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Wie falsche Erdung zu Korrosion in Wasserrohren führt

Dr.-Ing. Bodo Appel
Bild 1: Strom in einem Heizungsrohr.

Wer kennt das nicht: Der Betreiber einer Liegenschaft ist verzweifelt, weil plötzlich vermehrt Wasser aus Rohrflanschen austritt. Zunächst steht das Wasser selber im Verdacht, aber die chemische Analyse ergibt keine Auffälligkeiten. Auch die mechanische Ausführung der Rohrverbindungen erweist sich als fachgerecht. Dennoch läuft Wasser aus.

In der Regel bekommt der Installateur das Problem und oft auch die Haftung zugewiesen. Damit hat er zwei Punkte zu bearbeiten: die Reparatur und die Ursachensuche. In den meisten Fällen liegt es aber gar nicht an der Ausführung oder der Wasserqualität, sondern an der Elektrizität!

Ursachen für Probleme mit der Erdung

Dass Strom und Wasser sich nicht gut vertragen, ist allgemein bekannt. Aber wieso sollte Strom in Rohren fließen, dafür gibt es doch Kabel – oder nicht? Wenn ein Stromnetz korrekt aufgebaut ist, fließt der Strom auch nur in den dafür vorgesehenen Leitungen. Stromnetze müssen aber aus Sicherheitsgründen geerdet werden, das bedeutet, es gibt elektrische Verbindungen zu metallischen Gebäudeteilen, also auch Rohren.

Um die Erdung zu erwirken, wird der sogenannte Neutralleiter (er führt den Strom von den Verbrauchern zurück zum Hausanschluss) mit dem Potenzialausgleich und den Erdungsleitungen verbunden.

Da vorschriftsgemäß auch Rohre aus Metall in den Potenzialausgleich eingebunden sein müssen (also Verbindungen zu den Erdungsleitungen haben) kann der Rückstrom vom Verbraucher einen zusätzlichen Weg nehmen.

Das wusste man natürlich auch schon bei der Erstellung der Sicherheitsnormen, und das Verschleppen von elektrischem Strom auf Rohrleitungen ist auch keineswegs vorgesehen. Um dies zu verhindern, macht man sich die Eigenschaft zunutze, dass Strom nur fließen kann, wenn es einen geschlossenen Stromkreis gibt. Ist ein Stromkreis offen, sieht der Strom quasi eine „Sackgasse“ und kann nicht fließen.

In der Praxis erreicht man das, indem das elektrische Netz im Gebäude nur an einer einzigen Stelle geerdet werden darf. Beschrieben ist dies in der Norm DIN VDE 0100 444 2010.

Die Praxis

Solange eine elektrische Anlage gemäß dieser Norm korrekt errichtet wurde, werden keine Probleme und auch keine Rohrkorrosion auftreten. In der Praxis zeigt sich aber, dass insbesondere Anlagen aus der Zeit vor Inkrafttreten der Norm im Jahr 2010 Mehrfacherdungen aufweisen. Aber auch Neuanlagen sind oft fehlerhaft ausgeführt oder es sind an bisher korrekten Anlagen nachträglich zusätzliche Erdungen eingebaut worden. Manchmal geschieht dies versteckt durch N-PE-Brücken in Maschinen. Die Folge sind dann Ströme auf Rohrleitungen und damit die Korrosion.

Bild 2 zeigt einen typischen Fall aus der Praxis. Die Hauptverbindung zwischen N- und PE-Schiene führt über 13 A. Dieser Strom vagabundiert durch sämtliche leitfähigen Gebäudeteile. Hierzu zählen alle am Potenzialausgleichs- und Schutzleitersystem angeschlossenen Verbindungen, auch Gas- und Wasserleitungen.

Zu beachten ist dabei, dass Oberschwingungen (Frequenzen größer als 50 Hz Netzfrequenz) das Problem verschärfen, da sie die Geschwindigkeit der Korrosion zusätzlich noch erhöhen. Bei korrektem TN-S-Netz (5-Leiter) läge dieser Strom nur im Milliamperebereich und könnte keine Schäden bewirken.

Der Strom wird in alle leitfähigen Teile des Gebäudes verschleppt, so auch in Heizungsrohre. Bild 1 zeigt einen typischen Fall: Es fließt Strom in einem Heizungsrohr. Dies führt speziell an Flanschen und Verschraubungsstellen zu Korrosion, je nach Stromhöhe kann die Verbindung innerhalb von Monaten bis Wochen undicht werden.

Bild 3 zeigt Strom in einem Rohr aus V-Material in einem Hightech-Betrieb, die dadurch verursachten Undichtigkeiten führten zum Abtropfen von Wasser in eine Reinraumproduktion mit Schäden im sechsstelligen Eurobereich.

Bild 4 zeigt die Wellenform des Stroms in einem Rohr. Wichtig zu verstehen ist, dass der Effektivwert (hier 298 Milliampere) nur einen Teil der Störgröße darstellt, viel wichtiger ist der Stromwert von positiver Spitze zu negativer Spitze (hier 1,23 A). Eine einfache Messung mit einer Stromzange zeigt diesen Spitze-Spitze-Wert nicht an, somit erkennt man damit nicht, wie groß das Korrosionspotenzial wirklich ist. Das bedeutet, die Korrosionswirkung ist viel höher, als man der Strommessung nach zunächst glauben würde.

Erst die Darstellung mittels Oszilloskop zeigt das volle Ausmaß. Zusätzlich erhält der Messtechniker damit aber auch eine Information über die Störverursacher, denn die Wellenform verrät, welche Maschinen bzw. Hauptverbraucher den größten Störstrom erzeugen.

Gefahr von Personenschäden

Neben den zunächst einmal finanziellen Folgen von Feuchtigkeitsschäden besteht aber je nach Medium in den Rohren auch Gefahr für Leib und Leben.

In Bild 5 fließt Strom auf einem Rohr mit Propangas, es liegen Ex-Bedingungen vor. Wenn in dieser explosionsgefährdeten Umgebung durch den Strom ein Zündfunke durch metallischen Kontakt eines leitfähigen Teils zum Rohr entsteht (z. B. Rohr verläuft durch Gitterboden wie in Bild 3) kann es zur Verpuffung oder gar Explosion kommen.

Was kann man tun?

Die Aufgabenstellung besteht nun in der Suche der Störverursacher, der Ausbreitungswege der Ströme und eines Anlagenumbaus möglichst auf ein TN-S-Netz (5-Leiter).

Um die genannten Probleme zu beheben, muss dazu das Netz analysiert werden. Dies betrifft die Struktur der Stromversorgungsanlagen, dazu gehören auch Messungen der Stromwege. Es stellen sich folgende Fragen:

  • An welchen Stellen der Anlage treten die Korrosionen auf?
  • Welche Ströme fließen wo entlang?
  • Ist die Netzform EMV-gerecht und gemäß DIN VDE 0100 444 2010 ausgeführt?
  • Ist ein zentraler Erdungspunkt vorhanden?
  • Ist er wirksam?
  • Wo liegen ggf. zusätzliche Erdungsbrücken?
  • Gibt es darüber hinaus magnetische bzw. induktive Einstreuungen?

Messtechnisch bedarf es neben empfindlichen sogenannten Leckstromzangen (typische, normale Stromzangen für große Ströme eignen sich nicht) noch tragbarer Oszilloskoptechnik mit dazu passenden Wandlerzangen sowie einer Feldsonde, um magnetisch eingekoppelte Ströme zu finden.

 

Dieser Artikel von Bodo Appel ist zuerst erschienen in SBZ Ausgabe: 01-2018.

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