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Klimapaket: So reagieren die Branchenverbände

Rund 1,4 Millionen Menschen waren am 20. September 2019 allein in Deutschland auf die Straße gegangen, um beim sog. "Klimastreik" für weitreichende Maßnahmen zu demonstrieren, die den Klimawandel verlangsamen. Weltweit nahmen in rund 150 Ländern mehrere Millionen Menschen an den Protesten für ein schnelles Handeln gegen die Klimakatastrophe teil.

Die größte Demonstration in Deutschland fand mit 270.000 Teilnehmern in Berlin statt, wo das Klimakabinett nach einer Nachtsitzung bis zum Mittag an dem Klimapaket gefeilt hatte. Aber auch in Hamburg (70.000), Köln (70.000) und München (40.000) sowie auf weiteren Veranstaltungen hatten sich Menschen aller Altersgruppen versammelt. 

Was das Klimakabinett schließlich vorlegte, stieß in weiten Teilen der Bevölkerung, vor allem jedoch bei den Demonstrierenden, auf Unverständnis. Zu spät kämen die geplanten Maßnahmen, zu lasch seien sie und nicht geeignet, der Klimakatastrophe schnell genug etwas entgegenzusetzen.

Auch in den Branchenverbänden sind die Reaktionen auf das Klimapaket sehr durchwachsen, wie die folgende Übersicht zeigt.

  • Hauptverband Deutsche Bauindustrie: „Dass die Bundesregierung nun endlich die steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung in Angriff nimmt, ist ein gutes Zeichen“, kommentiert Dieter Babiel, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, das Klimaschutzpaket der Bundesregierung. „Besonders erfreulich ist die Förderung der seriellen Sanierung, denn um die notwendige Erhöhung der Sanierungsquote unseres Gebäudebestands zu erreichen, braucht es attraktive, effiziente und vor allem großmaßstäbliche Lösungsansätze." Zu bedauern sei, dass keine steuerliche Förderung für kommerziell genutzte bzw. vermietete Gebäude vorgesehen ist. „Hier lässt die Bundesregierung Einsparpotenzial liegen. Der benötigte Sanierungsschub auch bei Nicht-Wohngebäuden bleibt damit aus“, so Babiel.

     
  • ifo Institut für Wirtschaftsforschung: Karen Pittel, Leiterin des Bereichs Energie, Klima und Ressourcen am ifo Institut, sieht im Klimapaket Licht und Schatten. Die CO2-Bepreisung über Zertifikate sei der richtige Weg, die Vorgabe von festen CO2-Preisen bis 2025 jedoch mit einem funktionierenden Zertifikatesystem unvereinbar. Außerdem seien die Preise zu gering. Zudem dürfe man sich nicht in einzelnen flankierenden Maßnahmen mit unklarer Wirkung verzetteln. „Es ist gut, dass die CO2-Bepreisung im Mittelpunkt des Klimapakets steht und nun Verkehr und die Gebäude einbezogen werden. Gleichzeitig ist es richtig, einen Ausgleich für diejenigen herzustellen, die überproportional betroffen sind“, sagt Pittel. „Aber wenn der Preis für die Zertifikate tatsächlich bis 2025 festgelegt wird, wäre dies eine Mogelpackung. Da die CO2-Menge nicht beschränkt wird, geht der eigentliche Vorteil eines Emissionshandelssystems verloren."

     
  • Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH): Zu den vom Klimakabinett getroffenen Beschlüssen erklärt Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH): "Die Beschlüsse des Klimakabinetts sind leider nicht der erhoffte große Wurf. Trotz einer Vielzahl sinnvoller Ansätze und einiger richtiger Instrumente fehlt ein schlüssiges Gesamtkonzept, das marktwirtschaftliche Möglichkeiten zielgerichtet und effizient für den Klimaschutz nutzt und zugleich Fehlentwicklungen der Energiewende mutig begegnet. Wir befürchten, dass so die Komplexität der Energie- und Klimapolitik noch größer, damit noch störanfälliger und voraussichtlich auch teurer wird."

     
  • Deutsche Umwelthilfe (DUH): Das Klimakabinett hat heute ein desaströses Klimaschutzprogramm vorgelegt. Die verantwortlichen Minister scheitern damit an der Aufgabe, Klimaschutz ernsthaft und zukunftssichernd anzugehen, so das Fazit der DUH. Der Umwelt- und Verbraucherschutzverband kritisiert, dass die vorgestellten Beschlüsse in keiner Weise ausreichend sind, die selbst gesteckten Klimaziele der Bundesregierung zu erfüllen. Es sei kein Plan für den umgehenden Einstieg in CO2-Reduktionen erkennbar. Die Einführung eines CO2-Preises über einen nationalen Emissionshandel für die Sektoren Verkehr und Gebäude gleiche einem klimapolitischen Totalausfall. Die Umsetzung werde Jahre in Anspruch nehmen, die Deckelung der Zertifikate-Preise verhindere zudem jeden klimapolitischen Nutzen. Der Gipfel der Absurdität sei der Ausgleich der geringen Kostensteigerungen durch die Anhebung der Pendlerpauschale. Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Das Klimakabinett muss nachsitzen. Nach dieser Arbeitsverweigerung der zuständigen Minister fordern wir das reguläre Kabinett auf, in seiner Sitzung am kommenden Mittwoch den heute vorgestellten Vorschlägen nicht zuzustimmen – alles andere gleicht einer Bankrotterklärung an den Klimaschutz."

