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Odyssee im Solarausbau: Was zwei Kunden bei Solar-Systemanbietern passierte

Dittmar Koop

„Mit sonnigen Grüßen“ unterschriebene Schreiben, früher im Brief, heute in der E-Mail, ist eine alteingesessene, fast rituelle Schlussformel in der Kommunikation der Solarszene. Manchem klingt es aber auch fast wie Hohn in den Ohren. Der Solarstromausbau in Deutschland boomt und der Wettbewerb zwischen Systemanbietern um den lukrativen Markt Eigenheimer ist groß. Halten sie das, was sie versprechen? Zwei Praxisbeispiele liefern Anlass für berechtigte Zweifel und decken große strukturelle Probleme auf.

„Vollintegrierte Energielösungen“, „Persönlich vor Ort“, „Rundum-sorglos-Paket“, „13.000 zufriedene Kunden“. Das sind Schlagworte, mit denen die Energiekonzepte Deutschland (EKD) auf ihrer Homepage für sich als PV-Systemanbieter neue Kunden wirbt. Mindestens zwei sind bis heute mit den Leistungen der EKD und der Art und Weise, wie mit ihnen bis heute umgegangen wurde, nicht zufrieden. Die Schilderungen bzw. Dokumentationen liegen vor.

Zwei Fälle unzufriedener Solarkunden

Daniel Meier (Namen geändert, die Namen sind der Redaktion bekannt) erhielt Ende März 2023 von der Energiekonzepte Deutschland eine Auftragsbestätigung über eine PV-Anlage mit einer Leistung von 8kWp (inkl. Montagesystem und Installation), DC-Montage (bis zum Speicher und Wechselrichter), Elektroinstallation und AC-Montage, einen Batteriespeicher (11,5 kWh) plus Technikpaket sowie die Anmeldung beim Netzbetreiber, diverse weitere Einzelposten (z.B. Statikbericht für die Unterkonstruktion der PV-Anlage, Garantieverlängerung für die PV-Module, Fernwartung, Wärmebild-Analyse PV-Anlage, Gerüstpauschale, u. a.). Insgesamt handelt es sich um ein Auftragsvolumen von rund 31.000 Euro. 

Fall 2, Peter Müller, bestellte ein vom versprochenen Lieferumfang her einer schlüsselfertigen Lösung identisches Gesamtpaket wie Meier, mit etwas anderen Leistungen zwar (z.B. 10 kWp PV), aber im Übrigen absolut vergleichbar sonst der Auftrag an EKD. Hier wurden die Paneele im Februar 2023 geliefert und im gleichen Monat noch installiert. Es erfolgte eine Abzeichnung über Erhalt des Materials sowie der DC-Montage. Der Speicher wurde erst einmal im Keller gelagert.

So werden die Kosten für die Solaranlage abgerechnet

Bei beiden war der Abrechnungsmodus gleich: Die erste Teilrechnung erfolgt nach Lieferung und Montage der PV-Module sowie Fertigstellung der DC-Montage, abzgl. schon erfolgter Vorkasse bzw. Abschlagszahlungen. Das war bereits der Löwenanteil der Gesamtrechnung. Die Schlussrechnung sollte dann nach Lieferung und Montage des Speichers und Anschluss der Elektroinstallation (AC-Montage) sowie finaler Inbetriebnahme im Kontext mit dem zuständigen Netzbetreiber erfolgen, nach der unterschriebenen Schlussabnahme, womit die beiden Kunden der EKD ihr finales "Okay"  geben würden.

Vom Grundsatz her ist diese Geschäftsvereinbarung nicht verwerflich. Die Kunden unterschreiben aus freien Stücken die Konditionen, außerdem gehen Unternehmen wie die EKD oder auch kleinere PV-Unternehmen ja selbst in die Vorleistung bei den Materialkosten. Der Hase liegt allerdings im Pfeffer, wenn der beschriebene Teil 2 des Gesamtpakets dann nicht erfolgt bzw. sich verzögert. Die Module liegen zwar schon auf dem Dach, aber sie produzieren keinen Strom, sondern nur jede Menge Kunden-Ärger. Die Gründe sind - wohl nicht nur in diesen beiden Fällen - vielfältig.

