Wie variable Preise intelligentes Laden voranbringen

Der Energiemarkt verändert sich: Zunehmend mehr Strom stammt aus Sonne und Wind – und damit schwankt das Angebot je nach Tageszeit und Wetterbedingungen. Dem Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) zufolge lag der Anteil der erneuerbaren Energien an der öffentlichen Nettostromerzeugung in Deutschland im ersten Halbjahr 2025 bei rund 61 Prozent. Diese Entwicklung zeigt, wie stark die Stromerzeugung bereits von nicht-fossilen Energiequellen geprägt ist – und wie wichtig damit flexible Verbrauchssteuerung und neue Tarifmodelle werden. Parallel dazu steigt die Stromnachfrage durch Elektromobilität und Wärmepumpen. Durch die Weitergabe von Marktsignalen an die Verbraucher und die daraus resultierenden Verbrauchsanpassungen können Angebot und Nachfrage effizient in Einklang gebracht werden.
Seit dem 1. Januar 2025 sind Energieversorger außerdem gesetzlich dazu verpflichtet, dynamische Stromtarife für Kundinnen und Kunden mit Smart Meter anzubieten (§ 41a EnWG). Zusammen mit § 14a EnWG, der die Steuerung steuerbarer Verbraucher wie Ladepunkte regelt und diese Steuerung mit niedrigeren Netzentgelten vergütet, entsteht so ein verlässlicher Rechtsrahmen für mehr Flexibilität – und damit für ein nachhaltigeres Energiesystem.
Was sind dynamische Stromtarife?
Dynamische Stromtarife machen die Preisbewegungen am Energiemarkt im Gebäude oder Fuhrpark nutzbar. Grundlage sind die Preisprognosen am Day-Ahead-Markt der europäischen Strombörse EPEX Spot: Für jede Viertelstunde des Folgetages wird dort ein Preis festgelegt – abhängig davon, wie viel Strom aus Sonne und Wind auf die erwartete Nachfrage trifft. Wenn viel erneuerbare Energie im Netz ist, sinkt der Preis. Bei geringer Einspeisung steigt er.
Damit diese Preissignale bis zum einzelnen Ladepunkt oder Verbraucher gelangen, braucht es ein intelligentes Messsystem (iMSys) - oft auch als Smart Meter bezeichnet - und einen dynamischen Stromliefervertrag. Das Messsystem übermittelt Verbrauchsdaten digital an den Energieversorger, der auf Basis der jeweiligen Marktpreise abrechnet. Gleichzeitig können Energiemanagementsysteme (EMS) oder Ladeplattformen die Tarifinformationen direkt nutzen, um den Energiebezug automatisch zu steuern.
Im Gebäudebetrieb oder in der Elektromobilität bedeutet das: Ladevorgänge, der Verbrauch von Wärmepumpen oder die Befüllung von Batteriespeichern werden gezielt in Zeitfenster niedriger Preise verschoben – etwa, wenn am Nachmittag viel Solarstrom im Netz ist. Das senkt Energiekosten, entlastet Netze und erhöht den Anteil erneuerbarer Energie im Verbrauch. Dynamische Tarife verbinden damit wirtschaftliche Anreize mit nachhaltiger Energieverwendung und bilden einen zentralen Baustein zukunftsfähiger Gebäude und Ladeinfrastruktur.
Neue Chancen für die E-Mobilität
Ladeinfrastruktur ist prädestiniert für dynamische Tarife: Insbesondere an AC-Ladestationen sind Fahrzeuge meist für mehrere Stunden angesteckt und müssen nicht sofort geladen werden. Diese Flexibilität lässt sich gezielt nutzen, um Stromkosten zu senken – besonders in Flotten, Mehrparteienhäusern oder Gewerbeimmobilien, wo sich die Einsparpotenziale deutlich summieren.
Wenn Ladebedarf systematisch auf Zeiten hoher Erzeugung aus Photovoltaik oder Windkraft gelegt wird, glättet sich die Gesamtnachfrage (nicht alle gleichzeitig in den teuren Übergangsstunden morgens oder abends). Dynamische Stromtarife werden damit vom reinen Abrechnungsmodell zum Instrument für mehr Energieeffizienz, Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit – und sind ein Schlüssel, um Mobilität und Gebäudeenergie künftig stärker zusammenzudenken.
Es gibt dynamische Stromtarife, die – wie im Beispiel von reev – direkt in eine Energie- und Lademanagement-Software eingebunden sind. Solche Lösungen haben den Vorteil, dass Ladevorgänge automatisch anhand aktueller Marktpreise gesteuert werden – weg von teuren Zeitfenstern hin zu Phasen hoher erneuerbarer Erzeugung.
Noch entscheidender ist jedoch ihre ganzheitliche Einbindung in das Energie- und Lademanagement: Verbrauchssteuerung, Lastmanagement und Abrechnung greifen nahtlos ineinander und machen transparent, wann, wo und zu welchen Kosten geladen wird. Über eine App können zudem individuelle Anforderungen der Fahrerinnen und Fahrer berücksichtigt werden – etwa, bis wann das Fahrzeug vollständig geladen sein soll oder welche Mindestreichweite benötigt wird. Eine KI-gestützte Optimierung berechnet dafür fortlaufend das wirtschaftlich und ökologisch beste Ladefenster.
So sinken Strombeschaffungskosten in der Praxis um bis zu 85 Prozent, CO₂-Emissionen werden verringert und der Anteil erneuerbarer Energie im Betrieb steigt – bei gleichzeitiger Entlastung der Netze.

