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Aus der Praxis: Wie ein SHK-Betrieb mit Fachkräftemangel und Lieferengpässen umgeht

Cornelia Mayr

Beim SHK-Betrieb Kauer beginnt der Arbeitstag offiziell um 7.30 Uhr. Die Mitarbeiter kommen schon zehn Minuten vorher. Im Aufenthaltsraum treffen sie sich für einen Kaffee. „Ich plane inzwischen, was ansteht oder gemacht werden muss“, sagt Flavio Magliarisi, Juniorchef von Kauer in Frankfurt/Main. Der Unternehmer klärt mit den Monteuren, was zu tun ist und was in die Autos reinmuss.

Rücksicht wird darauf genommen, wie lange der einzelne Mitarbeiter dafür braucht. Das wird dann extra besprochen. „Ich mache das ja schon 18 Jahre“, so Magliarisi augenzwinkernd. Da kenne er sich beim Planen schon aus.

Als Team gilt es, die aktuellen Herausforderungen im SHK-Handwerk abzufedern: Preissteigerungen, Materialmangel und Fachkräfteengpass.

„Wir sind ein klassischer Familienbetrieb“, sagt Flavio Magliarisi stolz, der bereits seit sechs Jahren Miteigentümer des väterlichen Betriebs ist. Neben Vater Rosario Magliarisi sind noch zwei weitere Brüder im Büro tätig. Der Großvater war als Gastarbeiter nach Deutschland gekommen. Sein Sohn Rosario wurde Meister und übernahm die Firma ­Kauer.

Flavio Magliarisi ist sehr stolz, dass er das Handwerk von der Pike auf an der Seite seines Vaters Rosario erlernt hat. Er plant „old school“, wie er selbst sagt. Händisch, so wie es ihm der Vater beigebracht hat. Aber: Im Büro wird mit Excel gearbeitet.

Kommunikation hat oberste Priorität: Alles besprechen Rosario und Flavio Magliarsi (rechts), die Inhaber des SHK-Betriebs Kauer, mit Großhandel und Kunden genau ab.

Engpässe kommunizieren

„Wenn man alles genau abspricht, kann es hervorragend funktionieren“, sagt Magliarisi. Das gelte sowohl für den Großhandel als auch im Umgang mit Kunden. So müsse im Großhandel derzeit eine Lieferzeit von fünf bis sechs Wochen einberechnet werden. Für Kunden bedeute das natürlich, dass sie bis zu sechs Wochen warten müssten.

Früher bekam Kauer die Bestellware innerhalb von drei Wochen. Schwierig ist die Situation nicht nur bei Badmöbeln. Knapp sind auch Wärmepumpen, Brennwertgeräte und Solaranlagen. Auf die Ersatzteile eines elektrischen Raumthermostats wartete das Unternehmen vor Kurzem drei bis vier Wochen.

Absprache mit Großhandel

„Der Großhandel informiert, wann der Artikel vom Werk rausgeht“, sagt der Juniorchef. Das erleichtert die Planung. Kauer ist u. a. Kunde von Vaillant. Zum Glück sind weitere drei Großhändler in der Nähe. „Wenn es gröbere Lieferengpässe gibt, erwerben wir Ersatzteile oder Produkte von einem anderen Großhändler“, so Magliarisi. Dafür müssten zum Teil aber auch mal 20 Euro mehr bezahlt werden. Über ein kleineres, eigenes Lager mit etwa 100 Produkten kompensiert der Betrieb Engpässe.

Die Angebote für Kunden gelten derzeit bei Kauer vier Wochen. „Jeder braucht Bedenkzeit“, räumt Flavio ein. Früher konnten sich die Kunden innerhalb von sechs bis acht Wochen entscheiden, ob sie Produkte und oder Dienstleistungen über Kauer nehmen wollten. „Derzeit ändern sich die Preise der Industrie alle zwei Wochen und erhöhen sich jeweils um drei bis vier Prozent“, beschreibt der Juniorchef die aktuelle Situation.

Alternative Lastenfahrrad

Wie fast allerorten im Handwerk üblich, hat das Team Magliarisi nicht gerade wenig zu tun. Im Gegenteil. „Neukunden können erst in drei bis vier Monaten aufgenommen werden“, sagt Flavio Magliarisi. Im Umkreis von 8 bis 10 km ist das Team für seine Klienten tätig. Der Stammkundenanteil beträgt etwa 5.000 Adressen.

Kauer bedient 90 % Firmenkunden, der Rest geht auf Hausverwaltungen oder Gewerbe. Neben den Firmenwagen benutzen Flavio Magliarisi und sein Vater zusätzlich jeweils ein Lastenfahrrad. Eine Alternative zum teuren Diesel, derzeit. Eine Ape darf natürlich auch nicht fehlen. Zurzeit besteht das Team aus vier Monteuren, drei Lehrlingen, zwei Mitarbeitern sowie Flavio Magliarisi selbst im Büro.

