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Gasnetz: DIW Berlin fordert Unterstützung bei Stilllegungen

Im Zuge der Wärmewende werden Gasverteilnetze in Zukunft weniger genutzt und zum Teil stillgelegt werden müssen. Dies stellt die Kommunen jedoch vor erhebliche finanzielle und regulatorische Probleme – und deshalb gehen sie die Teilstilllegung der Gasnetze nicht mit der eigentlich nötigen Konsequenz an. Zu diesem Ergebnis kommt eine Analyse der Abteilung Energie, Verkehr, Umwelt des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) gemeinsam mit Forschenden der Europa-Universität Flensburg und der Technischen Universität Berlin.

Im Fokus stand dabei die Frage, inwiefern Kommunen die Stilllegung der Erdgasinfrastruktur mithilfe von kommunaler Wärmeplanung und Rekommunalisierung des Gasgeschäfts, also dem Rückkauf der Netze von privaten Unternehmen, planvoller vorantreiben können. „Das Thema Erdgasverteilnetze wird in den bisherigen Wärmeplänen der Kommunen größtenteils umschifft“, sagt DIW-Energieökonomin Franziska Holz. „Die Kommunen sollten sich aber dringend mit dieser Thematik beschäftigen, so unangenehm sie auch ist, sonst steuern sie auf große Probleme zu.“

Abhängig von Erlösen aus dem Erdgasgeschäft

In die Analyse eingeflossen sind unter anderem auch Erkenntnisse aus Interviews mit 20 Vertretern der wichtigsten Interessengruppen der Wärmewende in Baden-Württemberg sowie fünf wissenschaftlichen Experten. Baden-Württemberg ist Vorreiter bei der Umsetzung der kommunalen Wärmeplanung in Deutschland – Kommunen mussten dort bereits Ende vergangenen Jahres erstmals entsprechende Wärmepläne vorlegen.

Die Stilllegung von Erdgasverteilnetzen spielt aber auch dort keine sonderlich große Rolle, wie die Analyse zeigt. Beteiligte verweisen meist darauf, dass die Entwicklung der Gasnachfrage unsicher sei und die Infrastruktur künftig womöglich für die Versorgung mit Wasserstoff gebraucht werde. Diesbezüglich raten die Autoren der Analyse aber zur Vorsicht. „Wasserstoff als Wärmequelle ist extrem ineffizient und wird in Deutschland für Gebäudeenergie voraussichtlich kaum zur Verfügung stehen“, betont Claudia Kemfert, Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr, Umwelt im DIW Berlin. „Dafür braucht es das Gasverteilnetz im heutigen Umfang sicher nicht – der Grund dürfte eher sein, dass es für viele Kommunen nach wie vor eine ergiebige Geldquelle ist und weniger Erlöse aus dem Erdgasgeschäft sie in finanzielle Schwierigkeiten bringen könnten.“

Die Erdgasnachfrage im Gebäudesektor wird zurückgehen. Der regulatorischen Rahmen bildet dies aber noch nicht weitblickend ab.

Wirtschaftliche und regulatorische Hürden

Eine Möglichkeit, mit der Wärmewende umzugehen, ist der Rückkauf von Gasnetzen. Kommunen hätten so mehr Einfluss auf die Gasversorgung und könnten die Netze verkleinern. Doch mit der Rekommunalisierung allein wäre die Wärmewende noch nicht geschafft. Die Netze zu verkleinern ist bisher kaum möglich.

Laut Energiewirtschaftsgesetz müssen bestehende Netze weiter betrieben werden, solange auch nur vereinzelt Haushalte an das Netz angeschlossen sind. Wenn weniger Erdgaskunden über die Netzentgelte dasselbe Gasverteilnetz wie heute finanzieren müssen, könnte die Akzeptanz der Wärmewende leiden, zum Beispiel bei Mietern, die keinen Einfluss auf ihre Heizanlage haben.

Hinzu kommt: Gasverteilnetzbetreiber können die Netze laut Gesetz innerhalb von 45 bis 55 Jahren abschreiben. In Deutschland wurden 55 % der Leitungen zwischen 1990 und 2020 gebaut oder erneuert. Diese wären bis 2045 nur teilweise abgeschrieben. Die Folge: Die Eigentümer, auch kommunale, stecken in der Klemme, wenn der Erdgasverbrauch wie geplant bis zum Jahr 2045 fast auf null sinken soll. Sie müssen zwischen wirtschaftlichen Interessen und Klimaschutz abwägen.

„Anschlusspflicht im EnWG muss aufgehoben werden“

Die Autoren der Analyse plädieren deshalb für deutlich mehr Unterstützung des Bundes für Länder und Kommunen. „Die Frage, inwiefern bereits getätigte oder noch ausstehende Investitionen über den kürzeren Lebenszeitraum, den diese Gasverteilnetze dann haben, abgeschrieben werden können, muss deutlich adressiert werden“, sagt Holz.

Zudem müsse die allgemeine Anschlusspflicht, die das bundesdeutsche Energiewirtschaftsgesetz (§ 17 EnWG und § 18 EnWG sowie § 28n EnWG für Wasserstoffnetze) vorsieht, aufgehoben werden. Damit sich sowohl kommunale als auch privatwirtschaftliche Unternehmen die Stilllegung von Erdgasnetzen finanziell leisten können, müssten den Autoren zufolge entsprechende Anreize geschaffen und die Regulierung angepasst werden.

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