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PV-Wartung: So lassen sich Stürze vom Flachdach vermeiden

Sven Ullrich
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Eigentlich gehört ein solches Geländer an den Rand eines jeden Daches, auf dem ein Photovoltaikgenerator steht. Schließlich muss er jedes Jahr gewartet werden.

Nur mal schnell auf das Dach schauen, ob eine Modulreinigung notwendig ist oder ob der letzte Hagel einen Schaden hinterlassen hat. Das sagen sich viele Betreiber von Photovoltaikanlagen. Langsam balancieren sie an der Dachkante entlang und schauen, ob das Modulfeld noch in Ordnung ist. Wird schon nichts passieren. Für jeden Arbeitsschützer ist das die blanke Horrorvorstellung.

Denn dass dann doch etwas passiert, ist keine Seltenheit. „Wir bekommen immer Berichte von Landwirten, die von den Dächern mit Photovoltaikanlagen fallen, weil diese komplett mit Modulen belegt sind“, sagt Marco Einhaus, Leiter des Sachgebiets Hochbau beim Verband Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) und Präventionsexperte bei der Berufsgenossenschaft Bau (BG Bau).

Keine Norm für sicheres Arbeiten an PV-Anlagen

Doch auch Handwerker stürzen bei der Installation und der Wartung von Anlagen auf Flachdächern noch viel zu oft über die Kante in die Tiefe. Grund sind nicht nur fehlende Sicherungseinrichtungen oder Nachlässigkeit, sondern auch die schlechte Angewohnheit, auf Wartungsgänge zwischen den Modulreihen zu verzichten. Das wiederum liegt daran, dass es keine Norm für die Sicherung von Arbeiten an Photovoltaikanlagen gibt. Die BG Bau hat zusammen mit dem DGUV zwar eine ganze Reihe von Regelungen ausgearbeitet, wie Handwerker und auch die Betreiber vor dem Absturz gesichert sein sollten. Eine Verpflichtung leitet sich aber daraus nicht ab. Weil es nicht vorgeschrieben ist, verzichten viele Hausbesitzer aus Kostengründen auf die wichtigen Sicherungseinrichtungen.

Lesen Sie auch: Wie der Fachmann PV-Module ohne Schäden reinigt

Arbeitsschutzregeln einhalten

Für die Handwerksunternehmen gelten aber zumindest die Arbeitsschutzregelungen. Die besagen, dass der Arbeitgeber dafür zu sorgen hat, dass dem angestellten Handwerker während seiner Arbeit nichts passiert. Vor allem auf dem Flachdach ist da die Neigung zur Nachlässigkeit nicht selten anzutreffen. Wer denkt schon, dass er abstürzen könnte. Ist ja alles eben. Ein kräftiger Windstoß oder ein unbedachter Schritt kann diese falsche Sicherheit aber schnell zunichte machen, vor allem wenn der Handwerker kaum Platz hat, um sich sicher zu bewegen.

Sicherheit mit einplanen

Deshalb fordern Arbeitsschützer, dass keine Photovoltaikanlagen mehr ohne Wartungsgänge installiert werden. Das würde schon weiterhelfen. Zwar haben viele Gestellhersteller das in ihrer Auslegungssoftware bereits berücksichtigt. Doch die Planer müssen sich auch daran halten und nicht der Forderung der Kunden nachgeben, das gesamte Dach bis zum Rand mit Solarmodulen zu belegen und die Modulreihen möglichst eng aneinanderzustellen.

Sind die Module nach Süden aufgeständert, müssen die Modulreihen einen gewissen Abstand zueinander haben, um sich nicht gegenseitig zu verschatten. Doch bei den heute im Gewerbebereich üblichen Ost-West-Anlagen sieht die Lage schon ganz anders aus. Hier kann rein theoretisch auch ohne Wartungswege gebaut werden, was die Arbeit auf dem Dach wieder zum Risiko werden lässt. Auch bei Anlagen auf wenig geneigten Dächern, die dachparallel installiert werden, fallen Wartungsgänge meist dem Wunsch des Hauseigentümers zum Opfer, so viel Leistung wie möglich zu installieren.

