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Die GEG-Debatte: Wie die Energie- und Wärmewende beschleunigt werden soll

Katharina Gebhardt, Kati Jagnow, Dieter Wolff
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Zum Erreichen der Klimaschutzziele im Gebäudesektor ist eine Beschleunigung der Energie- und Wärmewende mit dem Ziel der Dekarbonisierung unter Einhaltung des noch verfügbaren Emissionsbudgets (1,5 – 2-Grad-Ziel) zwingend erforderlich, um hohe Folgekosten für die Volkswirtschaft abzuwenden. Die aktuellen Diskussionen zur ersten Lesung am 15. Juni 2023 und die nachfolgende Anhörung der Experten zur Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) am 22. Juni zeigen die politische Brisanz. Unterschiedliche Interessenlagen werden – auf jeden Fall im Bundestag – teils hoch emotional, aber leider wenig zielführend diskutiert. Der dazugehörige Beitrag von Florian Lörincz zu den exorbitanten Preissteigerungen bei Wärmepumpen zwischen 2020 und 2023 von mehr als 100 Prozent beweist das Versagen der Marktwirtschaft in Krisenzeiten. Soziale Marktwirtschaft ist gefragt.

Aussitzen funktioniert nicht: Inzwischen ist das zum Erreichen der Pariser Klimaziele zur Verfügung stehende Emissionsbudget so klein, dass es gerecht aufgeteilt und als Messgröße für die Energiewende etabliert werden muss.

Auch im GEG-Gesetzesentwurf vom 17. Mai 2023 (Deutscher Bundestag Drucksache 20/6875, Seite 74) werden nicht nachvollziehbar angesetzte Investitionsmehrkosten von Wärmepumpen gegenüber Gasbrennwertkesseln dokumentiert. Falsche Preissignale an die staatlichen Fördergeber KfW und Bafa und natürlich an alle Marktanbieter – Hersteller, Handel, Handwerk – sind die Folge. Die Studien und Gutachten der Autoren wie auch vieler Ökonomen – zum Beispiel von Prof. Ottmar Edenhofer in der „Zeit“ – zeigen, dass bei einer beschleunigten und möglichst sektorenübergreifenden Anpassung der CO2-Bepreisung für fossile Energieträger und einer flankierenden Auszahlung einer Klimadividende an vor allem einkommensschwache Bürger auf eine Förderung von Investitionen wahrscheinlich vollständig oder zumindest weitgehend verzichtet werden kann, ohne soziale Ungerechtigkeit.

Gleichzeitig beschleunigen die 2022 verkündeten und bis spätestens 2024 geltenden Gas-, Fernwärme- und Strompreisbremsen zum Teil ungerechtfertigte Energiepreiserhöhungen bei gleichzeitig hohen Gewinnen vieler Versorgungsunternehmen, vor allem im Bereich der Fernwärmeversorgung. Und: Handwerker-, Energieberater- und Fachplanermangel bremsen zusätzlich schnelle Umsetzungen. Die ARD-Sendung Plusminus vom 22. Juni 2023 zeigt beispielhaft einen prägnanten Ausschnitt der derzeitigen Konflikte in der Wärme- und Energiewende.

Nach nunmehr zwanzig Jahren leidvoller EnEV- beziehungsweise GEG-Praxis mit komplexen Nachweisberechnungen, mit wenig aussagekräftigen Bedarfs- und Verbrauchsausweisen, sollte ein Neustart gewagt werden. Das aktuelle, möglichst vor der Sommerpause zu verabschiedende GEG wird mit der 65-Prozent-Vorgabe für erneuerbare Energien umfassend verändert und ist zusammen mit dem Wärmeplanungsgesetz WPG als „Schwestergesetz“ für die Einführung ab 2024 vorgesehen.

Für die Folgezeit, ab 2025, wird von den Autoren ein grundsätzlich anderer Weg für eine künftige kommunale Wärmeplanungs- und Gebäudeenergiegesetzgebung vorgeschlagen:

  • Umstellung der Nachweisführung von GEG und WPG auf reale Erfolgsnachweise auf Basis unterjährig, mindestens monatlich gemessener Verbrauchswerte für Wärme und Strom als eine Energieanalyse aus dem Verbrauch (EAV).
  • In einem zukünftig aus GEG und WPG zusammengeführten „WP-GEG“ ein Ersatz des Primärenergiebezugs durch Endenergie- und CO₂-Bezug.

