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Stromspeicher: VRF-Technologie als Alternative zu Lithiumsystemen

Michael Peither
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Die selbst produzierte Solarenergie rund um die Uhr nutzen – und zwar auch dann, wenn die Sonne gerade nicht scheint: Immer mehr Privathaushalte setzen auf Stromspeicher, um überschüssigen Strom aus der hauseigenen Photovoltaikanlage für den späteren Verbrauch zu speichern und sich so autarker vom Energiemarkt zu machen.

Die Nachfrage ist in den vergangenen Jahren derart gestiegen, dass mittlerweile jede zweite Photovoltaikanlage zusammen mit einem Stromspeicher installiert wird. Es sind in Deutschland bereits über 100.000 Stromspeicher in Privathaushalten installiert  – so viele wie in keinem anderen Land der Welt.

Lithium dominiert den Markt

Mehr als 40 Anbieter konkurrieren in Deutschland auf dem aufstrebenden Heimspeichermarkt und sorgen so für sinkende Preise, die eine Speicheranschaffung zunehmend lukrativer machen. Doch entgegen dieser für Endkunden vorteilhaften Anbietervielfalt herrscht in puncto Technologieangebot kaum Auswahlmöglichkeit.

98%  aller Heimspeichersysteme, die 2017 installiert wurden, basieren auf der Lithium-Ionen-Technologie. Noch vor vier Jahren teilten sich lithium- und bleibasierte Systeme den Heimspeichermarkt. Aufgrund der geringeren Lebensdauer und höheren Selbstentladung konnten sich Bleispeicher nicht gegen Lithiumsysteme durchsetzen.

Die Folge: Anders als bei technologischen Produkten wie Smartphones mit Android und iOS, Autos mit Benzin-, Hybrid- oder Elektromotoren oder Fernsehern mit LCD- oder OLED-Displays haben Endkunden bei Heimspeichern keine Wahl: Lithiumsysteme sind derzeit die einzige Technologieoption.

Immer mehr Lithium: Der Anteil der neuen Installationen bei Heimspeichern seit 2013.Daten: Speichermonitoring 2017 der RHTW Aachen.

Dabei mangelt es nicht an alternativen Verfahren. Im Gegenteil: Im Großspeichersegment kommen vielfältige Technologien zum Einsatz, die teilweise seit Jahrzehnten unter Beweis stellen, dass Energiespeicherung auf verschiedene Weise erfolgreich realisiert werden kann.

Die Herausforderung besteht vielmehr darin, alternative Technologien so für den Heimspeichermarkt weiterzuentwickeln, dass sie preiswert, effizient und praktikabel sind. Anforderungen, die nur durch innovative Ansätze erfüllt werden können und in der Vergangenheit zahlreiche ambitionierte Versuche scheitern ließen.

Flussbatterie als Heimspeicher

Dies galt bis dato auch für die Speichertechnologie Vanadium-Redox-Flow, kurz VRF. Bislang kam die VRF-Technologie ausschließlich im Großspeichersegment zur Speicherung von Wind- und Sonnenenergie zum Einsatz – und hat sich im Bereich elektrochemischer Speichermethoden seit Jahren als veritable Alternative zur Lithium-Ionen-Technologie etabliert.

So wurde im Sommer 2017 am Fraunhofer-Institut im süddeutschen Pfinztal die größte Batterie Europas in Betrieb genommen – auf Basis der VRF-Technologie. Die größte VRF-Batterie der Welt wird aktuell in Japan betrieben und weist eine Speicherkapazität von 60 Megawattstunden auf. Mehr als 13 Mal so viel Kapazität sieht der aktuelle Bau eines VRF-Großspeichers in China vor. Nach Fertigstellung wird dies die größte Batterie der Welt sein und pro Tag über 100.000 Menschen mit Strom versorgen.

