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Pelletkrimi in Österreich: Gab es 2022 ein Pelletkartell und Preisabsprachen?

Dittmar Koop

Im Oktober 2022 führte die österreichische Bundeswettbewerbsbehörde Hausdurchsuchungen in der österreichischen Pelletsbranche durch. Es gab den Verdacht von Preisabsprachen, Kundenaufteilungen sowie Absprachen über den Absatz von Pellets. Was war los im Nachbarland?

Hintergrund: Österreichische Pelletpreise in 2022

Wie stellte sich die Preis-Situation auf dem österreichischen Pelletmarkt dar? Der Preis lag im Dezember 2021 noch bei 26,49 ct/kg, eine Tonne Pellets kostete also rund 265 €/t. Bis März 2022 entwickelte er sich weiter nach oben auf 306 €/t. Was dann folgte, rief letztendlich die BWB auf den Plan. 

Bis Mai 2022 war der Preis weiter gestiegen (rund 336 €/t), danach schoss er auf rund 634 €/t im Peak bis Oktober in die Höhe, um danach im gleichen Tempo wieder hinunter zu rauschen, wenn auch das Ausgangsniveau vor dem Preissprung nicht wieder erreicht wurde. In Deutschland war der Preis zum selben Zeitpunkt sogar noch höher. Im September 2022 wurde im Bundesdurchschnitt der Wert von 763,76 €/t erreicht, wenn 6t abgenommen würden. Ein astronomischer, nie dagewesener Preis.

Auslöser der Ermittlungen waren sprunghafte Preissteigerungen in der zweiten Jahreshälfte 2022 in Österreich, die in der Spitze zu einem Preis von über 600 €/t führten. Der Preisabfall war danach ähnlich rasant.

Kartellverdacht: Ermittlungsverfahren eingeleitet

Der Vorwurf, dem sich die österreichische Pelletbranche nun ausgesetzt sah, war der Verdacht auf Preisabsprachen innerhalb der Branche, die zu den hohen Preisen geführt hätten. Die BWB leitete schließlich Ermittlungen gegen die österreichische Pelletbranche einwegen des Verdachts auf kartellrechtswidrige Verhaltensweisen.

Warum das? Laut des vorliegenden Abschlussberichts der BWB, der seit November 2023 vorliegt, war die Ausgangslage, zu ermitteln begründet. Im Bericht heißt es:

„Bei der BWB gingen seit Anfang Februar 2022 insgesamt 94 Beschwerden aus dem gesamten Bundesgebiet Österreich zu verschiedenen, mutmaßlich kartellrechtswidrigen Verhaltensweisen ein. Neben den massiven Preissteigerungen wurde in den Beschwerden geschildert, dass es zunehmend schwieriger sei, Pellets überhaupt zu bekommen, da Pellethändler vorwiegend an Stammkunden und nur in Ausnahmefällen an andere Kunden Holzpellets verkaufen würden. Zudem würden viele Händler mit der Begründung von Liefer-, Kapazitäts- und Lagerengpässen nur überlange Lieferzeiten anbieten und dies nur zu dem bei der Lieferung aktuellen Tagespreis. Es wurden vielfach dahinterliegende Vereinbarungen zwischen Unternehmen vermutet.“

Die österreichische Arbeiterkammer (AK), die sich als Vertreterin von 4 Mio. Arbeitnehmern versteht, stellte der BWB Daten zur Verfügung, die im Rahmen der Beobachtung und Erhebung der Verkaufspreise von Pellets in einigen Bundesländern in den letzten Jahren gesammelt wurden und leitete neun anonymisierte Konsumentenbeschwerden weiter, die inhaltlich im Wesentlichen gleich mit jenen waren, die direkt bei der BWB eingegangen waren.

Die AK übermittelte der BWB auch eigene Untersuchungen, die zu dem Ergebnis kamen, dass die Argumentation der Pelletbranche bzgl. der Gründe für die enorme Preissteigerung und des knappen Angebotes nicht nachvollziehbar sei, in der Hauptsache mit den Auswirkungen des Ukraine-Kriegs.

