Direkt zum Inhalt
Anzeige
Anzeige
Anzeige
haustec.de
Das Fachportal für die Gebäudetechnik
Ad placeholder
Anzeige
haustec.de
Das Fachportal für die Gebäudetechnik
Ad placeholder
Print this page

Tipps vom Gutachter: Damit sich dunkle Kunststoff-Fenster nicht verziehen

Jürgen Sieber

Nachteile dunkler Fensterrahmen entgegenwirken

Gutachterlich stellt sich immer die Frage: „Woran liegt es, dass sich Fenster auf der einen Baustelle konkav verziehen, während die Fenster auf der anderen Baustelle lotrecht stehen bleiben, obwohl es sich um dieselben Fenster-Systeme handelt oder teilweise sogar um denselben Fensterhersteller?“ In diesem Artikel gehen wir der Frage nach wieso dunkle Kunsttofffenster Probleme machen können und wie vorgebeugt werden kann, sind dunkle Fensterrahmen ein Nachteil?

Gutachten prüfen die Verarbeitungsbedingungen und die Montagevorgaben

Ohne Ausglasen der Scheiben und ein „Zerlegen“ der Fenster kann in aller Regel keine gutachterliche Bewertung vorgenommen werden. Beim gerichtlichen Ortstermin werden also zuerst die „Basics“ der Fertigung überprüft – bei dunklen Profilen sehen die Systemgeber andere Verarbeitungsbedingungen vor als bei weißen Profilen, daher werden folgende Punkte geprüft:

  • Wurden die Größenbegrenzungen des Systemgebers eingehalten?
  • Stimmt die Stärke und Form der Armierungen mit den Vorgaben für dunkle PVC-Profile überein?
  • Entspricht die Länge der Armierung den Vorgaben des Systemgebers?
  • Wurden die Armierungen so verschraubt, wie es die Handbücher für die Kunststoff-Fensterherstellung vorsehen?
Im Anschluss werden die Montagevorgaben für dunkle Profile überprüft:
  • Stimmen die verwendeten Befestigungsmittel mit der Windlast und der Druckfestigkeit des Mauerwerks überein?
  • Stimmt der Abstand der Befestigungsmittel?
  • Wurden evtl. verwendete, dunkle Verbreiterungen mit einer Armierung verstärkt oder wurden diese (wie häufig beobachtet) ohne Stahlverstärkung an die Rahmen montiert?
  • Wurden im Boden- und Deckenbereich die Verbreiterungen mit Montagewinkeln versehen?

Gerade der letzte Punkt, die Verwendung von Montagewinkeln, wird in den Handbüchern der PVC-Systemgeber sowie in der Technischen Richtlinien Nr. 20 (Montage von Fenstern- und Fenstertüren) seit vielen Jahren gefordert, ohne dass es im Alltag bei der Montage beachtet wird. Der Einsatz von solchen Winkeln – speziell bei hohen Profilaufbauten im unteren Bereich – verhindert eine Profildurchbiegung bzw. begrenzt diese auf ein Minimum.

Bei hohen Bodenaufbauten mit großen Verbreiterungen im Sockelbereich wird oft der Fehler gemacht, dass die Aufdoppelungen keine Stahlarmierungen besitzen. Aber diese Stahlarmierungen sind bei dunklen Kunststoff-Fenstern bei allen deutschen PVC-Systemgebern obligatorisch.

Im Merkblatt „Besondere Empfehlung für die Planung und den Einsatz von farbigen Kunststoffprofilen für Fenster und Haustüren“, herausgegeben von der Gütegemeinschaft für Kunststoff-Fensterprofile e.V., steht ein wichtiger Abschnitt:

„Bei kritischen Einbaulagen von Fenstern und Türen ist eine rechtzeitige Rücksprache mit dem Systemgeber erforderlich. Der Einsatz von Profilen mit farbigen Oberflächen in solchen Einbausituationen bedarf einer gesonderten Planung. Es sind die Anschlussbereiche so zu wählen, dass keine zusätzlichen Wärmeeinträge in die Konstruktion erfolgen.“

Dies heißt, dass der Einsatz von anthrazit farbenen und dunklen Kunststofffenstern im Bereich von stark sonnenerwärmten Gebäudeteilen, wie der Südseite, Penthauswohnungen, Fenster oberhalb von Solaranlagen etc. speziell geplant und durchdacht werden muss und die Rücksprache mit dem Systemgeber nötig ist.