Das Beispiel zeigt: Die Vanadium-Redox-Flow-Technologie ist eine wettbewerbsfähige und technisch sinnvolle Alternative und hat daher in den vergangenen Jahren bei der Planung von Großspeichern nicht selten den Vorzug gegenüber anderen Technologien – auch der Lithium-Ionen-Technologie – erhalten. Dies prädestiniert Vanadium-Redox-Flow auch für den kleindimensionierten Einsatz im stationären Bereich.

Der Everflow scheitert

Versuche einer Einführung in den Heimspeichermarkt hingegen sind lange Zeit gescheitert. Erst 2016 hatte die Schmid Group den Versuch unternommen, ein VRF-basiertes Heimspeichersystem, den Everflow, in den Markt zu bringen. Die Anschaffungskosten waren jedoch derart hoch, dass eine erfolgreiche Etablierung im preissensitiven Massenmarkt nicht realisierbar war. Der Grund dafür lag in der ausschließlich manuell durchführbaren Produktion von VRF-Batteriestacks. Dies verhinderte, dass VRF-Batterien in hoher Stückzahl preiswert gefertigt wurden und so den Heimspeichermarkt erobern konnten.

Ein innovativer Fertigungsansatz der Firma Voltstorage aus München überwindet nun diese Herausforderung: Statt der seit Jahrzehnten gängigen manuellen Stackfertigung hat das Unternehmen ein zum Patent angemeldetes Verfahren entwickelt, das eine vollautomatisierte Produktion von VRF-Batteriestacks ermöglicht. Dadurch ist nun erstmals eine kostengünstige Massenfertigung von VRF-Batterien möglich und somit auch eine erfolgversprechende Einführung in den Heimspeichermarkt.

Nach der gescheiterten Marktdurchsetzung von Bleisystemen hat mit der VRF-Technologie erstmals wieder ein Speicherverfahren die Chance, sich als Lithiumalternative erfolgreich am Heimspeichermarkt zu etablieren.

So funktioniert die VRF-Technologie

Im Gegensatz zu herkömmlichen Verfahren setzt die VRF-Technologie auf eine vanadiumbasierte Elekrolytflüssigkeit als Hauptenergieträger. Vanadium ist ein Übergangsmetall, das neben der Stromspeicherung zur Härtung von Metallen (etwa in der Automobilindustrie) oder zur Steigerung der UV-Undurchlässigkeit von Glas verwendet wird.

Der Vanadium-Elektrolyt fließt in zwei getrennten Kreisläufen mit unterschiedlichen Oxidationsstufen durch Batteriezellen, die aus zwei Halbzellen bestehen. Mehrere Batteriezellen aufeinander geschichtet bilden dabei den Batteriestack. Sobald dem Stack elektrische Energie zugeführt wird, kommt es in den Batteriezellen zu zwei Umwandlungsprozessen: Durch die Wanderung frei werdender Elektronen und positiver Ausgleichsionen zwischen den Halbzellen erfolgt in der negativen Halbzelle eine Reduktion und in der positiven Halbzelle eine Oxidation des Elektrolyts.

Daher die Bezeichung „Redox“, die sich aus Reduktion und Oxidation zusammensetzt. Bei der Entladung kehrt sich dieser Prozess wieder um. Elektrische Energie wird somit in einer 220 Liter umfassenden Elekrolytflüssigkeit chemisch gespeichert. Der Vanadium-Elektrolyt wird dabei aus zwei Flüssigkeitstanks über ein Rohrsystem in die Batteriezellen gepumpt, um den zuvor beschriebenen Prozess in Gang zu setzen. Dies begründet auch die Bezeichung „Flow“, die den Fluss des Vanadium-Elektrolyts beschreibt.

Vorteile bei der Sicherheit

Die VRF-Technologie bietet mehrere Vorteile für den Heimspeichereinsatz: So gewährleisten VRF-basierte Systeme ein Höchstmaß an Betriebssicherheit, da die Elektrolytflüssigkeit zu 100 Prozent nicht entflammbar ist und sich somit besonders für den Einsatz in sensitiven Umgebungen wie etwa Privathaushalten eignet.