Führte der Schreck über die Ermittlungen zum Preisrückgang?

Die BWB führte aufgrund mehrerer Beschlüsse des Oberlandesgerichts (OLG) Wien (das OLG Wien ist das Kartellgericht) am 18. und 19.10.2022 dann Hausdurchsuchungen bei einer Reihe von Unternehmen und auch beim Branchenverband proPellets Austria durch. Laut BWB wurde u. a. eine umfangreiche Menge an Daten sichergestellt und Daten von Mobiltelefonen ausgewertet. Außerdem wurden Eingaben von 8 Whistleblowern geprüft.

Im November dieses Jahres stellte die BWB dann nach einem Jahr Überprüfung schließlich das Verfahren ein. „Der Verdacht auf koordinierte kartellrechtswidrige Verhaltensweise hat sich im Ergebnis nicht gerichtsfest erhärtet“, resümiert die BWB.

Allerdings konnte sich die Behörde eine spitze Bemerkung in echtem Behördenjargon nicht verkneifen: „Die Lage in Bezug auf die Pelletpreise und die Verfügbarkeit von Pellets entspannte sich ab Herbst 2022. Die BWB führte zu diesem Zeitpunkt Hausdurchsuchungen beim Verband proPellets und bei mehreren Standorten bei Pelletsunternehmen in drei Bundesländern durch. Untersuchungen der BWB haben regelmäßig eine Signalwirkung in den untersuchten Märkten.“ 

Auch der milde Winter und ein Sinken anderer Energiepreise hätten ab Herbst 2022 zu einer Entspannung der Preissituation für Kunden beigetragen. Tatsächlich folgt die BWB der Argumentation der Branche, dass die exorbitanten Steigerungen in summa verschiedener Faktoren im Ergebnis als Folge des Kriegs in der Ukraine zu bewerten sind und nicht von Preisabsprachen. In Deutschland hatte der deutsche Branchenverband DEPV seinerzeit zu den exorbitanten Preissteigerungen auch diese Gründe und weitere daraus resultierende angeführt (s. hier).

Erleichterung und Selbstverpflichtungen

ProPellets Austria reagierte auf die Einstellung des Verfahrens verständlicherweise mit großer Erleichterung. In einer Veröffentlichung des Verbands dazu vom 15. November zeigt sich, wie sehr offenbar auch das Image der Branche unter den Untersuchungen bei den Kunden gelitten hat und es ihm schadete. „Wir sind froh, dass die Vorwürfe nun vom Tisch sind. Die Einstellung des Verfahrens durch die BWB ist eine wichtige Klärung“, resümierte proPellets Geschäftsführer Christian Rakos. 

Allerdings ging der Verband in diesem Kontext gegenüber der Bundeswettbewerbsbehörde eine Selbstverpflichtungserklärung ein, einen praxistauglichen Compliance-Leitfaden zur Einhaltung des Kartellrechts zu erarbeiten und außerdem einen Compliance-Beauftragten zu ernennen, umzusetzen binnen 12 Monaten. Außerdem wird die kommende Generalversammlung der Branche durch einen Kartellrechtsexperten begleitet. Die BWB besteht auf Berichterstattung zum Stand der umgesetzten Maßnahmen neben diesem auch in den Jahren 2024, 2025 und 2026.

In Deutschland gab es die gleiche Entwicklung um diese Zeit, die Preise waren im Durchschnitt sogar noch um rund 100 €/t höher als der Peak-Wert in Österreich.

Pelletsverband gibt sich gelassen

Doch es bleiben natürlich Fragen über, die sich im Rahmen des Kartellverfahrens gegenüber der österreichischen Pelletbranche und ihres Verbands weiter stellen.

