

Dadurch entsteht nach und nach eine Kette, in der jeder „Block“ mit allen vorherigen untrennbar verbunden ist. Und in der alle Rechner ständig kontrollieren, ob alle Kettenglieder zusammenpassen. Wer also die Daten einer Transaktion – und damit eines Blockes – verändern wollte, müsste die ganze Kette auf allen Rechnern gleichzeitig manipulieren – ein immenser Aufwand, der die Blockchain-Technologie besonders sicher macht.

Blockchain-Pilotprojekte aus dem Energiesektor

Blockchains bieten auch im Energiesektor zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten, zum Beispiel um dezentral erzeugte Energie auch direkt dezentral zu verteilen. Erste Pilotprojekte laufen bereits – eines der bekanntesten dürfte das „Brooklyn Microgrid“-Projekt in New York sein. Hier sind im April 2016 erstmals zehn Häuser zu einem dezentralen Stromnetz zusammengeschaltet worden. Fünf von ihnen haben eine Solaranlage auf dem Dach, die anderen fünf nicht. Der Strom, den die Häuser mit Solaranlagen nicht selbst verbrauchen, wird an die fünf anderen Häuser verkauft. Zusammen mit Smart Meter, die den Stromfluss erfassen, und Smart Contracts, mit denen die vertraglichen Vereinbarungen selbstständig ausgeführt werden, sorgt die Blockchain dafür, dass die Transaktionen von Strom und dem dafür zu zahlenden Betrag sicher und auf direktem Wege zwischen den beteiligten Haushalten durchgeführt werden können.

Auch in Deutschland wird die Blockchain im Energiesektor getestet, zum Beispiel von Übertragungsnetzbetreiber TenneT und Batteriespeicherhersteller Sonnen. Dabei werden die Photovoltaik-Heimspeicher vernetzt, um für mehr Flexibilität im Stromnetz zu sorgen. Wenn kein Wind weht und die Sonne nicht scheint, kann der gespeicherte Strom zurück ins Stromnetz und zu den Verbrauchern fließen. Per Blockchain sind die Speicher untereinander vernetzt, sodass sich genau festhalten lässt, welcher Speicher wie viel Strom zusätzlich aufgenommen und wieder abgegeben hat. Das ist vor allem für die Abrechnung wichtig, da die Teilnehmer den zusätzlich aufgenommenen Strom kostenlos verbrauchen dürfen. Anders als beim "Brooklyn Microgrid" steht bei diesem Pilotprojekt allerdings nicht der Austausch von Strom zwischen Prosumern im Vordergrund, sondern die Stabilisierung des Stromnetzes.

Tipp: Wie die Blockchain konkret bei Energie funktionieren kann, wird in diesem Beitrag anschaulich erläutert.

Welche Perspektiven hat die Blockchain im Energiesektor?

Noch ist nicht abzusehen, ob Blockchain-Anwendungen auch über die Pilotprojekte hinaus geeignet sind, die Energiewende in großem Maßstab zu unterstützen. Die bisherigen Erfahrungen sind zumindest erfolgversprechend. Falls sie sich vom Kleinen aufs Große übertragen lassen, könnten Blockchains Stromangebot und -nachfrage flexibler machen und so dazu beitragen, die Versorgungssicherheit und die Netzstabilität zu stärken. Als nächster Schritt wäre dann sogar ein vollständig digitaler, sich selbst steuernder Strommarkt denkbar, in dem Energie immer genau dort erzeugt und ins Netz eingespeist wird, wo sie gerade benötigt wird. Allerdings sind neben technischen auch noch viele rechtliche und regulatorische Fragen offen, zum Beispiel welche Regeln zwischen den Prosumern gelten und wer wem welche Leistungen überhaupt in Rechnung stellen darf. Hier müssen in den nächsten Jahren die richtigen Antworten gefunden werden.

Die Diskussion verläuft in Fachkreisen deshalb durchaus kontrovers. Zur Frage „Wird die Blockchain-Technologie die Energiewirtschaft revolutionieren?“ hat das BMWi zwei Pro- und Contra-Expertenstatements veröffentlicht.

· Auszug aus dem PRO-Statement von Paul-Georg Garmer, Übertragungsnetzbetreiber TenneT:

„…In Zukunft wird es Millionen von kleinen, dezentralen Stromproduzenten, Prosumern und Konsumenten geben. Blockchain kann die Interaktion zwischen den verschiedenen Akteuren entscheidend vereinfachen und Kosten für Stromkunden sparen. Gleichzeitig garantiert eine schlanke Abwicklung höchste Anforderungen an Datensicherheit und Diskretion…“

· Auszug aus dem CONTRA-Statement von Dr. Maximilian Rinck, European Energy Exchange (EEX):

„Wenn wir über die durch Blockchain auslösbaren Revolutionen sprechen, meinen wir konkret die vollständige Dezentralisierung des Energiehandels und damit verbunden die Eliminierung von Intermediären wie Börsen oder Clearinghäusern aus der Wertschöpfungskette….

…Börsliche Handelsplätze wie die der EEX-Gruppe erfüllen im Stromgroßhandel wichtige Aufgaben, die nicht ohne Weiteres dezentralisierbar oder eliminierbar sind – auch nicht durch Blockchain.“

Drei vertiefende Studien zur Blockchain im Energiesektor

1. Bei einer Umfrage unter 70 Führungskräften der Energiebranche gab die Hälfte der Teilnehmer an, bereits mit Blockchain zu experimentieren oder dies zu planen. Fast zwei Drittel der Befragten halten eine weitere Verbreitung von Blockchain für wahrscheinlich. Vor allem zwei Einsatzfelder werden gesehen: die Optimierung von Prozessen und die Organisation von Plattformen, z. B. für den direkten Stromhandel zwischen Besitzern von Photovoltaik- oder Biogasanlagen und Verbrauchern.

Weitere Infos: Studie „Blockchain in der Energiewende - Umfrage unter Führungskräften der deutschen Energiewirtschaft“ von der dena und der privaten Hochschule ESMT Berlin (11/2016)

2. Die PwC-Kurzstudie für die Verbraucherzentrale NRW, Düsseldorf (7/2016) „Blockchain – Chance für Energieverbraucher?untersucht, welche Modelle im Energiebereich in Frage kommen und welche Hürden einer breiten Anwendung im Wege stehen.

3. Berlin gilt als Hochburg für die Blockchain-Technologien. Die Studie „Blockchains, Smart Contracts und das dezentrale Web“ (1/2017, Anm. d. Red.: Link nicht mehr gültig) der Technologiestiftung Berlin beleuchtet die technologischen Möglichkeiten und die Perspektiven die sich für Berlins Entwicklung ergeben

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