     
  • Deutsche Energie-Agentur (dena): "Das Klimapaket der Bundesregierung kann ein Einstieg in einen Kurswechsel sein", sagt Andreas Kuhlmann, Vorsitzender der Geschäftsführung der Deutschen Energie-Agentur. "Die dafür nötigen Instrumente sind enthalten: eine Bepreisung von CO2 und eine Flankierung durch vielfältige Programme, die Wechseloptionen für Verbraucher und Industrie schaffen." Er übt jedoch auch deutliche Kritik: " Viele aber haben sich insbesondere bei der Ausgestaltung des ökonomischen Rahmens deutlich mehr gewünscht, damit neue klimafreundliche Geschäftsmodelle und Technologien noch schneller in den Markt kommen können. Das, was heute politisch möglich war, ist sehr wahrscheinlich noch nicht genug, um die Klimaziele 2030 zu erreichen."

     
  • Energieberaterverband GIH: „Das Klimapaket der Bundesregierung enthält einige Maßnahmen, die uns in Sachen Gebäudeenergieeffizienz einen Schritt nach vorne bringen werden. Die aktuelle Sanierungsquote von nur einem Prozent sollte sich so mittelfristig deutlich erhöhen lassen", freut sich Jürgen Leppig, Bundesvorsitzender des Energieberaterverbands GIH, über die Ergebnisse des Klimagipfels. Insgesamt setze das Paket viele Forderungen um, die dem Verband schon lange am Herzen liegen.

     
  • Bundesverband energieeffiziente Gebäudehülle (BuVEG): Jan Peter Hinrichs, Geschäftsführer des BuVEG, begrüßt die geplante steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung. "Diese ist essenziell, um die Sanierungsrate zu steigern und so die Klimaziele im Gebäudebestand zu erreichen. Diese Förderung wird von allen Experten seit Jahren gefordert", so Hinrichs. "Jetzt muss sie schnellstens in Gesetzesvorhaben gegossen und in Kooperation von Bund und Ländern umgesetzt werden." Eine CO2-Bepreisung könne das Erreichen der Einsparpotenziale im Gebäudebereich unterstützen, wenn sie richtig ausgestaltet sei. Jedoch habe ein CO2-Startpreis von 10 Euro im Jahr 2021 im Gebäudebereich eine zu geringe Lenkungswirkung. Selbst der angestrebte Preis von 35 Euro in 2025 sei nicht ausreichend, so Hinrichs.

     
  • Bundesverband Wärmepumpe (BWP): Die vom Klimakabinett vorgestellte Lösung eines nationalen Emissionshandelssystems für die Sektoren Verkehr und Wärme greifen nach Meinung des BWP zu kurz. Der Strompreis müsse in Zukunft noch deutlich stärker entlastet werden, etwa durch die Absenkung der Stromsteuer. Das Konzept einer Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) und die steuerliche Förderung energetischer Sanierungsmaßnahmen seien ein Schritt in die richtige Richtung. Auch der angedachte Zuschuss von 40% beim Austausch einer alten Ölheizung gegen erneuerbare Wärme sei positiv zu bewerten. Dass der Einbau von Ölheizungen ab 2026 nicht mehr gestattet sein soll, ist ein deutliches Signal. Es wird allerdings stark eingeschränkt, da Ölheizungen in Kombination mit klimafreundlichen Wärmeerzeugern als Hybridanlagen auch nach 2026 weiterhin verbaut werden dürfen. Das vorgesehene regelmäßige Monitoring der Maßnahmen sowie eine kurzfristige Nachsteuerung, sollte die gewünschte Wirkung ausbleiben, sind für den BWP essentiell für die Erreichung der Klimaschutzziele 2030.

