Direkt zum Inhalt
Anzeige
Anzeige
Anzeige
haustec.de
Das Fachportal für die Gebäudetechnik
Ad placeholder
Anzeige
haustec.de
Das Fachportal für die Gebäudetechnik
Ad placeholder
Print this page

Reklamationen vermeiden: So gelingt ein sicherer Schallschutz

Patrice Demmerlé und Andreas Engel
Symbol um den Artikel auf die Merkliste zu setzen

Zu sehr ziehen sich Handwerk und Industrie auf einschlägige Normenwerke zurück, ohne dabei die aktuelle Rechtsprechung im Auge zu behalten. Besteller von Bauleistungen müssen für ihre Ansprüche keine Kenntnisse von Schallgrenzwerten besitzen und können sich auf übliche Schallschutzstandards berufen. Wenn es in einer Wohnung hinterher lauter ist als erwartet und die akustischen Werte hinter den Anforderungen zurückbleiben, dann kann Mietminderung durch den Mieter und Minderung des Kaufpreises durch den Bauherrn einer Eigentumswohnung erfolgen. Reklamationen sind dann keine Seltenheit, denn mit den explodierenden Immobilienpreisen steigen auch die Ansprüche der Bauherren und deren Bereitschaft, ihre Rechte durchzusetzen.

Eindeutige Rechtsprechung

Das Oberlandesgericht (OLG) München hat in einem Urteil vom 19.05.2009 (BauR 2012.266) klargestellt, dass ein Bauherr nicht nur Anspruch auf die Einhaltung von Mindeststandards hat, sondern von einer Ausführung nach den anerkannten Regeln der Technik ausgehen darf. In seiner Begründung heißt es wörtlich: „Es kommt auf die berechtigten Erwartungen der Erwerber einer Wohnung an, die regelmäßig von einem üblichen Qualitäts- und Komfortstandard sowie der Einhaltung der anerkannten Regeln der Technik ausgehen dürfen. Im konkreten Fall vermitteln der aufwändig gestaltete Verkaufsprospekt und die umfangreiche Baubeschreibung den Eindruck einer soliden Ausstattung, die sogar gehobenen Ansprüchen gerecht wird. Hervorgehoben werden neben Parkettfußböden u. a. die Ruhe und der Komfort der attraktiven Wohnungen. Architektonische Details würden zusätzliche Lebensqualität schaffen. Hohe Ansprüche an die Wohnqualität würden erfüllt. Es kann deshalb nicht zweifelhaft sein, dass bei einem Erwerber die berechtigte Erwartung geweckt wurde, dass zumindest der übliche Komfortstandard eingehalten bzw. ein Zustand erreicht wird, in dem die Bewohner im Allgemeinen Ruhe finden.“

Dieser Rechtsprechung ist auch das Landgericht (LG) Landshut (AZ. 12 S 969/12 v. 31.08.2012) gefolgt, dass so wörtlich „der Schallschutz nicht ausreichend ist, wenn er bloß die Voraussetzungen der VDI-Richtlinie 4100 Schallschutzstufe II bzw. der DIN 4109 erfüllt.“ Das Landgericht verhandelte über ein Gebäude, dessen Errichtung im Jahr 2001 stattfand. Weiter führt es in seiner Begründung aus: „Das Berufungsgericht verkennt nicht, dass die DIN-Normen keine Rechtsnormen darstellen, sondern private technische Regelungen mit Empfehlungscharakter sind. Als maßgebend wird daher nicht angesehen, welche DIN-Norm gilt, sondern ob die Bauausführung zur Zeit der Abnahme den anerkannten Regeln der Technik entspricht. DIN-Normen wiederum können diese allgemein gültigen, anerkannten Regeln der Technik wiedergeben, können aber auch dahinter zurückbleiben. Letzteres dürfte sogar eher der Fall sein, weil die DIN-Normen oftmals hinter der technischen Entwicklung und den wissenschaftlichen Erkenntnissen, die sich in ständigem Fluss befinden, hinterherhinken.“Was hat denn nun Gültigkeit? Auch dazu liefert das LG Landshut Antworten: „Insoweit könnten aus den Regelwerken die Schallschutzstufen II und III der VDI-Richtlinie 4100 (…) oder das Beiblatt 2 zur DIN 4109 (Bild 1 in der Bildergalerie) Anhaltspunkte liefern.“

Lesen Sie hierzu: Wie laut darf es sein? Aktualisierter BWP-Ratgeber zum Thema Schallschutz.

Schutz der Gesundheit im Fokus

Menschen vor unzumutbaren und gesundheitsschädlichen Lärmbelästigungen zu schützen, ist weiterhin einer der Grundsätze der DIN 4109. Dabei wurde ein Mindeststandard zur Vermeidung von gesundheitlichen Beeinträchtigungen festgelegt. Für darüber hinausgehende Ansprüche an Wohnkomfort findet die VDI 4100 Anwendung. Nicht mehr zeitgemäß ist, dass nur die Schallbelastung durch eine angrenzende Wohneinheit betrachtet wird, wohingegen die Belastung durch im eigenen Bereich entstehende Geräusche (z. B. Toilettenspülung) kaum Beachtung finden. Die VDI 4100 setzt im eigenen Wohnbereich schalltechnische Grenzwerte fest. Hier sind höhere Schallpegel zugelassen als die durch den fremden Bereich erzeugten. Das ist praxisfremd, denn auch der durch den Mitbewohner erzeugte Schall einer Toilettenspülung stört den eigenen Schlaf.

Störender Schall wird zu Lärm. Lärm wiederum löst negative Emotionen aus. Häufigkeit und individuelle Störung dieser Lärmbelastung rufen vegetativ-hormonelle Reaktionen hervor. Bei andauernder Problematik können funktionale Störungen und langfristige Gesundheitsbeeinträchtigungen entstehen. In Wohnungen sollen sich Menschen wohlfühlen. Als persönliche Schutzbereiche sollen sie auch übliche Komfort- und Qualitätsansprüche erfüllen. Dazu gehört, Privatsphäre und Individualität angemessen zu verwirklichen.

Eben diese Aspekte wurden von den Gerichten und den Gesetzgebern berücksichtigt und bewertet. „Schutz der Gesundheit“ reicht heutzutage in aller Regel zur Erfüllung zeitgemäßer schallschutztechnischer Anforderungen nicht mehr aus. Die aktuellen Bedürfnisse der Menschen erfordern einen besseren Schallschutz im Hochbau mit einer neuen Qualität. Die gestiegenen Nutzererwartungen sind dabei eng an die allgemein verbesserte Bauweise von Gebäuden gekoppelt. Denn der immer besser abgeschirmte Außenlärm lässt Innengeräusche zunehmend in den akustischen Vordergrund und in das Bewusstsein der Bewohner treten.

Anzeige
haustec.de
Das Fachportal für die Gebäudetechnik
Ad placeholder