Solarthermie-Freilandanlagen: Gutachten bringt Rechtssicherheit

Die Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS) e.V. begrüßt die Veröffentlichung des Gutachtens „Genehmigungssituation solarthermischer Freiflächenanlagen in Deutschland“ der Berliner Rechtsanwaltskanzlei re|Rechtsanwälte PartGmbB. Vor dem Hintergrund der bisher uneinheitlichen und zeitaufwändigen Genehmigungspraxis für solarthermische Freilandanlagen, die Wärme für Fernwärmenetze erzeugen, hat die Kanzlei die Rechtslage geprüft.
Dabei stehen das Bauplanungs- und Bauordnungsrecht, das Wasserrecht und das Immissionsschutzrecht im Mittelpunkt. Ihr Fazit lautet, dass die Rechtslage die oft umständlichen Verfahren nicht rechtfertige. Das Gutachten bestätigt auch die rechtliche Unbedenklichkeit von Propylenglykol als Beimischung zur Solarflüssigkeit in Solarthermie-Freilandanlagen, welche die DGS in ihrer Stellungnahme* im November 2024 bereits konstatierte.
„Das Gutachten der Kanzlei ist von großem Wert für Planer:innen und Behörden und den weiteren Ausbau der Solarthermie“, sagt Torsten Lütten, Vizepräsident der DGS. „Zahlreiche rechtliche Aspekte, die bisher individuell und zum Teil übervorsichtig interpretiert wurden, sind nun juristisch geprüft und geklärt. Das Gutachten bestätigt, dass der Bau und Betrieb von Freiflächen-Solarthermieanlagen bereits hinreichend vielen und strengen Auflagen unterliegt, so dass sie keine weiteren Auflagen benötigen. Mithin sind solarthermische Anlagen auf Freiflächen als sicher einzustufen und somit genehmigungsfähig.“ Auch die Verunsicherung der Behördenmitarbeiter:innen bezüglich der Bewertung von Solarflüssigkeiten habe jetzt ein Ende, so Lütten.
Energiewende ist noch eine Stromwende
Die Energiewende in Deutschland ist aktuell noch eine Stromwende. 2024 wurden rund 59 Prozent der Bruttostromerzeugung durch Erneuerbare-Energien-Anlagen gedeckt, beim Endenergieverbrauch für Wärme waren es rund 18 Prozent. Auch die installierte Leistung im Solarsegment zeigt das Ungleichgewicht: Ende 2024 waren über 4,8 Millionen Photovoltaikanlagen mit über 100 Gigawatt Leistung in Deutschland in Betrieb. Dem stehen rund 2,59 Millionen Solarthermie-Anlagen mit einer Gesamtleistung von rund 14,2 Gigawatt gegenüber.
„Wir brauchen alle Technologien für die Wärmewende“, betont Lütten. „Solarthermische Direktwärme ist eine hocheffiziente Lösung. Sie kann auf der gleichen Fläche etwa drei bis vier Mal so viel Energie ernten wie die Photovoltaik und braucht für die gleiche Menge Wärme gut 40 Mal weniger Strom als eine Wärmepumpe. So entlasten wir mit Freiflächen-Solarthermieanlagen auch die Stromnetze.“
Erstmalige Veröffentlichung des Gutachtens
Das Gutachten der Berliner Rechtsanwaltskanzlei re|Rechtsanwälte wird von der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS) e.V. nun erstmals veröffentlicht. Die Rechtsanwältinnen und -anwälte führen die noch bestehende Unsicherheit darauf zurück, dass vor allem Photovoltaik-Solarparks gebaut werden. Planungsbüros, Stadtwerken und Behörden fehlt die Erfahrung mit dieser Technologie.
Drei Teilbereiche des Rechts hat die Kanzlei untersucht und mit Verweis auf die entsprechenden Paragraphen geklärt. Im Bereich des Bauplanungs- und Bauordnungsrechts wurden die Zulässigkeit im Außen- und Innenbereich sowie das Bauordnungsrecht geprüft. Beim Wasserrecht prüften sie die Anforderungen des Wasserhaushaltsgesetzes und die Anforderungen der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV). Im Bereich Immissionsschutzrecht dreht es sich um die Anforderungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG), dem Störfallrecht und dem Gesetz zur Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP-Recht).
