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Elektromobilität: Das gibt's Neues bei der Ladetechnik

Heiko Schwarzburger
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Jahrelang wurde die E-Mobilität beschworen wie ein ferner, unerreichbarer Mythos, die Utopie einer sauberen Welt schlechthin. Von „Zukunft“ war die Rede, von „zukunftsfähiger Technik“, doch die deutsche Automobilindustrie ließ die Hände im Schoß ruhen. Es genügte völlig, die Lobbyisten in Berlin und den Hauptstädten der Bundesländer reden zu lassen, Worte schützten vor Taten.

Zwei Faktoren zwingen Autobauer zum Handeln

Doch zwei Faktoren störten die trügerische Stille, die Lethargie, den Dornröschenschlaf der Autokonzerne: Sonnenstrom wurde immer preiswerter. Auf diese Weise wurde der Ladestrom für E-Autos unschlagbar günstig und das Geschäftsmodell der Sektorkopplung zwingt sich geradezu auf.

Und der zweite Faktor: Einige Unternehmen, meist Quereinsteiger (Tesla, BYD, E-Go, Streetscooter) oder kleinere Autohersteller aus Frankreich oder Japan, trieben ihre E-Modelle in den Markt. Sie investierten und überstanden die Durststrecke der Markteinführung, bis sie nun endlich ihre Technik, Modelle und Erfahrungen auf breiter Front ausrollen können.

Macron prescht mit Hilfsprogramm vor

Da waren selbst die Lobbyisten im Bundeswirtschaftsministerium zu Berlin sprachlos, als der französische Präsident Emmanuel Macron Ende Mai seinen Plan zur Coronahilfe für die schwer angeschlagene Autoindustrie präsentierte. Keine Abwrackprämie für stinkende Verbrenner, wie sie bereits Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) ventilierte, sondern ein milliardenschweres Hilfsprogramm für die E-Mobilität

Während die deutschen Autobauer noch an Prototypen basteln, hat ­Renault bereits ein ordentliches Angebot an Serienmodellen entwickelt, die seit Jahren erprobt und ziemlich preiswert sind. Über Nacht war damit die Abwrackprämie in Deutschland passé. Die Förderung für die E-Mobilität wurde verbessert, und endlich kam auch der leidliche Solardeckel vom Tisch.

Weil die weitere Kostensenkung in der Photovoltaik das Tor für die E-Mobilität weit aufgemacht hat, unterstützt durch öffentliche Bewegungen wie „Fridays for Future“. Nicht einmal die Coronakrise konnte diesen Trend zurückdrehen.

Warum diese Zusammenhänge hier, in einer Fachzeitschrift, noch einmal dargestellt werden, hat einen Grund: Sie sollen verdeutlichen, wie grundsätzlich sich der Wind gedreht hat. Für die E-Mobilität in Deutschland war 2020 ungefähr so wichtig wie das Jahr 2000 für die Photovoltaik. Damals wurde durch das EEG ein Rahmen aufgespannt, der einen ökonomischen Entwicklungspfad eröffnete. Dasselbe gilt nunmehr für solare Carports, für Ladetechnik und die E-Autos.

Und: Bei den Kunden – privaten oder Gewerbekunden – ist das Thema endlich angekommen. Sie fragen danach und kapieren schnell, dass Sonnenstrom und E-Mobilität nahezu symbiotisch zusammengehören. Ganz nebenbei erhält damit die Windkraft eine neue Dynamik, ebenso Wasserstoff als Speichergas für die sonnenschwachen Monate.

Komplette Vollversorgung mit Solarstrom

Installateure, die den Eigenverbrauch von Sonnenstrom in den Mittelpunkt ihres Angebots rücken, können ihren Kunden nun die komplette Vollversorgung – 100 Prozent Sektorkopplung – bieten. 

Rechnet man die bisherigen Ausgaben für Sprit, Durchsichten, Reparaturen und Plaketten ein, bietet die E-Mobilität den größten wirtschaftlichen Hebel überhaupt, um Sonnenstrom zu refinanzieren. Soll heißen: Die Kunden können am meisten sparen, wenn sie die E-Mobilität gleich mitdenken. Das ist sehr leicht zu verstehen: Das E-Auto oder die E-Flotte sind große Stromverbraucher, die mit ausreichend Solarflächen sehr wirtschaftlich versorgt werden können. 

