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Gebäudeenergiegesetz 2024: Ist der Kabinetts-Entwurf noch zu retten?

Jürgen Wendnagel

Der vom Bundeskabinett beschlossene Entwurf des Gebäudeenergiegesetzes 2024 (GEG 2024) kommt diese Woche nicht mehr zur geplanten 1. Lesung in den Bundestag. Grund dafür ist eine „Blockade“ durch die FDP-Fraktion. Wirtschaftsminister Habeck warf der FDP daraufhin „Wortbruch“ vor. Die FDP-Fraktion verteidigte ihre Haltung u. a. in einem Tweet am 23.5.2023: „Die Menschen erwarten, dass wir ein gutes #Heizungsgesetz auf den Weg bringen - jeder Einzelne ist davon betroffen. Das Gesetz ließe sich in seiner aktuellen Form nicht in die Praxis umsetzen. Wir können kein schlechtes Gesetz verabschieden, nur weil der Sommer bevorsteht.“

FDP: „Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit“

Was die FDP-Fraktion stört, hat sie in einem Statement unter dem Titel „Das Heizungsgesetz muss grundlegend angepasst werden“ (23.5.2023) etwas detaillierter dargelegt. Klargestellt wird dort, dass die FDP das Gesetz nicht verhindern wolle. Aber: „Es geht um eine wirklich große Sache. […] Wir brauchen am Ende ein Gesetz, wo die Heizung zum Haus passt und nicht umgekehrt“, betonte der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr im ARD-Morgenmagazin. Am Ende brauche es ein Gesetz, das auch die Stadtwerke für gut befinden, aktuell hätten diese „erhebliche Bedenken“. Die Koalitionspartner seien zum Gebäudeenergiegesetz im Gespräch. Unter Druck lassen sich die Freien Demokraten aber nicht setzen. Dürr zufolge sei das Gesetz noch nicht soweit, dass es in Ausschüssen beraten werden könne. „Es gilt Gründlichkeit vor Schnelligkeit. Es kommt nicht auf den Tag an, sondern darauf, ob Deutschland ein gutes Gebäudeenergiegesetz bekommt“, stellte Dürr klar. „Wir wollen, dass das Gebäudeenergiegesetz sorgfältig ausgearbeitet wird“, erklärte Dürr. Außerdem müsse das Gesetz wirtschaftlich sein und sowohl von Versorgern als auch Kommunen umsetzbar sein.“

Auch FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai übte scharfe Kritik am aktuellen Entwurf des Gebäudeenergiegesetzes: „Dieses Gesetz ist ineffizient im Hinblick auf den Klimaschutz, es verunsichert die Menschen in unserem Land.“ Nichts bringen würden „kosmetische Veränderungen und Reparaturmaßnahmen“, wozu auch Subventionen und Fördermittel zählen. Der Gesetzentwurf müsse „insgesamt verändert werden“.

Auch Kretschmann zweifelt am GEG-Zeitplan

Unterstützung erhält die FDP, laut eines Berichts des SWR, von Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Der Grünen-Politiker würde dem Bundesminister Robert Habeck und seinem Haus empfehlen, noch einmal genau zu klären, ob das Gesetz in dieser Zeit auch wirklich umsetzbar sei. „Das muss man noch mal sorgfältig prüfen, denn man kann von niemandem etwas verlangen, was er nicht kann.“

Als „große Problemzone“ in dem Gesetz nannte Kretschmann die kommunale Wärmeplanung, die damit kompatibel sein müsse. „Das ist vielleicht ein Grund, den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes noch mal zu überprüfen, damit zumindest die großen Städte solche Wärmeplanungen unverzüglich machen können", sagte Kretschmann. „Damit nicht etwas in Gang gesetzt wird, dass sich später als nicht gut oder schwer praktikabel erweist.“

Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) betonte, die Vorgaben für einen Heizungstausch müssen bezahlbar und umsetzbar sein. Es gebe derzeit eine große Unruhe in der Bevölkerung, aber auch in der Wirtschaft.

49 Prozent sind für das GEG, 47 Prozent dagegen

Habecks Heiz-Gesetz spaltet Deutschland“ titelte Merkur.de am 23.5.2023. Der Streit in der Koalition die Deutschen verunsichere. „Das zeigen erste Ergebnisse einer Umfrage des Sachverständigenrats für Verbraucherfragen (SVRV), über das die FAZ berichtete. In einem Gastbetrag erklärt die Wirtschaftsweise Veronika Grimm, was die Umfrageergebnisse bedeuten.

Die vorläufigen Ergebnisse der Studie sind Teil einer Langzeituntersuchung, die die Energiekrise als Thema hat. Der SVRV befragt dabei Haushalte zur aktuellen Energiesituation und zu den Entscheidungen der Politik. So hat man die Haushalte nun auch zum GEG befragt. Das Ergebnis zeigt, wie sehr das Thema die Deutschen spaltet: 49 Prozent der Haushalte befürworten das Gesetz, 47 Prozent sind gegen die Reform.

