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Wie Automatisierungssysteme fehlerfrei geplant werden

Christian Bauerschmidt, Patrick Lützel
Häufig in der Praxis anzutreffen: Unsach­gemäß rückgebaute Kabel und unzureichender Verschluss der Kabeldurchführungen.

Was soll die Gebäudeautomation leisten? Diese grundlegende Frage muss spätestens beantwortet werden, wenn der Planer mit seiner Arbeit beginnt. Das mag selbstverständlich klingen, in der Praxis jedoch ist es eher selten der Fall, dass die Anforderungen des Bauherren frühzeitig (rechtzeitig) konkret definiert sind.

Voraussetzungen und Ziele detailliert ermitteln

Die Ziele werden häufig pauschal formuliert – höhere Energieeffizienz, mehr Nutzungskomfort und Sicherheit, flexible Steuerung. Was jedoch bedeutet das im Einzelnen? Welches System optimal ist, ist eine Frage der späteren Nutzung: Ein Hotel mit vielen einzelnen Zimmern benötigt andere Konzepte als ein Einkaufszentrum mit offenen Flächen, mehreren Geschäften und damit mehreren Nutzern (Bedienern). Standardlösungen sind bei der Gebäudeautomation nicht zielführend – was für das eine Gebäude passend ist, kann in anderen Bauten in beiden Richtungen deutlich am Bedarf vorbeigehen.

Je detaillierter die Voraussetzungen vorab klar sind, desto genauer kann geplant werden. Zu welchen Uhrzeiten sind welche Temperaturen in bestimmten Räumen gewünscht? Wann werden welche Bereiche genutzt – und wann nicht? Wie viele Stunden am Tag muss geheizt oder belüftet werden? Wie wird die Beleuchtung gesteuert? Über Bewegungsmelder – die zugleich auch die Lüftungsanlage regeln?

Solche praktischen Fragen sollten frühzeitig beantwortet sein, um von Anfang an die richtigen Entscheidungen zu treffen. Zugleich ist die Anwendung von rechtlichen Vorgaben bzw. Anforderungsniveaus, beispielsweise der Energieeinsparverordnung und der von ihr in Bezug genommenen Regelwerke, zu klären. Auch sind klare Aussagen zum Budget für die Einrichtung des Automationssystems und der zugehörigen Anlagen sowie für den laufenden Betrieb unerlässlich.

Lastenheft als Grundlage

Die Anforderungen sollten vom Bauherren bereits zu Beginn der Konzeptionsphase in Form eines Lastenheftes definiert sein (Bedarfsplanung). In diesem werden alle Informationen über bauliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen festgehalten, es dient dem Planer sowohl als Grundlage für ein zielführendes Gesamtkonzept als auch für die Ausschreibung an qualifizierte Dienstleister. So wird verhindert, dass es später zu Fehlern aufgrund von Missverständnissen kommt.

Sind die Grundlagen gelegt, kann die Planung selbst beginnen. Sie stellt sich bei Gewerbeimmobilien in der Regel ausgesprochen komplex dar: Heizung, Sanitär und Lüftung, Klima- und Beschattungsanlagen, IT, Steuerungs- und Elektrotechnik – sämtliche Gewerke müssen in die Gesamtplanung integriert werden.

Der Fachplaner muss sich deshalb detailliert in verschiedensten Disziplinen auskennen – dabei genügt es nicht, die einzelnen Gewerke zu betrachten. Auch die Wechselwirkungen zwischen den Komponenten und Anlagen müssen in die Planung einbezogen werden. Denn nur wenn alle Komponenten aufeinander abgestimmt sind, wird die Gebäudeautomation einwandfrei funktionieren. Fehler bei Planung und Ausführung können sich hingegen massiv auf den gesamten späteren Betrieb auswirken. Sie können hohe Nebenkosten, teure Wartungen und Reparaturen nach sich ziehen und sind im Nachhinein oft schwer oder nur aufwendig zu beheben.

Unterstützung der Prüfung von Gebäudeautomationssystemen mit einem standardisierten Prüfprotokoll.

Mit offenen Standards planen

Zudem ist es ratsam, sich nicht unbedingt für die günstigsten Komponenten zu entscheiden oder sich nur auf einen Hersteller zu konzentrieren, sondern auf offene technische Standards zu achten. So definiert DIN EN ISO 16 484-5 das „Building Automation and Control Networks“ (BACnet) als Standard-Datenprotokoll, das den Datenaustausch der technischen Gebäudeausrüstung vereinfacht und vereinheitlicht.

Alle Komponenten, die diesem Protokoll folgen, sind untereinander kompatibel und kombinierbar, auch wenn sie von verschiedenen Herstellern kommen. Wird dieser Standard für das gesamte System verwendet, kann das bei Reparaturen, baulichen Änderungen und Nachrüstungen erhebliche finanzielle und bauliche Vorteile mit sich bringen.

