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Gebäude und Energie: Wie die Digitalisierung dem Klimaschutz nützt

Jürgen Wendnagel
Inhalt

Heizsysteme mit Wetterprognosen und Effizienzmonitoring energiesparender betreiben, mit Smart Metern Strom sparen oder Wärmepumpen stromdienlich einsetzen: Die Digitalisierung von Gebäuden und Energieprozessen bietet Möglichkeiten, Treibhausgase einzusparen und damit den Klimaschutz zu fördern. Doch in welchem Umfang ist das realistisch möglich?

Wie wirken sich smarte Lösungen in Gebäuden und Haushalten – dem Smart Home – auf die Energie- und Klimaschutzziele aus? Welche Auswirkungen auf die Umwelt haben sie? Dies wurde im Projekt „Klimaschutzpotenziale der Digitalisierung“ im Auftrag des Umweltbundesamts untersucht. Ziel ist es, mögliche Maßnahmen gegen den Klimawandel zu untersuchen und zu bewerten.

Die Forschenden vom Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) und co2online haben eine übertragbare Methode zur Umweltbewertung der Digitalisierung im Endkundenmarkt des Energiebereichs entwickelt und in fünf ausgewählten Fallstudien zu Wärme und Strom in Wohngebäuden und Haushalten angewandt.

Wir stellen Ihnen nachfolgend die Studie sowie die wichtigsten Fakten und Daten zu den fünf Fallstudien im Kurzüberblick vor.

Studie: Digitalisierung und Klimaschutz

Welche Effekte auf die Umwelt wurden berücksichtigt?

Die direkten Effekte auf die Umwelt von solchen smarten Technologien – etwa deren Herstellung, Nutzung und Entsorgung – hat das Forschungsteam den indirekten Effekten gegenübergestellt. Zu den indirekten Effekten auf die Umwelt gehören etwa ein erhöhter Einsatz erneuerbarer Energien oder eine Steigerung der Energieeffizienz sowie nutzerbezogene und strommarktseitige Effekte. Die Bewertung erfolgte mit der etablierten Methode der Ökobilanzierung und einer systematischen Einteilung der potenziell auftretenden Umweltwirkungen.

Die Forschenden zeigen, dass solche digitalen Anwendungen wichtige Maßnahmen zum Klimaschutz wie die energetische Sanierung von Gebäuden oder den Ausbau erneuerbarer Energien sinnvoll ergänzen, diese aber aufgrund begrenzter Einsparpotenziale nicht ersetzen können.

Den kompletten Abschlussbericht „Potenziale der Digitalisierung für die Minderung von Treibhausgasemissionen im Energiebereich“ (270 Seiten, Reihe „Climate Change 74/2021) hat das Umweltbundesamt im Dezember 2021 veröffentlicht.

Welche Effekte auf die Energie gibt es?

Für den Bereich der Energie unterscheidet die Studie drei Effekte bzw. „Ordnungen“ von umweltrelevanten Effekten der Digitalisierung:

  • Direkte Effekte aus der Technologieperspektive (Effekte erster Ordnung): Umwelteffekte aus dem Material- und Energieverbrauch für die Herstellung, Nutzung und Entsorgung digitaler Einzelanwendungen, wie z. B. ein Smart Meter.
  • Indirekte Effekte aus der Technologieperspektive (Effekte zweiter Ordnung): Umwelteffekte aus der Substitution anderer Anwendungen (z. B. Ferraris-Zähler) und aus der intendierten Optimierung durch Monitoring und verbesserte Regelung von Energiewandlungs- und Energieverbrauchsprozessen.
  • Indirekte Effekte aus der Nutzer- und Systemperspektive (Effekte dritter Ordnung): Umwelteffekte aus dem Konsumverhalten der Anwender*innen (mit negativen Auswirkungen auf die Umwelt: Rebound- und Induktionseffekte; mit positiven Umweltwirkungen: Suffizienz- und Spillover-Effekte) sowie systemische Effekte wie z. B. ein verminderter Netzausbau oder die Änderung des Strommixes.