Auf eine dezidierte Anfrage im Auftrag von haustec.de reagierte und antwortet der Verband insgesamt zufrieden und entspannt: „Wir sehen die Anregung zur Erstellung eines Compliance Leitfadens als wichtige Transparenzmaßnahme zur Vertrauensbildung. Die unterzeichnete Selbstverpflichtung beruht auf freiwilliger Basis. Diese wird unsere gelebte Praxis in definierte Prozesse überführen und diese ergänzen. Die Pelletpreiserhebung wird, seitdem diese durchgeführt wird, immer schon kartellrechtskonform umgesetzt. Inzwischen haben wir eine Compliance-Beauftragte bestellt, die sich um die Erstellung des Leitfadens sowie die Umsetzung der Maßnahmen kümmern wird.“

Selbst auf die Frage, ob es nicht einen faden Beigeschmack habe, dass die BWB verlangt, dass die kommende Generalversammlung durch einen ausgewiesenen Kartellrechtsexperten begleitet werden muss und wie die Branche kommuniziert, dass sie jetzt trotzdem weiter unter Beobachtung steht, gibt sich der Verband entspannt: „Nein, gar nicht. Diese Entscheidung haben wir in unserer Selbstverpflichtungserklärung getroffen. Diese Maßnahme ist keineswegs als Misstrauensvotum gegenüber unseren Mitgliedern zu verstehen. Im Gegenteil, sie unterstreicht unser Bestreben, die höchsten Standards in Bezug auf Compliance und Rechtskonformität zu wahren. Durch die Expertise des Kartellrechtsexperten möchten wir sicherstellen, dass sämtliche Entscheidungen im Einklang mit den geltenden Vorschriften stehen und eventuelle rechtliche Fragestellungen frühzeitig erkannt und adressiert werden“, so die Antwort.

Wie bleiben die Preise stabil?

Die Preisexplosion bei Holzpellets in Österreich und auch in Deutschland Mitte 2022 ist im Kern auf den Ukraine-Krieg zurückzuführen, konstatiert die BWB resümierend, auch in Form einer sich darstellenden Kettenreaktion, der Vorwurf einer Preisabsprache konnte nicht gerichtsfest erhärtet werden

Es stellt sich anhand dieses außerordentlichen Ereignisses und ob und wie es zustande kam die grundsätzliche Frage, wie die Branche perspektivisch gesehen die Holzpelletpreise moderat stabil halten und vor solchen Sprüngen schützen kann, wenn doch sehr viele Faktoren in den Preis mit einfließen, die von der Branche selbst nicht beeinflusst werden können, angefangen bei der Baukonjunktur (Rohstoffpreise), über Energie- (Produktion) und Dieselpreise (für den Transport), bis hin zu Lohnkostensteigerungen, die in den Pelletpreis eingepreist werden müssen. Abgesehen von der Gefahr, dass sich spontan über Hamsterkäufe Pellets am Markt verknappen können.

In ihrem Abschlussbericht folgt die BWB der Branchen-Argumentation, dass der Grund für den Preissprung keine Absprachen, sondern der Ukraine-Krieg und eine folgende Kettenreaktion war. Es bleibt ein fader Beigeschmack.

Preiskapriolen schaden der ganzen Branche

Welche Strategie hat sich die Branche überlegt? In Österreich, wo das Thema Holzpellets als Heizsystem im Vergleich zu Deutschland eine deutlich größere Relevanz hat, versucht man seit vielen Jahren, die Regierung vom Aufbau einer nationalen Pelletreserve zu überzeugen, ähnlich wie bei Gas und Öl, die in außergewöhnlichen Zeiten einspringt, um den Markt zu versorgen.

In Österreich wird traditionell positiv auf das Heizen mit Holz gesehen. In Deutschland hatte die Branche in 2023 sehr stark damit zu kämpfen, förderpolitisch nicht diskriminiert zu werden (s. hier). Wenn das Heizen mit Holz in Zukunft weiter eine Rolle im Rahmen der Wärmewende und des Umbaus des Heizungsmarkts spielen will, dann muss sie derartige Preiskapriolen und -umstände auf jeden Fall zu verhindern wissen.

Dittmar Koop ist Journalist für erneuerbare Energien und Energieeffizienz.

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