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Ersatzstrom: Brennstoffzelle statt Dieselgenerator

Martin Jendrischik
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Dieselgeneratoren unterschiedlicher Leistungsklassen werden bis heute weltweit eingesetzt, um kritische Infrastruktur sicher und zuverlässig mit elektrischer Energie zu versorgen. Doch die CO2-Emissionen sind hoch, die Geräuschkulisse unangenehm, und der Aufwand, das Aggregat etwa auf Baustellen zweimal am Tag neu zu befüllen, erheblich.

Lange Zeit gab es keine zuverlässige Alternative, weil selbst stark überdimensionierte Photovoltaikanlagen ohne Stromspeicher die notwendige Energie nicht rund um die Uhr verfügbar machen. „Als Entwickler war es stets mein Ziel, eine Brennstoffzelle zu entwickeln, die den Dieselgenerator eines Tages ablösen kann“, sagt Volker Harbusch.

500 Watt elektrische Dauerleistung

Der Unternehmer hat die in München ansässige Siqens GmbH mitgegründet und schrittweise eine effiziente Brennstoffzellentechnologie zur Marktreife gebracht. „Der Ecoport 800 bringt eine elektrische Dauerleistung von 500 Watt“, erläutert er. „Das ist genug, um Solarenergie in Verbindung mit einer Batterie zuverlässig zu machen.”

Zusätzlich zum serienreifen Ecoport 800 kommt 2021 ein weiteres System mit höherer Leistung auf den Markt. Die Brennstoffzellen werden in München entwickelt und produziert, um sie für ganz unterschiedliche Zwecke beispielsweise in kritischen Infrastrukturen einzusetzen. Auch in einem ersten Testfahrzeug dient der Stromerzeuger als Range-Extender.

Wasserstoff aus Methanol

Beim Ecoport handelt es sich genau genommen um eine Brennstoffzelle auf der Basis von Wasserstoff, die allerdings mit flüssigem Methanol versorgt wird. „Methanol ist ein herausragender Energieträger, aus dem ohne Verluste Wasserstoff generiert werden kann“, sagt Harbusch. „Mit dem von uns entwickelten Verfahren wird auch die Abwärme im Stack nutzbar gemacht.“

Das System wandelt im Innern ein Methanol-Wasser-Gemisch in Wasserstoff um. Der Wasserstoff wird anschließend zur Energieerzeugung in den Brennstoffzellenstapel (Stack) geleitet. Das dabei entstehende Wasser wird in dem Umwandlungsprozess von Methanol zu Wasser zurückgespeist.

Durch diesen zusätzlichen Wasserzyklus kann man handelsübliches unverdünntes Methanol verwenden. Technisch betrachtet hat der Ecoport 800 somit die Eigenschaften und Vorteile einer Direktmethanolbrennstoffzelle einerseits und einer Hochtemperatur-PEM-Brennstoffzelle andererseits. Die Folge ist der im Vergleich mit anderen kleinen Brennstoffzellen hohe elektrische Wirkungsgrad von bis zu 40 Prozent, verbunden mit weiterem Entwicklungspotenzial.

Derzeit ist das System auf die Erzeugung elektrischer Energie ausgerichtet. Zur Befüllung mit flüssigem Methanol dienen handelsübliche Kanister. Ein 22-Kilogramm-Kanister (QE-Charge je 25 Liter) liefert über die Brennstoffzelle rund 42 Kilowattstunden elektrischer Energie.

Im Vergleich zu Wasserstoff ist das Handling von Methanol einfach: Der Ecoport 800 wird über ein Einschraubsystem mit einem oder mehreren Methanoltanks verbunden. Das Methanol kann über einen Gewerbeschein im Großhandel oder jeder Chemikalienhandlung besorgt werden. Private Nutzer eines Ecoport 800 beziehen die Flüssigkeit über ihren Installateur oder Siqens.

Um mit Wasserstoff die identische Energiemenge zu erhalten, wären zwei Druckgasflaschen notwendig, von denen jede 65 Kilogramm wiegt. Der Grund ist einfach: Bezogen auf das Volumen bietet Methanol einen deutlich höheren Energiegehalt als Wasserstoff.

Biologisch abbaubarer Kraftstoff

Daher gilt Methanol auch als mögliche Lösung, um grünen Wasserstoff per Schiff nach Deutschland zu transportieren. Während Wasserstoff flüchtig und im Umgang kompliziert und aufwendig ist, ist Methanol als Flüssigkeit nicht gefährlicher als Benzin oder Diesel. Im Unterschied zu den fossilen Kraftstoffen ist diese Flüssigkeit jedoch biologisch abbaubar.