Geländer als sicherste Lösung

Hier sollte jeder Planer aber an die Sicherheit der Handwerker denken und standhaft bleiben. Wartungsgänge sind eine Voraussetzung, um den Absturzschutz überhaupt sinnvoll gewährleisten zu können. Denn dann muss niemand mehr an der Kante entlang balancieren, sondern kann sich zwischen den Modulen in einem sicheren Bereich bewegen. Hier wären konkrete Vorgaben und Normen als Argumentationshilfe gegenüber den Hauseigentümern hilfreich. „Flächenausnutzung und Schutz gegen Absturz passen nun einmal nur begrenzt zusammen“, fasst Marco Einhaus den Konflikt zusammen.

Sturz verhindern, nicht nur bremsen

Doch auch wenn Wartungsgänge vorhanden sind, ist auf dem Flachdach ein Absturzschutz notwendig. Der DGUV und die BG Bau sehen dafür eigentlich ein fest installiertes Geländer mit mindestens einem Meter Höhe vor.

Auf die gleiche Weise sollten auch andere Flächen auf dem Dach gesichert sein, durch die eine Person durchbrechen oder durchstürzen könnte. Denn das Solarteurshandwerk ist kein typischer Dachberuf. Dazu zählen vor allem Dachdecker, Zimmerleute, Spengler und Stahlbauer. Zudem ist eine jährliche Wartung der Anlage notwendig.

Doch selbst wenn der Solarteur als typischer Dachberuf eingestuft wird, sollten sich die Handwerker vor einem Absturz sichern – am besten mit einem Geländer. So räumt auch das Arbeitsschutzgesetz solchen sogenannten kollektiven Absturzsicherungen die höchste Priorität ein. Nur wenn diese bautechnisch nicht möglich sind, können kollektive Auffangeinrichtungen eingesetzt werden.

Das sind vor allem Fangnetze, Gitter oder Auffanggerüste, die einen Sturz in die Tiefe verhindern. Eine persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz (PSA) ist nur zugelassen, wenn auch diese unzweckmäßig oder technisch nicht möglich sind. Ob die PSA auch angewendet werden kann, wenn der Aufbau eines Gerüstes unwirtschaftlich ist, darüber streiten sich noch die Geister.

Horizontale Führung

Wird die PSA eingesetzt, sind auf dem Dach aber Anschlagpunkte notwendig, an denen der Handwerker das Sicherungsseil einhängen kann. Die Empfehlung lautet hier, in einem Abstand von 2,5 Metern zur Absturzkante eine horizontale Führung zu installieren. Der Handwerker hängt sich in diese Führung ein und kann an einem zwei Meter langen Seil und einem 50 Zentimeter langen Falldämpfer fast jeden Punkt auf dem Dach erreichen, ohne den Anschlagpunkt wechseln zu müssen. Länger darf das Seil nicht sein. Denn die PSA muss in erster Linie als Rückhaltesystem funktionieren. Der Handwerker darf gar nicht erst abstürzen. Tut er es doch, so darf er maximal wenige Zentimeter tief fallen, bevor ihn das Seil auffängt.

Der mit der PSA gesicherte Handwerker sollte nicht über die Kante fallen können.

Wenige Löcher in das Dach bohren

Fällt in der Region mehr Schnee, so sollte der Abstand der Führung zur Absturzkante größer sein, um die Schneeräumung zu erleichtern. Bei Dächern mit einer maximalen Breite von 17 Metern reicht in diesem Falle eine zentrale Führung in der Mitte aus. Diese muss aber in einem Abstand von mindestens 8,5 Meter zur schmalen Dachkante enden. Denn der Handwerker kann sich dann mit einem acht Meter langen Seil einhängen.

Damit er auch in die Ecken kommt, müssen noch vier Einzelanschlagpunkte jeweils 2,5 Meter entfernt von den beiden Absturzkanten installiert sein. In diese hängt sich der Handwerker mit einem zwei Meter langen Seil ein. Ist das Dach breiter als 17 Meter, muss eine umlaufende Seilführung im Abstand von etwa fünf Metern zur Dachkante installiert werden. Auch hier vergrößert ein Einzelanschlagpunkt in jeder Ecke die Dachbereiche, an die der gesicherte Handwerker herankommt.

