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Neue BauPVO: Was die Baubranche jetzt wissen muss

Die Bauproduktenverordnung (BauPVO) ist seit Dezember 2024 zwar veröffentlicht, kann in weiten Teilen aber erst in Verbindung mit einer aktualisierten und harmonisierten Produktnorm angewendet werden. Auch wenn dies noch einige Zeit dauern wird, ist es ratsam, sich mit den gravierenden Änderungen im Detail zu beschäftigen, um die Konsequenzen für die Strategie und die operativen Abläufe im Unternehmen frühzeitig zu kennen und professionell vorzubereiten. Deshalb beantworten Rechtsanwalt Prof. Christian Niemöller, Rechtsanwältin Nina Harr und Michael Breckl-Stock als ausgewiesene Experten für Baurecht und die zugehörigen Nachweise, Prüfungen und Zertifikate die wichtigsten Fragen. Damit wollen ift Rosenheim und SMNG Klarheit und Verlässlichkeit in die laufende Diskussion bringen.

Das ift Rosenheim wird die weitere Entwicklung intensiv beobachten und weiter berichten. Bis zum Inkrafttreten der BauPVO in Verbindung mit der aktualisierten Produktnorm ist der umfangreiche Kommentar zur Produktnorm DIN EN 14351-1 für Fenster und Außentüren und für die bisher noch gültige BauPVO der ideale Praxis-Ratgeber für alle rechtlichen, technischen und normativen Fragen.

Warum wurde die BauPVO 2011 überarbeitet?

Prof. Christian Niemöller(SMNG): Die Erwägungsgründe zur BauPVO 2024 zeigen, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen in mancher Hinsicht für „unzureichend leistungsfähig“, also für wenig ausgereift erachtet wurden. Als defizitär eingeschätzt wurden insbesondere die Regelungen betreffend der Erarbeitung von Normen sowie der Marktüberwachung. Die EU-Kommission sah sich auch veranlasst, die rechtlichen Verpflichtungen der Wirtschaftsakteure an andere EU-Vorschriften anzupassen und in diesem Zuge sowohl den Kreis dieser Akteure als auch den Anwendungsbereich selbst zu erweitern, beispielsweise auf gebrauchte Bauprodukte oder digitale Komponenten. Auf diese Weise sollen insbesondere auch Nachhaltigkeits- und Umweltkriterien stärkere Berücksichtigung finden und die Digitalisierung des Bausektors vorangetrieben werden.

War die Überarbeitung aus Ihrer Sicht notwendig?

Michael Breckl-Stock: Die überwiegende Mehrheit der Baubeteiligten hätten sich sicherlich geringfügigere Korrekturen gewünscht – immerhin umfasst die BauPVO 2024 knapp 30 Artikel mehr als die ursprüngliche BauPVO 2011. Die umfangreichen Konsultationen im Vorfeld der Überarbeitung zeigen jedoch, dass die EU-Kommission hier eine andere Sichtweise vertritt. Nicht zuletzt durch Ergänzung neuer Eigenschaften und Anpassung an die bevorstehenden Herausforderungen im Bausektor in puncto Klimawandel, Klimaresilienz und Digitalisierung hat die Überarbeitung ihre Berechtigung.

Ist das „neue“ Regelwerk für die Baubranche noch verständlich, denn es ist doch deutlich umfangreicher als die „alte“ Fassung?

Nina Harr (SMNG): Persönlich habe ich da Bedenken, auch wenn der umfangreichere Text dem Willen geschuldet sein soll, die baurechtlichen Aspekte klarer und eindeutiger zu regeln Die Akzeptanz eines Regelwerkes lebt auch davon, dass sich der Nutzer schnell zurechtfindet und seine Pflichten einfach erkennen kann. Die Bereitschaft, sich mit „neuen“ Vorgaben zu beschäftigen, sinkt automatisch, wenn man die Wirtschafstakteure mit ausufernden Verpflichtungen „überfordert“, auch wenn dies aus einem guten Willen bzw. mit Blick auf ein lobenswertes Ziel erfolgt. Dennoch muss die Baubranche mit der aktuellen Fassung arbeiten, und das ift Rosenheim und wir von SMNG werden die Anwendung durch praxisgerechte Informationsangebote unterstützen.

Gelten sämtliche Regelungen der neuen BauPVO unmittelbar seit 07.01.2025 oder gibt es eine Übergangsfrist?