In zunehmendem Maße wird Methanol synthetisch auf Basis erneuerbarer Energien hergestellt. Heute wird Methanol beispielsweise auf Island von Carbon Recycling International erneuerbar erzeugt – unter Nutzung der dort vorhandenen Geothermie. Die Preise für eine Tonne Methanol schwanken: Der Preis sank 2019 auf 260 Euro je Tonne.

Vorteile in Off-Grid-Anwendungen

Zum Vergleich: Eine Tonne Diesel kostet rund 350 Euro. „Derzeit fokussieren wir uns auf den stationären Off-Grid-Bereich, oftmals als Ergänzung zu Photovoltaiksystemen“, erläutert Volker Harbusch. „Da sehen wir die größten Potenziale in Europa, aber auch in Asien, etwa im Bereich Telekommunikation.“ Hier fungiert die Brennstoffzelle quasi als Batterieladegerät und hilft, erneuerbare Energien rund um die Uhr nutzbar zu machen.

Nicht nur die Sendetürme der Mobilfunkstationen brauchen sauberen Strom rund um die Uhr. Auch Baustellen, Minen und Steinbrüche sind von zuverlässiger Stromversorgung abhängig. Denn jede Unterbrechung birgt potenzielle Risiken für Menschen, Maschinen und Geschäftsmodelle.

Bislang werden hier zumeist Generatoren eingesetzt, die mit Diesel oder Benzin laufen. Insbesondere bei niedrigem Energiebedarf laufen diese Aggregate ineffizient und sorgen für hohe CO2-Emissionen.

Anders in einem Kieswerk in Süddeutschland: Dort hat sich der Betreiber des Tagebaus für eine Kombination aus Photovoltaik und Brennstoffzelle für den eigenen Bürocontainer sowie eine Lkw-Waage entschieden. Der tägliche Energiebedarf von 11,4 Kilowattstunden wird komplett erneuerbar abgedeckt und weitere Verbraucher wie Computer, Drucker oder Funkgeräte versorgt.

Auf dem Containerdach sorgt die Photovoltaikanlage mit acht Kilowatt Leistung für Solarenergie am Tag. Diese wird entweder direkt verbraucht oder im Zwölf-Kilowattstunden-Speicher für die spätere Nutzung zwischengelagert.

Der Bürocontainer der Kiesgrube mit Photovoltaik auf dem Dach.

Bürocontainer und Lkw-Waage

Um wirklich rund um die Uhr ausreichend Energie verfügbar zu haben, versorgt die Brennstoffzelle Ecoport 800 die Batterie bedarfsgemäß mit einer zusätzlichen Dauerleistung von 500 Watt. Im Ergebnis spart diese Lösung 88 Prozent Kraftstoff im Vergleich zum Dieselhybridsystem ein.

Kalkuliert wurde, dass der Ecoport ungefähr 695 Kilowattstunden elektrische Energie im Jahr zur Anlage beisteuern muss. Diese werden überwiegend im Winter benötigt, wenn die Versorgung mittels Photovoltaik nicht durchgehend gewährleistet ist.

Insgesamt werden jährlich rund 425 Liter Methanol benötigt, also 17 QE-Chargen mit je 25 Litern. Die Photovoltaikanlage ist die Hauptenergiequelle und steuert rund 8.500 Kilowattstunden bei.

Photovoltaik liefert Hauptenergie

Emissionsfrei ist die Lösung mit konventionell hergestelltem Methanol zwar nicht, da der eingebrachte Kohlenstoff teilweise wieder als Kohlendioxid an die Außenluft abgegeben wird. Aber die CO2-Emissionen sind im Vergleich zu einer Lösung mit Dieselgenerator um 93 Prozent niedriger. Außerdem macht die Brennstoffzelle keinen Lärm und emittiert weder Feinstaub noch Stickstoffdioxid.

Die Installation des Brennstoffzellengeräts beim Kunden dauert nur eine halbe Stunde.

Interview: „Die Installation ist ziemlich einfach“

Wie lange dauert die Installation des Ecoport 800?

Karsten Bauerfeld: Die Installation der Brennstoffzelle ist ziemlich einfach. Ist vor Ort bereits alles vorbereitet, kann das Gerät innerhalb von 30 Minuten in Betrieb genommen werden.