Das gesamte elektrische System im Gebäude (Wechselrichter, Solarakku, E-Wärme, Netzanschluss) und am Gebäude (Solarmodule, Ladetechnik, solarer Carport) kann der Installateur aus einer Hand anbieten. Was liegt näher, als dem Solarkunden obendrein noch das E-Auto über den Tisch zu reichen?

Wie Installateure in den Handel einsteigen

Clevere Installateure werden in den Handel mit E-Autos einsteigen, entweder mit Dienstleistern wie Priocar AG aus Zülpich oder mit regionalen Partnern, etwa dem ebenso cleveren Autohändler nebenan. Da entstehen völlig neue Allianzen. Vielerorts kooperieren schon Heizungsbauer, Dachdeckerbetriebe und Fachinstallateure des E-Handwerks. Nun kommt die Mobilität hinzu – als natürliche, neue Produktgruppe für die Solarkunden. Weil es die Kunden wünschen.

Das spiegelt sich nicht nur bei den E-Autos wider, deren Modellvielfalt in diesem Jahr deutlich größer wurde. Auch bei den Systemen zur Ladung von Fahrzeugen hat sich vieles getan, ordnet sich der Markt neu und stellt sich auf Wachstum ein.

Im Mai stellten die Fachmesse Power2Drive und die photovoltaik die neue Marktübersicht zur Ladetechnik für die E-Mobilität vor. Rund 150 Produkte finden sich in der Übersicht, sowohl für AC- als auch für DC-Laden. Zudem sind rund 20 Fachhändler gelistet, ebenso die Anbieter von solaren Carports. Deutlich gewachsen sind in diesem Jahr auch die Angebote zu IT-Produkten rund um das Management von kommerziellen und (halb)öffentlichen Ladenetzen. Offenbar gewinnen auch sie an Bedeutung.

22 Kilowatt bei AC-Boxen

Der Trend bei den Wallboxen und Ladesäulen geht eindeutig hin zu höheren Ladeleistungen für die E-Fahrzeuge. Bei den AC-Geräten sind 22 Kilowatt mittlerweile Standard. Wallboxen mit weniger als elf Kilowatt werden zwar noch angeboten, befinden sich in den Sortimenten der Hersteller jedoch auf dem Rückzug. Zunehmend werden kombinierte Systeme entwickelt, die einphasig und dreiphasig laden.

Auch bei den DC-Ladesystemen geht es vor allem um höhere Ladeleistungen und damit kürzere Ladezeiten. Außerdem führen viele Anbieter, vor allem die international tätigen Unternehmen, ihre Produktplattformen für AC- und DC-Technik zusammen. Auf diese Weise mutiert die Ladestation zum Multitalent mit nahezu allen wichtigen Anschlussstandards: Typ 1 und Typ 2 (AC) sowie CCS1, CCS2 und Chademo (DC).

Die Schukosteckdose als Anschluss für den Ladevorgang wird nur noch von wenigen Anbietern unterstützt. Am Eigenheim für die übliche (und preiswerte) Schnarchladung lässt sie sich mit sehr geringem Aufwand installieren – wenn nicht bereits vorhanden.

Mehr DC-Schnelllader im Markt

Es fällt zudem ins Auge, dass die Zahl der gemeldeten Ladesäulen für DC-Schnellladung deutlich angestiegen ist. Hier liegt die Ladeleistung zwischen 50 und 500 Kilowatt, wobei die hohen Leistungen meist mit großen Stromspeichern als Containerlösung angeboten werden. 

Bei kommerziellen und öffentlichen Ladesystemen geht es vor allem darum, die Netzanschlüsse von kurzfristigen Spitzenleistungen zu entlasten. Deshalb wachsen diese Ladesysteme mit sehr leistungsfähigen Stromspeichern zusammen. Sie werden als kompakte oder geteilte Systeme an die Kunden ausgeliefert.

Wichtiges Augenmerk der Hersteller und Fachhändler liegt auf der möglichst einfachen Integration der Ladetechnik in die Hauselektrik oder Firmen­areale. Die Anbindung über verschiedene Kommunikationsstandards folgt der Entwicklung, wie sie die Solarbranche bereits bei Solarwechselrichtern und Speicherbatterien gesehen hat: Immer mehr Protokolle werden in die Systeme integriert, um sie weltweit problemlos implementieren zu können. 