Der flüssige Elektrolyt ist auch der Grund für die hohe Langlebigkeit von VRF-Speichern, da dadurch eine Dendritenbildung ausgeschlossen werden kann, die sonst für viele elektrochemische Verfahren typisch ist und mittelfristig Kapazitätsverluste mit sich bringt.

VRF-Systeme können daher unendlich oft be- und entladen werden, ohne an Kapazität zu verlieren – ein absolutes Alleinstellungsmerkmal im Heimspeichermarkt. Darüber hinaus weist das in der Elektrolytflüssigkeit gelöste Vanadium eine hohe Recyclingfähigkeit auf.

Nach elektrochemischer Oxidation muss das Elektrolyt lediglich auf 70 Grad Celsius erhitzt werden, damit das gelöste Vanadiumpentoxid absorbiert und für künftige Speichergenerationen wiederverwendet werden kann – ein nicht zu unterschätzender Aspekt im Kontext globaler Ressourcensicherheit und Preisstabilität.

Der Theorie folgt der Praxisbeweis – die Firma Voltstorage bietet seit Sommer 2018 einen Solarstromspeicher auf Basis der VRF-Technologie als Heimspeicher an.

Der Heimspeicher in der Praxis

Der Voltstorage Smart orientiert sich mit einer Speicherkapazität von 6,8 Kilowattstunden und zwei Kilowatt Leistung an Standardlastprofilen für Privathaushalte und ist speziell für die wirtschaftliche Eigenverbrauchsoptimierung ausgelegt. Der Solarstromspeicher des Münchner Unternehmens ist mit einem LCOS, neudeutsch für Levelized Cost of Storage, von rund zehn Cent pro Kilowattstunde eine der derzeit kosteneffizientesten Speicherlösungen für Privathaushalte im europäischen Markt.

Eine mittlerweile durch viele Anbieter gestützte Entwicklung im Heimspeichermarkt besteht im Zusammenschluss mehrerer Einzelsysteme zu einem virtuellen Großspeicher. Ziel ist es dabei, zusätzliche Netzdienstleistungen zur Verfügung zu stellen, wie etwa die Bereitstellung von Regelleistung: Nicht benötigte Speicherkapazitäten (beziehungsweise Leistung) werden genutzt, um überschüssigen Strom aus dem öffentlichen Netz zu entnehmen und bei Bedarf wieder einzuspeisen. So lässt sich nicht nur eine nachhaltige Monetarisierung des Heimspeichersystems erzielen, sondern auch ein Beitrag zur Stabilität der Stromnetze liefern.

Perspektiven für die VRF-Technologie

Der Nachteil von zusätzlichen Netzdienstleistungen für Heimspeicher besteht jedoch darin, dass sich die Zahl der Be- und Entladungen stark erhöht und damit die zyklenabhängige Lebensdauer des Gesamtsystems verringert wird. VRF-Systeme bieten dagegen den Vorteil, dass sie beliebig oft be- und entladen werden können, ohne an Kapazität – und damit an Lebensdauer – zu verlieren. Aus diesem Grund eignet sich die Vanadium-Redox-Flow-Speichertechnologie bestens für die Erbringung zusätzlicher Netzdienstleistungen.

Aus technologischer und fertigungstechnischer Sicht sind die Chancen für eine erfolgreiche Heimspeicher-Einführung der VRF-Technologie so groß wie noch nie. Und damit auch die Wahrscheinlichkeit, die beinahe übermächtige Lithiumdominanz im Heimspeichermarkt durch die Etablierung einer leistungsstarken Technologiealternative zu überwinden. Denn nur wer Alternativen hat, hat letztlich auch eine Wahl.

Dieser Artikel von Michael Peither ist zuerst erschienen in photovoltaik Ausgabe 09-2018. Michael Peither ist Gründer und Chief Technology Officer der Voltstorage GmbH.

Zu dritt geht vieles leichter: das Gründerteam aus München um Michael Peither (Mitte).

Interview: „Ein Pumpentausch kostet gut 100 Euro“

Redox-Flow-Speicher sind nicht ohne, beispielsweise verschleißen Umwälzpumpen mit der Zeit, je länger sie den Elektrolyt befördern. Wie lange halten sie ihrer Erfahrung nach?

