Hydraulischer Abgleich: Warum Verfahren B jetzt zählt
Herr Rath, der hydraulische Abgleich ist wesentlich für die Anlagenfunktion und erfordert eine Heizlastberechnung. Was macht diese so essenziell?
Meinolf Rath: An der Heizlastberechnung führt kein Weg vorbei: Die Heizlastberechnung dient der Ermittlung des Wärmebedarfs eines Gebäudes, um die gewünschte Innentemperatur auch bei extremen Außentemperaturen zu gewährleisten. Sie ist notwendig, um eine effiziente und bedarfsgerechte Heizungsanlage zu dimensionieren, aber nicht nur: Dem hydraulischen Abgleich würde zudem jegliche Basis fehlen. Schließlich regelt er die bedarfsgerechte Wärmeverteilung im Heizsystem. Dazu müssen die Systemtemperaturen und Wassermengen bekannt sein – so schließt sich der Kreis zur Heizlastberechnung. Das Gute daran: Der Abgleich ermöglicht sogar, je nach Anlage, bis zu 15 Prozent Heizenergie einzusparen. Der Knackpunkt an der Sache: Die Berechnung könnte im Gebäudebestand auf Grundlage von Schätzungen und Annahmen erfolgen oder mit präziser Methodik umgesetzt werden.
Wie unterscheiden sich diese Ansätze?
Hier kommt die VdZ ins Spiel, die diese Ansätze klar beschreibt: Das Verfahren B lässt unterschiedliche Herangehensweisen zu. Vorgabe ist die DIN EN/TS 12831. Diese beschreibt Wege zur raumweisen Ermittlung der Heizlast, Vereinfachungen sind aber möglich.
Zu den Parametern gehören unter anderem das Baualter des Gebäudes, dessen Dämmzustand oder die Größe der vorhandenen Heizfläche. Auf dieser Grundlage wird in der Praxis die Heizlast mit gemittelten Werten ermittelt. Das geht schnell, allerdings auf Kosten der Präzision – und hat Folgen für sämtliche Schritte, die auf dieser Berechnung fußen. Ein hydraulischer Abgleich mit gemittelten Werten ist ungenauer als einer, der auf Basis real bekannten Werten durchgeführt wird. Die vereinfachten Verfahren sollten also nur bei Wohngebäuden im Bestand, wenn keine detaillierten Bauteildaten bekannt sind, angewendet werden.
Aber es gab doch mal ein Verfahren A?
Verfahren A ließ nochmals vereinfachte Methoden zur Ermittlung der Anlagendaten zu, und war damit weniger präzise als Verfahren B. Verfahren A ist aber nicht per se unzulässig. Wenn z.B. ein Förderantrag vor dem 31.12.2022 gestellt wurde, ist das Verfahren A in gewissen Fällen noch zulässig. Verfahren B ist eine ausdrückliche Empfehlung der ZVSHK-VdZ-VDMA-Fachregel.
Wie aufwändig und zeitintensiv ist die Heizlastberechnung nach Verfahren B?
Weniger kompliziert, als manch einer denken mag. Mit Softwarelösungen wie EasyPlan von IMI beispielsweise können Sie die genannten Werte in übersichtliche Berechnungstools eintragen. Die Kalkulation der Raum- und Gesamtheizlast erfolgt automatisch mit wenigen Klicks. Die korrekte Heizlastberechnung nach DIN EN/TS 12831ermöglicht aber nicht nur, Heizungsanlagen gebäudespezifisch zu dimensionieren. Sie erlaubt auch eine Kalkulation auf der Höhe der regulatorischen Zeit durchzuführen.
Inwiefern?
Verfahren B erfordert eine umfassende Dokumentation der vorhandenen Heizungsanlage und der Berechnungsergebnisse. Eine Lösung wie EasyPlan unterstützt hier, hält sie diese Daten doch strukturiert und jederzeit abrufbar fest. Das Gute daran: Die Berechnung zeigt auf, welche Heizkörper unter Umständen problematisch sein könnten, weil sie falsch dimensioniert sind. Installateure können durch eine zeitsparende Berechnung folglich schneller beraten – ein deutliches Plus für die Serviceleistung.

Einmal berechnet, steht die praktische Umsetzung des hydraulischen Abgleichs an. Wie gehen Installateure dabei am besten vor?
Die Berechnung liefert alle wichtigen Daten, um unter anderem Thermostatventile so voreinzustellen, dass die erforderlichen Leistungen erreicht werden. Die Voreinstellung ist der Dreh- und Angelpunkt des hydraulischen Abgleichs und bedeutet keinesfalls großen Aufwand, sondern ist Stand der Technik. Neben intuitiven und intelligenten Softwaretools gibt es innovative Entwicklungen im Bereich der dynamischen Ventiltechnik. Diese Ventile regeln den hydraulischen Abgleich, einmal voreingestellt, automatisch.
Können Sie das genauer erläutern?
Das voreinstellbare Eclipse-Ventilunterteil von IMI regelt Durchflüsse automatisch und hält diese unabhängig vom Differenzdruck konstant. Bei einem gewünschten Durchfluss von 50 Litern pro Stunde beispielsweise sorgt das Ventil zuverlässig dafür, dass diese Menge nicht überschritten wird – selbst dann nicht, wenn sich die Druckverhältnisse im System ändern. Diese Technologie vereinfacht den hydraulischen Abgleich erheblich. Ideale Voraussetzungen für eine präzise, bedarfsgerechte Wärmeverteilung in Heizungsanlagen.

Viele Anwender suchen nach wie vor Alternativen. Gibt es einen gangbaren Weg fernab der Pfade A und B?
Temperaturbasierte Verfahren können unter bestimmten Voraussetzungen eine gleichwertige Alternative zum hydraulischen Abgleich sein. Es gibt hier verschiedene Varianten, die sich je nach Heizungssystem anbieten oder aufgrund ihrer Einsatzgrenzen eben nicht geeignet sind. Dies gilt es sorgfältig zu prüfen. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) hat eine Checkliste mit den Anforderungen zur Anerkennung der Gleichwertigkeit mit dem Verfahren B veröffentlicht. Doch selbst diese Alternativen ersetzen nicht die detaillierte Heizlastberechnung, den hydraulischen Abgleich im Gesamtsystem, das Einstellen der Anlagenparameter und die Dokumentation dieser Vorgänge. Verfahren B bleibt derzeit die sicherste Wahl, um regelkonform zu arbeiten und energetisch optimale Ergebnisse zu erzielen.