Wachsende Funktionalität

Auf der IT-Seite wächst die Komplexität, die durch die Managementsysteme der Ladetechnik abgebildet wird. Die Vorgaben des Eichrechts und Standards für Bezahl- und Abrechnungssysteme finden ihren Niederschlag, ebenso dynamisches Lastmanagement und Zugriffsrechte für die Ladepunkte.

Bei den Bezahlsystemen zeichnet sich ab, dass die firmeneigenen Ladekarten an Bedeutung verlieren. Dagegen sind die üblichen EC-Karten und Kreditkarten auf dem Vormarsch. Der Kunde zahlt den Ladestrom, wie er im Supermarkt seine Einkäufe bezahlt. Sondersysteme mit firmeneigenen Karten erweisen sich bei der Internationalisierung als hinderlich. Nur große, international tätige Energieversorger können eigene Systeme und damit Preise durchsetzen.

Damit stehen dem Installateur für nahezu jeden Anwendungsfall die passenden Geräte und Systeme zur Verfügung – auch für gewerbliche Kunden oder Aufträge aus seiner Kommune. 

Wie bei den Komponenten der Photovoltaik und der Stromspeicher wird der Installateur seine bevorzugten Marken und Lieferanten finden, indem er interessante Produkte erprobt und die Lieferkonditionen vergleicht. So werden die Ladesysteme zur selbstverständlichen Produktgruppe in seinem Schauraum, um den solaren Eigenverbrauch seiner Kunden – privaten wie Gewerbekunden – zu maximieren.

Die aktuelle Marktübersicht zu den Ladesystemen, solaren Carports und Dienstleistungen rund um die E-Mobilität finden Sie hier:

Fronius: Beeindruckende E-Flotte und Ladeinfrastruktur

Die E-Fahrzeugflotte von Fronius in Österreich umfasst (Stand März 2020) 35 Firmenwagen und 24 Pool-Fahrzeuge. Mehrere Niederlassungen weltweit nutzen ebenfalls E-Fahrzeuge, die mit selbst erzeugtem Solarstrom laufen. Zusätzlich unterhält Fronius drei Wasserstoffautos. Sie werden mit solar erzeugtem Wasserstoff aus dem Fronius Solhub betankt. 

An den österreichischen Standorten können bereits 67 Mitarbeiter ihre privaten E-Autos aufladen. Sowohl die E-Firmenflotte als auch die privaten Autos der Mitarbeiter waren Teil einer Mobilitätsstudie. Sie lieferte wertvolle Daten zu den Ladeprofilen von 126 E-Autos und 23 unterschiedlichen Modellen. Das hilft Fronius beim weiteren Ausbau der Ladeinfrastruktur und der Entwicklung von Lösungen für die Kunden.

An den österreichischen Standorten von Fronius können bereits 67 Mitarbeiter ihre privaten E-Autos aufladen.

In Österreich stellt Fronius auf seinem Gelände 99 Ladepunkte mit 22 Kilowatt und sieben Ladepunkte mit 3,7 Kilowatt zur Verfügung. Diese Infrastruktur wird aktuell um zwei DC-Schnelllader mit 150 Kilowatt und 16 Ladepunkte mit 3,7 Kilowatt erweitert, um mit der wachsende E-Firmenflotte sowie dem Bedarf von Mitarbeitern und Besuchern Schritt zu halten. Zusätzlich gibt es Ladestationen für E-Bikes. Einige Niederlassungen, zum Beispiel in Deutschland, Schweiz, Großbritannien, Spanien, Frankreich und der Ukraine, verfügen ebenfalls über E-Ladepunkte. 

Zusätzlich steht mit dem Fronius Solhub in Thalheim bei Wels die erste Betankungsanlage mit grünem Wasserstoff zur Verfügung. Aufgrund der räumlichen Nähe der Standorte in Sattledt, Pettenbach, Wels, Steinhaus und Thalheim ist der Einsatz von E-Autos für diese kurzen und mittleren Strecken optimal. Fronius bietet den österreichischen Mitarbeitern Zugang zu E-Carsharing. Seit 2016 wird die Buchung eines Pool-Autos oder einer Mitfahrgelegenheit über eine Buchungsplattform organisiert. Im Jahr 2019 erfolgten knapp 6.000 Dienstfahrten mit strom- oder wasserstoffbetriebenen Pool-Fahrzeugen.

