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Arbeitszeiterfassung: Gesetze, Vorteile und Möglichkeiten

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Das Urteil des deutschen Bundesarbeitsgerichts (BAG) schlug im September 2022 ein wie eine Bombe: Unternehmen müssen die Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter genauer erfassen, als es das bisherige Arbeitszeitrecht vorsieht. Ausgehend von dem "Stechuhr-Urteil" des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) aus dem Jahr 2019 muss die Arbeitszeiterfassung in Deutschland deutlich ausgeweitet werden – und gilt bereits ab jetzt.

Um Ihnen eine bessere Übersicht rund um das Thema Arbeitszeiterfassung zu bieten, haben wir Ihnen hier eine Übersicht über die wichtigsten Informationen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber zusammengefasst.

Was ist Arbeitszeiterfassung?

In Deutschland wird die Arbeitszeit durch das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) seit dem Jahr 1994 gesetzlich geregelt. Arbeitnehmer sollen durch das Gesetz zur Arbeitszeiterfassung besser geschützt werden, indem Höchstarbeitszeiten (Überstunden), Ruhezeiten, Pausen und die Arbeit an Sonn- und Feiertagen gesetzlich vorgeschrieben werden. Das Arbeitszeitgesetz gilt für alle Arbeitnehmer und der Arbeitgeber muss sich verpflichtend an diese Vorgaben halten. Ausgenommen vom ArbZG sind etwa Chefärzte, Leiter von öffentlichen Dienststellen, Beamte und Soldaten. Für diese und weitere Berufsgruppen gelten eigene Arbeitszeitverordnungen.

Wichtigste Regelungen für das Arbeitsrecht sind im Arbeitszeitgesetz des Bundesarbeitsgerichts beispielsweise die werktägliche Arbeitszeit von maximal 8 Stunden (oder maximal 10 Stunden unter bestimmten Voraussetzungen). Die wöchentliche Höchstarbeitszeit darf 48 Stunden nicht überschreiten.

Das Problem: Bisher waren Arbeitgeber nicht dazu verpflichtet, die Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter komplett manuell oder durch Zeiterfassungssysteme zu erfassen. Nur Überstunden und Arbeitszeiten an Sonn- und Feiertagen mussten erfasst werden. Hinzu kommen Aufzeichnungspflichten, um den Mindestlohn zu kontrollieren. Dies hat sich durch das Stechuhr-Urteil des EuGH 2019 in Deutschland vorerst nicht geändert. Doch im September 2022 hat das deutsche Bundesarbeitsgericht ein eindeutiges Urteil gefällt: Die minutengenaue Arbeitszeiterfassung ist für alle Unternehmen Pflicht. Wie kam es zu dieser Entscheidung?

Wegweisende Urteile: Diese Gesetze zur Arbeitszeiterfassung gibt es

Wie ist es zu dem weitreichenden Urteil des Bundesarbeitsgerichts gekommen? Auf welcher Gesetzesgrundlage begründet sich das BAG und welche neuen Plichten bedeutet die Entscheidung für Unternehmen und Arbeitgeber? In dieser Übersicht erfahren Sie die wichtigsten Schritte zum Urteil über die Arbeitszeiterfassung. 

Stechuhr-Urteil: EuGH nimmt Arbeitgeber in die Pflicht

Bereits im Mai 2019 verpflichtete der Europäische Gerichtshof (EuGH) die Arbeitgeber dazu, die volle Arbeitszeit ihrer Arbeitnehmer zu erfassen. Der Arbeitsschutz für Mitarbeiter solle dadurch erhöht werden, denn ohne eine vollständige Arbeitszeiterfassung könne die Einhaltung der Arbeitszeiten nicht nachverfolgt und kontrolliert werden.  

Den Anstoß für das Zeiterfassungs-Urteil des EuGH zur Arbeitszeit gab ein Rechtsstreit in Spanien. Die spanische Gewerkschaft Federación de Servicios de Comisiones Obreras hatte vor dem Nationalen Gerichtshof gegen die Deutsche Bank geklagt. Die Gewerkschaft forderte von der Bank, dass sie ein Zeiterfassungssystem für die geleistete tägliche Arbeitszeit der Mitarbeiter einführt. 

