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Mikrowechselrichter: Wenn die Elektronik im Modulrahmen sitzt

Heiko Schwarzburger
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Auf der Intersolar Europe Mitte Juni in München traten neue Anbieter von Mikrowechselrichtern auf, auch wenn diese Technik eine Nische bleibt. Neues hatte bis auf Enphase Energy niemand zu bieten. Und Enphase brachte den IQ8 nach Europa, der seit Längerem in den USA erhältlich ist.

Eine Idee stach jedoch heraus. Der Wechselrichterzwerg von Solarnative passt nämlich in den Modulrahmen. Damit wird die Materialschlacht bei den Mikrowechselrichtern beendet. Denn bislang sind ausnahmslos alle Wechselrichter fürs Solarmodul recht klobig.

Moderne Mikrowechselrichter: Vom klobigen Design zur schlanken Innovation 

Sie ans Modul zu bringen, ist umständlich und ein Stück weit riskant. Denn die Abwärme der Geräte kann die Rückseite der Module erwärmen, meist eine Folie. Bei Balkonanlagen – die derzeit das Segment der Kleinstinverter dominieren – werden die Geräte nicht selten unsachgemäß von Laien installiert.

CTO von Solarnative ist Henk Oldenkamp. Als er vor vier oder fünf Jahren beim PV-Symposium in Bad Staffelstein den Powerstick für den Modulrahmen ankündigte, ging die Idee ein wenig unter. Nun sind die kompakten Mikrowechselrichter erhältlich. Eine Fabrik wurde gebaut und die Massenfertigung gestartet.

Julian Mattheis präsentiert die Platine des Powerstick.

Ein Blick hinter die Kulissen 

Die Fachzeitschrift photovoltaik durfte schon vor der diesjährigen Intersolar ins Labor von Solarnative schauen und den neuen Powerstick begutachten. Schnell wurde klar: Das Entwicklerteam um den Niederländer Oldenkamp weiß, was es tut. Unter den Elektronikfreaks unserer Branche ist der Mann ohnehin kein unbeschriebenes Blatt.

Schon 1984 begann er mit Leistungselektronik für Windgeneratoren. „1992 bin ich auf Photovoltaik umgestiegen und habe begonnen, Solarwechselrichter zu entwickeln“, erinnert er sich im Gespräch in Lohfelden. 1994 präsentierte er bei einem Kongress auf Hawaii den frühen Prototyp eines Solarinverters. Ab 1995 wurden solche Wechselrichter in Serie hergestellt, vornehmlich für die Stromversorgung von Mobilfunkmasten. „2002 war das Jahr, als sich alles änderte“, erzählt der Experte. „Damals galt die Photovoltaik bei uns in den Niederlanden als tot.“

Oldenkamp ist ein unaufgeregter, ruhiger Typ, der seine Expertise nicht vor sich herträgt. Im Gespräch wird seine wichtigste Eigenschaft deutlich: Er ist zäh, lässt sich nicht so schnell entmutigen. „Ich habe dann meine Solarwechselrichter weiterentwickelt und meine Firma OKE an SMA verkauft“, berichtet er. „Das war 2009. Damals haben wir für SMA den Mikrowechselrichter SB-24 für den US-Markt entwickelt.“

Diese Entwicklung – SMA war damit einer der ersten Player im sehr jungen Segment der Mikrowechselrichter – endete Anfang 2015 mit dem Tod von SMA-Gründer Günter Cramer. Oldenkamp verließ SMA, widmete sich fortan seinem Powerstick. „Das ist die nächste Generation der Mikrowechselrichter mit hoch integrierten ASICs.“

Erfinder allein machen keine Industrie, dafür fehlt ihnen oft das kaufmännische Geschick. Oldenkamp hatte das Glück, dass ihm Dr. Julian Mattheis begegnete. Mattheis arbeitete damals für Heraeus, war dort Business Scout und suchte nach aussichtsreichen Ideen für Module Level Power Elektronics, so der Fachbegriff für DC-Optimierer und Mikrowechselrichter. „Henk war anderen Ansätzen weit voraus“, resümiert Mattheis, heute CEO von Solarnative und kaufmännischer Kopf der Unternehmung. „Ich war sofort von der Idee überzeugt.“

Julian Mattheis bringt eigene Erfahrungen aus der Solarbranche ein. Denn vor seinem Job bei Heraeus hatte er in einem Ingenieurbüro Modulfabriken konzipiert. Mit Startkapital und einer cleveren Idee ausgestattet, traten Oldenkamp und Mattheis mit dem neuen Powerstick erstmals 2022 zur Intersolar auf (siehe photovoltaik 06/2022, Seite 44). Nun, ein Jahr später, ist das Produkt endlich verfügbar.

Eine Fabrik in Hofheim

In Lohfelden befinden sich das Elektroniklabor, die Softwareentwicklung, eine mechanische Werkstatt für Gehäuse und Stecker (3-D-Drucker) sowie ein Bestückungsautomat und eine Lötkammer, die aus Platzgründen in Container ausgelagert sind. Bis Ende 2023 werden hier rund 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das Produkt verfeinern.

Bestückungsautomat für die Platinenentwicklung im Labor in Lohfelden.

In Hofheim wurde zwischenzeitlich die Massenfertigung an den Start gebracht, mit der Platinenbestückung, der Verkabelung und der Endmontage. Diese Fabrik innerhalb eines Jahres angesichts des gravierenden Mangels an Mikrochips zum Laufen zu bringen, ist eigentlich eine Story für sich. Der Powerstick von Solarnative dürfte den Modulanschluss generell revolutionieren. Fortan bleibt der Mikrowechselrichter unsichtbar, denn er verschwindet im Modulrahmen. Der metallische Rahmen wird Teil der Kühlfläche. 