Goldgräberstimmung in der Solarbranche

Es trifft auf eine Zeit in Goldgräberstimmung. Die Solarbranche boomt in Deutschland. Im vergangenen Jahr wurde laut Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) soviel PV zugebaut wie noch nie – und zwar in allen Bereichen (Private Eigentümer, Gewerbe, Freiflächenanlagen). Insgesamt rund 14 GW. Eine Steigerung gegenüber 2022 um 85%. Für 2024 rechnet die Branche mit einer anhaltend hohen Nachfrage. Nach der Materialknappheit und den Lieferschwierigkeiten in 2022 zeichnet sich nun als Problem immer mehr die begrenzten Umsetzungskapazitäten des Handwerks ab. 

So wollen Großanbieter ihre Aufträge beim Kunden wie versprochen im angekündigten Zeitfenster umsetzen und auf der Suche nach ausführenden Akteuren "nimmt man manchmal jeden". Das sorgt im glimpflichen Fall für Unmut, im schlimmsten für installationstechnische Fehler, die von den Kunden als Laie ggf. nicht sofort oder überhaupt nicht erkannt werden. Allerdings soll der Kunde eine Abnahme unterzeichnen, die ihm für mindestens 20 Jahre Laufzeit ein funktionierendes Gerät verspricht. Wird dann mehrfach fehlerhaft installiert, schaden solcheVorgänge dem Image der gesamten Branche.

Ein Muster deutet sich an

Vorgänge wie sie die EKD-Kunden Meier und Müller durchleiden mussten, ereignen sich häufiger und es lassen sich diese Muster erkennen: 

  • Montagen erfolgen zeitlich nicht wie angekündigt, sondern verspätet
  • hinsichtlich der handwerklichen Qualifikation mindestens fragwürdige Unterauftragnehmer führen die Installation durch
  • bereits auftretende erste Fehler müssen mühselig reklamiert werden, wobei daraufhin lange Zeit nichts geschieht
  • Projektstockungen von bis zu 9 Monaten, ohne dass auf Kundennachfragen reagiert wird  - oder wenn nur sehr verzögert 

Zuständigkeiten werden zwischen den einzelnen beteiligten Firmen hin- und hergeschoben, was neben dem erheblichen Zeitaufwand, sich als Kunde mit einem ärgerlich stockenden Projekt zu beschäftigen und bestellte Leistungen einzufordern, Nerven kostet und zu Frustrationen führt - bis hin zu einer gefühlten Ohnmächtigkeit und Hilflosigkeit, in eine Endlosschleife geraten zu sein. Teilweise mündet die Angelegenheit sogar in die Bereitschaft , die Rückabwicklung des Auftrags zu fordern und/oder auf Kostenersatz zu klagen.

Die Knappheit an Fachkräften in allen Bereichen des Handwerks führt bei den Partnerfirmen der Systemanbieter überdies dazu, dass diese zunächst erst einmal ihre eigenen Aufträge erledigen, um wirtschaftlich arbeiten zu können. Aufträge von z.B. EKD werden dann erst einmal zurückgestellt, auch, weil man als Subunternehmer in Vorkasse geht.

Peter Müller hatte übrigens vor der Beauftragung der EKD namhafte regionale Unternehmen aus der Solarbranche bzgl. eines Komplettangebots angefragt. Von ihnen erhielt er damals Absagen mit der Begründung: Man sei überlastet oder auch: man sei in seinem Vertriebs-Gebiet noch nicht vertreten. Es bleibt leider jedem Anbieter selbst überlassen, dafür zu sorgen, dass er das, was er seinem Kunden vertraglich versprochen und zugesagt hat, dann auch hält. Dem Kunden selbst bleibt indes nichts anderes übrig, als darauf zu vertrauen, dass er Produkt und Leistung, für die er bezahlt hat, dann auch wie vereinbart erhält.