Die Einteilung bezieht sich damit sowohl auf die Ordnung als auch auf die Perspektive der Effekte.

Die Unsicherheit zur Bestimmung der Effekte nimmt über die Ordnungen der Effekte hinweg zu.

Als Quelle dient das Umweltbundesamt

Funktionsprinzip einer Wetterprognosesteuerung (Quelle www.umweltbundesamt.de)

Fallstudie 1: Wetterprognosesteuerung von Heizanlagen

Zweck der Maßnahme

Die Dienstleistung Wetterprognosesteuerung (WPS) dient der Vermeidung der Überheizung eines Gebäudes durch reduzierte Wärmezufuhr in den Morgenstunden, soweit im Tagesverlauf deutlich höhere Temperaturen oder Sonneneinstrahlung zu erwarten sind. Die Wetterprognosesteuerung optimiert damit die Nutzung solarer Wärmegewinne. Für diesen Zweck wird die konventionelle außentemperaturgeführte Regelung mittels bewerteter Wetterdaten übersteuert.

Technik und Funktionsweise

Dezentral im Gebäude sind eine Steuerbox mit Datenlogger und Gateway erforderlich, zentral bedarf es eines Servers. Dieser berechnet auf Basis von Betriebsdaten der Heizungsanlage sowie lokalen Wettervorhersagedaten optimierte Regelparameter (gegenüber der konventionellen Steuerung reduzierte Vorlauftemperaturen), die dann zurück an die Steuerbox übertragen werden. 

Anhand eines Mehrfamilienhauses mit 22 Wohneinheiten als Referenzfall wurden die Effekte der Wetterprognosesteuerung berechnet. Resultate:

  • Die digitalen Komponenten führen zu einer zusätzlichen Belastung der Umwelt von 201 kg CO2 eq/a für das Gebäude (Base Case). Im Verhältnis zur Gesamtbelastung der Wärmeversorgung des Hauses machen diese Effekte lediglich 0,4 Prozent aus.
  • Als Effekt 2. Ordnung führt der reduzierte Heizenergieverbrauch von im Mittel 10 Prozent zu Umweltentlastungen von 5.310 kg CO2 eq/a (Base Case).
  • Als Effekt 3. Ordnung sind Rebound-Effekte der Bewohner*innen durch Anhebung der Innentemperaturen denkbar.

Solange diese Anhebung 1,5 °K nicht überschreitet, wird die Wetterprognosesteuerung im Saldo zu einer Entlastung der Umwelt führen führen.

Umwelteffekte hochgerechnet

Aktuell sind geschätzte 500 bis 750 Systeme zur Wetterprognosesteuerung in größeren Mehrfamilienhäusern installiert. Bis 2030 könnte die Zahl auf 2.500 bis 6.000 Einheiten wachsen. Damit ließen sich rund 13 bis 31 Tsd. t CO2 eq/a (Base Case) einsparen. Die Klimalücke im Gebäudesektor bis 2030 kann damit um bis zu 0,09 Prozent verringert werden. Ein kleiner, aber dennoch wichtiger Beitrag im Kampf gegen den Klimawandel.

Weitergehende Empfehlungen

Nicht berücksichtigt sind hierbei Wetterprognosesteuerungen in anderen Gebäudesegmenten, wie Nichtwohngebäuden oder Einfamilienhäusern. Um die Verbreitung und das Klimaschutzpotenzial der Anwendung darüber hinaus zu erhöhen, ist insbesondere die herstellerseitige Integration von Wetterprognosesteuerungen in neue Wärmeerzeuger und Regelungen vorzusehen. Dies würde es ermöglichen, auch kleine Gebäude mit Wetterprognosesteuerungen auszustatten, für die das derzeitige Dienstleistungsangebot mit Nachrüstung nicht wirtschaftlich ist. 

