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Wie nachhaltig sind Holzpellets?

Dittmar Koop
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Die Preise für Holzpellets haben sich im Vergleich zum Vorjahr drastisch erhöht. Schlagartig nun im August. Gegenüber dem ohnehin hohen Vormonatspreis Juli explodierte der Preis nun im August auf im Bundesdurchschnitt 682,98 Euro/t, wenn man 6 t abnimmt. Das sind laut DEPI 34,5 Prozent mehr als im Vormonat und 194,4 Prozent mehr als im August 2021. Im Juni betrug der Durchschnitts-Preis „noch“ 431,56 Euro/t. Binnen zwei Monaten also ein Anstieg um etwa 250 Euro. Der DEPV gerät bei diesen Preisabnormitäten inzwischen in Erklärungsnot. Bislang diente der Hinweis auf den Ukraine-Krieg als Erklärung, der Rohstoffe und Energie verteuert und darunter auch die Pelletproduktion und -logistik zu leiden hätten. Jetzt soll die sehr große Nachfrage von Bestandskunden sowie vieler Neukunden, die ihre fossile Heizung ausgetauscht haben, mit der Hauptgrund für diesen Preissprung sein. Das aber würde den Verdacht wecken, dass Pelletproduzenten und -händler den Nachfrage-Run derzeit extrem ausnutzen würden, statt darauf zu verweisen, dass man gerade nicht alle beliefern kann. Prioritätenlisten hat es auch schon in früheren Krisen-Jahren gegeben, z. B. in den Jahren 2006/2007.

Der Augenblick der „Geburt“ neuer Holzpellets ist der, wenn in der Presse die frischen Pellet-Stränge aus der Ringmatrize sprießen.

Warum die Preise steigen 

Allein den Ukraine-Krieg als Grund für die Preissteigerungen bei Holzpellets zu benennen greift zu kurz. Sicher spielt er eine Rolle, denn die Stromkosten in der Pelletproduktion erhöhen sich und die Treibstoffkosten in der Logistik eben auch. (Weitere Informationen zur Pelletpreisentwicklung)

Ein anderer Grund ist auch, dass die Bauwirtschaft aktuell anfängt zu kriseln und darüber weniger Holz gesägt wird. Aus Branchenkreisen ist allerdings auch zu hören, dass angesichts der guten Marktentwicklung derzeit Pellet-Produktionskapazitäten ausgebaut werden. Der Ausbau schränkt mancherorts die vorhandene Produktionskapazität für eine gewisse Zeit ein. Die aktuellen Preissprünge sind aber nichtsdestotrotz beispiellos.

Kommen die Pellets aus Übersee?

Die Preissteigerungen haben aber auch noch einen anderen Effekt. In der Vergangenheit gab es eine Art Schwellenwert, den man nicht näher beziffern kann, bis zu dem große Pelletproduzenten, z.B. aus Übersee, es als unrentabel ansahen, den deutschen Endverbraucher-Wärmemarkt im großen Stil zu bedienen. Zwar waren ihre Kosten für Sägespäne mitunter signifikant niedriger als die in Deutschland. Aber dieser Vorteil wurde durch die hohen Transportkosten egalisiert (z.B. Holzpellets aus Kanada oder dem Süden der USA per Bahn zu einem Hafen zu transportieren, dort umzuschlagen auf ein Schiff, das nach Europa fährt und dort Pellets von z.B. Hafen Rotterdam aus verteilen zu müssen auf Binnenschiffe und/oder Lkw). Mit steigenden Pelletpreisen hierzulande wird dieses Geschäftsmodell nun aber wieder attraktiv.

Die Pelletpreise haben sich in den vergangenen Monaten enorm nach oben entwickelt, zuletzt im August sprunghaft.

Besser im Kessel als im Meiler

Aus verschiedenen Gründen ist das grundsätzlich zu begrüßen. Wenn die Rate des Zubaus an Pelletfeuerungen weiter so anhält wie aktuell, wird mittelfristig auch der Pellet-Import eine feste Säule sein, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Das sieht auch der Branchenverband DEPV so.

