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Praxisreport: Sanierung einer gewachsenen Flachdachentwässerung

Daniel Fecke
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Ein Gebäude auf der grünen Wiese. Das war der Start der Firma Grauthoff im Jahre 1956. Seither ist das Unternehmen über Generationen hinweg Gebäude für Gebäude gewachsen. Heute umfasst das Werk in Rietberg-Mastholte (Nordrhein-Westfalen) insgesamt 31 Hallen. Auch die Entwässerung des mittlerweile gut 37.600 m² umfassenden Flachdachs wurde Stück für Stück erweitert. Durch die stetigen Anbauten und Hallenneubauten war der riesige Werkskomplex auf eine 202 m breite und 216 m lange Gesamtfläche angewachsen. Die Entwässerungskanäle und Grundleitungen waren nicht nur in die Jahre gekommen und schlecht zugänglich, sondern auch zu klein für die heute am Standort zu erwartenden Regenmengen.

Entwässerung wird im laufenden Betrieb saniert

Doch wie hat die Sanierung dann stattgefunden? Sie sollte Stück für Stück erfolgen, ohne den laufenden Werksbetrieb zu stören. Und es gab noch ein Problem: „Es ist nicht möglich, im laufenden Betrieb Erdarbeiten für neue Grundleitungen im Gebäude auszuführen“, erklärt Dietmar Holtkemper, Geschäftsführer von Grauthoff Holding. „Der Stillstand von Maschinen wäre die Folge gewesen und musste auf jeden Fall vermieden werden.“ Die Hallen wurden daher nach und nach saniert – während des Werksbetriebes. Die Handwerker der Firma Ackermann stimmten sich in jeder Halle mit dem Werksleiter vor Ort ab, der den Bereich für die Arbeiten freiräumen und gegebenenfalls sperren ließ.

Luftaufnahme eines modernen Industriegebäudes für Gebäudetechnik, umgeben von Grünflächen - Fokus auf Energieeffizienz und nachhaltige Bauweise.
Gebäude für Gebäude ist der Werkskomplex im Laufe der Jahrzehnte gewachsen – ebenso wie die Dachentwässerung, die dringend saniert werden musste.

Eine Notentwässerung löst bauliche Probleme

Für den Standort wird ein Berechnungsregen r(5,5) von 347 l/(s · ha) und ein Jahrhundertregen r(5,100) von 687 l/(s · ha) angesetzt. Eine Ertüchtigung und Leistungssteigerung der Hauptentwässerung stießen aufgrund der baulichen Gegebenheiten schnell an Grenzen. Zur Lösung des Problems wurde ein Teil der Regenspende aus der Hauptentwässerung auf die neu installierte Notentwässerung umgeleitet. Diese musste sowieso nachgerüstet werden, da sie mittlerweile in der DIN 1986 100 „Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke – Teil 100: Bestimmungen in Verbindung mit DIN EN 752 und DIN EN 12056“ gefordert wird.

Handwerksmeister Thorsten Ackermann erläutert die schwierigen Rahmenbedingungen: „In den innen liegenden Hallen war es natürlich ein Problem, das Wasser nach außen zu bekommen. Es mussten Konstruktionen gebaut werden, die die Rohrleitungen aufnehmen – also Hilfskonstruktionen aus Stahl, die wiederum das Schienensystem für die Rohrbefestigungen aufnehmen konnten. Da der Betrieb nicht gestört werden durfte, musste teilweise auch nachts und an den Wochenenden gearbeitet werden.“

Installationsbeispiel: Schwarz-silberne Rohrleitungen für Heizungs- oder Klimatechnik verlaufen unter Holzdecken mit Metallträgern in Industriehalle.
Für die Sicherheit der bis zu 159 m langen Rohrstrecken sorgen spezielle Schienen und Rohrschellen. Über Richtungs­änderungen wachen Elektroschweißmuffen.

Die Hauptentwässerung übernehmen in der aktuellen Ausbaustufe 39 Druckströmungsgullys SitaDSS Profi mit Airstop. Mit einer Nennweite von DN 75 führen sie insgesamt 564 l/s ab. Allerdings können von der anfallenden Wassermenge nur 150 l/(s · ha) über die bestehende Hauptentwässerung abgeleitet werden. Mehr schaffen die alten, zu kleinen Grundleitungen am Objekt nicht. Die Differenz zur errechneten Regenspende wurde der Notentwässerung zugeschlagen. Das hat allerdings zur Folge, dass diese häufiger anläuft.

Worst Case-Ablaufleistung: 18 Badewannen pro Sekunde

Die absolute Priorität liegt darin, das Wasser von dem weitläufigen Hallendach abzuführen, bevor es zu einer statischen Bedrohung wird. Dabei gilt es, nicht nur die heute erhöhten, nachweislich gestiegenen Regenmengen zu bewältigen, sondern vor allen Dingen auch die sturzflutartigen Starkregenereignisse, bei denen in Sekundenschnelle extreme Wasserlasten auflaufen können.

„Der Regen ist heute mehr geworden, und es gibt auch mehr Regen in kürzerer Zeit“, so Handwerksmeister Ackermann. „Von August 2023 bis August 2024 gab es wohl die regenreichsten Monate seit Aufzeichnung der Wetterdaten.“ In einem Worst-Case-Starkregen-Szenario für den Hallenkomplex muss bei den 37.600 m² Flachdachfläche mit einer Ablaufleistung von 2583 l/s gerechnet werden – das entspricht etwa 18 Badewannenfüllungen pro Sekunde.

Detailansicht: Metallmontageschellen befestigen ein schwarzes Installationsrohr an einer Deckenunterkonstruktion in einem Gebäudetechnikprojekt.
Die Lösung montagetechnischer Heraus­forderungen erfolgte im Zusammenspiel des Wandbefestigungs­systems von Müpro mit dem Befestigungs­system SitaPipe.

