Bleiben statt gehen: Wie gute Mitarbeiterbindung Kündigungen verhindert

Mitarbeitende, die dem Unternehmen treu bleiben, müssen nicht ersetzt werden. Gerade wenn neue Fachkräfte schwer zu finden sind, rückt die Bindung bestehender Kolleg:innen in den Fokus. Unter dem Begriff Retention (engl. to retain: festhalten, bewahren) versteht man Maßnahmen, die die Fluktuation senken. Je stärker die Bindungsfaktoren wirken, desto seltener kommt es zu Kündigungen.
Unzufriedenheit mit dem Gehalt
Hat Zufriedenheit mit dem Gehalt (Good Pay) oberste Priorität? Ein Stellenwechsel wegen Gehaltsunzufriedenheit erfolgt meist nur, wenn das neue Angebot deutlich besser ist. Kipppunkte, die für eine Kündigung häufig ebenfalls ausschlaggebend sind, sind zum Beispiel: schlechtes Betriebsklima, permanent Überstunden ohne Ausgleich, veraltete Technik am Arbeitsplatz.
Für Mitarbeiter ist wichtig, dass alles, was man mit dem Begriff „Arbeitszufriedenheit“ bezeichnet, weitgehend stimmt: Gleichbehandlung, Erreichbarkeit zum Arbeitsplatz, Stimmung im Team, die neueste Technik, Flexibilität der Arbeitszeiten, bezahlte Überstunden, Entgegenkommen bei persönlichen Wünschen.
Personal lässt sich durch Wertschätzung des Vorgesetzten halten, durch die Bestätigung, dass jeder durch seine Arbeit Werte schafft und zum Betriebserfolg beiträgt. Erfreulich, dass dies in vielen Betrieben erfolgreich realisiert wird. Erstklassiges Betriebsklima und ein eingespieltes Team können Gehaltswünsche wenigstens teilweise kompensieren.
Innere Kündigung: Frühe Warnzeichen erkennen
Oft geht einer Kündigung eine „innere Kündigung“ voraus – ein schleichender Prozess. Anzeichen können zunehmende Kritik, Rückzug aus dem Team oder sinkende Motivation sein. Wer als Führungskraft aufmerksam beobachtet, erkennt Unzufriedenheit frühzeitig. Sinkende Zufriedenheit wirkt oft gruppendynamisch und kann weitere Kündigungen auslösen. Eine Fluktuation kann also eine Kettenreaktion anstoßen.
Ist die Kündigung erst ausgesprochen, ist eine Rückkehr selten möglich – meist liegt bereits ein neuer Arbeitsvertrag vor. Umso wichtiger ist es, frühzeitig auf Warnsignale zu reagieren. Offene Kritik sollte ernst genommen werden. Kündigungen kommen selten überraschend, sondern kündigen sich – im übertragenen Sinne – wie ein Gewitter an.
Nach einer Eigenkündigung sollten sich Führungskräfte fragen: Was hat dazu geführt? Was lässt sich künftig besser machen? Gleichzeitig gilt: Mitarbeitende durch kurzfristige Zugeständnisse halten zu wollen, wirkt selten langfristig. Wer aus Erpressbarkeit Zugeständnisse macht, verliert an Autorität – und wird im schlimmsten Fall ausgenutzt.
Überforderung erkennen und vermeiden
Engagierte Mitarbeitende mit Vorbildfunktion werden oft besonders gefordert – und damit auf Dauer überfordert. Typische Belastungsfaktoren sind zusätzliche Aufgaben, Personalverantwortung, Vertretungen, hoher Termindruck oder ständige Prioritätswechsel. Anfangs wird das als Anerkennung und Herausforderung empfunden – doch die Belastung wächst.
Eine Kündigung wegen Überforderung ist kein plötzlicher Schritt. Auch hier gilt: Wer aufmerksam führt, erkennt die Anzeichen. Gute Führung bedeutet, Aufgaben nach den Fähigkeiten und Kapazitäten der Mitarbeitenden zu verteilen – nicht allein nach betrieblichen Notwendigkeiten.
