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Schwieriger Energieberater-Alltag: Wie Bürokratie die Beratung ausbremst

Pia Grund-Ludwig

Es gibt im Moment viele Zumutungen für Energieberaterinnen und Energieberater. Was sind aus eurer Sicht die größten Ärgernisse?

Jürgen Leppig: Das größte Ärgernis ist der überbordende Bürokratismus, der die Energiewende ausbremst. Monatelange Bearbeitungszeiten beim Bafa sind der Bundeshaushaltsordnung und mangelnder Digitalisierung geschuldet. Der Bürger kann seine Steuererklärung einfacher machen als eine Förderung in der BEG. Seit Jahren wird eine Verwaltungsvereinfachung versprochen, es passiert genau das Gegenteil. Bürgerfreundlich wäre eine Transparenz bei den Bearbeitungszeiten und nachvollziehbare Ablehnungen statt allgemeingültiger unkonkreter Sätze, bei denen man nachfragen muss. Ich hätte kein Problem damit, wenn das Bafa fünf Monate braucht. Aber das sollte transparent für unsere Kunden sein. Das würde uns viele Stunden verschwendeter Zeit am Telefon sparen.

Hermann Dannecker: Ich sehe das genauso. Das Bafa verspricht eine Auskunft in vier bis sechs Wochen, aber die Fristen sind deutlich länger. Auf Anfragen über das Kontaktformular gibt es Antworten, aber das sind Standardauskünfte, mit denen man nichts anfängt. Was mir fehlt ist ein Telefon für Berater, über das es rechtssichere Auskünfte gibt. Viele Energieberater schwimmen, es gibt immer wieder kurzfristige Änderungen der FAQ und widersprüchliche Auskünfte. Mir ist es aber wichtig festzuhalten, dass die Ursache für die Misere nicht beim Bafa liegt, sondern im Ministerium für Wirtschaft und Klima.

Jürgen Leppig, GIH

Warum sind denn Auskünfte, die Ihr bekommt nicht rechtssicher? Die kommen doch vom Bafa

Leppig: Ich mache es an einem Beispiel fest. Rechnungen werden mit Verweis auf § 14 Umsatzsteuergesetz abgelehnt. Da stehen dann alle acht Punkte der Durchführungsverordnung, der Kunde kann sich aussuchen, was falsch ist. Außerdem werden die gängige Praxis von Rechnungen am Bau und der § 14a nicht beachtet. Der sagt, dass Rechnungen, bei denen der Umsatzsteuersatz gleich ist, zusammengefasst werden dürfen. Auch wenn die Leistungen in der Anlage zur Rechnung detailliert beschrieben sind und nur ein zusammengefasster Pauschalbetrag auf der Rechnung steht, wird das nicht akzeptiert.

Bedeutet das, dass sich der praktische Vollzug immer wieder ändert?

Leppig: Wir beobachten, dass es vermehrt Verweise auf das Umsatzsteuergesetz gibt. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt!

Wer muss dieses Ärgernis beseitigen?

Leppig: Das BMWK und das Bundesfinanzministerium. Einer muss sagen, wir machen Energiewende und machen das einfach. Ich habe das Gefühl, dem Bürger wird unterstellt, dass er zu Unrecht die Förderung erhalten will.

Dannecker: Energieberater werden als unfähig hingestellt.

Dannecker: In diesem Prozess werden Energieberater als unfähig hingestellt. Das liegt aber nicht in erster Linie an den Leuten im Bafa, sondern in den Ministerien, die entsprechende Vorgaben machen. Das Bafa braucht eine bessere Personalausstattung und bessere Arbeitsverträge.

Leppig: Ich würde noch weiter gehen. Wenn ich eine Förderzusage mache, kann ich das so machen wie früher bei der KfW. Ich muss den Ort prüfen, feststellen, ob im Förderzeitraum schon ein Antrag da war, ob es freie Mittel gibt. Das kann die IT automatisch, just in time bescheinigen. Früher haben die Energieeffizienzexperten die Rechnungen geprüft. Mit welcher Begründung prüfen wir als Fachleute die Rechnungen und jemand der eine fachfremde Ausbildung hat, lehnt das ab?

Hermann Dannecker, DEN

Es soll ein verbessertes Prüftool geben ab Sommer. Seid Ihr da in die Entwicklung involviert?