Die freundliche und entgegenkommende Art der Magliarisi-Brüder am Telefon ist die Visitenkarte des Betriebs. Flavio Magliarisis Leidenschaft für den Beruf das Qualitätsmerkmal. „WC, Bad und Heizung werden in jeder Wirtschaftskrise, in jeder Pandemie und jedem Krieg benötigt“, sagt der Juniorchef.

Personaleinsatz planen

Bei jedem Gespräch mit einem Installateur ist der Facharbeitermangel Thema. Professor Gerald Schönwetter, Studiengangkoordinator „Internationales Logistikmanagement“, plädiert dafür, Personalplanung sowohl mittel- als auch langfristig anzugehen. Nicht nur die Innungen sollten sich darum kümmern. „Wir brauchen eine Gesellschaft, die Handwerksberufe wieder populär macht“, sagt der Experte. Das gelte für viele europäische Länder. Der Bachelorstudiengang läuft am Logistikum Steyr, Fachhochschule Oberösterreich.

Als Verkehrsmittel verwenden die Chefs auch Fahr­räder in Frankfurt.

Flexible Arbeitszeit

In kleinen und mittelgroßen Unternehmen (KMU) sollte der Firmenchef mit einer flexiblen Arbeitszeit oder einer Vier-Tage-Woche seinen Mitarbeitern entgegenkommen können. Gerade jungen Leuten ist die Work-Life-Balance sehr wichtig. Schönwetter plädiert dafür, Personal für Spitzenabdeckungen bereitzuhalten. „Neue Formen der Kooperation unter den Firmen sind gefragt, Personal unter den Firmen auszutauschen, wird realisiert“, führt der Experte aus.

Nicht selten stoßen kleinere Unternehmen an ihre Kapazitätsgrenzen. „Oft ist die Auftragsplanung nicht mehr ausreichend“, sagt Schönwetter. Ewig kann nicht gewartet werden, wenn eine Heizung kaputt ist. Viele Unternehmerinnen und Unternehmer hätten Schwierigkeiten, ihren tatsächlichen Lagerbestand zu planen. Absatz und Bedarf sind in der Bauwirtschaft massiv gestiegen. In Coronazeiten entschlossen sich gerade Privatleute, Haus oder Wohnung zu renovieren. Neue Bäder mussten her, Heizungen wurden durch mitunter ökologische Alternativen ersetzt.

Gerald Schönwetter, der jahrelang in Industrie und Wirtschaft verschiedener Länder unterwegs war, drängt auf eine bessere Kapazitätsplanung im Handwerk. Eine Analyse des Bestands im eigenen Lager sei jetzt wichtig. „Welche Teile brauche ich regelmäßig, welche weniger oft“, soll sich der SHK-Unternehmer fragen. Welche Posten sind Renner und werden ständig benötigt, welche Penner, die ewig auf Lager sind. Reserven gezielt aufbauen, lautet sein Tipp. Ein eigener Bestandsverantwortlicher könne zusätzlich im Unternehmen den nötigen Überblick behalten, was im Lager gebraucht werde.

Eine Ape gehört bei einem Familien­unternehmen ­italienischen Ursprungs auch zum Fuhrpark.

Wöchentlich planen

Das muss der Chef aber nicht alleine erledigen. „Mitarbeiter beim Planen miteinzubeziehen bedeutet, ihnen Wertschätzung entgegenzubringen“, sagt Prof. Schönwetter. Der Experte empfiehlt, einmal in der Woche eine Stunde gemeinsam zu planen und Vorhaben umzusetzen sowie festgelegte Ziele nachzuhalten. Excel kenne jeder und es sei gerade bei KMU eine gute Basis. Kundinnen und Kunden sollte natürlich reiner Wein eingeschenkt werden, wie lange Angebote gültig sind oder wie lange Lieferungen derzeit dauern.

Arnold Weissmann, selbst Unternehmer, Professor an der Fachhochschule Regensburg und Berater, zollt mittelständischen Unternehmen Achtung, die es immer wieder schaffen, erfolgreich zu sein. Mit dem Aufbau einer florierenden Firmenkonjunktur würden sie einer schwächelnden Binnenkonjunktur entgegentreten. „Man hört überall, es herrsche eine Krise. Wir haben beschlossen, uns nicht daran zu beteiligen“, sagt Weissmann, nicht zuletzt mit Blick aufs Handwerk. Das kann Flavio Magliarisi nur bestätigen.

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