Der Kunde ist der Dumme

Mittlerweile war es bei Peter Müller Mitte November 2023 geworden und die Anlage lief noch immer nicht. Die erste Teilzahlung allerdings i. H. v. ca. 28.000 Euro wurde pünktlich Ende April in Rechnung gestellt und von ihm bezahlt. Im Verkaufsgespräch wurden ihm für die Zeitspanne von der Auftragserteilung („Deine PV-Anlage in 20 Schritten“, Schritt 5) bis zur DC-Montage der PV-Anlage (Schritt 11) 4 bis 8 Wochen in Aussicht gestellt, bis zur AC-Montage inkl. Probelauf (Schritt 14) sollten es 10 Wochen sein.

Nicht nur, dass bereits erhebliches Geld geflossen war für eine Anlage, die monatelang funktionsuntüchtig ist – Peter Müller hätte gerne schon im Sommer/Herbst 2023 Strom erzeugt, er hätte fremdbezogenen Strom gespart und ggf. anfallenden Überschuss-Strom ins Netz eingespeist und dafür eine Vergütung erhalten. Das fiel nun leider aus – verbunden mit der Ungewissheit, ob die Anlage überhaupt jemals funktionieren würde und falls ja, ab wann. Dem Kunden Daniel Meier erging es ebenso, er erlebte eine ähnliche Odyssee mit der EKD. 

So sieht es zur Zeit bei den Solarkunden aus

Anfang Dezember erhielt unser Autor dann per Mail die erlösende Botschaft von Daniel Meier, dass dier von ihm so bezeichnete „Odyssee mit EKD“ nun ein Ende fände. Es gab Ende November einen finalen Handwerkertermin, der den Fehler behob, der beim ersten Inbetriebnahmeversuch im Oktober entstand, als ein „systemunkundiger“ Installateur die Anlage falsch angeschlossen hatte. Mit EKD einigte Meier sich am Ende „nach einiger Diskussion“ auf eine Gutschrift in Höhe von 1.000 Euro als Entschädigung für die entgangene Eigenstromproduktion, plus entgangener Einspeisevergütung. Stand Anfang Dezember fehlte dann allerdings noch der Einspeisevertrag. Bei Peter Müller hingegen ist es Ende Januar 2024 noch immer ungewiss, ob es von Seiten der EKD zu einer abschließenden Erfüllung des Auftrags kommen wird. Mittlerweile hat er einen Rechtsanwalt eingeschaltet.

Es tritt hervor, dass es neben einem grundsätzlichen Mangel an Fachkräften einen harten Wettbewerb um vorhandene gibt. Wobei das Wort „Fachkraft“ in der Not manchmal auch zu schnell vergeben wird.

Eine traurige Reflexion

Am nun greifbaren Ende einer bis dahin nervenaufreibenden Odysee reflektiert Daniel Meier die Angelegenheit für sich so: „Natürlich kann man alles vorher lesen und verstehen. Aber der Ottonormalverbraucher blendet viele dieser Punkte aus. Erstens ist er zum Verständnis bereit, dass eine Lieferkette an einer Stelle nicht funktionieren kann. Geschenkt, dann kommt das Teil eben „etwas” später. Oder ein Handwerker kann zum Termin einmal nicht verfügbar sein. Geschenkt, dann kommt er eben „etwas “ später zu einem neuen Termin“, resümiert er und sagt weiter: „Was der Verbraucher sich aber nicht vorstellt ist, dass viele dieser Ereignisse zusammen eintreten, dass sie sich während des Prozessablaufes wiederholen und dass er keine Chance hat, einen qualifizierten Einspruch an eine kompetente und entscheidungsbefugte Person zu richten. Was er nicht erahnt ist, dass die übergroße Anzahl der PV-Anlagen, die verkauft werden, eben nur durch sogenannte Partner installiert werden können. Die Zentrale achtet auf die schnelle Auslieferung und schafft es gerade noch, die PV-Module aufs Dach zu bringen. Danach wird gemäß Vertrag die Zwischenrechnung gestellt. Diese macht ca. 90% des für die gesamte Anlage vereinbarten Preises aus. D. h. ein Unternehmen wie die EKD hat seinen Einsatz refinanziert und die kalkulierte Marge vereinnahmt. Die restlichen ca. 10% werden nach AC-Installation und Übergabe an den Kunden durch die Partnerfirma fällig.“