Ähnlich wie in Deutschland schreiben in Spanien die innerstaatlichen Rechtsvorschriften jedoch nur die Zeiterfassung zu Überstunden und die Übermittlung der Überstundenzahl zum jeweiligen Monatsende in der Arbeit vor. Die Einhaltung der EU-Vorschriften zur Arbeitszeit ist dadurch nicht prüfbar. Die spanischen Rechtsvorschriften, die den Schutz der Arbeitszeiten von Mitarbeitenden nicht gewährleisten, stehen somit dem EU-Recht entgegen. 

Das nationale Gericht sah in dem Fall kein rein spanisches Thema und wandte sich an den Europäischen Gerichtshof. Die Richter dort hatten dann entschieden, dass alle Mitgliedsstaaten ihr Arbeitszeitrecht so anpassen müssen, dass die Einhaltung der EU-Grundrechtecharta und der EU-Arbeitszeitrichtlinie zur Höchstarbeitszeit nachprüfbar ist. 

Arbeitszeiterfassung: In Deutschland bislang keine gesetzlichen Regelungen

In Deutschland hat sich nach dem Urteil des EuGH zunächst nichts getan. Ein Gutachten im Auftrag des Arbeitsministeriums unter Hubertus Heil (SPD) sollte herausfinden, ob – und wenn ja wie – die deutsche Arbeitszeitregelung geändert werden muss. Beauftragt wurde damit der Rechtsprofessor Frank Bayreuther von der Universität Passau.

Sein Fazit: Das aktuelle Arbeitszeitrecht genügt den Anforderungen des EuGH-Urteils nicht und muss ergänzt werden. Laut dem Handelsblatt beauftragte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) die Münchner Juristen Volker Rieble und Stephan Vielmeier ebenfalls mit einem Gutachten. Das soll Insidern zufolge jedoch zu einem ähnlichen Ergebnis gekommen sein.

Zwar wurde vom Bundesarbeitsminister Heil Anfang 2022 schließlich ein Entwurf für die Gesetzesänderung in Bezug auf die Arbeitszeiterfassung angekündigt. Diese wurde jedoch letztendlich wieder komplett gestrichen. Stattdessen ging es um andere Aspekte der Arbeit, wie etwa den Mindestlohn und die Anhebung der Vergütungsgrenze bei Minijobs.

September 2022: BAG verpflichtet Arbeitgeber zur Arbeitszeiterfassung

Erst September 2022 kam es schließlich zu einem eindeutigen Urteil des deutschen Bundesarbeitsgerichts (BAG): In Deutschland besteht eine Pflicht zur minutengenauen Arbeitszeiterfassung. Die Präsidentin des BAG, Inken Gallner, begründete die Pflicht von Arbeitgebern zur systematischen Erfassung der Arbeitszeiten ihrer Beschäftigten mit der Auslegung des deutschen Arbeitsschutzgesetzes nach dem sogenannten Stechuhr-Urteil des EuGH.

Das Urteil fiel nach Verhandlung eines Falls aus Nordrhein-Westfalen. Dabei hatte ein Betriebsrat gefordert, in der Arbeit ein Initiativrecht zur Einführung eines elektronischen Zeiterfassungssystems zu bekommen. Zwar gewann das Unternehmen den Fall, denn die Richter verneinten dieses Initiativrecht. Sie begründeten dies jedoch damit, dass es bereits eine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung gebe, das EuGH hätte dies bereits entschieden. Ein Pyrrhus-Sieg, denn das Unternehmen wird jetzt nicht drumherum kommen, ein entsprechendes System einzuführen. Genauso wenig wie alle anderen Unternehmen.

BAG-Urteil: Wie geht es weiter?

Das Urteil des BAG ist eindeutig. Doch was bedeutet das nun für den Arbeitgeber? Müssen die Arbeitszeiten aller Mitarbeiter nun ab sofort minutengenau erfasst werden? Gesetzliche Regelungen dazu gibt es in Deutschland bislang noch nicht (Stand November 2023). 