Typische Kündigungsgründe:
- Ungünstige Arbeitszeiten / unbezahlte Überstunden
- Veraltete Technik und unzureichende Ausstattung
- Schlechtes Betriebsklima
- Unzufriedenheit mit der Bezahlung
- Fehlende Entwicklungsperspektiven
- Unfaire Aufgabenverteilung
- Termindruck und permanente Überlastung
- Wenig Entscheidungsspielraum / Eigenverantwortung
- Konflikte im Team oder mit der Führungskraft
Kündigungen vorbeugen
Erkennt der Arbeitgeber Warnsignale? Ein Bleibegespräch mit dem wechselwilligen Mitarbeiter lohnt sich. Vielleicht gibt er im Gespräch zu, dass er tatsächlich nach einer Job-Alternative sucht und fest entschlossen ist, zu kündigen. Gerade bei Aushilfen oder neuen Mitarbeitenden zeigt sich oft eine hohe Fluktuation direkt nach dem Einstieg. Liegt es daran, dass im Einstellungsgespräch zu viel versprochen wird? Oder daran, dass der Mitarbeiter zu hohe Erwartungen hat? Ein sorgfältiges Onboarding vermeidet jedenfalls eine vorschnelle Kündigung.
Auch außerbetriebliche Maßnahmen können zur Bindung beitragen: ein gemeinsamer Konzertbesuch, das Sommergrillfest oder eine wertschätzende Weihnachtsfeier stärken das Teamgefühl. Eine starke emotionale Bindung eines Einzelnen überträgt sich positiv auf das ganze Team.
Mitarbeiterbindung verhindert Fluktuation
Die Zufriedenheit der Mitarbeiter zu schaffen, ist das Mindestziel, das Maxi-Ziel wäre, Mitarbeitende so zu motivieren, dass sie sich an die Firma gebunden fühlen, dass sie ein Teil des Betriebs sind. Besonders motivierend sind Lob und Anerkennung, sie zählen zu den klassischen Bindungsfaktoren. Arbeitgeber haben die Situation erkannt und binden ihr Team durch intensive Beziehungspflege. Ein ausgeprägtes Wir-Gefühl reduziert Kündigungen.
Gelegentlich kann auch Mobbing durch Kollegen eine Kündigung auslösen. Hat der Chef ein Auge auf die Zusammenarbeit und die Stimmung in seinem Team, erkennt er kritische Situationen und kann bei Mobbing einschreiten.
Kleine und mittelständische Unternehmen haben keinesfalls schlechte Karten, wenn es um die Attraktivität des Arbeitsplatzes geht. Die sogenannte Arbeitgebermarke (Employer Branding) bindet Mitarbeiter durch Arbeitsatmosphäre, Gestaltungsfreiheit und zeitgemäße Führung. Flache Hierarchien und die Identifikation der Arbeitnehmer mit der Firma sind nachhaltige Bindungsfaktoren. Die Einflussnahme des Einzelnen auf den Betriebsalltag wird von Mitarbeitern sehr geschätzt. Aspekte wie Work Life Balance, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, gehören zu den Top-Bindungsfaktoren.
So gelingt die Verabschiedung des Mitarbeiters
Hat jemand gekündigt, ist das Arbeitsverhältnis noch nicht beendet. Arbeitgeber empfinden die Kündigung manchmal als persönliche Kränkung und verhalten sich bis zum letzten Arbeitstag frostig zur Betreffenden. Bei der Verabschiedung sollt man sich die Hand reichen, um sich mit gutem Gefühl zu trennen.
Eine gute Trennung hat intern wie extern einen positiven Effekt auf den Kreis der Kollegen und verhindert die Gefahr, dass der ausscheidende Mitarbeiter negativ über den Betrieb spricht. Nach der Eigenkündigung muss bewusst darauf geachtet werden, dass das Selbstwertgefühl bis zum letzten Arbeitstag erhalten bleibt. Sonst fragen sich die Kollegen, ob ihnen das auch passieren kann, wenn es zur Kündigung kommt.
Top 10 -Bindungsfaktoren:
- Einflussnahme der Mitarbeiter auf den betrieblichen Alltag
- Work-Life-Balance, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie
- Wahrnehmung und Wertschätzung des Mitarbeiters
- Lohn und Gehalt, übertarifliche Bezahlung
- Zufriedenheitserlebnisse durch Erfüllung kleinerer Privatwünsche
- Moderne Arbeitsplätze, neueste Technik
- Wohlfühlatmosphäre durch erstklassiges Betriebsklima
- Kooperativer Führungsstil
- Vermeiden von permanenter Überforderung
- Image und Markterfolg des Betriebs