Die Auslegung einer leistungsfähigen Notentwässerung bot sich auch als wirtschaftliche Alternative zu dem mit Betriebsunterbrechungen verbundenen Ausbau des Grundleitungsnetzes an. Für die Notentwässerung sind zusätzlich 162 Druckströmungsgullys SitaDSS Profi in DN 75 und mit Anstauelement SitaMore im Einsatz. Sie führen beachtliche 2019 l/s und damit den Großteil der anfallenden Gesamtwassermenge vom Dach ab. Ausgestattet mit Anschlussmanschetten aus der jeweiligen Bitumendachbahn konnten die Handwerker sie sicher und einfach an die jeweilige Dachdeckung anschließen.

Moderne Gebäudetechnik: Schwarze Rohrleitungen und Metallkanäle verlaufen auf weißer Ziegeldecke mit Holzbalken und rotem Installationskanal.
Eine leistungsfähige Notentwässerung war auch aus ­wirtschaftlichen Gründen attraktiv, da damit der aufwendige ­Ausbau des Grundleitungsnetzes und die damit verbundenen Betriebsunterbrechungen vermieden werden konnten.

Rohrverlegung entlang der Hallenwände für optimale Entwässerung

Die Entwässerung mit Druckströmung ist das optimale System für Werkshallen, da die Rohre parallel zur Hallendecke verlegt werden, kein Gefälle notwendig ist und keine senkrechten Fallleitungen dem Werksbetrieb im Wege stehen. Zum Einsatz kam das PE Rohrsystem SitaPipe. Normalerweise werden die Entwässerungsrohre von der Decke abgehängt. Bei der Entwässerungssanierung der alten Hallenkomplexe mit Dachtragwerk in Leimbinder-Koppelpfettenkonstruktion war dies jedoch aus statischen Gründen nicht möglich.

Flachdach eines Industriegebäudes mit Lichtkuppeln, Lüftungsanlagen und entfernten Solarmodulen unter bewölktem Himmel, Fokus auf Gebäudetechnik.
Die für die Notentwässerung zuständigen Druckströmungsgullys – gut erkennbar an der gelben Farbe – sind in den Tiefpunkten des weitläufigen Flachdachs platziert.

Die Problemlösung bot ein deckennahes Montagesystem, das auf Höhe der Hallendecken parallel an der Wand befestigt wurde. Das spezielle Wandbefestigungssystem entstand in Zusammenarbeit mit dem Unternehmen Müpro, das auch die statische Berechnung dafür lieferte. Diese höhenverstellbare Konstruktion wurde mit dem Rohrbefestigungssystem von Sita kombiniert. Da die ganze Konstruktion tiefer an der Wand verlegt wurde, verlief sie in den Bereich der Rolltore. Die Handwerker mussten daher die Rohre um die Tore herumbauen.

Fazit: Zukunftsfähig entwässern mit flexiblen und kreativen Lösungen

Die große Herausforderung war immer wieder die Sanierung im Bestand. Teilweise ist es in den Hallen sehr eng und die Rohrleitungen mussten mit Bögen um Maschinen, Hallentore oder Treppen herumgeleitet werden. Das flexible Rohrsystem erwies sich auch hier als Problemlöser. Für die Hauptentwässerung wurden ca. 400 lfm PE HD Rohre verlegt und mit dem Befestigungssystem gesichert. Für die Notentwässerung kamen 3105 lfm Rohrleitungen zum Einsatz. Der längste Strang ist aktuell 158,9 m lang, im Durchschnitt haben die Stränge eine Länge von ca. 70 m.

Moderne, lang gestreckte Industriehalle als Lagergebäude für Gebäudetechnik-Gewerke, vor leerer Zufahrtsstraße und klarer Himmelkulisse.
Bei Starkregen übernimmt die Notentwässerung und speit das Regenwasser auf schadlos überflutbare Flächen.

Aufgrund der vielen Baukörper, der niedrigen Deckenhöhen und der statischen Gegebenheiten war das Bauvorhaben besonders komplex und erforderte hohe Flexibilität und kreative Lösungen. Durch die nachträglich installierte Notentwässerung gemäß DIN 1986-100 entspricht der Hallenkomplex nicht nur den aktuellen Sicherheitsstandards, sondern konnte auch fit für die Zukunft gemacht werden.

Innenansicht eines Lagers mit geschlossener Industrietoranlage, sichtbaren Dachträgern sowie gelagerten Kisten und haustechnischem Equipment.
Die wasserführenden Leitungen mussten so verlegt werden, dass sie dem Rolltor beim Hochfahren nicht im Wege sind.

Auf einen Blick

  • Die Sanierung der Flachdachentwässerung einer Werksanlage – die Grundleitungen waren alt, schlecht zugänglich und mittlerweile zu klein – musste abschnittsweise und ohne Betriebsunterbrechung erfolgen.
  • Da die Ablaufleistung der Hauptentwässerung begrenzt war, wurde ein Teil der -Regenspende auf die gemäß DIN 1986 100 ¬geforderte, neu installierte Notentwässerung umgeleitet.
  • Aufgrund statischer Gegebenheiten und beengter Platzverhältnisse waren für die -Entwässerungsleitungen kreative Montagelösungen und spezielle Wandbefestigungssysteme gefragt.
  • Die Notentwässerung führt den Großteil der anfallenden Regenwassermenge ab und sorgt dafür, dass auch bei Starkregen das Wasser schnell von dem weitläufigen Hallendach abgeleitet wird.

Daniel Fecke ist staatlich geprüfter ­Versorgungstechniker und ­Regionaltechniker bei der Sita Bauelemente GmbH.

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