Unter der Platine des Powerstick klebt eine Metallfläche, die sich faktisch an den Rahmen schmiegt. Der schlanke Wechselrichterzwerg leistet 350 Watt (AC), man kann damit Module bis 440 Watt (DC) anschließen. „Bei Anlagen bis fünf oder sechs Kilowatt sind wir damit günstiger, weil Planung und Installation viel einfacher werden“, rechnet Julian Mattheis vor. „Bis zehn oder 15 Kilowatt können wir gut mit den üblichen Stringwechselrichtern mithalten.“Der große Vorteil: AC-Module brauchen keine Rücksicht mehr auf Ausrichtung, Dachneigung oder teilweise Verschattung zu nehmen. Vor dem Mikrowechselrichter sind alle gleich. Bei größeren Anlagen wird man hingegen keine Mikrowechselrichter einbauen, dort ist das Konzept der DC-Strings (mit oder ohne DC-Optimierer) und Stringwechselrichter überlegen.

Die Leistungschips (ASICs) bestehen aus Siliziumkarbid (SiC). „Die Chips aus SiC sind billiger geworden“, erklärt der Elektronikexperte. „Sie sind sehr robust gegen höhere Temperaturen und höhere Spannungen, besser als Siliziumdioden.“Zudem muss niemand mehr DC-Kabel stecken oder crimpen, das erledigen die Modulhersteller in ihrer Fertigung gleich mit.

„Man sollte die Modulrahmen etwas adaptieren“, meint Henk Oldenkamp. „Dann kann man den Powerstick in den Rahmen einklinken, alle Kabel werden im Rahmen geführt, auch der AC-Anschluss. “Die DC-Verkabelung wird seitlich aus dem Powerstick geführt, deshalb ist der Anschluss an die Module mit sehr kurzen Kabeln möglich. Bei separater Montage auf dem Dach werden die DC-Kabel mit MC4 angeschlossen. Erste Gespräche mit namhaften Modulherstellern laufen bereits. Die Powersticks für Balkonmodule werden bereits ausgeliefert. Geräte für Dachanlagen, die der Installateur mittels Montageplatte am Modul montiert, sollen frühestens im vierten Quartal verfügbar sein.

Henk Oldenkamp (links) und Julian Mattheis sind ein gutes Team.

Mikrowechselrichter: Die Vorteile einer schnelleren Taktung

Besonderes Augenmerk hat das Entwicklerteam um CTO Oldenkamp auf die Induktivitäten des Powerstick gelegt. Der winzige Wechselrichter arbeitet mit hohen Spannungen und einer Betriebsfrequenz von einem Megahertz – 20 Mal schneller als konventionelle Mikrowechselrichter. Die HF-Trafos muss man speziell wickeln, wie Oldenkamp erläutert. Solche speziellen Bauteile kann man nicht von der Stange kaufen. Also wurden ein Prozess und Vorrichtungen entwickelt, um die HF-Bauteile massenhaft zu fertigen. „Um 2024 rund 200.000 Powersticks zu produzieren, darf die Herstellung eines HF-Trafos nicht länger als eine Minute dauern“, rechnet Oldenkamp vor. Ursprünglich wurde der Powerstick für Standardzellen entwickelt. Mittlerweile wurde er auch für Halbzellen und größere Waferformate adaptiert. Er kann bis zu 20 Ampere Eingangsstrom verarbeiten.

Die Leiterplatte ist lediglich 21 Millimeter breit und 0,2 Millimeter dick. Sie trägt insgesamt 150 Bauteile, ist also sehr dicht gepackt. Jeder Powerstick wiegt je nach Ausführung zwischen 350 und 450 Gramm. Das entspricht einer Leistungsdichte von 1,54 Kilogramm pro Liter. Solche Werte erreichen normalerweise nur sehr große Wechselrichter. Das ist wichtig, wie Julian Mattheis anmerkt, denn: „Auf einer Europalette können wir ein Megawatt stapeln.“ Den ersten Schritt, um die Powersticks massenhaft in den Markt zu bringen, hat Solarnative bereits getan. Zunächst geht es um die Ausstattung von Balkonmodulen. Platzhirsch ist der chinesische Anbieter Hoymiles, dessen Mikrowechselrichter der traditionellen Bauweise folgen. Nach dem Einstieg mit Großkunden für Balkonsysteme will sich Solarnative aber auch und vor allem den Installateuren öffnen. „Unsere Powersticks sind auch für Solarzäune oder Fassaden geeignet“, meint Julian Mattheis. „Das ist die Domäne der Fachinstallateure. Man wird sehen, ob sie die Powersticks freihändig installieren oder vorkonfektionierte Module nutzen.“

Mikrowechselrichter für Dächer: Optimale Lösungen für Dachinstallationen

In naher Zukunft wird Solarnative spezielle Produkte für die Installateure anbieten, um den Anschluss größerer Anlagen zu vereinfachen. Bei Balkonanlagen werden bis zu vier Powersticks über ein Mikrogateway verbunden, die Stromstärke ist auf sechs Ampere (AC) begrenzt. Bei größeren Anlagen werden ein Dutzend Mikrowechselrichter verbunden, um maximal 20 Ampere Stromstärke zu erreichen (4,6 Kilowatt). Die Kommunikation erfolgt über Powerline im AC-Kabel. Das Monitoring der Anlagen erfolgt über das intelligente Gateway („Intelligate“) und eine Cloud-Lösung. DC-Überspannungsschutz und NA-Schutz sind integriert. Solarnative gibt eine Herstellergarantie von 25 Jahren.

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