Ein anderer Grund ist, dass es riesige Pelletkapazitäten gibt, die derzeit für den europäischen Kraftwerksmarkt arbeiten. In Großbritannien wird im großen Stil in Kohlekraftwerken Kohle durch Holzpellets ersetzt (Co-Firing). Die alten Kohlemeiler werden darüber „vergrünt“. Nachteil ist, dass diese Werke mit Stromerzeugungs-Wirkungsgraden von meist deutlich unter 50 Prozent aufwarten und keine Abwärmenutzung vorhanden ist. 50 Prozent oder mehr der Holzpellets werden auf diesem Transformationspfad einfach verschwendet. Wenn diese Holzpellets aber ihren Weg in moderne Pelletfeuerungen fänden, die mit Wirkungsgraden von 95 Prozent aufwarten, wären Holzpellets energetisch deutlich effizienter und besser genutzt.

Die Verteuerung von Holzpellets hierzulande reaktiviert auf Sicht ein altes Geschäftsmodell: Holzpellets aus Übersee auch auf dem deutschen bzw. europäischen Wärmemarkt zu verkaufen. Hier das gigantische Pelletwerk Cottondale in Florida.

ENplus und seine Qualitätsstufen

Dazu müssten sie dann aber auch in entsprechender Qualität vorliegen. Das Maß der Dinge ist hier die Zertifizierung nach dem Qualitätssicherungssystem ENplus. Dieses kennt 3 Qualitätsstufen: A1, A2 und B. A1-Qualität sind Holzpellets, an die die höchsten Anforderungen gestellt werden. Diese wird z.B. von Endverbraucher-Kesselherstellern verlangt. Sie knüpfen sogar ihre Garantiebedingungen daran. B-Qualitäten sind Holzpellets, die als sogenannte Industrieholzpellets in Kohlekraftwerken verfeuert werden können. A2 ist eine Art Zwischenklasse, die für größere Pelletfeuerungen Anwendung finden kann. ENplus beinhaltet die Zertifizierung und die Überwachung der Einhaltung der Vorgaben. ENplus ist das weltweit führende Zertifizierungssystem für Holzpellets. Nach aktuellem Stand (Mitte August) sind 1235 Unternehmen in 46 Staaten zertifiziert.

Das ENplus-Zertifikat wurde ursprünglich vom Deutschen Pelletinstitut (DEPI) entwickelt, dem Tochterunternehmen des Deutschen Energieholz- und Pellet-Verbands (DEPV). Vor Jahren wurde es dann an das European Pellet Council (EPC) in Brüssel übertragen, dem Dachverband der nationalen europäischen Pelletverbände. Das EPC übernimmt das ENplus-Management/Zertifizierung in den Ländern, in denen es keine nationalen Verbände gibt.

Der große Vorteil dieses Systems ist, dass es, global gesehen, einheitliche Pelletqualitäten in den Klassen in einer gewissen Toleranzbandbreite schafft – vergleichbar dem Gedanken des Tankens eines Pkw an der Tankstelle, überall Brennstoff beziehen zu können, weil er homogen ist. Im Holzpellets-Endverbraucherfall ENplus-A1.

Die ENplus-Zertifizierung ist das weltweit führende Qualitätszeichen für Holzpellets. Die Aufgabe ist zuvorderst, vergleichbare Qualitäten zu schaffen und nicht so sehr, wie sie in der Produktion erreicht werden.

Tunnelblick auf den Preis

Die Endverbraucher folgen dem ENplus-Kriterium und blicken bei gleicher Ausgangslage dann allerdings nur noch auf den Preis. Ein solcher Tunnelblick hat aber seine Tücken. Zwar behandelt das der Zertifizierung zugrunde liegende ENplus-Handbuch im Teil 4 das Thema Nachhaltigkeitsanforderungen. Demnach müssen die Ausgangs-Holzprodukte FSC, PEFC oder nach gleichwertigen Programmen zertifiziert sein. Das beinhaltet auch die jeweilige Produktkettenzertifizierung, die dokumentiert und nachgewiesen werden muss. Aber die Aufgabe von ENplus ist zuvorderst, dass gleiche Brennstoffqualitäten am Markt angeboten werden. Es ist untergeordnet, wie diese erzeugt werden.