Die ganze Kante schützen

Im Vergleich zur Installation vieler separater Einzelanschlagpunkte im gleichen Abstand zur Dachkante hat das zentrale Führungssystem den Vorteil, dass die Fläche maximiert wird, die der abgesicherte Handwerker erreichen kann. Zudem muss er nicht immer wieder den Anschlagpunkt wechseln. Damit reduziert sich das Absturzrisiko. Eine horizontale Führung erleichtert auch das Arbeiten. Außerdem müssen Einzelanschlagpunkte sehr eng zueinander installiert werden, um die gesamte Absturzkante abzudecken. Das bedeutet auch, dass mehr Dachdurchdringungen als für die Installation einer horizontalen Führung notwendig sind.

Pendelsturz verhindern

Die Anschlageinrichtungen auf dem Dach müssen so installiert sein, dass ein sogenannter Pendelsturz verhindert wird. Beim Pendelsturz schwingt der Abstürzende am Seil vor der Fassade hin und her. Dann steigt das Risiko, dass das Seil an der Dachkante aufscheuert und reißt. Außerdem darf der Abstürzende nicht an die Fassade oder an Mauervorsprünge knallen.

Die Installation solcher Anschlageinrichtungen dürfen nur zertifizierte und speziell geschulte Handwerker übernehmen. Sie müssen nicht nur in der Lage sein, die Verankerungen auf dem Dach richtig zu befestigen, sondern auch die gesamte Bauwerkssituation beurteilen.

Ins Montagesystem integriert

Zudem müssen die Anschlagsysteme nach der DIN EN 795 baumustergeprüft sein. Diese Norm regelt die technischen Voraussetzungen für die persönliche Absturzschutzausrüstung und die Anschlageinrichtungen. Die Baumusterprüfung gilt auch für Anschlagpunkte, die an der Unterkonstruktion von Montagegestellen angebracht werden. Doch die Prüfung und Zulassung ist aufwendig, wie Cedrik Zapfe weiß. Er ist Technikleiter bei Schletter mit Sitz im bayerischen Kirchdorf/Haag.

900 Kilogramm Last aufnehmen

Das Unternehmen ist einer der wenigen Hersteller, der Anschlagpunkte anbietet, die ins Montagegestell von ballastierten Anlagen integriert sind. Schließlich ist deren Sinn, Dachdurchdringungen zu vermeiden. „Wir haben vor zwei Jahren mit der Entwicklung einer solchen Anschlageinrichtung begonnen, das aber nicht weiter verfolgt“, sagt Zapfe.

Inzwischen hat das Unternehmen mit Secureco einen Partner gefunden, der einen Einzelanschlagpunkt für das Alugrid-System nach aufwendigen Versuchen und Nachweisen zertifiziert hat. Der Anschlagpunkt am Montagegestell muss – wie auch die auf dem Dach installierten Systeme – eine Last von 900 Kilogramm aufnehmen. „Denn die Kraft, die auf den Anschlagpunkt wirkt, wenn jemand in die Fangeinrichtung fällt, ist deutlich höher als das Gewicht eines Menschen“, sagt Zapfe. Deshalb werden die Anschlageinrichtungen von Secureco mittels Verstärkungsstreben mit mindestens drei Bodenschienen des Gestells verbunden. Dadurch ist sichergestellt, dass genügend Ballastierung aktiviert wird, wenn ein Handwerker in das Seil fällt. Dann verrutscht der Generator auch nicht. Der Anschlagpunkt muss aber nach einem Sturz ins Seil ausgewechselt werden. Das ist aber bei allen anderen Lösungen auch der Fall.

Jedes Jahr prüfen

So wie die Solargeneratoren müssen auch die Absturzsicherungen gewartet werden. Die einschlägige Richtlinie 112-198 der DGUV schreibt vor, dass die Systeme jedes Jahr überprüft werden müssen. Auch das darf nur ein qualifizierter und zertifizierter Handwerker übernehmen. Er kontrolliert mittels Zugversuchen und einer Rüttelprobe, ob die Anlage noch in Ordnung ist. Dabei gelten die Vorgaben des Herstellers.

Wenn die Einrichtung diese Prozedur nicht klaglos übersteht, muss der Handwerker sie unbedingt austauschen. Das muss er auch tun, wenn die Montagedokumentation fehlt und der Hersteller der Anschlageinrichtung nicht bekannt ist.

www.bgbau.de

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