Dannecker: Nein, das ist unsere Kritik, wir als Fachleute werden da nicht einbezogen.

Leppig: Wir haben uns immer wieder angeboten, eine Softwareversion zu testen bevor sie live geschaltet wird. Bis heute wird das Angebot nicht angenommen, das war bei der KfW besser. Es gibt keinerlei Zusammenarbeit, um solche Fehler zu vermeiden.

Dannecker: Durch bessere Kooperation könnte man da viel Ärger rausnehmen.

Leppig: Was ich dem BMWK außerdem dringend empfehlen möchte, ist die Maßnahmen an der Hülle in der Förderung gleichzustellen. Weiter sollte die Flexibilität in der Förderung wieder ermöglicht werden. Früher konnte man auch im Nachgang den Fördertatbestand ändern, wenn die beantragten Maßnahmenkosten nicht überschritten wurden. Hier ist die Verwaltung viel zu unflexibel. So wird das mit einer schnellen Klimawende nichts.

Dannecker: Dazu kommt, dass Maßnahmen an der Hülle in der Regel deutlich teurer sind. Da muss nachgesteuert werden, so schaffen wir keine Energiewende. Wir müssen effizienter ­werden.

Wie geht Ihr in der Beratung mit der Anforderung um, auf 65 Prozent Erneuerbare umzusteigen. Ihr seid ja die, die dem Kunden erklären müssen, was zu tun ist.

Dannecker: Ich erkläre dazu gar nichts, weil es keinerlei klare Aussagen dazu gibt.

Leppig: Ich erlebe jedoch viele Kunden, die sich jetzt noch eine Gas- und Ölheizung kaufen.

Leppig: Im Gesetzentwurf gibt es kein Verbot beim Tausch einer Heizung, nur eine Anforderung. Ich erlebe jedoch viele Kunden, die sich jetzt noch eine Gas- und Ölheizung kaufen. Ich rate natürlich davon ab, aber das ist die Realität. Wir beraten in Richtung Erneuerbare, denn wenn wir so weitermachen, schaffen wir die Energiewende nicht. Argumente, dass Wärmepumpen im Bestand nicht funktionieren, lassen sich mittlerweile gut ausräumen. Ich gehe auch davon aus, dass das Hochfahren der Produktionskapazitäten zu signifikant geringeren Preisen führen wird.

Wie geht Ihr mit dem Thema Förderung klimafreundlicher Neubau um? Da wird die Baubegleitung im Moment nicht separat gefördert. Seht Ihr Chancen, dass sich das wieder ändert?

Leppig: Da sehe ich keine Chance.

Dannecker: Dass Neubau gefördert wird, ist nicht wirklich gewollt. Beim Neubau werden die Hürden, auch durch das Thema Nachhaltigkeit, so hochgelegt, dass das nicht zu schaffen ist.

Leppig: Das Programm ist ein Feigenblatt. Für mich ist das nachvollziehbar, denn jeder Euro der in die Sanierung geht, erhöht die CO₂-Ersparnis deutlich mehr als im Neubau. Der Aufwand im Programm ist hoch. Wir reden in der Beratung über einen Aufwand zwischen 12 000 und 16 000 Euro, unter anderem durch detaillierte Wärmebrückenberechnung und die Zertifizierung. Wer das stark nachgefragt sind die Fertighausfirmen. Deren Häuser haben eh eine gute Hülle. Aber 400 000 neue Wohnungen werden so nicht entstehen.

Dannecker: Wenn gebaut wird, dann nach Effizienzhausstandard 55. Der ist auch ohne Förderung zu erreichen.

Leppig: Der GEG-Standard ist für mich eine Mogelpackung. Nur der Primärenergiebedarf wurde zum EH 55, die Hülle, also der Verbrauch ist ungefähr beim EH 70 geblieben.

Dannecker: Für normale Bauherren gibt es für mich keinen Neubau in den kommenden Jahren.

Leppig: Die Situation löst eine Welle aus, die wir noch gar nicht sehen (wollen). Erste Baufirmen schließen und im Bau­nebengewerbe wird auch schon die Produktion zurück­gefahren.

Dieser Artikel von Pia Grund-Ludwig erschien zuerst in GEB-Ausgabe 03/2023.

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