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Förderkonzept erneuerbares Heizen: Ungerecht und nur schwache Anreize

Jürgen Wendnagel

Im gemeinsamen Pressestatement zum Kabinettsbeschluss der Gebäudeenergiegesetz-Novelle haben Bundesminister Robert Habeck und Bundesministerin Klara Geywitz am 18.4.2023 auch das neue „Förderkonzept für erneuerbares Heizen“ präsentiert. Basis und Ausgangspunkt bilden die Förderstrukturen der bestehenden „Bundesförderung für effiziente Gebäude“ (BEG). Die Bundesregierung hatte sich vorgenommen, das BEG so weiterzuentwickeln, „damit auch künftig die Förderung zu den neuen gesetzlichen Anforderungen passt und mögliche Härtefälle besser adressiert werden können.“

Grundförderung für selbstnutzende Gebäudeeigentümer

Das Förderkonzept unterscheidet zwei Arten von Eigentümern:

  • Für alle Bürger im selbstgenutzten Wohneigentum soll es im Rahmen der BEG eine Grundförderung für den Tausch einer alten fossilen gegen eine neue klimafreundliche Heizung geben. Die Fördersystematik werde dazu so angepasst, dass alle im Bestand möglichen Heizungserfüllungsoptionen des GEG 2024 (§ 71) einheitlich mit je 30% gefördert werden.
  • Für alle anderen Gebäudeeigentümer bleibt die bisherige BEG-Förderung erhalten.

Hinweis: Für andere Sanierungsmaßnahmen, die nicht den Heizungsaustausch betreffen, bleibt die bisherige Förderung der BEG für alle Eigentümer erhalten.

Klimaboni zur beschleunigten Dekarbonisierung

Zusätzlich zur Grundförderung von Bürger im selbstgenutzten Wohneigentum soll es Zuschläge in Form von Klimaboni für verschiedene Fallgestaltungen geben.

Nach dem Motto „worst first“ gibt es eine Priorisierung für den Austausch von Öl-/Gas-Konstanttemperaturkessel und Kohleöfen in Wohngebäuden. Begründung:

- Möglichst schnell möglichst viel Treibhausgasemissionen einsparen

- Wegen der CO2-Bepreisung werden diese Heizungen für ihre Besitzer in den nächsten Jahren sehr viel teurer.

Achtung: Die folgenden Boni sind untereinander nicht kumulierbar!

  • Den „Klimabonus I“ in Höhe von 20% gibt es zusätzlich zur Grundförderung, falls keine Pflicht zum Austausch von Kohleöfen und Öl-/Gas-Konstanttemperaturkesseln, die älter als 30 Jahre sind. Dies betrifft nur Eigentümer, die unter die Ausnahmen des § 73 Abs. 1 und § 71i GEG-E fallen. Diese Ausnahmen betreffen selbstnutzende Altbesitzer, welche ihre Immobilie zum 1.2. 2002 selbst bewohnten, sowie Personen über 80 Jahre.

     
  • Den „Klimabonus I“ in Höhe von 20% gibt es unabhängig vom Typ und Alter der Heizung für Eigentümer, die einkommensabhängige Sozialleistungen im Sinne von § 102 des neuen GEG erhalten.
  • Den „Klimabonus II“ in Höhe von 10% gibt es als Sanierungsanreiz zusätzlich zur Grundförderung, in denen grundsätzlich eine Austauschpflicht nach § 72 GEG-E für Kohleöfen und Öl-/Gas-Konstanttemperaturkesseln besteht.

    Voraussetzungen: Die gesetzlichen Anforderungen werden übererfüllt, falls der Heizungstausch mind. 5 Jahre vor dem Datum der gesetzlichen Austauschpflicht erfolgt. Bei einem späteren Austausch gilt ein EE-Anteil von 70% als Übererfüllung.
  • Die Antragstellung für die „Klimaboni I und II“ wird zeitlich gestaffelt, um die Nachfrage an die notwendigen Handwerker- und Produktkapazitäten anzupassen und keinen preistreibenden Markteffekt zu generieren. So sind z. B. förderfähig

    - ab 2024 alle Geräte älter als 40 Jahre (mit Herstelldatum bis 31.12.1984)

    - ab 2025 Geräte älter als 35 Jahre (mit Herstelldatum bis 31.12.1989

    - ab 2026 alle Geräte älter als 30 Jahre (mit Herstelldatum bis 31.12.1996).

     
  • Den „Klimabonus III“ in Höhe von 10 % soll es bei Havariefällen für Kohleöfen und alle Arten von Öl-/Gaskesseln geben, die jünger als 30 Jahre sind und die irreparabel kaputt gegangen sind. Aber nur, falls die 65 % EE-Pflicht innerhalb von einem Jahr übererfüllt wird (anstatt von höchstens 3 Jahren, die das GEG 2024 als Übergangsfrist einräumt).

Alternative 1: Kreditförderung für alle

Damit die finanziellen Belastungen zeitlich gestreckt werden können, möchte die Bundesregierung ergänzend zur Zuschuss-Variante noch Förderkredite für den Heizungstausch für alle Bürger anbieten. Die Zuschüsse werden dann als Tilgungszuschuss integriert. Details zu diesem Kreditprogramm wurden nicht veröffentlicht.

