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Abwasserhydraulik: Entwässerungsleitungen in DN 90 statt DN 100

Philipp Claus

Bei allen Diskussionen um Schall- und Brandschutz ist die Hauptaufgabe eines Entwässerungssystems in der Gebäudetechnik etwas in den Hintergrund geraten. Tatsächlich ist für den Nutzer oder Betreiber – egal in welchem Gebäudetyp – eine Funktion besonders wichtig: Das anfallende Schmutzwasser muss störungsfrei in die öffentliche Kanalisation abgeleitet werden. Störungsfrei bedeutet, dass es zu keinen Verstopfungen kommt und keine Geruchsverschlüsse an den Einrichtungsgegenständen abgesaugt werden – also eine hydraulische Aufgabenstellung.

Deshalb muss insbesondere bei der Sanierung von Bestandsanlagen das gesamte Abwassersystem betrachtet werden. Bestehende Grundleitungen werden oftmals bei der Sanierung vernachlässigt. Dabei sind diese bei Änderungen in Bestandsanlagen unbedingt zu berücksichtigen. Wird der Füllungsgrad von mindestens der Hälfte des Rohrdurchmessers nicht mehr eingehalten, kann es in den bestehenden Grundleitungen zu Verstopfungen kommen.

In Deutschland wird häusliches Abwasser durch teilbefüllte horizontale Leitungen und belüftete Fallleitungen abgeleitet. Diese Vorgaben lassen sich optimal lösen, wenn Leitungsführung, Dimensionierung und die ausreichenden Spülmengen abgestimmt sind.

Gefälle allein macht kein gutes Abwassersystem

Das Gefälle wird’s schon richten – wer sich bei Planung und Installation einer Entwässerungsanlage von dieser Daumenregel leiten lässt, kann mit negativen Überraschungen konfrontiert werden. Neben unangenehmen Gerüchen aus leer gesaugten Siphons sind laute Fließgeräusche oder ein Rückstau samt Austritt von Fäkalien aus einem falsch installierten Entwässerungssystem weitere negative Nebenwirkungen und sorgen für höchst unzufriedene Nutzer. Damit es nicht zu Störungen oder sogar Schäden kommt, ist eine sorgfältige Planung des Entwässerungssystems erforderlich.

  • Mit welchen Wassermengen ist beim häuslichen Abwasser und bei Niederschlag am Gebäude oder auf dem Grundstück zu rechnen?
  • Welche Abflusskennzahl für die gleichzeitige Belastung des Systems kommt in Betracht?

Das sind nur zwei von mehreren Fragestellungen, die zu berücksichtigen sind.

Computergestützte Simulation über das Strömungsverhalten des Abwassers im Umlenkungsbereich einer Abwasserleitung.

Zuerst die Rahmenbedingungen prüfen

Wer sich auf die Suche nach passenden Antworten macht, muss die komplette Bauaufgabe im Blick haben. Welche Spülmengen sind erforderlich? Geht es um die auf Wassersparen ausgelegten häuslichen Sanitärapparate einer neuen Wohnanlage oder um die Teilsanierung einer betagten Immobilie mit etlichen Unbekannten hinter der Wand bzw. im Untergrund? Im Bestand kann es vorkommen, dass der störungsfreie Abtransport im alten System nur dann funktioniert, wenn eine erhöhte Spülmenge schwallweise den überdimensionierten Leitungsquerschnitt ausspült. Zur Erinnerung: 1960 war eine WC-Spülmenge von 14 Litern noch üblich. Heute können bereits 4 Liter ausreichen, die durchschnittliche Spülwassermenge liegt bei 6 Litern.

Dank ständig optimierter Spültechnik geht heute der Trend zur 4-Liter-Spülung. In geeigneter Kombination UP-Spülkasten und Keramik lassen sich auch mit geringen Spülmengen optimale Ausspülergebnisse erzielen.

Für den TGA-Fachplaner und den SHK-Betrieb ist es deshalb wichtig, die Rahmenbedingungen zu kennen, wenn eine Entwässerungsanlage nicht in gesamter Länge neu geplant und gebaut werden soll.