Was muss vor Ort getan werden?

Zeitaufwand vor Ort fällt größtenteils für die Montage der Zuluft- und Abluftführung an. In der vorliegenden Installation betrug die Zeit für die Anbindung der Brennstoffzelle an das System rund zwei Stunden. Über eine Verteilerschiene ist der Ecoport direkt auf die 24-Volt-Li-NMC-Batterie von Aentron verbunden.

Was ist bei der Installation zu beachten?

Der Ecoport kann direkt an 24-Volt- und 48-Volt-Batterien angeschlossen werden. Über das mitgelieferte Batteriekabel misst der Ecoport die Spannung der Batterie und startet automatisch, sobald die Spannung der Batterie einen einstellbaren Wert unterschreitet. Ein weiteres Augenmerk sollte zudem auf die thermische Isolierung der Abluftleitung gelegt werden, beispielsweise wenn diese mit Isolierschaum oder anderen brennbaren Materialien in direkten Kontakt kommt.

Werden besondere Werkzeuge oder Zusatzkomponenten benötigt?

Batteriekabel, Abluftschläuche, passende Rohrschellen und Befestigungslaschen sind im Lieferumfang des Ecoport bereits enthalten. Sonstiges Zubehör hängt von der Einbausituation vor Ort ab. Für gewöhnlich reicht das Standardwerkzeug eines Elektrikers jedoch aus.

Wie wird die Fernüberwachung gewöhnlich realisiert?

Im Bedienteil befindet sich ein Modem mit SIM-Karte. Mithilfe der im Lieferumfang enthaltenen Antenne kann der Ecoport sich ins lokale Mobilfunknetz einwählen. Über eine sichere Onlineplattform können Betriebsdaten jederzeit eingesehen und die Brennstoffzelle kann aus der Ferne gesteuert werden.

Karsten Bauerfeld ist Mitarbeiter der Siqens GmbH und hat das Projekt in der Kiesgrube installationsseitig betreut.

Richtfunknetz in Tirol sicher auch im Katastrophenfall

Das digitale Richtfunknetz des Landes Tirol stellt im Katastrophenfall die Übertragung alarmierungsrelevanter Daten und die Anbindung der einzelnen Bezirke sicher. Bei der Planung des Netzes wurde deshalb besonders auf Stabilität, Ausfallsicherheit und Redundanz geachtet.

Für die meist alpin gelegenen Standorte bietet sich eine Kombination aus Photovoltaik und Batterie zur unabhängigen Stromversorgung an. Um eine wetterunabhängige Energieversorgung kritischer Standorte sicherzustellen, sind allerdings weitere Maßnahmen nötig.

Am Umlenkpunkt am Messelingkogel wird auf knapp 2.700 Metern Höhe die Brennstoffzelle Siqens Ecoport 800 verwendet. Die elektrische Energie reicht aus, um neben den angeschlossenen Richtfunkantennen auch eine kleine elektrische Heizung zu betreiben, die beim Enteisen der Anlage im Winter zum Einsatz kommt.

Der angeschlossene Tank mit 200 Litern Methanol liefert ausreichend Energie, um den Standort auch über mehrere Monate autark zu betreiben.

Baustrom für Windparks

Die Brennstoffzellen spielen auch in anderen Branchen eine wichtige Rolle, zum Beispiel in der Windkraft. Bis eine neu errichtete Windkraftanlage ans Stromnetz angeschlossen ist und darüber mit Energie versorgt werden kann, vergehen oft mehrere Monate. Gerade in der Bauphase ist es notwendig, Windkrafttürme durch Lichtsignale anzuzeigen.

Das sogenannte Hindernisfeuer dient zur Vermeidung von Unfällen. Problem: Bislang wurde für die Stromversorgung der Beleuchtung der Windräder oft auf Dieselgeneratoren zurückgegriffen.

Mittlerweile gibt es Alternativen für die unterbrechungsfreie Stromversorgung von Windrad-Beleuchtung während der Bauphase. In München entsteht derzeit beispielsweise eine Windkraftanlage der Stadtwerke München.

Während der dortigen Bauphase wird die Stromversorgung mittels Brennstoffzelle von Siqens durch einen Energiedienstleister bereitgestellt: Der Ecoport 800 ist am Fundament der Windkraftanlage in einem Schaltschrank installiert und mit einer Batterie zur Pufferung gekoppelt.

Dieser Beitrag von Martin Jendrischik ist zuerst erschienen in Photovoltaik 01/2021.

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