My-PV: Firmenfahrzeuge elektrisch versorgt

My-PV aus Österreich ist Pionier bei der Sektorenkopplung in der Wärmeversorgung. Die Produkte nutzen Sonnenstrom, um Warmwasser zu bereiten oder Räume zu beheizen. My-PV erprobt zudem die elektrische Mobilität. Seit 2019 sind zwei E-Autos im Unternehmen im Einsatz. Sie werden tagsüber mit dem Strom aus der fir­men­eigenen Photovoltaikanlage (21 Kilowatt) geladen.

Durch die beiden Elektrofahrzeuge stieg die Eigennutzung der selbst erzeugten Energie im letzten Jahr um 3.800 Kilowattstunden. 

Der Kia E-Niro mit einer Akkukapazität von 64 Kilowattstunden und 450 Kilometern Reichweite wurde im Mai 2019 angeschafft. Bis Jahresende hatte er rund 15.000 Kilometer auf dem Tacho. Bei einem realen Durchschnittsverbrauch von 15 Kilowattstunden auf 100 Kilometer ergibt sich ein Verbrauch von 2.250 Kilowattstunden. Umgerechnet auf fossilen Kraftstoff wären das 225 Liter oder 1,5 Liter je 100 Kilometer.

Bereits seit Januar 2019 ist der Nissan Leaf mit 40 Kilowattstunden im Akku im Einsatz. Er hat in den zwölf Monaten des Jahres rund 30.000 Kilometer zurückgelegt. Der Durchschnittsverbrauch lag im Sommer bei 13,5 Kilowattstunden je 100 Kilometer, im Winter bei 18 Kilowattstunden je 100 Kilometer. Dies ergibt einen Gesamtverbrauch von 4.800 Kilowattstunden.

Abgesehen vom Pendeln zum Arbeitsplatz wurde der Leaf nur sporadisch für private Fahrten verwendet und dadurch fast zur Gänze in der Firma geladen. Die Mitarbeiter halten das Fahrzeug für eine ausgezeichnete Wahl zum Pendeln. Zudem gibt es auch in Österreich steuerliche Anreize für Unternehmen, um E-Autos anzuschaffen (zum Beispiel die Berechtigung zum Abzug der Vorsteuer).

Der Kia E-Niro mit einer Akkukapazität von 64 Kilowattstunden und 450 Kilometern Reichweite wurde im Mai 2019 angeschafft.

Diese Daten belegen die fast vierfache Energieeffizienz gegenüber Verbrennungsmotoren. Sie wird erreicht die durch hohe Antriebseffizienz und die Rekuperation der Bremsenergie. Wartungskosten der Fahrzeuge sind im Betriebszeitraum ausschließlich für Verbrauchsmaterialien (Reifen, Scheibenreiniger) angefallen.

Als Ladesäule fungiert eine Keba P30 (C-Serie). Diese ist in der Lage, mit den Geräten von My-PV zu kommunizieren. Die E-Auto-Funktion des AC-Thor und der AC Elwa-E ermöglicht die Freigabe der Ladesäule, sobald ausreichend Überschussleistung aus der Photovoltaik zur Verfügung steht. 

Das My-PV-Gerät übernimmt somit nicht direkt die Leistungsregelung der Ladesäule, bindet diese aber ins Energiemanagement ein und gibt der Beladung des E-Autos mit überschüssigem Sonnenstrom den Vorrang vor der photovoltaischen Wärmeerzeugung im Firmengebäude.

Der Strombedarf der beiden Fahrzeuge von 7.050 Kilowattstunden im Jahr wurde zu 54 Prozent durch die Photovoltaikanlage gedeckt. Die fehlenden 46 Prozent wurden durch Grünstrom von der Oekostrom AG aus dem Stromnetz abgedeckt. Damit werden die Fahrzeuge (und natürlich auch das Werk) komplett emissionsfrei versorgt.

Dieser Beitrag von Heiko Schwarzburger ist zuerst erschienen in photovoltaik 07/2020.

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