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Asbest in Bestandsbauten: Mit Schutzmaßnahmen sicher sanieren

­Alexander Borchert

Asbest ist ein in der Natur in Faserform vorkommender mineralischer Rohstoff, der bereits in der Antike bekannt war. Die von griechischen Autoren „asbestos“, „unvergänglich“, genannten Fasern wurden nach damaligen Quellen zu Fäden gesponnen und etwa zu Dochten verarbeitet, angeblich auch bereits zu feuerfester Kleidung. Die natürliche Mineralfaser ist jedoch nicht nur brand-, sondern auch säurebeständig, dazu flexibel und reißfest, wirkt außerdem wärmeisolierend. Eine Nutzung im großen Stil setzte allerdings erst im 20. Jahrhundert ein. 

Asbest wurde im Schiffsbau verwendet, für Bremsbeläge, in großem Ausmaß außerdem im Baubereich, überwiegend als Asbestzement. Indes gab es schon früh Hinweise darauf, dass die Fasern Atemwege und Lungengewebe schädigen und Krebs auslösen können. Eine deutliche Warnung vor asbesthaltigen Materialien sprach 1980 in der damaligen BRD das Umweltbundesamt aus. Das Verbot der Produktion, des Verkaufs und des Einsatzes solcher Erzeugnisse erfolgte erst 13 Jahre später, 1993.

Viele Bitumenabdichtungen von Flachdächern enthalten Asbest und müssen nach TRGS 519 entsorgt werden.

Gesundheitliche Gefahren

Asbestfasern sind Silikatkristalle in Nadelform. Da sie sehr klein sind, bis herab zu einer Länge von zwei Mikrometern, halten sie sich bei Freisetzung lange in der Luft, bis zu 24 Stunden. Werden sie eingeatmet, können sie nicht wie größere Partikel abgehustet werden. Sie verletzen das Gewebe von Kehlkopf, Bronchien und Lungenbläschen immer wieder, was zur Asbestose führen kann, einer Variante der Lungenfibrose, das heißt zu Entzündungen und großflächigen Vernarbungen des Lungengewebes, die die Sauerstoffaufnahme beeinträchtigen. Neben der Asbestose können durch die beständige Reizung des Gewebes jedoch auch Tumore entstehen, die sogenannten Mesotheliome, darüber hinaus Krebs: Eierstock-, Rippenfell-, Lungen- und Kehlkopfkrebs. Bereits die Inhalation geringer Mengen reicht hierfür aus.

Die Latenzzeiten sind lang, zwischen der Exposition und dem Befund können 30 bis 50 Jahre vergehen. Im Durchschnitt sterben pro Jahr etwa 1.500 Menschen an den Folgen einer Asbestexposition, 2022 waren es im Bauhauptgewerbe allein 320 Todesfälle. Mit dem Verbot der Herstellung, des Inverkehrbringens und der Verwendung asbesthaltiger Erzeugnisse, geltend ab dem 31.Oktober 1993, waren auch Arbeiten an belasteten Bauteilen nicht mehr gestattet, mit Ausnahme von ASI-Arbeiten. Das sind Tätigkeiten zu Abbruch, Sanierung oder Instandhaltung. Nicht einmal Reinigungsarbeiten an Dachschindeln oder Dachwellplatten aus Asbestfaserzement sind erlaubt, die je nach Oberflächenbeschaffenheit von Flechten und Moosen besiedelt werden können.

Floor-Flex-Platten aus organischen Bindern, anorganischen Füllstoffen und etwa 15 Prozent Asbest ­wurden von den 1950er- bis in die 1970er-Jahre häufig eingesetzt.

Schwach gebundene und stark gebundene Fasern

Massiv sind asbesthaltige Produkte ab 1950 eingesetzt worden, im Neubau, doch natürlich ebenso in der Sanierung und Modernisierung. Daher muss man generell in allen vor Ende 1993 errichteten oder sanierten beziehungsweise modernisierten Bauten mit diesen Risikostoffen rechnen. Ob und wie stark Bewohner:innen, Nutzer:innen sowie die Ausführenden von Modernisierungsarbeiten gefährdet sind, hängt vor allem vom jeweiligen Baustoff ab. Fachleute unterscheiden zwischen Materialien mit schwach gebundenem und solchen mit stark gebundenem Asbestanteil. „Schwach gebunden“ heißt, dass die Fasern bereits bei geringen mechanischen oder thermischen Einwirkungen beziehungsweise Beanspruchungen an die Umgebung abgegeben werden. Das ist etwa beim Spritzasbest der Fall. Es handelt sich um eine weiche, dabei schnell abbindende Masse mit einem Faseranteil von über 60 Prozent, die per Schlauch überall dort aufgebracht wurde, wo Brandschutz vorrangig war, in Fahrstuhlschächten, in Installations- und ebenso in Lüftungsschächten, darüber hinaus auch auf tragenden Strukturen wie etwa Stahlstützen und Stahlträgern.

Auch die Fasern in Asbestpappen gelten als schwach gebunden. Solche Pappen findet man zum Beispiel in den Zargen von Fenstern oder von Brandschutztüren. Stopfmassen und Schnüre aus Asbest sollten in Durchführungen von Lüftungs-, Wasser- und Elektroleitungen Brandüberschlag verhindern. Aus Leichtbauplatten mit schwach gebundenem Asbestanteil wurden unter anderem abgehängte Decken erstellt. Für die Dämmung und Auskleidung vieler Elektrospeicheheizgeräte (Nachtspeicherheizungen) wurden Asbestleichtbauplatten gewählt.

