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Was ist ökologisch sinnvoller: Regenwasser nutzen oder versickern lassen?

Dittmar Koop
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Die Trinkwasser-Ampeln kommunaler Wasserversorger sprangen in diesem Sommer vielerorts auf Rot. Das bedeutete z.B., dass die Nutzung von Trinkwasser zur Gartenbewässerung oder zur Bewässerung von Rasen per Verordnung zeitweilig nicht mehr erlaubt war. Angesichts ausbleibenden Regens über Wochen bot auch die Regentonne Gartenbesitzern keine Alternative.

Der zentrale Punkt ist, wie das Grundwasser geschont bzw. wieder aufgefüllt werden kann.

Was ist mit dem Grundwasser?

Das Problem sitzt im Wortsinn aber tiefer. Es geht um Grundwasser-Neubildungsraten, die nicht mehr im Verhältnis zur Trinkwasserentnahme stehen: „In Gebieten, in denen wegen zukünftiger Klimaänderungen die Wasservorräte zurückgehen werden, muss über die Etablierung kleinerer Wasserkreisläufe nachgedacht werden“, gibt beispielsweise das Umweltbundesamt (UBA) auf Anfrage Auskunft. Dabei spielt die Nutzung von Regenwasser eine Rolle: Im Haushalt könne in Jahreszeiten mit ausreichend Niederschlägen, also vor allem im Herbst und Winter dazu beigetragen werden, dass weniger Wasser entnommen und dadurch Grundwasserressourcen geschont werden, so das UBA weiter. Laut Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) entstammt der größte Teil der rund 5,4 Mrd. m3 pro Jahr in Deutschland gewonnen Trinkwassers aus dem Grundwasser.

Im vergangenen Sommer standen vielerorts die kommunalen Trinkwasser-Ampeln auf Rot. Das bedeutete z. B. das Verbot, Trinkwasser zur Bewässerung des Gartens einzusetzen.

Regenwassernutzung kann die Hälfte an Trinkwasser sparen

Tatsächlich könnte eine Menge davon über eine alternative Regenwassernutzung im Haus theoretisch eingespart werden. Das Schweizer Bundesamt für Umwelt, Wald und Landwirtschaft (BUWAL) kommt zu dem Ergebnis, dass von den 162 l Trinkwasser pro Kopf und Tag in der Schweiz 69 l durch Regenwasser ersetzt werden können – in den Bereichen, in denen Trinkwasserqualität nicht unbedingt erforderlich ist. Das ist zuvorderst die Toilettenspülung, gefolgt vom Wäschewaschen und zum Dritten der Klassiker Gartenbewässerung.

Zwar liegt der durchschnittliche Wasserverbrauch pro Kopf und Tag in Deutschland nicht ganz so hoch wie in der Schweiz, aber das führt nicht zu einer grundsätzlich anderen Betrachtung. Experten hierzulande sprechen von einem Substitutionspotenzial von bis zu 50%, natürlich in Abhängigkeit verschiedener Variablen, z.B. Zahl der Bewohner und deren Verbrauchsverhalten, Größe der Dachfläche und natürlich auch, wie viel Niederschlag in einer Region fällt.

Regenwasser bzw. so genanntes Betriebswasser kann einen erklecklichen Teil des Wasserbedarfs im Haus ersetzen in den Anwendungen, für die keine Trinkwasserqualität erforderlich sind.

Technisch und hygienisch ok

Die Technik zur Nutzung von Regenwasser im Haushalt ist ausgereift (s. z.B. auch den Beitrag „Die 12 häufigsten Fragen zur Regenwassernutzung“ auf haustec.de) und gesundheitliche Bedenken bei der Nutzung von Regenwasser in den vorbezeichneten Anwendungsfeldern gibt es nicht.

Laut des Bundesverbands für Betriebs- und Regenwasser (fbr) ist gespeichertes Regenwasser bezüglich möglicher Krankheitserreger ungefährlich: Gesundheitlich bedeutsame Bakterien kommen typischerweise nicht bzw. nur kurzfristig in äußerst geringen Konzentrationen im Regenwasser vor, gibt der fbr Auskunft. Vogelkot sei bei den meisten Regenwassernutzungsanlagen die einzige relevante Quelle von möglichen Krankheitserregern. Doch sie benötigten Wärme und ein ausreichend hohes Nährstoffangebot, um sich zu vermehren. Diese Lebensbedingungen kämen aber im Regenwasser nicht vor.

Hygienisch relevante Bakterien würden selbst dann absterben, wenn sie in hoher Zahl experimentell dazugegeben werden, betont der fbr und resümiert: Beim bestimmungsgemäßen Gebrauch und bei der vorgeschriebenen strikten Trennung vom Trinkwassernetz spielen die üblichen Infektionswege – wie Verschlucken, ein längerer Ganzkörperkontakt oder das intensive Einatmen von Sprühnebel keine Rolle. Beispielsweise sei bei der Toilettenspülung die Infektionsgefahr durch das Regenwasser im Vergleich zur möglichen Gefährdung durch die fortzuspülenden Ausscheidungen vernachlässigbar klein.

Es gibt drei Bereiche im Haus, die technisch und hygienisch gesehen einwandfrei mit Regenwasser bedient werden können. Die wichtigste ist die Toilettenspülung.