Die politischen Entscheidungen, die in den kommenden Wochen getroffen werden, werden bestimmen, in welche Richtung die Stimmung in Deutschland kippt, schreibt Veronika Grimm in ihrem FAZ-Gastbeitrag. Vor allem von Bedeutung seien eine sachliche Kommunikation und eine gezielte Informationskampagne.“

Die fünf größten Schwach- / Baustellen des GEG-Entwurfs

An der aktuell zugespitzt und sehr kontrovers geführten öffentlichen Debatte haben die beiden beim GEG-Entwurf federführenden Ministerien einen großen Anteil. Die fünf größten Schwach- bzw. Baustellen sind:

  • Es gibt nach wie vor keine öffentlichkeitsstarke Informationskampagne, die sachorientiert und detaillierter über die technischen Möglichkeiten und Kosten zur Umsetzung der erneuerbaren Wärmepflicht in der Praxis eingeht. Und es fehlt ein niedrigschwelliges, individuelles Beratungsangebot, insbesondere für Hausbesitzer von älteren Immobilien mit alten Wärmerzeugern. Hausbesitzer und Mieter werden durch teils widersprüchliche und falsche Aussagen von z. T. schlecht informierten Talkshowgästen und oberflächlich recherchierten Medienbeiträgen (stark) verunsichert.
  • Viele Hausbesitzer haben sogar existenzielle Angst vor zu großen finanziellen Belastungen durch die GEG-Bestimmungen. Die Bundesregierung hat es nach vielen Monaten noch immer nicht geschafft, ein kluges und sozial ausgewogenes neues Förderkonzept vorzulegen.
  • Der GEG-Entwurf berücksichtigt den politisch gewünschten, perspektivischen Ausbau von Wärmenetzen sowie Areal-/Quartierslösungen eher theoretisch, weil sich das bundesweite Wärmeplanungsgesetz ebenfalls erst im Entwurfsstadium befindet. Es wird deshalb z. T. noch mindestens drei Jahre dauern, bis auf breiter kommunaler Ebene belastbare oder verbindliche Pläne zum Aus- und Neubau von erneuerbaren Wärme-, Gas- und Stromnetzen vorliegen.
  • Das GEG fokussiert schwerpunktmäßig die Dekarbonisierung. Unberücksichtigt bleibt die Rolle des energetischen Standards von Bestandsgebäuden: nicht nur auf nationaler Ebene, sondern auch mit Blick auf die geplanten energetischen Sanierungspflichten der EU-Gebäuderichtlinie. In ungünstigen Fällen könnte es in ein paar Jahren sein, dass trotz des Einbaus einer Wärmepumpe ein energetisch schlechter Altbau nachträglich noch saniert werden muss.
  • Noch immer gibt es monatelange Liefer- und Wartezeiten auf Wärmepumpen und Handwerker. Derzeit wird erst der Auftragsüberhang aus 2022 abgearbeitet. Eine erneuerbare Wärmepflicht für Bestandsgebäude ab 2024 wird die Lage weder entspannen, noch für Preissenkungen sorgen.

Fazit: Zurück zur unaufgeregten Sacharbeit

Die Ampel-Regierung steckt in einer Zwickmühle: Um das ambitionierte Ziel eines klimaneutralen Gebäudebestands bis 2045 zu erreichen, darf man einerseits keine Zeit verlieren. Andererseits muss die Politik sicherstellen, dass das die erneuerbare Transformation des Wärmebereichs praktisch und technisch umsetzbar ist – und das Ganze möglichst technologieoffen und auch noch sozial gerecht erfolgt.

Eigentlich hätte die Bundesregierung den erneuerbaren Change-Prozess im Gebäudesektor spätestens ab 2011 einleiten müssen, als die Regierung Merkel den deutschen Atomausstieg verkündete. Doch Versäumtes lässt sich nicht mehr nachholen.

In der momentan aufgeladenen Situation darf nicht auf Biegen und Brechen der „verkündete“ Termin für das Inkrafttreten des kompletten GEG zum 1.1.2024 im Vordergrund stehen. Erforderlich ist eine kluge, sorgfältige und unaufgeregte Sach- und Informationsarbeit, um mit einer möglichst breiten Akzeptanz in der Bevölkerung die stufenweisen CO2-Reduktionsziele in den nächsten Jahren zu erreichen. Das schließt die zielgerichtete Beteiligung von allen wichtigen Akteuren ein, egal ob sie aus dem erneuerbaren oder fossilen Bereich kommen. Denkbar sind zudem längere Übergangsfristen bis hin zu einem späteren Inkrafttreten der 65 %igen erneuerbaren Wärmepflicht für neue Heizungen in Bestandsgebäuden (z. B. ab 1.1.2025).

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