Michael Peither: Bisher kam es weder im normalen Betrieb noch in unseren Langzeittests zu einem Ausfall des Pumpsystems. Dies liegt auch daran, dass die Pumpen nicht mehr als 20 Prozent der Betriebszeit im Einsatz sind und somit keiner konstanten Dauerbelastung ausgesetzt sind.

Zudem handelt es sich um magnetgelagerte Pumpen, die im Vergleich zu anderen Pumpsystemen eine höhere Lebensdauer aufweisen und keine regelmäßige Wartung benötigen. Daher gehen wir von einer Laufzeit von mindestens zehn Jahren aus.

Was kostet ein Tausch?

Ein Austausch würde aktuell zwischen 100 und 130 Euro kosten. Bei einer weiter ansteigenden Speicherproduktion und entsprechend höheren Einkaufsmengen mechanischer Komponenten sind jedoch mittelfristig niedrigere Ersatzkosten für das Pumpsystem zu erwarten.

Wie schnell kann sich der Speicher an Lastveränderungen des Haushalts anpassen?

Betrachtet man das Gesamtsystem, liegt die Reaktionszeit bei ein bis zwei Sekunden, bis die Strombedarfsmessung des im Sicherungskasten verbauten Energy Meters durch den integrierten Batteriewechselrichter verarbeitet wird. Das Batteriesystem an sich reagiert äußerst schnell auf Lastveränderungen. Hier liegen wir bei einer Reaktionszeit von rund 50 Millisekunden.

Welche Leistung kann maximal abgerufen werden?

Unser aktuell verfügbares Speichersystem liefert eine Maximalleistung von 2,2 Kilowatt. Das deckt den absoluten Großteil des Leistungsbedarfs eines durchschnittlichen Haushalts ab. Bei einem höheren Leistungsbedarf besteht jedoch stets die Möglichkeit einer Kaskadierung, sprich einer Installation von zwei oder mehr Speichersystemen, die in Reihe geschaltet werden.

Wir weisen jedoch stets darauf hin, dass mehr Leistung – und damit auch höhere Anschaffungskosten – nicht immer notwendig ist. Dies gilt auch im Falle einer Nutzung des Speichersystems in Kombination mit einer E-Ladestelle für das heimische E-Auto.

Worauf ist zu achten?

Hier gilt es, genauer hinzuschauen, was die Ladeleistung, das Ladeverhalten und den Ladebedarf anbelangt, bevor man sich für eine Leistungserhöhung des Speichersystems entscheidet.

Daher prüfen wir gemeinsam mit unseren Kunden, inwieweit eine Erhöhung der Gesamtleistung Sinn macht, um ein Gesamtsystem anbieten zu können, das zu den Haushalts- und E-Mobilitätsbedürfnissen passt.

Welchen Wirkungsgrad hat Ihre verwendete Leistungselektronik bei 500 Watt, welchen energetischen Wirkungsgrad hat die Batterie?

Unsere aktuell verwendete Leistungselektronik weist in diesem Leistungsbereich einen Wirkungsgrad von 92 Prozent auf. Wir entwickeln jedoch bereits eine eigens auf Redox-Flow-Systeme zugeschnittene Leistungselektronik mit dem Ziel, höhere Wirkungsgrade zu erreichen – insbesondere im unteren Leistungsspektrum.

Der Wirkungsgrad unseres Batteriesystems liegt bei knapp 84 Prozent. Durch die Entwicklung effizienterer Ladelogiken, die über automatische und kostenfreie Software-Updates auch für bereits installierte Systeme zur Verfügung stehen werden, werden wir kurz- bis mittelfristig höhere Wirkungsgrade erzielen können.

Wie hoch ist der Eigenverbrauch des Speichersystems im Stand-by-Betrieb?

Der Stromverbrauch im Stand-by-Betrieb liegt bei lediglich fünf Watt.

Die Fragen stellte  Redakteur Niels H. Petersen von der Fachzeitschrift Photovoltaik.

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