Weiterentwicklungen und Trends in der Gebäudetechnik beachten

Fachplaner und Fachhandwerk stehen in der Verantwortung, ihren Kunden ein funktionsfähiges Entwässerungssystem zu installieren, das den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht. Vor mehreren Jahrzehnten lag der Fokus auf der Ablaufleistung. Heute stehen weitere Funktionen im Mittelpunkt, wie beispielsweise der Schall- und Brandschutz.

Mit der Sanierung eines jahrzehntealten Bades vollzieht sich heute ein Meilenstein in der Haus- und Gebäudetechnik. Mit einer modernen und zeitgemäßen Vorwandinstallation ziehen unter anderem wassersparende Spültechniken und bodenebene Lösungen ins neue Bad ein. Dies erfordert ein Umdenken in der Dimensionierung und Leitungsführung.

Hydraulik als maßgebende Größe

Welcher Hydraulik bedarf es, um Schmutzwasser möglichst geräuscharm aus der Etage über die Fallleitung und weiter bis in den öffentlichen Kanal zu führen? Um hier zu optimalen Ergebnissen zu kommen, hat der Hersteller Geberit über Jahre hinweg zahlreiche Laborversuche für Hydraulik und Akustik mit dem Entwässerungssystem Geberit Silent-db20 durchgeführt. Längst ist bekannt und in üblicher Planungssoftware (z.B. Geberit ProPlanner) hinterlegt, mit welchen normativen Vorgaben zu rechnen ist. Dazu zählen Faktoren wie z.B. Durchfluss, Gleichzeitigkeit der Benutzung, Gefälle und Rohrinnendurchmesser.

Doch das ist bei Weitem nicht alles: Entwässerungsspezialisten wie Geberit entwickeln neue Formteile durch aufwendige Strömungsberechnungen bzw. -simulationen in eigenen Sanitärlabors. Dabei ist erwiesen (siehe Abbildung 1), dass die Strömungsverhältnisse in die Fallleitung ungünstig sind, wenn Abzweige zwischen 87° und 88,5° ohne Bogenradius eingesetzt werden. Die Auswirkungen: Der Querschnitt der Fallleitung wird größtenteils verschlossen und behindert so das Nachströmverhalten der Luft im Fallstrang. Die Ablaufleistung bleibt hinter den Möglichkeiten zurück.

Abbildung 1: Einströmverhalten und Luftquerschnitte unterschiedlicher Abzweige (links: 88,5°-Abzweig, Mitte: 45°-Abzweig, rechts: 88,5°-Bogenabzweig) im Bereich der Fallleitung.

So wird die Ablaufleistung erheblich gesteigert

Günstiger sieht es beim 45°-Abzweig in die Fallleitung aus, jedoch ist dieser nur bei gleicher Dimension normativ zulässig. Es kommt hinzu, dass die Belüftung in die Anschlussleitung beeinträchtigt wird. Daher liegt das Optimum klar bei einem Bogenabzweig von 88,5°. Hier bewirkt der Innenradius eine erhebliche Steigerung der Ablaufleistung um ca. 30 Prozent. Ein weiterer Vorteil: Im Fallstrang sowie in der Einzel- und Sammelanschlussleitung ergibt sich ein möglichst günstiges Wasser-/Luft-Verhältnis.

Doppelabzweig für effiziente Montage

Mit Doppelabzweigen können gegenüberliegende Sanitärapparate auf gleicher Höhe ohne gegenseitige Beeinflussung angeschlossen werden. Auch hier spielt der Bogenradius (mindestens die Größe des halben Durchmessers) die entscheidende Rolle, denn nur so lassen sich die Anwendungsgrenzen erweitern. Durch Spülversuche mit transparenten Formteilen lässt sich nachweisen, dass selbst dann kein Überspülen stattfindet, wenn nur auf einer Seite fäkalienhaltiges Abwasser einströmt. Eine mögliche Störung im System für den gegenüberliegenden Anschluss ist dadurch nicht zu befürchten.

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