Auf dem Arbeitgebertag Mitte Oktober 2023 sagte Arbeitsminister Hubertus Heil laut Tagesschau: "Ich will nicht, dass wir die Stechuhr wieder einführen." Er sei für flexible Lösungen, die Diskussion seie aber "eingefahren" und die gesetzliche Arbeitszeiterfassung seie nicht sein Hauptthema im Moment, so Heil. Bis die Arbeitszeiterfassung also tatsächlich gesetzlich eingeführt wird, dürfte es noch eine Weile dauern.

Allerdings wird bereits jetzt allen Unternehmen geraten, nach den Anforderungen des EuGH-Urteils die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter lückenlos zu erfassen und zu dokumentieren. Das HR-Software-Unternehmen Personio rät allen Unternehmen dazu, die Zeit bis zur endgültigen Reaktion des Gesetzgebers dazu zu nutzen, ein geeignetes System der Arbeitszeiterfassung einzuführen. Das Urteil des EuGH schreibt dabei vor allem diese Voraussetzungen für das Arbeitszeiterfassungssystem vor:  

  • objektiv 
  • verlässlich 
  • zugänglich  

Unternehmen, die bereits mit einem Zeiterfassungssystem arbeiten, sollten dies noch mal überprüfen und gegebenenfalls anpassen. Denn dass demnächst von der Bundesregierung ein entsprechendes Gesetz zur Arbeitszeiterfassung verabschiedet wird, ist nach dem BAG-Urteil mehr als wahrscheinlich. 

Vorteile der Pflicht zur Arbeitszeiterfassung für Arbeitgeber und Arbeitnehmer

Eine Arbeitszeiterfassung ist nicht nur aus rechtlicher Sicht eine lohnenswerte Investition für jedes Unternehmen und jeden Betrieb. Auch für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen lohnt sich das Erfassen der Arbeitszeiten deutlich.

Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) hat bereits 2019 eine Studie dazu veröffentlicht. Die Daten von rund 8.400 abhängig Beschäftigten im Alter von 18 bis 65 Jahren wurden ausgewertet – und die Ergebnisse sind eindeutig.

Arbeitszeiterfassung: Vorteile für Arbeitnehmer

So bringt die Arbeitszeiterfassung unter anderem folgende Vorteile für Arbeitnehmer:  

  • Beschäftigte, deren Arbeitszeit erfasst wird, berichten deutlich seltener über zeitliche Entgrenzung.
  • Mitarbeiter verfügen über einen größeren zeitlichen Handlungsspielraum und eine höhere Flexibilität in der Arbeit.
  • Die Grenzziehung zwischen Privatleben und Beruf, sprich zwischen Arbeits- und Ruhezeit, gelingt besser.
  • Die Erreichbarkeit der Mitarbeiter außerhalb der regulären Arbeitszeit wird transparenter.
  • Der Betrieblicher Diskurs über Arbeitszeiten wird ebenfalls transparenter.

Insgesamt stellt die Erfassung der Arbeitszeit laut der BAuA ein wesentliches Element gesundheitsförderlicher Arbeitszeitgestaltung dar. Denn insbesondere die zeitliche Entgrenzung in der Arbeit wirkt sich negativ auf Wohlbefinden und Gesundheit aus.

Arbeitszeiterfassung: Vorteile für Arbeitgeber

Aber auch für den Arbeitgeber hat die Arbeitszeiterfassung Vorteile. Laut der Studie der BAuA wirkt sich das Erfassen positiv auf folgende Punkte aus:

  • Mehr Überblick über die geleistete, hochvariable und fragmentierte Arbeitszeit, insbesondere bei unterschiedlichen örtlichen Arbeitseinsätzen, wie es z.B. im Handwerk oft der Fall ist.
  • Arbeitszeiterfassung als Rückmeldungsinstrument und Kennzahl für die erbrachte Leistung.
  • Erfassung gibt Hinweise zur Arbeitsintensität und stellt somit einen wichtigen Indikator im Rahmen der betrieblichen Gefährdungsbeurteilung dar.

Den kompletten Bericht der BAuA über die Arbeitszeiterfassung aus dem Jahr 2019 finden Sie auf der BAuA-Website.

