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Probleme in der Trinkwasserinstallation: Druckstöße durch Einhebelmischer

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Mit dem SBZ-Praxistest ist es nun amtlich: Das Druckstoßverhalten von Einhebelmischern ist problematisch. Sie verursachen Druckstöße, die die vorgeschriebenen Werte weit übersteigen. Die Folgen sind Komforteinbußen durch Schallübertragungen, aber auch ein Zusammenhang mit größeren Systemschäden kann nicht ausgeschlossen werden. Unsere Schwesterzeitschrift SBZ hat gemeinsam mit der Hochschule Esslingen einen großen Praxistest durchgeführt. Im Interview mit SBZ-Chefredakteur Dennis Jäger erläutert Prof. Dr.-Ing. Hans Messerschmid die Problematik und gibt Empfehlungen für Handwerk und Industrie.

SBZ: Druckstöße in der Trinkwasserinstallation sind ja nicht unbedingt ein neues Thema für Sie. Wie lange kennen Sie das Phänomen schon?

Prof. Hans Messerschmid: Das Thema an sich ist in der Tat nicht neu. Bei großen Leitungsanlagen in der kommunalen und überregionalen Trinkwasserversorgung und auch im Bereich von Wasserkraftanlagen kam es schon in der Vergangenheit immer wieder zu ernsten Problemen, weil durch schnell schließende Armaturen Druckschläge ausgelöst wurden, die große Schäden an der Leitungsanlage verursacht haben.

Bei Trinkwasserinstallationen in Gebäuden wird das Thema von der Fachwelt noch nicht richtig wahrgenommen, obwohl es auch hier schon gelegentlich zu größeren Schäden kam und es für einige Armaturen bereits Regelwerke gibt, die Grenzwerte für Druckschläge vorgeben.

Zum Beispiel?

Ich hatte damit schon im Rahmen von Schadensgutachten zu tun. Dabei gab es in einem Fall im Gebäude einer Nutzerin unerklärliche, stark klopfende Geräusche, verbunden mit der kuriosen Situation, dass sich der Brauseschlauch in der Dusche ruckartig bewegt hat. Die Nutzerin hatte dann Bedenken, dass etwas in der Anlage kaputt ist. Ein eher harmloser Fall. Die Ursache war eine sehr schnell schließende Küchenarmatur in der Einliegerwohnung des Gebäudes. Das Geräusch kam von einem Rückschlagventil, das durch den Druckstoß zu klopfen und schlagen begann. Der Brauseschlauch in der Dusche wurde dabei gleichzeitig gedehnt und begann sich deshalb an der Wand zu bewegen.

Bei einem anderen Fall wurde durch einen schnell schließenden Einhebelmischer eine so starke Druckwelle in der Trinkwasserinstallation ausgelöst, dass die Kunststofftasse des Feinfilters zu Bruch ging. Wasser strömte dann längere Zeit unbemerkt im Heizraum aus und führte zu einem Wasserschaden. Das war dann im Vergleich zum ersten Fall deutlich teurer und ging vor Gericht.

Seit wann beschäftigen Sie sich in diesem Zusammenhang mit Einhebelmischern?

Durch meine Schadensgutachten interessierte ich mich zunehmend für das Phänomen der Druckschläge. Vor einigen Jahren konnte ich dann einen Studenten davon überzeugen, dass er im Rahmen seiner Bachelorarbeit für unser Labor einen Prüfstand konzipiert und baut, mit dessen Hilfe Druckschläge an Einhebelmischern gemessen werden können. Dieser Prüfstand entspricht in der wesentlichen Ausstattung den einschlägigen Regelwerken, sodass damit DIN-konforme Produkttests durchgeführt werden können. 2019 kam dann die SBZ auf mich zu mit der Idee, an mehreren Waschtisch-Einhebelmischern verschiedener Hersteller das Druckstoßverhalten zu untersuchen. Das war der Beginn dieser nun hier vorgestellten Messserie.

Mit dem SBZ-Praxistest haben Sie nachgewiesen, dass Einhebelmischer durchaus für Wasserschläge verantwortlich sein können, die jenseits der bekannten Grenzwerte für Druckbelastung im Installationssystem liegen. Wie überrascht waren Sie, dass eine hohe Zahl der getesteten Armaturen die Maximalwerte überschritten hat?

Wir waren natürlich sehr überrascht über die negativen Ergebnisse.

Wie sind Sie vorgegangen?

Druckstöße breiten sich in Rohrleitungen wellenförmig aus, ähnlich einer Schallwelle. Dabei gibt es positive und negative Druckspitzen. Nach DIN 1988-200 darf die Summe aus Druckstoß und dem vorhandenen Ruhedruck den zulässigen Betriebsüberdruck der Trinkwasserinstallation, also 10 bar, nicht übersteigen. Dabei darf die Höhe des positiven Druckstoßes nicht höher sein als 2 bar. Der negative Druckstoß darf 50 % des anliegenden Fließdruckes nicht unterschreiten. Auch die europäische DIN EN 806-2 [3] besagt, dass die Summe aus Betriebsüberdruck und Druckstoß den Prüfdruck der Installation nicht überschreiten darf; also eine eher unspezifizierte Festlegung. Aus der Physik des Druckstoßes ist erkennbar, dass die Schließzeit der Armatur einen entscheidenden Einfluss auf die Höhe der Druckwelle hat.

Wir haben uns deshalb überlegt, wie schnell ein Nutzer üblicherweise eine Armatur schließt. Aufgrund sehr kleiner Hebelwege an den meisten Armaturen haben wir bei mehreren Tests Schließzeiten von ca. 100 Millisekunden gestoppt. Diese Zeit haben wir für die darauffolgenden Testreihen festgelegt. Wenn jemand die Armatur sehr schnell schließt, also wenn beispielsweise ein Kind auf den Hebel der Armatur schlägt, reduziert das die Schließzeit auf ca. 20 Millisekunden. Auch diese Zeit haben wir für die Tests zugrunde gelegt. Wir haben außerdem alle Tests mit Fließdrücken von 3 bar und 5 bar durchgeführt, also ebenfalls durchaus übliche Werte, wie sie in der Installation vorkommen.

Außerdem wurden die Versuche jeweils in der Hebelstellung „kalt“ und „mittel“ ausgeführt. Insgesamt hat keine der Armaturen, selbst bei dem kleineren Fließdruck und der längeren Schließzeit, einen positiven Druckstoß mit weniger als 2 bar erreicht, so wie es DIN 1988-200 fordert.

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