Lesen Sie dazu: Smarte Wärme: Wenn die Heizung sich selbst steuert

Funktionsprinzip Gasheizung und Effizienzüberwachung (Nachrüstung) (Quelle www.umweltbundesamt.de)

Fallstudie 2: Online-Effizienzüberwachung von Heizanlagen

Zweck der Maßnahme

Das Online-Effizienzmonitoring analysiert über kontinuierliche Messung und Analyse relevanter Betriebsparameter die Effizienz eines Wärmeerzeugers und meldet Probleme an den Anlagenbetreiber. Mangelnde Effizienz von Heizanlagen aufgrund technischer Defekte des Kessels oder von Fehleinstellungen, aber auch Probleme des nachgelagerten Heizsystems können so zeitnah festgestellt und behoben werden.

Technik und Funktionsweise

In der Heizzentrale sind hierzu eine Steuerbox mit Datenlogger und Gateway erforderlich, die über Sensoren und Zähler den Gas-, Strom- und Wärmeverbrauch sowie Vorlauf-, Rücklauf- und Außentemperatur sammelt und an einen zentralen Server überträgt, der die Daten auswertet.

Die Analyseergebnisse werden in verschiedene Ausgabeformate gespeist, beispielsweise ein Kundenportal, eine App oder anlassbezogene automatisierte Nachrichten oder Warnmeldungen (E-Mail, SMS).

Auswertung der Effekte im Referenz-MFH

Die Effekte des Online-Effizienzmonitorings wurden für den gleichen Referenzfall wie bei der Wetterprognosesteuerung berechnet. Resultate:

  • Die digitalen Komponenten führen zu einer zusätzlichen Umweltlast von 229 kg CO2 eq/a für das Gebäude (Base Case). Im Verhältnis zur Gesamtbelastung der Wärmeversorgung des Hauses machen diese Effekte ebenfalls lediglich 0,4 Prozent aus.
  • Effekte 2. Ordnung sind nicht zu erwarten.
  • Als Effekt 3. Ordnung führen die Analysen und Warnmeldungen zum deutlich schnelleren Erkennen und Beheben von Defekten durch die Eigentümer*innen, was über den reduzierten Heizenergieverbrauch von im Mittel 5 Prozent zu Umweltentlastungen von 2.665 kg CO2 eq/a führt (Base Case). Denkbar wären gegenläufige Effekte 3. Ordnung durch Rebound-Effekte auf Seiten der Bewohner*innen, analog zur Fallstudie 1.

Solange die Anhebung der Innentemperatur 0,8 °K nicht überschreitet, wird das Online-Effizienzmonitoring im Saldo zu einer Entlastung der Umwelt führen.

Umwelteffekte hochgerechnet

Aktuell sind geschätzte 2.500 bis 3.500 Online-Effizienzmonitoring-Systeme in größeren Mehrfamilienhäusern installiert. Bis 2030 könnte die Zahl auf 50.000 bis 60.000 Einheiten wachsen. Dieses starke Wachstum wird insbesondere dadurch ermöglicht, dass ab 2023 die geltende Bundesförderung Energieeffiziente Gebäude (BEG) die herstellerseitige Ausstattung geförderter Wärmeerzeuger mit einer Verbrauchs- und Effizienzanzeige vorschreibt, womit sich die Technik sukzessive über Heizungsmodernisierung und Neubau deutlich schneller verbreiten wird. Somit sind allein bei den größeren Mehrfamilienhäusern 2030 Einsparungen von 131 bis 149 Tsd. t CO2 eq/a (Base Case) zu erwarten. Die Klimalücke im Gebäudesektor bis 2030 kann damit um bis zu 0,41 Prozent verringert werden.

Weitergehende Empfehlungen

Nicht berücksichtigt sind bei dieser Rechnung Effizienzmonitoring-Systeme in anderen Gebäudesegmenten wie Nichtwohngebäude und kleinere Mehrfamilienhäuser sowie Ein- und Zweifamilienhäuser. Um die Verbreitung und den Klimaschutz durch die Anwendung darüber hinaus zu erhöhen, sollte eine Nachrüstpflicht für Bestandsgebäude erwogen werden.