App, Software oder Stechuhr? Die Möglichkeiten zur Zeiterfassung

Die Digitalisierung hat die Arbeitszeiterfassung inzwischen wesentlich effizienter, einfacher und kompakter gemacht. Es gibt zahlreiche Apps, entsprechende Software und elektronische Programme, die eine punktgenaue Erfassung und Auswertung der Arbeitszeiten online ermöglichen.

Wichtigste Voraussetzung für die digitale Zeiterfassung sind Handy oder Tablet. Die Mitarbeiter haben eins von beiden ständig dabei und können die entsprechenden Tools aufspielen. Damit sind sie jederzeit in der Lage, ihre Arbeitszeit online zu erfassen. Arbeitsdauern, Pausen, Fahrtzeiten sind schnell gespeichert, ob in einem Internet-Browser oder der entsprechenden App.

Digitale Zeiterfassung: Sofortige Synchronisierung und weitere Vorteile

Das Bedienen einer App oder eines Programms zur Zeiterfassung ist in den allermeisten Fällen mehr als einfach. Mit einem Klick startet der Mitarbeiter die digitale Aufzeichnung der Zeiten und stoppt sie auch. Weitere Angaben und Daten können online erfasst werden. Für die Angaben zum Kunden, zu den ausgeführten Arbeiten oder zum gesamten Projekt sind besondere Rubriken verfügbar. Der digitale Stundenzettel gibt am Ende Auskunft über diverse Details. Übersichtlich dargestellt und immer präsent sind Soll- und tatsächlich geleistete Stunden und Überstunden, die entstandenen Zeitabweichungen und die Pausen.

Ist eine Lokalisierung über GPS verfügbar, lassen sich Zeiten und Standorte jederzeit nachvollziehen oder abgleichen. Alle Daten des Zeiterfassungssystems werden per Internetverbindung entweder direkt vom Arbeitsplatz aus oder bei der Rückkehr zur Firma übermittelt.

Allerdings hat die Online-Kommunikation einen Nachteil. Steht kein Internet per Mobilfunk oder WLAN zur Verfügung, können die Daten nicht unmittelbar übermittelt werden. Mittlerweile gibt es allerdings auch Programme, die man offline benutzen kann. Geht das jeweilige Gerät wieder online, überträgt es die Daten einfach nachträglich.

Außerdem hat ein Unternehmen durch die digitale Arbeitszeiterfassung die Möglichkeit, schneller die Rechnungen zu erstellen. Auch Löhne werden termingerecht und exakter als bisher abgerechnet. Mit einem Klick ist einsehbar, welches Projekt dem Zeitplan entspricht und welcher Auftrag bei der Durchführung die Kalkulation nicht erfüllt. Auch entstandene Mehrarbeiten und Überstunden sind jederzeit abrufbar.

Wie viel kostet die digitale Zeiterfassung? 

Bei einer Umstellung auf den digitalen Stundenzettel fallen in den meisten Fällen Kosten an. Kauflösungen schlagen pro Mitarbeiter mit wenigstens 100 Euro zu Buche. Aber auch 1.500 Euro werden verlangt, deshalb ist Mieten oder Abonnieren oft die wirtschaftlich sinnvollere Lösung. Dann reduzieren sich die Ausgaben auf etwa 5 bis 20 Euro pro Monat und Mitarbeiter. Ein größerer Betrieb kann mit hohen Rabatten rechnen.

Der Handwerker hat darauf zu achten, dass seine Anforderungen an die Software im Funktionsumfang widergespiegelt werden. Der eine Betrieb ist auf eine GPS-Ortung angewiesen, um Wege optimal zu planen, andere bevorzugen bei der Digitalisierung andere Optionen. Grundsätzlich sollte die digitale Zeiterfassung ihre Daten direkt mit der betriebsinternen Software koordinieren, denn so profitiert das Unternehmen besonders von der Zeitersparnis.

Arbeitszeit online erfassen: Welche Möglichkeiten gibt es? 

Möchten Unternehmen und Betriebe die digitale Arbeitszeiterfassung einführen, stehen ihnen zahlreiche Programme und Anbieter zur Verfügung. In unseren Marktübersichten finden Sie aktuelle und moderne Apps sowie Software für die digitale Zeiterfassung:

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