Prof. Christian Niemöller (SMNG): Für das Inkrafttreten gibt es eine zeitliche „Staffelung“. Die Artikel, die sich auf die Entwicklung harmonisierter Normen und Produktanforderungen beziehen, gelten bereits seit dem 07.01.2025. Die übrigen Vorschriften gelten ab dem 08.01.2026; bis dahin sollen die staatlichen Stellen die Voraussetzungen für eine praktische Umsetzung schaffen. Dies gilt insbesondere für die Regelungen zum digitalen Produktpass. Zudem gibt es noch eine Ausnahmeregelung bezüglich der Sanktionen, die die Mitgliedstaaten regeln müssen; diese Vorgabe muss erst bis zum 08.01.2027 erfüllt sein.

Was müssen die Hersteller von Fenstern und Türen jetzt schon beachten?

Michael Breckl-Stock: Für Bauprodukte und natürlich deren Hersteller wird die neue BauPVO verpflichtend, sobald es eine nach der neuen Verordnung überarbeitete und harmonisierte Produktnorm gibt und die dafür erwartete Koexistenzphase beendet ist. Für Fenster und Türen erwarten wir dies für das Jahr 2029. Bis dahin gelten die bekannten Verfahren der „alten“ BauPVO (305/2011) und die Regelungen der bisher harmonisierten Produktnormen weiter. Die Festlegungen der neuen BauPVO gelten daher noch nicht für Fenster, Außentüren, Fassaden oder auch Tore.

Für Hersteller, die europäische Bewertungsdokumente (EAD) und technische Bewertungen (ETA) verwenden, gelten jedoch deutlich kürzere Übergangsregelungen. So sind EAD, die im Amtsblatt der EU noch unter der „alten“ BauPVO veröffentlicht wurden, nach dem Datum der Anwendbarkeit, d. h. dem 08.01.2026, nur noch fünf Jahre gültig. Konkret sind diese EAD also noch maximal bis zum 09.01.2031 gültig. ETAs, die auf Basis solcher EAD ausgestellt wurden, können in den meisten Fällen bis zum 08.01.2036 als Grundlage für die CE-Kennzeichnung verwendet werden. Hier lohnt es sich jedoch im Vorfeld weiter ins Detail einzusteigen.

Gelten die BauPVO 2011 und die BauPVO 2024 parallel?

Michael Breckl-Stock: Nein, es gibt keine „Sowohl-als-auch“-Anwendung. Jedoch besteht die Möglichkeit, dass einzelne Produkte, wie z. B. Isolierglas oder bestimmte Beschläge, weiterhin nach der „alten“ BauPVO gekennzeichnet werden müssen, während Fenster und Türen nach Inkrafttreten der neuen Produktnorm nach den dann neuen Regeln zu kennzeichnen sind. Dieser Umstand liegt darin begründet, dass nicht alle Produktnormen zur gleichen Zeit überarbeitet werden können. So sind Fenster und Außentüren in der Priorität der zu überarbeitenden Produktnormen auf Position 4, direkt nach den Normen für Betonfertigteile, Baustahl und Bewehrungsstahl, während Vorhangfassaden zurzeit an Position 15 liegen und Glas an Position 28 steht. Hier gibt es Bestrebungen, eine sog. „Fast-Track“-Ausarbeitung zu starten, um auch bei Glas früher mit der Überarbeitung der Produktnorm beginnen zu können, jedoch liegt hierzu noch keine Entscheidung vor. Basis für die Festlegung der Prioritäten war eine Umfrage der Kommission bei den Mitgliedsstaaten, für welche Produkte im jeweiligen Land Anforderungen bestehen und wie die Priorität der Produkte dort eingeschätzt wird.

Sind die Normungsprozesse denn nicht sehr langwierig?

Prof. Christian Niemöller (SMNG): Natürlich dauern konsensbasierte Prozesse wie die Erstellung von Normen länger, aber wir müssen hier zwei Dinge unterscheiden: Wesentliches Problem waren bisher die unvollständigen, aber verpflichtenden Normungsaufträge der Kommission an CEN als zuständige Normungsorganisation. Diese Normungsaufträge werden nun sukzessive neu erstellt, wobei mit der Überarbeitung der Produktnorm für Fenster und Türen als vierte Produktgruppe zeitnah begonnen werden kann. Andererseits hat sich CEN verpflichtet, die neuen Normen in einem deutlich strafferen Zeitplan als bisher abzuliefern. Die Vorgabe der Kommission liegt trotz zusätzlicher Kontrollschritte bei ca. 36 Monaten! Unterstützend wurde eine Expertengruppe eingerichtet, um den Normungsprozess zu beschleunigen.

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