Grafische Darstellung eines als Smart Meter bezeichneten intelligenten Messsysteme (iMSys) mit Feedback-System und zur Messung der Stromverbräuche mit Geräteerkennung (NILM) (Quelle www.umweltbundesamt.de)

Fallstudie 3: Smarte Stromverbrauchserfassung über Smart Meter mit Feedback-System

Zweck der Maßnahme

Durch den Rollout von Smart Metern können Energieverbraucher*innen Echtzeit-Informationen zum Stromverbrauch (über Browser oder App) bereitgestellt werden. Mindestanforderung ist ein 15-Minuten-Takt. Bei feiner aufgelösten Verbrauchsdaten ist über das non-intrusive Load Monitoring (NILM) außerdem eine Disaggregation der Stromlastkurve zur Erkennung einzelner Geräte möglich.

So können gerätespezifische Informationen (beispielsweise gerätespezifische Stromspartipps) gegeben bzw. energiedatengestützte Dienstleistungen entwickelt werden.

Technik und Funktionsweise

Die Fallstudie betrachtet ein solches Feedback-System. Während im analogen Referenzfall ein Ferraiszähler verbaut ist, benötigt die digitale Anwendung ein Smart Meter, ein Smart Meter Gateway, Visualisierungsmöglichkeiten (über Smartphone) sowie eine Datenübertragung zum Dienstleister und dessen Infrastruktur. 

Umwelteffekte pro Haushalt

Die direkten Netto-Effekte der Digitalisierung betragen pro Haushalt im Schnitt 9,0 kg CO2 eq/a (Netto-Effekte 1. Ordnung). Der Betrag erhöht sich um 0,4 kg CO2 eq/a durch die vorzeitige Entsorgung des Ferrariszählers (Effekte 2. Ordnung). Den kumulierten Umweltlasten von 9,3 kg CO2 eq/a stehen Einsparungen von 106 bis 317 kg CO2 eq/a gegenüber, die durch das Nutzerfeedback in Form von Stromeinsparungen erzielt werden können. Aufgrund der schlechten Datenlage sind die Werte mit Unsicherheiten behaftet.

Potenziell können die Umweltbelastungen aber mehr als ausgeglichen werden, da die negativen Umwelteffekte durch die Digitalisierung sehr viel geringer als die des Stromverbrauchs der Haushalte sind und somit bereits geringe Einsparungen diese überkompensieren.

Umwelteffekte hochgerechnet

In 2020 wurden ca. 5.000 der verbauten intelligenten Messsysteme dazu genutzt, Nutzer*innen ein Echtzeitfeedback zu geben. Im Zuge des Smart Meter Rollouts kann die Zahl auf 219 Tsd. bis 1.012 Tsd. Stück steigen. Denn das Interesse am Smart Meter ist definitiv da. Skaliert mit den Ergebnissen der Einzelanwendung sind dadurch deutschlandweit Treibhausgaseinsparungen von rund 45 Tsd. bis 146 Tsd. t CO2 eq/a möglich.

Bis 2030 sind nach den Zielen des novellierten Gesetzes zum Klimaschutz noch ca. 113 Mio. t CO2 (Stand 2020) in der Energiewirtschaft einzusparen. Das Echtzeit-Feedback kann hierzu im Basisszenario 0,04 bis 0,13 Prozent beitragen. Der Haushaltsstromverbrauch ließe sich im Jahr 2030 um 0,08 bis 0,3 Prozent reduzieren.

Weitergehende Empfehlungen

Um das Potenzial des Echtzeit-Feedbacks auszuschöpfen sollten Politik und Marktakteure Impulse für die Ausweitung von entsprechenden Angeboten und Geschäftsmodellen setzen. Dabei ist insbesondere anzustreben, dass die Potenziale von Smart-Metern im Rahmen für ein differenziertes Verbrauchsfeedback des Rollouts auch genutzt werden.

Nachfrageseitig könnte zudem die Verbreitung von Smart Metern durch einen freiwilligen Rollout finanziell unterstützt werden.