Das Fazit des 18-seitigen Gutachtens lautet: „Auch wenn der Umfang mit der Freiflächen-Solarthermie nicht so ausdrücklich geregelt ist wie die Photovoltaik, so legt das Umwelt- und Planungsrecht Maßstäbe für den Genehmigungserlass von Freiflächen-Solarthermieanlagen fest, die eine sichere, in den meisten Fällen unkomplizierte Genehmigung erlauben.“
Gutachten bestätigt Stellungnahme der DGS
Die Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV) bringt auch Klarheit über den Einsatz von wassergefährdenden Stoffen bei Solarthermie-Freiflächenanlagen. Dies betrifft vor allem die jeweils eingesetzte Solarflüssigkeit, die häufig Wasser-Propylenglykol ist. „Eine gesonderte gutachterliche Untersuchung der Solarflüssigkeiten bedarf es mangels Umweltgefährdung in der Regel nicht“, lautet das Fazit der Kanzlei hierzu. Somit ist nun auch die Quintessenz der Stellungnahme des Fachausschusses Solarthermie-Erneuerbare Wärme der DGS zum Thema „Einsatz von Wasser-Propylenglykol-Gemischen in der Freiflächen-Solarthermie“, die im November 2024 veröffentlicht wurde, rechtlich abgesichert.
Wachsendes Marktsegment – Wärmewende massiv beschleunigen
Im März 2025 waren in Deutschland 61 solare Wärmenetze mit rund 121 Megawatt Gesamtleistung in Betrieb. Dazu kommen 16 neue Anlagen, die genehmigt oder bereits im Bau sind. Diese Zahlen teilt das Stuttgarter Forschungsinstitut Solites mit, das den Markt für Solarthermie-Freiflächenanlagen seit zehn Jahren intensiv beobachtet und begleitet. Mit rund 193.000 Quadratmetern neuer Kollektorfläche verdoppelt sich die Bruttokollektorfläche der großflächigen Solarthermie 2026 im Vergleich zu 2024. Solites wertet dies als positiv, betont aber auch, dass für das Gelingen der Wärmewende eine fundamentale Beschleunigung in der Anlagenprojektierung und -genehmigung erfolgen müsse.
Laut der Studie „Perspektive der Fernwärme“ (Prognos AG im Juni 2024) müssen im deutschen Fernwärmemix 2045 4 TWH/a Wärme durch Solarthermie bereitgestellt werden. Dies entspricht nur gut zwei Prozent des deutschen Wärmebedarfs für Wärmenetze, bedeutet jedoch umgerechnet rund 10 Millionen Quadratmeter Bruttokollektorfläche. Um dies zu erreichen, müssten im Durchschnitt also circa 500.000 Quadratmeter Bruttokollektorfläche Solarthermie jährlich in Betrieb genommen werden. Dies entspricht einem Faktor 50, um die Ziele der Wärmewende zumindest für den Bereich Solarthermie zu erreichen. „Das heißt, wir müssen im Grunde ab sofort die Anzahl der Anlagen, die bisher pro Jahr errichtet werden, wöchentlich errichten. Diese Dimension ist in der Politik und Verwaltung leider noch nicht angekommen“, kommentiert Lütten.
„Wir hoffen nun sehr und gehen auch davon aus, dass das neue Gutachten zu der dringend nötigen Beschleunigung des Zubaus an Solarthermie-Freiflächenanlagen beitragen wird. Der Platz dafür ist vorhanden, er sollte aber auch zur Verfügung gestellt werden“, appelliert er. „CO2-freie Solarwärme reduziert den Anteil fossiler Wärme in Wärmenetzen und leistet so einen wichtigen Beitrag zur Dekarbonisierung. Außerdem entlastet sie die Stromnetze, was angesichts der aktuellen Diskussionen um die Netze, Netzausbau und Netzentgelte ein immer wichtigerer Aspekt wird.“