Alternative 2: Steuerliche Abschreibung

Aufrechterhalten bleibt alternativ die schon bestehende steuerliche Förderung im Einkommenssteuerrecht. Im Einkommenssteuergesetz (§35c EStG) ist verankert, dass energetische Sanierungsmaßnahmen, wie der Heizungstausch oder Dämmmaßnahmen für selbstnutzende Eigentümer steuerlich gefördert werden können. Selbstnutzende Eigentümer können so 20% ihrer Investitionskosten direkt von der Einkommenssteuerlast abziehen.

Hinweis: Über Erweiterungsoptionen der steuerlichen Förderung wird aktuell noch beraten.

Fazit: Ungerecht, unklar und teils niedrigere Fördersätze als die BEG EM

  • Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat noch am 2.4.2023 in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“ bekräftigt, dass die geplanten Regeln zur „Heizwende“ niemanden überfordern werden. „Meine Vorstellung ist, dass wir - wie es auch im Koalitionsausschuss vereinbart wurde - einen sozialen Ausgleich schaffen", sagte der Grünen-Politiker. Wer wenig Geld habe und eine neue, teurere Heizung einbauen müsse, solle dabei „angemessen gefördert“ werden. „Das heißt, dass die Wärmepumpen, solange sie noch teurer sind, auf den Preis einer Gasheizung runtergebracht werden.“

    Mit dem vorgelegten Förderkonzept erfüllt Robert Habeck seine Zusage bei weitem nicht. Eigentümer, die ihr Eigenheim selbst bewohnen, bekommen 30 % Grundförderung und maximal 20% Bonus, aber nur, falls sie noch einen uralten Konstanttemperaturkessel haben. Weil anzunehmen ist, dass sie auch in älteren, schlecht gedämmten Gebäuden wohnen, dürfte der Umstieg auf eine reine Wärmepumpenheizung trotz einer 50%-Förderung wesentlich teuer werden, als der Einbau einer reinen Öl-/Gas-Brennwertheizung – vor allem, wenn man die zusätzlich notwendigen Anpassungskosten hinzurechnet. Dies betrifft auch Eigentümer, die einkommensabhängige Sozialleistungen (§ 102 GEG-E) erhalten.

    Und beim Einbau einer fossil betriebenen Öl-/Gas-Hybridheizung in Gebäuden mit hohem Wärmeverbrauch wäre lediglich der erneuerbare Heizungsteil zu 50% förderfähig.

     
  • Weshalb sich die Klimaboni I und II nur auf Konstanttemperaturkessel beziehen, ist nicht nachvollziehbar. Ab den 1980er Jahren wurden zunehmend mehr Niedertemperaturkessel eingebaut, die nach 30 bis 40 Jahren Betrieb heute auch nicht mehr zeitgemäß sind. Diese Eigentümer gehen bei diesen Boni leer aus.

     
  • Schlechter gestellt werden selbstnutzende Eigentümer, falls sie vorzeitig bzw. vorausschauend ihren Öl-/Gaskessel, der zwischen 20 und 30 Jahre alt ist, durch eine Heizwärmepumpe ersetzen wollen. Sie bekommen lediglich einen Grundförderung von 30%, während das aktuelle BEG EM bis zu 40% bietet (inkl. 5% Wärmepumpenbonus). Zudem gibt es überhaupt keinen Anreiz mehr, in eine Wärmepumpe mit natürlichem Kältemittel oder in eine teurere Sole-Wasser-Wärmepumpe zu investieren.

    Pech haben abwartende Eigentümer, falls sie ab dem 1.1.2024 in eine Havarie geraten und dann kein passendes (!) Wärmepumpenmodell in einem absehbaren Zeitraum oder innerhalb eines Jahres lieferbar bzw. eingebaut ist. Dann kommt der „Klimabonus III“ nicht zur Anwendung und es bleibt bei 30% Grundförderung.

     
  • Besser gestellt sind selbstnutzende Eigentümer mit der Grundförderung, falls sie z.B. ihren Ölkessel durch einen Holzpellet-Kessel ersetzen. Sie würden einen um 10% höheren Fördersatz im Vergleich zum BEG EM bekommen. Aber: Der vom Kabinett beschlossene GEG-Entwurf enthält nun wieder die Pflicht, dass Modernisierer zusätzlich in eine Solarthemie- oder Photvoltaikanlage investieren müssen.

     
  • Intransparent sind die Voraussetzungen für den Klimabonus II. Und ob eine Übererfüllung mit 70% formlos oder nur individuell nachgewiesen werden kann, bleibt unklar. Zudem gibt es heute schon den maximalen Fördersatz von 40 % über das BEG EM im Falle einer Wärmepumpensanierung.
  • Das Förderkonzept schreibt für mit Wasserstoff betreibbaren Heizungen vor, dass „nur die zusätzlichen Kosten für die H2-Readiness der Anlage förderfähig sind“. Wie das in der Praxis bei H2-Ready-Komplettkesseln (für 100% Wasserstoffnutzung) funktionieren soll, bleibt offen.

Gesamtfazit: Das Ziel, mit dem Förderkonzept einen sozialen Ausgleich zu schaffen, wurde meiner Meinung nach klar verfehlt. Bestimmte Eigentümergruppen werden sogar benachteiligt im Vergleich zur aktuellen BEG EM. Das unausgegorene „Förderkonzept für erneuerbares Heizen “ muss dringend noch einmal in die Montagehalle bzw. Werkstatt.

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