Eine Möglichkeit ist beispielsweise, diese Fenster mit Sonderarmierungen zu versehen.

Welcher Verzug ist bei PVC-Fenstern zulässig?

Für den Verzug von PVC-Fenster liegen keine Normen vor. Gutachterlicherseits orientiert man sich an den Klimaklassen bei Holzhaustüren, die einen Verzug von 4,0 mm auf einer „Haustürlänge“ erlauben, bei Festverglasungen darf der Verzug auch mal etwas größer sein, jedoch immer mit der Einschränkung, dass Luftdichtigkeit, Schließkraft und Schlagregendichtheit erfüllt bleiben.

Arbeitet man im Dach- und Terrassenbereich mit einer Flüssigabdichtung, gelten die maximalen Ausdehnungswerte für Flüssigabdichtungen, die in aller Regel auf 3 mm begrenzt sind.

Fazit: Das gibt es bei der Herstellung und dem Einbau dunkler Kunststofffenster zu beachten

Dunkle Kunststoff-Fenster herzustellen, die sich auch bei erhöhter Wärmeeinstrahlung nicht verziehen ist möglich. Bei der Fertigung dieser Fenster müssen u. a. jedoch folgende Dinge beachtet werden:

  • Der Armierungsstahl muss entsprechend dick und auf das Längenmaß des PVC-Profils angepasst sein. Rasterlängen sind hier nicht geeignet. Vielmehr muss die Armierungslänge individuell angepasst werden
  • Neben den Größenbegrenzungen für dunkle PVC-Profile muss – im Zuge der vermehrt eingesetzten 3-fach-Isoliergläser – auch das Glasgewicht überprüft werden.
  • Gegebenenfalls muss das Isolierglas auch mal eingeklebt werden, um den unteren Querfries zu entlasten.
  • Die Armierung muss eng mit dem PVC verschraubt werden.
  • Die Größenbegrenzungen der Systemgeber haben einen Sinn. Diese einzuhalten – auch wenn man einen Architektenwunsch nicht erfüllen kann – sind unabdingbar.
  • Die Befestigungsmittel müssen der Windlast und dem Festigkeitswert des Steines angepasst werden.
  • Montagewinkel für die Befestigung der Verbreiterungen sind seit vielen Jahren in den Regelwerken vorgeschrieben. Diese verhindern – speziell im unteren Bereich – eine Durchbiegung des Elements.
  • Verbreiterungen sind mit Stahlarmierungen zu versehen.
  • Ist dennoch ein leichter Verzug aufgetreten, der zu Undichtigkeiten führt, kann dieser durch Einsatz von Glasfalzarmierungen und größeren Dichtungen u.U. behoben werden.

Für den Endkunden bedeutet dies: Fenster, die nach diesen Regeln produziert werden sind qualitativ hochwertig und nicht für einen billigen Preis zu bekommen. Nachteile dunkler Fenster zeigen sich vor allem bei günstigen Produkten, diese sind nach einer Wiele oft verzogen und sind nicht für starke Hitzeeinwirkungen geeignet.

Dieser Artikel von Jürgen Sieber ist zuerst erschienen in GLASWELT Ausgabe: 08-2017. Der Autor Jürgen Sieber ist Betriebswirt und Glasermeister, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für das Glaser- und Fensterbauer-Handwerk. Zusätzlich unterrichtet er an der Meisterschule für Fensterbauer in Karlsruhe.

Mehr zu diesem Thema
Anzeige
haustec.de
Das Fachportal für die Gebäudetechnik
Ad placeholder