Funktionsprinzip des virtuellen Speicherverbunds (Quelle www.umweltbundesamt.de)

Fallstudie 4: Stromspeicher auf Haushaltsebene als Teil eines virtuellen Verbunds

Zweck der Maßnahme

PV-Batteriespeicher auf Haushaltsebene können durch externe Dienstleister zu virtuellen Verbünden zusammengeschlossen werden und dadurch verschiedene Dienstleistungen erbringen. Bereits etabliert ist die Erbringung von Primärregelleistung. Technisch machbar sind weitere Dienstleistungen wie der Handel an der Strombörse oder Redispatch.

Technik und Funktionsweise

Im Vergleich zu einem Referenz-Haushalt, der über PV-Anlage, Speicher sowie notwendige Peripheriegeräte verfügt, sind zusätzlich eine Datenübertragung und die digitale Infrastruktur des Dienstleisters (Server, Laptops) für den Anwendungsfall erforderlich.

Umwelteffekte pro Haushalt

  • Im Vergleich zur Referenz führen die digitalen Komponenten im Base Case zu einer zusätzlichen Belastung von Umwelt und Klima von 2 kg CO2 eq/a pro Haushalt (Netto-Effekte 1. Ordnung). Im Verhältnis zur Gesamtbelastung der Stromversorgung des Haushalts machen diese Effekte lediglich 0,1 % aus.
  • Effekte 2. Ordnung sind nicht zu erwarten, vor allem weil sich keine Änderungen für den Eigenverbrauch des Haushalts ergeben und kaum Auswirkungen auf die Betriebseigenschaften des Speichers zu befürchten sind.
  • Ausgewählte systemische Dienstleistungen (Effekte 3. Ordnung) führen nach einer ersten groben Abschätzung zu Umweltentlastungen von bis zu 91 kg CO2 eq/a (Primärregelleistung) bzw. 173 kg CO2 eq/a (Spot- und Intraday-Stromhandel). Dadurch ergeben sich durch die Anwendung Vorteile für die Umwelt, die potenziell die Umweltnachteile aus den Effekten 1. Ordnung deutlich überkompensieren können.

Umwelteffekte hochgerechnet

Aktuell (2020) sind ca. 44 Tsd. PV-Batteriespeicher in virtuelle Verbünde integriert. Unter den geltenden Rahmenbedingungen wird die Zahl voraussichtlich auf 220 Tsd. bis 420 Tsd. Stück bis 2030 wachsen. Allein durch die externe Steuerung ließen sich rund 11 bis 21 Tsd. t CO2 eq/a (Base Case) einsparen.

Um 0,01 bis 0,02 Prozent kann die Klimalücke der Energiewirtschaft bis 2030 verringert werden, die sich auf Basis des Sektorziels gemäß des novellierten Klimaschutzgesetzes ergibt (113 Mio. t CO2 im Vergleich zu 2020). Auch das PV-Stromziel für 2030 des Klimaschutzprogramms kann bis zu 0,1 Prozenz unterstützt werden.

Weitergehende Empfehlungen

Um die Verbreitung und das Potenzial beim Klimaschutz darüber hinaus zu erhöhen, sind v. a. das Anbieterfeld auszuweiten und die wirtschaftliche Attraktivität für die Dienstleister zu erhöhen. Zentrale Maßnahmen hierfür sind der Abbau der Doppelbelastungen von ausgespeichertem Strom und der Abbau von Markteintrittsbarrieren für bestimmte systemische Dienstleistungen.

Grafische Darstellung zur stromnetzdienlichen Steuerung einer Wärmepumpe (Quelle www.umweltbundesamt.de)

Fallstudie 5: Stromnetzdienlicher Betrieb von Wärmepumpen und Elektroladestationen

Zweck der Maßnahme

Wärmepumpen, Nachtspeicherheizungen, Stromspeicher sowie Ladestationen für Elektroautos sind potenziell (fern)-steuerbar und können im Zuge des Lastmanagements durch den Netzbetreiber stromnetzdienlich geregelt werden. Damit kann der Verbrauch stärker an die Erzeugung erneuerbaren Stroms angepasst werden.