Asbest in stark gebundener Form liegt in hochdichten Asbestplatten, in Asbestrohren (Abwasserführung), Asbestzement-Werksteinen (Fensterbänke) vor, sowie in Fassadenplatten, Dachschindeln und Dachwellplatten aus Asbestfaserzement. Allerdings können unbeschichtete Fassadenplatten und Dacheindeckungen mit der Zeit korrodieren und bei mechanischer Beanspruchung Fasern abgeben.

Bei Cushion-Vinyl-Bodenbelägen handelt es sich dagegen zwar um dünne Asbestpappen mit einer Nutzschicht aus Weich-PVC, die Fasern werden jedoch erst freigesetzt, wenn die elastischen Fliesen beschädigt oder entfernt werden. Die ebenfalls in Gebäuden aus den 1950er bis 1970er Jahren häufig anzutreffenden, elastischen Floor-Flex-Bodenfliesen bestehen aus einer Mischung aus Asbestfasern sowie organischen und anorganischen Stoffen. Die Fasern sind fest gebunden, dennoch können sie, werden die Fliesen vom Fußbodenaufbau gelöst oder beschädigt, die Raumluft kontaminieren.

Spritzasbest, mit über 60 Prozent Faseranteil, wurde vor allem in gewerblichen Bauten und Verwaltungsgebäuden eingesetzt.

Asbesterkundung vor der Maßnahmenplanung

Die Pflicht, vor Beginn der Tätigkeiten eine eventuelle Asbestbelastung des Gebäudes zu prüfen, wird voraussichtlich dem Veranlasser einer Maßnahme obliegen [1]. So jedenfalls geht aus der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) hervor, die sich derzeit noch im Abstimmungsverfahren zwischen den Bundesministerien befindet. Veranlasser können Eigentümer:innen oder auch Mieter:innen sein, die als Laien Unterstützung von professioneller Seite benötigen. Es sollten zuerst die vorhandenen Bauunterlagen durchgesehen, dann das Gebäude untersucht werden. Sind Proben notwendig, ist auf staubfreie Entnahme zu achten (durch Annässen oder Behandlung der Materialien mit Bindemitteln). Bestätigt sich der Verdacht auf eine erhebliche Belastung, muss ein entsprechend qualifiziertes Unternehmen die Sanierung übernehmen, nach den Technischen Regeln für Gefahrstoffe 519 „Asbest: Abbruch-, Sanierungs- oder Instandhaltungsarbeiten“ (TRGS 519).

Bei Schleifarbeiten an asbesthaltigen Putzen und Spachtelmassen muss grundsätzlich mit Absaugvorrichtung gearbeitet werden.

Faserstäube aus Putzen und Klebern

Als größtes noch ungelöstes Problem gelten für Norbert Kluger, Gefahrstoff-Experte der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG BAU) jedoch nicht mehr die Bereiche mit schwach gebundenem Asbest (siehe Interview). Der Fokus liege inzwischen auf den bisher weniger beachteten Materialien mit stark gebundenen Fasern, den asbesthaltigen Putzen, Spachtelmassen, Fliesenklebern und Kittmassen, die bei Bohr- und Schleifarbeiten Faserstäube emittierten [2]. Der Fachmann weist in diesem Zusammenhang aber noch auf eine weitere Gefahrstoffquelle hin, die Ausführende am Bau beachten müssten: die quarzhaltigen Stäube. Auch die lösten Lungenfibrose aus, seien überdies gleichfalls kanzerogen, wenn auch nicht in dem Ausmaß wie Asbestfasern. Schon aus diesem Grund appelliert die BG BAU an Unternehmen wie an Beschäftigte, durchweg für staubarmes, staubfreies Arbeiten zu sorgen. Gehe man hier konsequent vor, so Kluger, entschärfe man zugleich die Asbestproblematik.

Der zu sanierende Bereich ist sauber von den übrigen Zonen zu trennen. Neben der Personenschleuse muss für Entstaubung durch eine leistungsstarke Absaugung gesorgt werden.

Anlässlich einer Pressekonferenz der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) und der BG BAU warnten die Beteiligten zwar vor dem enormen Gefährdungspotenzial asbestbelasteter Bausubstanz. Michael Kirsch, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der BG BAU, stellte aber zugleich klar, dass die gebotenen Vorsichtsmaßnahmen den Modernisierungsmaßnahmen nicht entgegenstünden: „Praxistauglicher Schutz ist möglich.“ Norbert Kluger bestätigt das und ergänzt: Energetische Modernisierung rechne sich auch bei anstehender Asbestsanierung.

Literatur und Quellen

[1] „Leitlinie für die Asbesterkundung zur Vorbereitung von Arbeiten in und an älteren Gebäuden“, herausgegeben von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BauA), dem Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) sowie vom Umweltbundesamt (UBA), erstellt unter Mitwirkung der BG BAU

[2] „Branchenlösung - Asbest beim Bauen im Bestand - Handlungshilfe für Tätigkeiten an asbesthaltigen Putzen, Spachtelmassen und Fliesenklebern“, herausgegeben von der BG BAU – Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft

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