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Sicherheit von Bauelementen: Warum noch viel Aufklärungsarbeit notwendig ist

Alexander Dupp führt in seinem technischen Entwicklungs- und Leistungszentrum für Fenster, Türen, Tore und Rollläden regelmäßig Prüfungen zur Sicherheit von Bauelementen durch. Außerdem ist er im In- und Ausland gefragt als Sachverständiger für Schadensgutachten und Entwicklungsaufträge. Die GLASWELT-Redaktion interviewte ihn zum Thema Gebäudesicherheit.

GLASWELT:  Herr Dupp, Ihr ganzes Handeln dreht sich um sichere Bauelemente. Nach der letzten Kriminalstatistik des Bundesinnenministeriums sind die Einbruchzahlen in Deutschland aber erneut deutlich gesunken. Geht Ihnen bald die Arbeit aus?

Alexander Dupp:  Uns geht die Arbeit nicht aus! Viele unserer Kunden sind in der Weiterentwicklung für die Klassen RC 2, RC 3, RC 4 und dies aber auch unter dem Gesichtspunkt neuer Materialien und verschiedener Materialkombinationen. Gerade in diesem Bereich ist unsere Projektarbeit deutlich angestiegen.

Sie sind als Sachverständiger unterwegs und beurteilen Einbruchsschäden, Sie nehmen Prüfungen an Fenstern und Türen, Toren und Rollläden vor und beraten Fensterbauer bei der Konstruktion von sicheren Bauelementen. Was ist die größte Herausforderung für Sie?

Alle Themenbereiche, die Sie oben anschneiden sind Herausforderungen für uns. Bei der Beurteilung von Einbruchschäden können wir immer wieder jede Menge über die Vorgehensweise der Einbrecher hinzulernen. Interessant ist es bei manchen Vergleichsprüfungen zu sehen, was an Sicherheitsstufe deklariert wird und was das Element tatsächlich kann.

Hier zeigt sich oft der Unterschied zwischen einem Probekörper, der für eine Erstprüfung hergestellt wurde, und einem Element aus der späteren Serienproduktion.

Was aber mit Sicherheit die wichtigste Herausforderung ist, wenn wir eine einbruchhemmende Konstruktion so weiterentwickeln, damit sie zum einen nachhaltig ist, dauerhaft funktioniert und natürlich auch hoch wirksam ist.

Sie haben eine Dependance in Sylt etabliert. Geht es auf der Insel um die Absicherung der Immobilien vor unbefugtem Zutritt oder ist hier Ihre Kompetenz als Sachverständiger unter Berücksichtigung der besonderen Witterungsverhältnisse gefragt?

Sylt ist für uns ein sehr gutes Standbein. Es geht hier zum einen um die Absicherung verschiedenster Liegenschaften. Es geht aber auch darum, außerhalb einbruchhemmender Maßnahmen Fenster- und Türkonstruktionen im eingebauten Zustand so zu ertüchtigen, dass die dortigen Witterungsverhältnisse der Konstruktion nahezu nichts ausmachen.

Vor kurzen haben Sie die Aussage getätigt, dass ein qualitativ hochwertig gearbeitetes Holzfenster beim Versuch des Aufhebelns eine höhere Stabilität aufweist, als ein baugleiches mit anderem Rahmenmaterial. Heißt das, dass Fenster aus Holz die sichereren Fenster sind? Es gibt doch auch RC 3 Fenster aus Kunststoff…

 Nach unseren Erfahrungen weist ein Holz- oder Holz-Alufenster aus Hartholz in der Widerstandsklasse RC 3 eine höhere Stabilität auf, als ein Fenster aus einem anderen Werkstoff. Selbstverständlich gilt aber auch ein Prüfnachweis bei Fenstern mit anderen Werkstoffen. Jedes Rahmenmaterial hat Stärken und Schwächen sowie seine Marktberechtigung.

Sie zerstören im Kundenauftrag jährlich viele Bauelemente in Ihrem technischen Entwicklungs- und Leistungszentrum – kurz TELZ. Wo liegen die Schwachpunkte bei den Fenstern, Türen und Schiebeelementen?

Schwachstellen stellen wir immer wieder bei Verglasungsanbindungen fest. Oftmals werden die Untergründe nicht ausreichend vorbereitet oder es wird zu wenig Klebstoff eingebracht. Eine weitere Schwachstelle sind die Ver­bindungen von Verbundsicherheitsglasscheiben zum Randverbund. Bei Kunststofffenstern ist die Eckfestigkeit häufiger ein Problem.