Unabhängige Experten einbeziehen

Aufgrund der Komplexität der Planung kann es sinnvoll sein, bereits während der Konzeption und Planung, aber auch bei Ausführung und Fertigstellung des Projekts unabhängige Experten wie z.B. den TÜV SÜD Industrie Service hinzuzuziehen. Sie unterstützen den Planer jeweils nach Bedarf und bringen ihr Wissen über die verschiedenen Gewerke und deren Wechselwirkungen ein.

Zudem können sie aufgrund ihrer weitreichenden Erfahrung Bauherren und Planer beraten, welche konkreten Möglichkeiten bei Planung und Ausführung bestehen. Die Sachverständigen begleiten und überprüfen die Planung, unterstützen bei der Erstellung des Lastenhefts, kontrollieren die Ausführung während und nach der Fertigstellung und bewerten mögliche Abweichungen.

Vor der Endabnahme können sie alle Funktionen und die Umsetzung detailliert prüfen. Dies empfiehlt sich allein schon, um mögliche Gewährleistungsansprüche frühzeitig aufzudecken.

Praxisbeispiel Lüftungsanlage: Fehler rechtzeitig erkennen

Dass dies sinnvoll ist, zeigt sich in der Praxis immer wieder. So haben Sachverständige von TÜV SÜD Industrie Service bei einem Objekt noch vor der Endabnahme einer neuen Lüftungsanlage entscheidende Mängel aufgedeckt. Ein Liegenschaftsbetreiber hatte sie mit der Prüfung beauftragt: Ein neues Automationssystem in einer Untertageanlage sollte vier Lüftungsanlagen für 13 Bereiche steuern – drei Umluftanlagen mit einem konstanten Frischluftanteil, der über eine Luftklappe zugeschaltet wird sowie eine einstufige Abluftanlage.

Zunächst führten die Sachverständigen eine Sichtprüfung durch und nahmen Messungen an den Anlagen vor. Außerdem wurde die gesamte Dokumentation inklusive aller Schaltpläne eingehend überprüft und bewertet. Das Ergebnis der mehrtägigen Prüfung: Es konnten gleich mehrere Planungs- und Ausführungsmängel aufgedeckt werden. Einige der verwendeten Systeme und deren Implementierung entsprachen nicht den Regeln der Technik und waren teilweise auch nicht gemäß den Vorgaben des Bauherrn installiert.

Zu den entscheidenden Abweichungen vom Anforderungskatalog zählte, dass bei der Realisierung falsche Schalter verwendet worden waren. Dies hätte zur Folge gehabt, dass man bei einer Wartung oder Reparatur die gesamte Anlage hätte abschalten müssen. Gerade das wollte der Bauherr aber vermeiden und hatte einpolige Reparaturschalter ausgeschrieben, um die Antriebe der Lüfter für Wartungsarbeiten einzeln außer Betrieb zu setzen.

Weitere Mängel wurden bei der Verdrahtung, bei der Umsetzung der normativen Vorgaben und bei der Berechnung der Kühlleistung aufgedeckt. Außerdem war die Dokumentation teils fehlerhaft und stimmte nicht vollständig mit den tatsächlichen Installationen überein.

Weiterhin war die Steuerungssoftware der Automatisierungsanlage nicht ausreichend gesichert: Die Sachverständigen von TÜV SÜD konnten nachweisen, dass diese von fachkundigen Unbefugten jederzeit geändert oder manipuliert werden könnte – dieser Fehler hatte bei ähnlichen Anlagen bereits zu zwei Unfällen geführt. All diese Mängel konnten die Sachverständigen noch vor der Endabnahme aufdecken und dokumentieren. Dies lieferte dem Bauherrn eine fundierte Basis, um über erforderliche Maßnahmen zu entscheiden.

Dieser Beitrag von Christian Bauerschmidt und Patrick Lützel erschien zuerst in TGA Fachplaner 7/2017. Die Autoren arbeiten beide im Bereich Elektro- und Gebäudetechnik bei TÜV SÜD Industrie Service.

Normen und Richtlinien (AKK)

Wird eine Gebäudeautomation geplant, sind verschiedene Gesetze, Verordnungen und technische Regeln einzuhalten. Sie beziehen sich zum Teil auf einzelne Gewerke wie Kälte-, Elektro- und Sicherheitstechnik, teils handelt es sich um übergeordnete Normen und Richtlinien. Sie dienen als Leitfäden für Konzeption, Planung und Umsetzung. So macht DIN EN ISO 16 484 Vorgaben für eine Gebäudeautomation mit Regelungs- und Steuerungssystemen, in der Richtlinie VDI 3814 werden die regionalen Anforderungen für Mitteleuropa konkretisiert. Die VDI-Richtlinie geht vor allem auf die Komponenten, die Software, die damit verbundenen Dienstleistungen sowie das Energie- und Gebäudemanagement ein.

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