Dies würde den Nachweis drastisch vereinfachen und eine zukünftige Nachweisgröße kg CO₂/(m²a) anstelle kWhPE/(m²a) entspräche der Zielgröße des Klimaschutzes. Eine zukünftig notwendige höhere CO₂-Bepreisung könnte dadurch einfach in mikro- und makroökonomische Optimierungsberechnungen integriert werden.

Gefordert wurde bereits in früheren Beiträgen in SBZ und TGA-Fachplaner, den kompletten EnEV-Nachweis sowie Energieausweise mit realen Verbrauchsmessungen und dem Verfahren der EAV als Erfolgsnachweis zu führen. Selbstverständlich wären dabei Mindestanforderungen an die Gebäudehülle und an die Anlagentechnik zu erfüllen – ein Verfahren, das sich vor Einführung der EnEV und des EEWärmeG mit den früheren Wärmeschutz- und Heizungsanlagenverordnungen bewährt hat. Die langjährige Auswertung mehrerer tausend Gebäude durch die Ostfalia Hochschule Wolfenbüttel und das Portal CO2online seit dem Jahr 2004 ergab für die durchgehende Anwendung von EAV-Kennwerten eine hohe Praxistauglichkeit, Einfachheit und Verständlichkeit. Aufwändige Witterungsbereinigungen und Abgleiche mit bedarfsbasierten Energiekennwerten entfallen.

Es könnte damit auch das heutige, bedarfsbasierte GEG-Nachweissystem und das für die Förderung notwendige und aufwendige Energieberatungssystem, zum Beispiel für den individuellen Sanierungsfahrplan (iSFP), ergänzen und gegebenenfalls vereinfachen. Und: Auch für eine zukünftig notwendige, deutschlandweite Gebäudedatenbank im geplanten WPG kann mit einer geschätzten Reduzierung des Zeit- und Kostenaufwands um den Faktor 10 gerechnet werden.

Die EAV-Methodik wurde in zwei Studien/Gutachten als Grundlage für Gesamtkosten- und Wirtschaftlichkeitsberechnungen inklusive CO2-Bepreisung, als Planungsgrundlage, zur Qualitätssicherung und zum Erfolgsnachweis von Energiesparmaßnahmen weiterentwickelt. Das Verfahren hat sich damit als standardmäßiges Bewertungs- und Nachweisinstrument für die Qualitätssicherung von Gebäude und Anlagentechnik bei Modernisierungen, aber auch bei Neubauplanungen bewährt. Die vollständig nachvollziehbare Methodik wurde 2020 und 2021 in dem Excel-Werkzeug „Standardbilanz“ der Öffentlichkeit als Freeware zur Verfügung gestellt (www.delta-q.de/energie/standardbilanz).

Ein deutlicher Vorteil des skizzierten Verfahrens ist der konsequente Verzicht auf komplizierte Berechnungen und auf unzählige Annahmen für die Nachweisführung. Das Ergebnis wird ehrlicher und spiegelt die realen Bedingungen wider. Weiterhin ist eine Kontrolle schnell und einfach auch für den Nutzer nachvollziehbar durchführbar. Die Verwendung der EAV ab dem Zeitpunkt der Inbetriebnahme und als laufende Qualitätskontrolle kann allen Beteiligten helfen, unerkannte Fehler schnell zu entdecken und die Anlagentechnik und das Nutzerverhalten zu optimieren.

Aktuell besteht die Chance, forciert durch die europäische Gesetzgebung EPBD zu Gebäudeeffizienzklassen, diese Vorschläge in einem zukünftigen zusammengeführten „Geschwistergesetz: WP-GEG“ von WPG und GEG ab 2025 zu realisieren. Hintergrund: Auch der derzeitige Gesetzesentwurf (Stand Juni 2023) des WPG verlangt „gebäudescharfe“ End­energiekennwerte, nach Ansicht der Autoren aber bitte realistisch auf Verbrauchs- und nicht auf Bedarfsbasis. Zusätzlich wird zukünftig dringend empfohlen, auch den Haushalts- beziehungsweise Anwenderstrom in die Gesamtbewertung für Wohn- und Nichtwohngebäude aufzunehmen.

Die Chancen für ein solch neues Konzept der Nachweisführung haben sich deutlich verbessert. Gefordert wird in den technischen Mindestanforderungen für die Förderung des Einbaus eines neuen Wärmeerzeugers als Einzelmaßnahme, dass dieser mit Messeinrichtungen zur End- und Nutzenergiemessung sowie einer Effizienzanzeige ausgestattet wird.

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