Eine Schwachstelle bei Holzfenstern sind die Verschraubungen der Beschläge: Bei Probekörpern wird im Einzelnen vorgebohrt, in der späteren Serienfertigung werden Verschraubungen ohne Vorbohren, gegebenenfalls Schrauben mit Bohrspitze eingesetzt. Die Schraube hat somit oft nicht die Möglichkeit, sauber und satt im Holz zu sitzen, es ist zu viel Faserquetschung vorhanden.

 Was haben Sie im Zusammenhang einer Systemprüfung anzumerken?

Viele Systemprüfungen werden von einzelnen Betrieben erworben. Es erfolgt ein Tagesworkshop, eine Schulung und man fühlt sich dann in die Lage versetzt, RC 2, ja sogar RC 3-Fenster herzustellen. Besser wäre es, wenn alle Mitarbeiter des Betriebes für das Thema Sicherheit und die wichtigen Randparameter geschult werden.

Viel zu oft stellt man fest, dass die System­nehmer die Prüfzeugnisse und die damit einhergehenden Vorschriften nicht vollumfänglich kennen. Häufig müssen wir feststellen, dass Zusatzbauteile wie Rollladenaufsatzkästen geliefert und montiert wurden, die aber in der Systemprüfung gar nicht enthalten sind.

Gleiches gilt bei bodentiefen Elementen für die flachen Schwellen. Hier gibt es ITTs auf dem Markt, die umfassend und gut sind. Bei manchen ITTs werden diese Parameter aber nicht mit abgeprüft. Die Betriebe bauen sie aber trotzdem mit ein und kennzeichnen dann beispielsweise RC 2 und RC 3.

Fenster können nur ein Zertifikat im Sinne der DIN EN 1627 erhalten, wenn die Elemente zerstört wurden. Lässt sich die einbruchhemmende Wirkung auch durch einheitliche Konstruktionsmerkmale definieren, sodass eine Überprüfung durch Zerstörung überflüssig wird?

Das ist bereits heute schon so. Wenn man eine einbruchhemmende Prüfung plant, sollte man vorher seinen Leistungskatalog genau definieren. Anschließend wird festgelegt, wie die Probekörper aussehen müssen. Im Anschluss erfolgen durch uns sowie unseren Kooperationspartner das ift Rosenheim weitere Prüfungen in unserem TELZ in Weroth.

Was war aus das sicherste Fenster, dass Sie bisher geprüft ­haben?

Das sicherste Fenster, was wir je geprüft haben, war ein Festteil, welches als Füllungsteil geplant war, die Klasse RC 3 erreichen sollte und im Umkehrschluss so gut gebaut war, dass es auch die Prüfung der Klasse RC 6 bestanden hätte.

Es gibt zwei wichtige Normen, mit denen der Einbruchschutz deklariert wird. Die DIN EN 1627-1630 und die DIN 18104, die die einbruchhemmende Nachrüstprodukte für Fenster und Türen beschreibt. Weiß die Branche und auch der Endkunde die unterschiedlichen Normbereiche immer zu differenzieren?

Hier ist noch viel Aufklärungsarbeit notwendig! Die Fachleute wissen, dass die DIN 18104-1 für den Nachrüstmarkt im Bereich der aufschraubbaren Produkte gültig ist und Teil 2 Anforderungen für im Falz verdeckt liegende Nachrüst­produkte deklariert.

Wir erleben es aber immer wieder, dass in Ausschreibungen in diversen ­Angebotstexten die Begrifflichkeit in Anlehnung an RC 2 verwendet wird, in Anlehnung an ­DIN 18104 Teil 2 oder auch 18104 Teil 1. Hier stellt sich die Frage, wie ist die Anlehnung definiert?

Das Schlimmste ist, dass eine vertraglich geschuldete Leistung, die dann zu erbringen ist, technisch gar nicht erfüllt werden kann und somit die Gefahr besteht, dass der Werkslohnanspruch verlorengeht.

Gibt es bei der Nachrüstung auch Klassifizierungen ähnlich wie bei der DIN EN 1627 mit den verschiedenen Schutzstufen RC 1N – RC 6?

Bei der Nachrüstung gibt es die Klassifizierung nicht. Bei unseren Bauteilprüfungen verwenden wir Werkzeuge aus der Normenreihe für den manuellen Angriff. Die dann ermittelte fiktive Einbruchszeit führen wir in unserer Stellung­nahme im Gutachten auf. Der Kunde hat abschließend die Möglichkeit abzuschätzen, wie gut sein Bauteil im Verhältnis zu einer Neuinstallation wäre.

Die Fragen stellte Chefredakteur Daniel Mund. Dieser Artikel ist zuerst erschienen in GLASWELT Ausgabe 9 / 2020.

Alexander Dupp ist Tischlermeister und Bachelor Professional im Tischlerhandwerk, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger und Sachkundiger für kraftbetätigte Türen und Tore.

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