Ein Blick in die Produktionspraxis

Dazu ein Beispiel: Ein relativ energieintensiver Schritt in der Abfolge der einzelnen Schritte in der Holzpellets-Produktion ist die Trocknung des Ausgangsmaterials Späne auf die richtige Prozessfeuchte. Dafür gibt es industrielle Trockner, zum Beispiel Band- oder Trommeltrockner. Diese können ganz unterschiedlich ihre Energie beziehen, zum Beispiel aus Abwärme einer am Werk angegliederten Stromproduktion. Dann wäre die Primärenergie in Gestalt einer Kraft-Wärme-Kopplung effizient genutzt. Zudem stellt sich die Frage, welcher Energieträger verwendet wird. Wird die Energie für die Trocknung der Späne aus erneuerbaren Energien bereitgestellt oder aus fossilen, zum Beispiel Öl oder Erdgas? Und woher stammt der Strom für die Produktion? Handelt es sich um Ökostrom oder Strom, der noch aus dem herkömmlichen Strommix besteht?

Die Pelletproduktion ist in Abfolge ein komplexes System etlicher Produktionsschritte. Zu den energieintensivsten zählt ganz am Anfang die Trocknung der Späne.

Was ist mit dem Carbon Footprint bei der Herstellung?

Der Pelletproduzent Markus Mann (Westerwälder Holzpellets) war hier im Grunde genommen der Erste, der die Unterschiedlichkeiten in der Pelletproduktion thematisierte. Anfang 2011 begann er, kleine und große Füße zu vermessen: Carbon Footprints der Pelletproduktion. Der TÜV Rheinland bescheinigte Mann per Zertifikat, dass er damals pro t Holzpellets in seinem Werk in Langenbach 21 kg Kohlendioxid-(CO2)-Äquivalent (eq) ausstieß. Heute sind es 11 kg. Mann, sowieso unorthodox in der Branche, hatten im Prinzip zwei Sachverhalte geärgert, die ihn zu diesem Schritt bewegten, seinen Product Carbon Footprint ermitteln zu lassen. Der erste: Dass Verbraucher beim Kauf von Pellets nur nach dem Preis gehen und der Qualität, nicht aber fragten, wie die Pellets hergestellt werden und woher sie kommen.

Das Schlüsselerlebnis von Mann waren russische Pelletwerke, die er zu Gesicht bekam. Der Rohstoff Späne wurde mit Erdgas oder Kerosin getrocknet, außerdem summierten sich die Transportstrecken auf bis zu 1.000 km. Mann führte eine Vergleichsrechnung durch. Er kam auf 619 kg CO2-eq bei diesen Annahmen für die Produktion von Pellets, die aus Russland kommen – gleichwohl sie ENplus zertifiziert sein könnten. Andere Vergleiche führte er z.B. mit Georgia Biomass durch, einem Pelletgiganten im US-Bundesstaat Georgia.

Der Westerwälder Pelletproduzent Markus Mann (Westerwälder Holzpellets) zählt zu den unorthodoxen Vertretern seiner Branche.

Ein starker Vergleichswert

Selbst wenn Manns Berechnungen einer genauen Analyse nicht standhalten und sich als übertrieben erweisen sollten, so wurden doch die möglichen energetischen Unterschiede in der Produktion von Holzpellets erstmals plakativ verdeutlicht. Hier zeigen sich auch die grundlegenden Zusammenhänge des Product Carbon Footprint. Er ist der spezifische CO2-Fußabdruck der Pelletproduktion entlang der kompletten Wertschöpfungskette vom Baum bis zum Pelletbunker beim Endkunden, gemessen in CO2-Äquivalenten. Verändern sich Parameter, verändert sich auch der Wert. Der Wert macht die Produktion transparenter – und eben auch vergleichbar. Transportwege und die dafür aufgewendete Energie zählen eben auch dazu.