     

  • Institut für Wärme und Öltechnik (IWO): Adrian Willig, Geschäftsführer des IWO-Instituts sieht beim beschlossenen Klimapaket Probleme: "Der Beschluss des Klimakabinetts, die Neuinstallation reiner Öl-Brennwertgeräte ab 2026 zu verbieten und kurzfristig auch die Fördervoraussetzungen für Öl-Hybridheizungen, die erneuerbare Energien einbinden, einzuschränken, ist kontraproduktiv und ungerecht. Millionen Menschen, die im ländlichen Raum leben, sollen nicht nur zusätzliche Auflagen bei der Heizungsmodernisierung bekommen. Sie werden auch bei Fördermaßnahmen massiv benachteiligt." Das führe zu Verunsicherung und Attentismus bei den betroffenen Hauseigentümern und sei nicht nachvollziehbar, erklärt Adrian Willig. Eine zukünftige Förderung solle vielfältige Erfüllungsoptionen ermöglichen. Dazu sollte neben der Kombination von Öl-Brennwertheizungen mit zusätzlichen erneuerbaren Energien in Form eines Hybridsystems auch der Einsatz CO2-reduzierten Heizöls gehören.

     

  • Deutscher Energieholz- und Pellet-Verband (DEPV): "Das vom Klimakabinett beschlossene Ölheizungsverbot ab 2026 bietet Chancen für bewährte erneuerbare Wärmetechnologien wie moderne, automatisch betriebene Holzfeuerungen", sagt Martin Bentele, Geschäftsführer des DEPV. Auf keinen Fall aber dürfte der Einbau neuer fossiler Heizungen weiter staatlich gefördert werden. "Pellet- und Hackschnitzelheizungen eignen sich als heimische, preiswerte und nicht leitungsgebundene Optionen hervorragend zum Austausch von Ölheizungen. Allerdings sollten Verbraucher nicht bis zum Jahr 2026 warten."

     

  • Brancheninitiative Zukunft ERDGAS: Dr. Timm Kehler, Vorstand von Zukunft ERDGAS, kommentiert das Eckpunktepapier so: „Nach zähem Ringen hat sich die Koalition endlich auf Maßnahmen geeinigt, die uns auf Kurs in Richtung Klimaziel 2030 bringen sollen. Der erhoffte große Wurf ist dabei jedoch ausgeblieben." Zwar sei mit dem beschlossenen Zertifikatehandel für den Wärmemarkt und Verkehrssektor ein pragmatischer Einstieg in die CO2-Bepreisung gelungen. Doch das Klimakabinett habe versäumt, die bestehenden Energiesteuern zu harmonisieren, sagt Kehler. "Gleichzeitig muss auch das bereits existierende Ordnungsrecht künftig an der CO2-Einsparung ausgerichtet werden. Wenn die Politik die Startblöcke jetzt also nicht auf eine Linie stellt, wird der CO2-Preis ins Leere laufen."

     
  • Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW): „Die heutige Einigung im Klimakabinett enthält zwar einige wichtige Weichenstellungen", sagt BDEW-Präsidentin Dr. Marie Luise Wolff zu den vorgelegten Ergebnissen der Bundesregierung. "Das Gesamtpaket enttäuscht jedoch. Insbesondere bei der CO2-Bepreisung und der notwendigen Strompreis-Entlastung ist die Bundesregierung viel zu zögerlich." Hinzu komme, dass die geplante Erhöhung der Pendlerpauschale die vorsichtige Mehrbelastung des CO2-Ausstoßes im Verkehr konterkariere. "Auch die Beschlüsse im Bereich der erneuerbaren Energien sind nicht ausreichend, um das Ziel von 65% erneuerbarer Energien bis 2030 zu schaffen", sagt Wolff weiter. "Gerade an diesen entscheidenden Punkten ist der Koalition alles andere als ein großer Wurf gelungen."

     
  • Agora Energiewende: Dr. Patrick Graichen, Direktor der Agora Energiewende, bewertet das Ergebnis des Klimakabinetts so: „Dieses Klimapaket ist erschreckend kraft- und mutlos. Insbesondere die vorgeschlagene CO2-Bepreisung ist ein schlechter Scherz: Die 10 Euro pro Tonne CO2 entfalten keinerlei Lenkungswirkung, und die jährliche Anhebung ist so homöopathisch, dass das kaum mehr als die Inflationsentwicklung ist." Auch bei dem Ausbau der Erneuerbaren gebe es keinerlei Fortschritte – im Gegenteil würden die Bedingungen für Windkraftanlagen verschlechtert. "So werden die 2030-Klimaschutzziele definitiv nicht erreicht.“

     
  • Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz (DENEFF):  Christian Noll, geschäftsführender Vorstand der DENEFF, sieht das Klimapaket zwiespältig: „Die Einigung im Klimakabinett bringt einzelne, wichtige Maßnahmen auf den Weg. Für eine effiziente Energiewende reicht das bei Weitem nicht. Eine konsequente Energieeffizienzstrategie ist längst überfällig und muss endlich ambitionierte und verbindliche Energieeffizienzziele festschreiben. Dass sie nun nicht einmal mehr erwähnt wird, obwohl sie Teil des Koalitionsvertrages ist, ist erschreckend!", erzürnt sich Noll. "Eine so halbgare Energiewendepolitik in Trippelschritten ist am Ende deutlich teurer für alle."
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