Technik und Funktionsweise

Das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) sieht vor, dass für die Flexibilisierung Anreize durch die Verteilnetzbetreiber über die Netzentgelte zu setzten sind.

Im Beispiel der Wärmepumpe sind im Referenzfall eine Wärmepumpe, ein Pufferspeicher und die Stromversorgung notwendig. Für die digitale Anwendung sind zusätzlich ein Smart Meter, ein Smart Meter Gateway und eine Steuerbox sowie die Datenübertragung zum Netzbetreiber und dessen Infrastruktur erforderlich.

Umwelteffekte pro Haushalt

  • Die direkten Netto-Effekte der Digitalisierung (Netto-Effekte 1. Ordnung) führen zu einer Umweltlast von 29,6 kg CO2 eq/a pro Haushalt. Im Vergleich entspricht dies 1 % des Treibhauspotenzials aus der Wärmepumpennutzung.
  • Effekte 2. Ordnung in Höhe von 37,1 kg CO2 eq/a resultieren aus Effizienzverlusten der Wärmepumpe und aus der vorzeitigen Entsorgung der analogen Steuertechnik.
  • Um die kumulierten Effekte 1. und 2. Ordnung auszugleichen, müssten durch die flexible Steuerung mindestens 133 kWh/a mehr erneuerbarer Strom eingespeist werden (Effekte 3. Ordnung). Diese Werte sind laut Literaturangaben erreichbar, sodass ein Netto-Umweltnutzen möglich ist. Voraussetzung ist aber, dass der Effizienzverlust der Wärmepumpe nicht mehr als wenige Prozentpunkte beträgt.

Umwelteffekte hochgerechnet

In 2020 wurden zwischen 5 Tsd. und 19 Tsd. Wärmepumpen flexibel gesteuert. Bis 2030 wird die Zahl bis 2030 auf 858 Tsd. bis 2.804 Tsd. Stück anwachsen. Damit können in dem Zieljahr rund 21 bis 67 Tsd. t CO2 eq/a (Base Case) eingespart werden.

Um 0,02 bis 0,06 Prozent ließe sich die Klimalücke der Energiewirtschaft verringern (113 Mio. t CO2 im Vergleich zu 2020 auf Basis des novellierten Klimaschutzgesetzes).

Weitergehende Empfehlungen

Für die Ausweitung der Anwendung wurden v. a. begleitende Maßnahmen identifiziert, welche den ökologischen Nutzen über Felduntersuchungen im Praxiseinsatz ermitteln und die Auswirkungen verschiedener Tarifmodelle über Kosten-Nutzen-Analysen untersuchen sollen. 

Zusammenfassung der Ergebnisse und Bewertung

  • Ziel dieser Studie war es zu bilanzieren, in welchem Maße diese Anwendungen im Saldo tatsächlich zum Klimaschutz und im Kampf gegen den Klimawandel beitragen. Übergreifende Aussagen zur Frage, ob die Digitalisierung als Ganzes dem Klima mehr nutzt oder schadet, kann diese Studie nicht treffen.
  • Diese Studie untersuchte ausgewählte digitale Anwendungsfälle im Bereich der Energie mit Schwerpunkt auf dem Endkundenmarkt und der Vernetzung von Erzeugung und Verbrauch. Der Fokus wurde auf jene Use-Cases gelegt, deren Zweck – zumindest mittelbar – die Einsparung von Energie oder die verbesserte Nutzung erneuerbarer Energien ist.
  • Alle fünf untersuchten Anwendungen tragen im Saldo voraussichtlich zum Klimaschutz bei.
  • Der ökologische Rucksack der digitalen Technik-Komponenten (Effekte 1. Ordnung) ist dabei stets gering im Verhältnis zur betrachteten Energietechnik und -nutzung des jeweiligen Anwendungsfalls.
  • Die mittelbaren Effekte (Effekte 2. Ordnung) führen dort, wo eine Geräteregelung automatisch optimiert wird, zu deutlichen Vorteilen für die Umwelt (z. B. Wetterprognosesteuerung). Abhängig vom Anwendungsfall sind aber auch Umweltnachteile möglich, sofern die Digitalisierung beispielsweise zur Minderung der Anlageneffizienz führt.
  • Die Effekte 3. Ordnung auf Benutzungsebene sowie systemische Effekte weisen bei mehreren Anwendungen die größten Potenziale beim Klimaschutz durch Digitalisierung auf. Gleichwohl bestehen bei den Effekten 3. Ordnung auch die größten Unsicherheiten über deren Ausmaß.
  • Der Beitrag der untersuchten Anwendungen zum Erreichen der sektorspezifischen Klimaschutzziele 2030 ist aus heutiger Sicht gering. Bei den Wärme-bezogenen Fallstudien 1 und 2 liegt deren gemeinsamer Beitrag zum Schließen der noch bestehenden Lücke bei den Klimaschutzzielen im Handlungsfeld Gebäude zwischen 0,12 und 0,5 Prozent. Bei den Strom-bezogenen Anwendungen (Fallstudien 3–5) liegt deren gemeinsamer Beitrag zum Schließen der THG-Lücke im Handlungsfeld Energiewirtschaft im Jahr 2030 zwischen 0,07 und 0,21 Prozent.