Fazit: Verlässlichkeit ist ein hohes Gut

Sicher kann unter und von PV-Systemanbietern aktuell viel erklärt und Ursachen angeführt werden, die verständlich wirken (lesen Sie dazu auch unseren Beitrag „Solaranlage nicht fertig gestellt: Warum es zu hohen Verzugszeiten kommen kann“). Allerdings wäre verkürzt, es dann dabei zu belassen. Es gibt auch die unternehmerische Verantwortung: Trotz angespannter Wettbewerbssituation und Perspektive auf wachsenden Umsatz ist es angezeigt, Aufträge nur dann anzunehmen, wenn man sie auch sicher erfüllen kann. Und eben nicht darauf zu spekulieren, dass es „irgendwie“ im System Sub/Sub/Subunternehmen schon funktionieren wird. 

Zuverlässigkeit ist ein hohes Gut, das man sich privat und auch in der Wirtschaft erarbeiten muss, das aber auch genauso schnell wieder verspielt werden kann. Die allgemein übliche Argumentation des Einzelfalls zieht hier nicht, wenn fragwürdiges Agieren wie hier zu einem Muster wird. Bei allem Solarboom in Deutschland - es muss darauf geachtet werden, dass „Mit sonnigen Grüßen“ nicht zu einer Phrase wird.

Dittmar Koop ist Journalist für erneuerbare Energien und Energieeffizienz.

„Achten Sie auf bestimmte Punkte im Kaufvertrag“

Daniel Meier (Name redaktionell verändert) gibt aufgrund seiner Erfahrungen mit EKD weitere persönliche Empfehlungen, die aus seinen Erfahrungen resultieren und die wir für substanziell halten sie zu bringen. Nachfolgend seine Empfehlungen im Zitat:

„1. Lassen Sie unbedingt einen Fertigstellungstermin eintragen! Den können Sie nämlich als Vertragsbruch einklagen.

2. Lassen Sie sich die für Sie zuständigen Partnerbetriebe benennen. Achten Sie darauf, dass es sich um in der Handwerkskammer eingetragene schon länger existierende Fachbetriebe handelt und nicht in Schnellkursen durch die Agentur für Arbeit oder Integrationskursen qualifizierte Firmen handelt.

3. Achten Sie darauf, dass diese Betriebe für Sie erreichbar sind und Ihnen zugesagt ein Fachmann oder Entscheider namentlich zur Verfügung steht. Denn wenn Sie nur eine Servicehotline benannt bekommen, sind Sie verloren. Ihr Verkäufer ist auch keine Lösung. Er ist Angestellter des Anbieters und wird diesen nicht mit einer wirksamen Kritik Ihrerseits überziehen. Er wird Ihre Nummer schnell sperren.“

Wir empfehlen Ihnen hier ausdrücklich den Ratgeber unserer Schwesterredaktion photovoltaik "222 Praxistipps für Autarkie". Ihn gibt es kostenfrei zum Download unter: https://www.photovoltaik.eu/b2c-ratgeber-2024

Zur Lage im Solarmarkt und vielen Themen rund um das Solarfachhandwerk, Steckersolar, Elektromobilität und mehr, sprechen wir mit pv-Chefredakteur Heiko Schwarzburger in diesem Video:

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