Footprint war eine laue Pflicht

Bislang war der Carbon Footprint auch im ENplus-Handbuch vertreten. ENplus-Produzenten mussten den Ausstoß von CO2-eq pro t produzierter Pellets für jede Produktionsstätte ermitteln. Die Berechnung der CO2-Äquivalente erfolgte über ein Excel-Tool (https://www.enplus-pellets.eu/en-in/resources-en-in/technical-documentation-en-in.html). Dieses wurde seinerzeit von der Bioenergy 2020+ GmbH (heute BEST - Bioenergy and Sustainable Technologies GmbH) in Kooperation mit der ofi Technologie & Innovation GmbH im Auftrag von Propellets Austria entwickelt.

Damals schon ein Manko: Für den so ermittelten Kohlendioxid-Fußabdruck gab es keine „Grenzwerte“/Oberwerte, die, wenn sie überschritten würden, zur Versagung der Zertifizierung führen könnten. Außerdem ist kein Unternehmen verpflichtet, seinen Carbon-Footprint im Zuge der ENplus-Zertifizierung zu veröffentlichen.

Markus Mann ließ bereits 2011 den Carbon Footprint seiner Pelletproduktion ermitteln. Damals waren es 21 kg CO2-Äquivalent, ein sehr niedriger Wert. Aktuell liegt er bei 11 kg.

Footprint nun aus dem Buch gestrichen

In der im Herbst erscheinenden neuen Version des ENplus-Handbuchs soll die Pflicht zur Ermittlung des Carbon Footprint indes wegfallen. Begründet wird das von Seiten des DEPI damit, dass die meisten Werke in Deutschland Holz als Energiequelle zur Trocknung nutzen und es außerdem ursprünglich geplant war, den durchschnittlichen Fußabdruck pro Land zu ermitteln. Das hätte aber nicht umgesetzt werden können, weil die Methodik zur Ermittlung nicht ausgereift und die Konzentration auf die Produktion nicht zielführend war, weil der Transport durch den Handel mit eingerechnet hätte werden müssen.

ENplus wird sich beim Thema Nachhaltigkeit somit in Zukunft auf Siegel wie FSC oder PEFC beschränken und die Frage der Nachhaltigkeit der Pelletproduktion und des Transports nicht mehr berücksichtigen. ENplus steht damit in erster Linie für die einzuhaltende Qualität. Das Zeichen sagt nicht, auf welchem Weg die Pellets produziert werden.

Endkunden und Verbraucher sollten eben nicht nur die beiden Parameter Qualität (in Form des ENplus-Zeichens) und Preis betrachten, sondern auch, wie die Holzpellets hergestellt werden und woher sie kommen bzw. welchen Weg sie zurückgelegt haben.

Fazit: Sensibilisieren - auch aus Eigennutz

Warum nun dieser Ausflug in die weite Welt? Er soll sensibilisieren, dass es Unterschiede gibt, auch wenn überall ENplus auf der Verpackung draufsteht. Dass für die relativ kleinteilige Pelletproduktion in Deutschland der Carbon-Footprint im internationalen Vergleich meistenteils klein ausfällt, dürfte eine Feststellung sein, die ungeprüft stimmt. Gleichwohl gibt es auch hierzulande Unterschiede. Wie das vom jeweiligen Marketing kommuniziert bzw. eingebunden wird, um sich abzugrenzen bzw. Alleinstellungsmerkmale zu schaffen, bleibt jedem selbst überlassen. Markus Mann beispielsweise betreibt das sehr erfolgreich so.

Es geht damit auch darum, sich erfolgreich beim Thema Holzpellets gegenüber zunehmender, mitunter auch notwendiger Internationalität der Pelletversorgung über Regionalitäten und Carbon Footprints zu behaupten.

Auch vor dem aktuellen Pellet-Boom wurde bereits nur auf den Preis gesehen, wenn das Zertifikat stimmte. Das ist nicht neu. Aber es wird die Herausforderung sein, angesichts eines möglicherweise anstehenden Massenmarkts, der erfahrungsgemäß noch mehr preisfixiert ist, andere Qualitäten zu kommunizieren, in der Erwartung zunehmender internationaler Pelletströme.

Dittmar Koop ist Journalist für erneuerbare Energien und Energieeffizienz.

 

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