Die Abbildung zeigt ditelten Effekte der fünf Fallstudien auf das Klima im Jahr 2030 im direkten Vergleich.

Je Fallstudie sind eine moderate und eine starke Marktentwicklung dargestellt, welche die Bandbreite der zu erwartenden Ausbreitung der Technik bis 2030 unter aktuellen Rahmenbedingungen abbilden.

Die zugrunde gelegten Klimaeffekte auf Ebene der Einzelanwendung entsprechen dem mittleren (Base Case) von drei Szenarien.

Die Balkenabschnitte über der Nulllinie stellen Belastungen, jene unter den Nulllinie Entlastungen für das Klima dar.

Die farbigen Teilbalken zeigen die Größe der Effekte 1., 2. und 3. Ordnung je Fallstudie.

Die waagrechten Striche visualisieren den Saldo der Effekte. Bei allen fünf Fallstudien ist im Base Case für 2030 im Saldo eine Entlastung des Klimas ermittelt worden.

Handlungsempfehlungen für Politik und Praxis

Da die meisten smarten Lösungen im Smart Home erst seit wenigen Jahren am Markt angeboten werden, fehlt oft eine unabhängige, wissenschaftliche Bewertung zu deren Wirkung und Potenzialen auf Klima und Umwelt, heißt es in einer Pressemitteilung (vom 5.1.2022) des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW). Deshalb empfiehlt das Forschungsteam eine breitere Untersuchung in Feldstudien, die die ökologische Wirkung entsprechender Anwendungen nachweisen und absichern.

Zudem sollten Technikanbieter und Marktakteure gemeinsame Standards entwickeln, damit für die digitalen Anwendungen im Smart Home keine aufwändigen Nachrüstungen benötigt werden und sie unabhängig von einzelnen Anbietern gesteuert werden können.

Essenziell sei auch, dass neue Techniken immer mit entsprechender Qualifizierung der für den Vertrieb und die Installation zuständigen Stellen einhergehen.

„Damit die Anwendungen in die Breite kommen, sind tragfähige Geschäftsmodelle notwendig, die häufig von der Ausgestaltung des einschlägigen Rechtsrahmens einschließlich der Höhe bestehender Steuern, Abgaben und Umlagen im Energiebereich abhängig sind“, sagt Professor Matthias Knauff, der die untersuchten Fälle von juristischer Seite beleuchtet hat.

Hier sei die neue Bundesregierung gefragt, diese auf ihre klimapolitische Wirkung zu überprüfen und bei Bedarf Förderinstrumente zu etablieren. Denn eines ist klar: Der Schutz von Klima und Umwelt muss weiter massiv ausgebaut werden, um den Klimawandel wirksam bekämpfen zu können. Die Digitalisierung von Gebäuden und Energie kann hier einen hilfreichen Beitrag zum Klimaschutz leisten.

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