Regenwassernutzung ist ökologisch sinnvoll

Der mögliche Nutzen von Regenwasser als so genanntes Betriebswasser im Haus beschränkt sich außerdem nicht nur auf die Trinkwassereinsparung, sondern zieht auch weitere Kreise. Laut einer Ökobilanzstudie für Regenwassernutzungsanlagen der ETH Lausanne, die im Auftrag des BUWAL erstellt wurde, wird beim Wäschewaschen mit hartem Wasser rund 20% mehr Waschpulver benötigt als beim Waschen mit weichem Regenwasser. Die Forscher kommen deshalb zu der Einschätzung, dass in Regionen mit hoher Wasserhärte Wäschewaschen mit Regenwasser ökologisch Sinn mache.

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat übrigens bereits vor über 10 Jahren am 24.01.2011 rechtsverbindlich für ganz Deutschland entschieden, dass Waschmaschinen mit Regenwasser betrieben werden dürfen (BVerwG, Urteil vom 24.01.2011, Geschäftszeichen BVerwG 8 C 44.09). Wie Hersteller das aus Garantie-Sicht sehen, steht allerdings auf einem anderen Blatt geschrieben.

Die Diskussion über eine Regenwassernutzung als Betriebswasser im Haus zur Substitution von Trinkwasser darf den Blick nicht verstellen auf das eigentliche Grundwasserbildungs-Problem, die Flächen-Versiegelung.

Geringe Entlastungs-Effekte für Grundwasserneubildung

Ist also die Nutzung von Regenwasser im Haus, wo immer es geht, uneingeschränkt zu empfehlen, auch vor dem Hintergrund der sich nun abzeichnenden regelmäßig auftretenden Engpässe beim Trinkwasser? Ja und Nein. Denn das eigentliche Problem der Grundwasserneubildung wird darüber nicht verringert. Leider ist es z.B. nicht so, dass man pro Regen-/Betriebswasser damit argumentieren könnte, dass es doch besser genutzt im Haus wäre, statt ungenutzt von der Dachfläche in der Kanalisation zu landen.

Laut BUWAL können Regenwassernutzungsanlagen zwar einen Teil der Regenfälle in den Speichertanks zurückhalten und damit die Kläranlagen entlasten. Allerdings wären diese kleinen Rückhalteeinrichtungen sehr schnell gefüllt. Bei lang andauernden Regenfällen oder starken Gewitterregen fließe der größte Teil der Niederschläge trotzdem ungebraucht über die Kanalisation zur Kläranlage – wenn diese nicht versickern können. Regenwassernutzungsanlagen können nur in einzelnen Fällen einen bescheidenen Beitrag zur Entlastung der Kläranlagen leisten, resümieren die Schweizer.

Auch das UBA ist zurückhaltend: Wann und unter welchen Umständen die Nutzung von Regenwasser wirtschaftlich und ökologisch sinnvoll ist, kann nur im Einzelfall entschieden werden. Bei dieser Betrachtung müssen auch die einzusetzenden Materialmengen (z.B. zweites Leitungsnetz) berücksichtigt werden, so das Amt auf Anfrage. Das UBA sieht die Regenwassernutzung in Gebäuden folglich auch nur als eine unter mehreren Maßnahmen, die hilft, Wasserressourcen zu schonen.

Der Beitrag, den dezentrale Regenwassernutzungsanlagen auf dem eigenen Grundstück z. B. zur Entlastung von Kläranlagen leisten können, ist überschaubar.

Flächenversiegelung ist das größte Problem

Denn die vermehrt ausbleibenden Niederschläge in den Sommermonaten in Kombination mit großer Hitze verschärfen nur das eigentliche Problem der Grundwasserneubildung und das ist die Flächenversiegelung, die Regenwasser, wenn es denn anfällt, nicht versickern lässt, sondern in die Kanalisation ableitet. Es ist ein altbekanntes Problem.

Mögliche Maßnahmen neben der Nutzung von Regenwasser sind

  • die Entsiegelung befestigter Flächen,
  • die Versickerung von Regenwasser statt dessen Ableitung und
  • die Etablierung lokaler grüner und blauer Infrastrukturen, wie Straßenbäume, Fassaden- und Dachbegrünungen sowie Verdunstungsmöglichkeiten von gespeichertem Regenwasser“, empfiehlt das UBA.

Die weitergehenden Empfehlungen des UBA sind somit nicht spektakulär, aber sie haben an Aktualität und an Notwendigkeit nichts verloren, sondern vielmehr dazu gewonnen.

Regenwasser zu nutzen, um Trinkwasser im Haus zu ersetzen, kann ein Beitrag sein, den Grundwasserspiegel zu schonen. Wichtiger erscheint allerdings, das Wasser dorthin zu lassen, wo es hinwill: in den Boden.

Fazit: Regenwasser sollte möglichst versickern

Das ist der Königsweg aus Sicht der Grundwasserneubildung. Die Regenwassernutzung im Haus als Betriebswasser kann einen Beitrag liefern, Trinkwasser- und damit Grundwasserressourcen zu schonen. Das ist Stand der Technik. Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten muss man sie allerdings individuell prüfen. Allerdings sollte auch in Erwägung gezogen werden, ob nicht der Einbau Wasser sparender Armaturen und Geräte sowie ein entsprechendes Verhalten bezüglich des Wasserverbrauchs genauso effektiv wären.

Dittmar Koop ist Journalist für erneuerbare Energien und Energieeffizienz.

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